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Die Zielerfassung der Nebudkadnezar, des riesigen Flagschiffes der II.Legion, war auf die Raumstation im Orbit von Salvadis ausgerichtet, vor der eine
unbedeutende Systemflotte Stellung bezogen hatte, bereit die Angreifer in Empfang zu nehmen.
Zwei arkane Makro Plasmalanzen am Bug des alten Schlachtkreuzers, deren Energiebedarf so immens war, das ganze Städte damit beleuchtet werden konnten, fuhren zum Maximum ihrer Leistung hoch.
Maschinen- und Waffendecks auf dem gesamten Schiff waren in ein koordiniertes Chaos verfallen.
Auf der amphietheaterförmigen Brücke der Nebukadnezar war das Licht gedämpft und eine vorbereitende Ruhe hatte alle Anwesenden erfasst, die seltsam distanziert zu dem apokalyptischen Vorhaben stand, das die Ursache für all die Geschehnisse an Bord war.
Im Zentrum, direkt vor dem erhöhten Komandothron, der speziell für die Ausmaße des Mannes geschaffen wurde, stand Assur, Primarch der II.Legion Astartes.
Reglos starrte er auf den Hauptbildschirm vor ihm, der fast die ganze Brückenfront einnahm und studierte gleichzeitig die eingehenden Berichte der Decksmeister, die über eine Schnittstelle in seinem Neokortex direkt auf seine Iris projeziert wurden.
Alles war bereit.
Gut.
Er schaltete mit einem Gedanken auf die Flotte um.
Jedes benötigte Schiff war an der ihm vorbestimmten Angriffsposition in Stellung gegangen.
Gut.
Er rief die Statusmeldungen der Kompanien auf, die in Landungskapseln und Stormhawks auf den Angriffsbefehl warteten.
Alle Runen blinkten grün.
Assur lächelte.
In der kolossalen Servorüstung, die ein Kontingent des Mechanikums mit nach Sargon gebracht hatte, wirkte seine ohnehin schon beeindruckende Statur wie die übergroße Darstellung alter Gottheiten auf den Reliefs uralter terranischer Ruinen.
Es waren erstaunlich wenig Anpassungen nötig gewesen, um seinen Körpermaßen gerecht zu werden.
Alles saß perfekt. Das Mechanikum arbeitete effizient, das musste man ihnen lassen.
Die Rüstung war eine Meisterleistung der Ingenieurskunst, geschaffen für einen der mächtigsten Krieger in dieser Galaxie.
Sie war in einem matten Silberton gehalten, mit weißen Absetzungen an den Schulterpanzern, den Knien und Händen, sowie an dem konischem Gefechtshelm, in der Art wie ihn die Asharitau auf Sargon trugen, den Assur an seinem Gürtel arretiert hatte.
Der rote Mantel, der über seiner breiten Schulter hing, bildete einen scharfen Kontrast zur nüchternen Schlichtheit der Rüstung.
Sein Kopf war zur Hälfte von einem Panzerkragen verdeckt, der die verzierte Brustplatte verlängerte, auf der stolz das Ordenssymbol der II. prangte.
Es war das Symbol auf dem Anhänger, den Assur vom Imperator erhalten hatte, als dieser mit seinem verlorenen Sohn wiedervereint wurde.
Ein silberner Ehrenkranz mit Schwingen und Schwanzfedern, in dessen Mitte sich eine golden abgehobene II. befand.
Zum einen wollte Assur damit seinen Vater ehren, aber Tatsache war, dass sie ihm aus unerfindlichen Gründen direkt gefallen hatte.
Es war das Zeichen einer alten kriegerischen Kultur auf dem alten Terra. Erhalten über die Jahrtausende, seit der Zeit in der der Imperator dort lebte und den Anhänger für den Sieg über die mächtigste Stadt eines großen Feindes jenes Reiches bekommen hatte.
Ein Zeichen für Krieger.
Angemessen für die II.Legion.
Eine Rune blinkte in Assurs Sichtfeld auf und verkündete das Ende des Ultimatums für Salvadis.
Es war Zeit.
"Kanal öffnen!"
Seine Stimme war gefasst.
Der Blick weiterhin nach vorn gerichtet.
Dies war der erste Test für seine Legion.
Der erste wirkliche Konflikt.
Es würde keine Armee Regimenter zur Unterstützung geben.
Nicht bei diesem Angriff.
Alles, was getan werden musste, würden seine Söhne tun.
Assur musste wissen, wen er in die Schlacht schickte. Wer ihm folgte.
Training war eine Sache, Krieg eine andere.
Er wußte, sie würden ihn nicht enttäuschen.
In seinen Genen war kein Platz für Schwäche.
"Verbindung zum salvadischen Herrscherpalast hergestellt!" meldete ein Adjutant.
Auf dem Hauptbildschirm erschien die Gestalt des Mannes, der das Schicksal von unzähligen Seelen auf Salvadis in den Händen hielt.
Er war fett, aufgedunsen und in lächerliche Gewänder gehüllt.
Sein Blick zeugte von der grenzenlosen Arroganz, mit der er alle Versuche, einer friedlichen Wiedereingliederung in das Imperium der Menschheit abgeschmettert hatte.
Assur lächelte erneut.
Er kannte die Antwort auf seine Frage bereits, bevor er sie stellte.
"Wie habt ihr euch entschieden?"
Der Bildausschnitt des Mannes fuhr zurück und zeigte einen titanischen Thronsaal, pompös geschmückt mit allerlei nutzlosem Tand, der den materiellen Reichtum und den Status des fehlgeleiteten Oberhaupts von Salvadis unterstreichen sollte.
Für Assur war es nur ein Paradebeispiel für die Dekadenz, in die die menschliche Kultur abgleiten konnte, wenn sie von den Falschen geführt wurde.
Die Menschheit verdiente Besseres als das.
Kaestris, der Patriarch von Salvadis.
Assur verzog angewidert das Gesicht, als ihm der Titel des Mannes in den Sinn kam.
Auf dem Hauptbildschirn erhob sich dieser von seinem kitschigen Thron und versuchte trotz seiner Leibesfülle, einen würdevollen Eindruck zu machen.
Scharen von schwer bewaffneten Soldaten in goldenen Rüstungen standen an beiden Seiten des Bildrandes.
Die Elite dieser Welt.
Schwächliche Narren.
Ein Adjutant trat neben Kaestris, in seiner Hand eine Datentafel haltend.
Assur spürte Wut in sich aufkochen, als der Diener anstelle seines Herrn das Wort an ihn richtete.
"Seine hochgeborene Autorität, der Patriarch des Konglomerats von Salvadis, Lord Kaestris, lässt Folgendes verkünden! Salvadis wird sich keinem anmaßenden Eroberer oder selbsternannten Imperator der Menschheit unterwerfen.
Jedwede Annäherung an Salvadis oder seine Monde wird als kriegerischer Akt interpretiert und mit den entsprechenden Maßnahmen beantwortet. Seid gewarnt! Salvadis ist mächtig! Unsere Abwehrsysteme halten eure Flotte erfasst. Sollten eure Schiffe das System nicht innerhalb... ."
"GENUG!"
Assurs Augen glühten vor Zorn, jedoch nur für eine Sekunde, bevor sie wieder kalte Beherrschtheit ausstrahlten.
"Ich habe mir eure Anmaßungen lange genug angehört!"
Er blickte kurz nach rechts, in Richtung des Waffenkontrolloffiziers.
Kaestris' Adjutant setzte zu einer Antwort an, aber Assur ignorierte ihn und sprach dessen Herrn direkt an.
"Ich reiche euch meine Hand und ihr spuckt auf sie. Nun tragt ihr die Konsequenzen."
Der Offizier an der Waffenkontrolle nickte Assur kurz zu.
Mit einem finsteren Lächeln blickte dieser Kaestris mit kalten Augen an.
"Mein Name ist Assur, Primarch der Tempest Guardians. Im kommenden Sturm werden wir eure Hüter sein."
Mit einer vielsagenden Geste in Richtung Kommunikationsstation, ließ er die Verbindung unterbrechen.
Er sah ein letztes Mal auf die Raumfestung auf dem Hauptbildschirm, bevor er sich der riesigen Gestalt zuwandte, die etwas abseits die Anzeigen einer Cogitatoreinheit studierte.
"Kaleb, du hast die Brücke."
Der Flottenmeister schlug seine rechte Faust auf die Brustpanzerung seiner Servorüstung und verließ sofort die Station in Richtung Komandothron.
"Verlasst euch auf mich, mein Lord!"
"Das tue ich mein Sohn." erwiederte Assur, mit diesem seltsamen Lächeln, das noch immer keiner seiner Söhne richtig einschätzen konnte.
Er ging in Richtung des Brückenschotts.
Auf halbem Weg, beinahe beiläufig, sagte er, ohne sich umzudrehen:
"Waffenkontrolle! Feuer."
Ein tief dröhnendes Geräusch lief durch die Nebukadnezar und ließ ihre Aussenhülle erzittern, als die mächtigen Makro Plasmalanzen zum Leben erwachten.
Augenblicke später schossen zwei gleißendhelle Strahlen, so breit wie manche Schiffe der Flotte, und so hell, dass sie die Sterne überstrahlten, aus den Läufen des uralten Waffensystems auf die Raumstation im Orbit um Salvadis zu.
Innerhalb von Sekunden erreichten sie ihr Ziel und verdampften ohne erwähnenswerten Widerstand die arkanen Schilde der jahrtausende alten Festung.
Ein bläuliches Aufleuchten war alles, was zu erkennen war, bevor die Strahlen auf die Aussenpanzerung trafen und sich tief in ihr Herz fraßen.
Als sie den gut abgeschirmten nuklearen Reaktor erreichten, erblühte eine neue Sonne mitten im Orbit von Salvadis, als die Raumstation und die sie umgebenden Schiffe in einer apokalyptischen Explosion zerstört wurden.
Angriffskreuzer der Legion gingen daraufhin in einen niederen Orbit, alle übrigen Verteidigungssatelliten auf ihrem Weg zerstörend.
Als sie nah genug waren, begannen ihre Landebuchten tausende Landungskapseln und Transportschiffe auszuspeien, die wie ein Schwarm Heuschrecken auf Salvadis einfielen.
Mit ihnen regneten Trümmer durch die Athmosphäre auf die verurteilte Welt herab und kündigten den Beginn einer neuen Ära an.
Der Ära des Imperiums, das aus den Trümmern des Krieges auferstehen würde.
Ein Sturm war über Salvadis gekommen.
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