30k Der verlorene Sohn

16

Die Dunkelheit um sie herum war undurchdringlich, als Assur mit seinen Männern durch das stillgelegte Kanalsystem auf Die Haupstadt von Salvadis vorrückte.
Die integrierten Systeme in den Helmen der Marines, verwandelten den Gang vor ihnen, in einen Abgrund aus verschieden schattierten Grüntönen.
Allen voran schritt der Primarch selbst, gefolgt von den Asharitau, die mit gezückten Schwerten, argwöhnisch die Umgebung nach Bedrohungen absuchten.
Hinter ihnen folgte Captain Atheos mit seinem Trupp, begleitet von Agaels Männern.
Amat bildete mit seinem Sturmtrupp die Nachhut. Sie hatten ihre Sprungmodule abgelegt, die in der Enge der Tunnelanlage nur hinderlich gewesen wären.
Die Wände und der Boden des alten Kanals bestanden aus Stein und waren zwar trocken, jedoch in einem Zustand von Verfall, der das vorankommen erheblich erschwerte.
Immer wieder versperrten Trümmer den Weg und mussten unter größten Anstrengungen beiseite geräumt werden.
Der Einsturz der auf eine der Räumaktionen folgte, hätte einen der Custodes beinahe das Leben gekostet, wäre Captain Atheos nicht zur Stelle gewesen.
Sie stießen indessen auf keine Spur von Leben oder irgendeine Art von Verteidigungsanlagen.
Der Kanal war eindeutig Unbenutzt und seit tausenden von Jahren in Vergessenheit geraten.
Sie hatten den Durchgang zu den alten Katakomben fast erreicht, die sie letztendlich in die Stadt bringen würden, dessen erster Abschnitt noch außerhalb der Mauern lag.
Captain Atheos wollte gerade seinen Seargant fragen, wie weit der Zugang noch entfernt war, als Kallas von selbst das Wort ergriff.
"Captain! Laut Auspex Daten sind wir ganz in der Nähe. Fünfzig Meter auf der linken Seite. Die Tunnel verlaufen an dieser Stelle dicht nebeneinander, selbst wenn es keine direkte Verbindung gibt, sollten wir in der Lage sein durchzubrechen."
"Sehr gut. Ich habe nichts dagegen, diesen dunklen Schlund wieder zu verlassen. Ich gebe Lord Assur Bescheid."
Der Captain lief voraus, vorbei an den Asharitau, die ihn merkwürdig beäugten als er an ihnen vorbei lief. Sie nahmen ihre Aufgabe ernst, das musste man ihnen lassen.
Die riesige Gestalt des Primarchen überragte die seiner Wächter um mindestens einen Kopf, obwohl sie die gewaltigen Terminatorrüstungen trugen, die sie schon deutlich größer machten, als ihre Brüder.
"Lord Assur!" grüßte Atheos seinen Primarchen.
Assur blieb stehen und wandte sich dem Captain zu. In dem grünen Zwielicht, das Atheos Sichtfeld bestimmte, sah der Herr der Tempest Guardians noch mehr aus wie der Kriegsgott, der er war.
Er hatte seinen Helm abgelegt, da seine smaragdgrünen Augen es ihm erlaubten auch in der absolutesten Schwärze zu sehen.
Als er des Captains gewahr wurde, umspielte ein Lächeln seine Lippen.
"Wir haben unser Ziel fast erreicht, nicht wahr mein Sohn?"
Atheos war leicht verblüfft. Er selbst hätte ohne ein Auspex keinesfalls sagen können, wo oder wie weit sie waren.
"Ja mein Lord. Circa 30 Meter voraus, auf der linken Seite."
Assur nickte.
"Lass uns schnell diesen Schild ausschalten. Ich kann es kaum erwarten, diesem Aufschneider Kaestris meine Aufwartung zu machen!"
Atheos lächelte.
"Ich habe davon Gehört wie die Verhandlungen verlaufen sind. Er scheint ein Despot der Art zu sein, wie wir sie auf Terra hatten. Totalitäre Machtausübung auf allen Ebenen. Es ist gut das wir diese Menschen von ihm befreien."
Assur schien über die Worte des Captains nachzudenken.
"Das ist es ohne Zweifel, mein Sohn. Allein seine Arroganz ist es Wert über ihn zu Richten! Er ist ein Despot, der vom Unglück anderer lebt. Aber würden wir ebenso handeln, wenn er es nicht wäre?"
Der Captain verstand nicht, auf was der Primarch hinauswollte. Sagte aber nichts mehr, da sie die Verbindungsstelle erreicht hatten.
Es würde kein Durchbruch notwendig sein, denn als sie gerade um ein leichte Biegung des Tunnels liefen, wurde der Gang breiter und ein großes Tor erschien auf der linken Seite.
Es war offensichtlich sehr alt, metallisch und stark verrostet.
Da es keinen erkennbaren Öffnungsmechanissmus oder ein Terminal in der Nähe gab, sammelten sich die Trupps in der Nähe des Tores und warteten auf Anweisungen, während Assur die kaum lesbare Inschrift an der Seite des Eingangs, zu entziffern versuchte.
Nach einer Weile, wandte er sich an die Custodes, die etwas Abseits der Space Marines warteten.
"Agael! Ich könnte eure Hilfe gebrauchen. Ich habe zwar bereits viele der alten terranischen Sprachen erlernt, aber diese Worte hier, erschließen sich mir nicht vollständig. Vielleicht sind sie dir geläufiger."
Der Custodes neigte leicht sein Haupt und ging zum Tor um sich die Inschrift genauer anzusehen.
Indess meldete sich Captain Amat zu Wort, der eindeutig ungeduldig, auf und ab lief.
"Mein Lord! Gebt mir fünf Minuten und ein paar Melterbomben und das Problen ist gelöst!"
Assur lächelte.
"Ich weiß deinen Kampfeseifer zu schätzen, aber ich glaube eine subtilere Vorgehensweise ist hier klüger. Wir wissen nicht was genau hinter dem Tor ist, es könnte Fallen oder Überwachungsysteme geben, wenn die Katakomben doch noch von den Salvadi genutzt werden. Ich möchte den Überaschungsmoment so lange wahren wie wir können. Auserdem glaube ich nicht das es so einfach ist. Diese Gänge wurden nicht versiegelt, um sie so leicht wieder öffnen zu können."
Amat blickte zu Boden und kam vor dem Tor zum stehen. Der Logik des Primarchen hatte er nichts entgegen zu setzen.
Agael studierte derweil den Text.
"Kannst du es entziffern?" fragte Assur.
"Zum größten Teil, ja. Die Tatsache, diese Worte hier zu lesen ist erstaunlich. Wie Weit doch die ersten Siedler die Grenzen der Menschheit erweitert haben, bevor die Nacht herein brach. Es scheint ein alter Pan Pazifischer Dialekt zu sein, der seit vielen Tausend Jahren nicht mehr gesprochen wird."
Assur zog eine Braue hoch.
"Woher kennt ihr ihn dann?"
"Custodes sind dazu angehalten alle Formen der alten Sprachen zu erlernen. Da unsere Hauptaufgabe, neben dem Schutz des Imperators, das sammeln von Informationen zu Sicherheitszwecken ist, ist dies nur zum Vorteil."
Der Primarch nickte.
"Und was steht dort geschrieben?"
Agael schien zu überlegen.
"Ich kann es nicht genau Wiedergeben, aber es bedeutet soviel wie: 'Was der Dunkelheit der Nacht anheimgefallen, soll das Licht des Tages zum Vorschein bringen.' "
"Ein Rätsel?" fragte Atheos.
Der Primarch berührte das Tor mit der rechten Hand.
"Ja. Und eine Sicherheitsvorkehrung. Es sollte Eingeweihten ermöglichen, von dieser Seite in die Stadt zu gelangen, wenn sie den Eingang kannten."
Amat, der sich sichtlich beruhigt hatte fragte:
Aber wozu? Er wurde verschüttet, um genau das zu verhindern, oder?"
"Nun, vielleicht war sein Zweck einst ein anderer. Vielleicht ist jener Kanal, dem wir gefolg sind, später erbaut wurden." erwiederte der Primarch.
Atheos verstand, worauf er hinaus wollte.
"Er lag einst an der Oberfläche!"
Assur lächelte wieder in seiner undurchschaubaren Art.
Amats Verwirrung war ihm deutich anzusehen.
"Und das bedeutet was?"
Assur gab den Asharitau ein Zeichen, woraufhin sie sich vor dem Tor positionierten.
"Wir brauchen Licht. Ultraviolette Frequenz einstellen."
Die Leibwächter aktivierten wortlos ihre Scheinwerfer, und strahlten einen sonnenlichtähnlichen Schein auf das Tor.
Im nächsten Augenblick, gab es ein klackendes Geräusch und der Rahmen des Tores fuhr ächzend aus der Wand. Es gab ein lautes Zischen als es sich löste und daraufhin zur rechten Seite glitt.
Captain Amat machte ein verstehendes Grunzen.
Der Raum der hinter dem Tor zum Vorschein kam, stand im krassen Gegenteil zur allgegenwärtigen Verwüstung des Kanalsystems.
Das Licht der Asharitau zeigte einen weißen Gang, der perfekt erhalten und frei von jeglichem Schutt war. Es schien nicht einmal Staub zu geben.
Sofort war das Geräusch von dreißig Boltern, Wächterspeeren und Energieklingen zu hören, die aktiviert oder angelegt wurden.
Assur jedoch hob nur die Hand umd gebot den Marines Einhalt.
"Senkt die Waffen! Es gibt keinen Grund zur Sorge. Das zischende Geräusch, das wir gehört haben, lässt darauf schließen, das dieser Bereich hermetisch abgeriegelt war. Ich glaube das er es seit sehr langer Zeit war und auf Salvadis niemand mehr Kenntniss vom seiner Existenz hat."
Langsam schritt Assur durch die Öffnung, gefolgt von seiner Leibgarde, die keine Anstalten machte, ihre Klingen zu deaktivieren.
Nach und nach, folgten alle anderen.
Der weiße Gang war ebenso in Dunkelheit gehüllt wie der Vorherige, jedoch hielten die Asharitau weiterhin die Beleuchtung aufrecht, sodas der Tross, sich ohne die verfälschte Farbabstimmung der Nachtsicht Systeme, umsehen konnte.
Nicht das es etwas zu sehen gegeben hätte, der Gang war in schlichtem weiß gehalten und besaß keinerlei Verzierungen, bis auf an der Decke verlaufenden Leuchtelementen, die natürlich an kein Energiesystem angeschlossen waren.
Sie folgtem dem Tunnel weiter in der anfänglichen Marschordnung.
Nach etwa dreißig Minuten waren sie bereits innerhalb der Stadtmauern von Salistros, aber noch immer war kein Ausgang in Sicht.
Assur wandte sich an Captain Atheos.
"Eigentlich ist das ganz gut für uns. Der Schildgenerator befindet sich eh im Zentrum der Stadt. Genauso wie der Herrscherpalast. Wir können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Und vielleicht kommen wir genau dort an, wo wir hin müssen. "
"Ihr habt Recht. Dennoch wird es mir eine Freude sein, wieder unter offenem Himmel zu schreiten!"
erwiederte der Captain.
"Ich freue mich mehr auf einen Kampf. Hoffentlich haben sie noch mehr zu bieten, als diese Dilettanten vor den Mauern!" warf Amat ein.
Atheos schüttelte nur den Kopf, über die Ungeduld des Sturmcaptains.
"Keine Sorge, Bruder. Sie werden schon nicht einfach aufgeben, wenn sie dich kommen sehen."
Bevor Amat antworten konnte, unterbrach sie der Primarch.
"Dort vorn ist der Gang zu Ende!"
Atheos blickte in die Dunkelheit vor ihnen, konnte aber trotz der Beleuchtung der Asharitau, nichts erkennen.
Sie gingen noch weitere fünf Minuten, ehe er sehen konnte, was dem Primarchen nicht entgangen war.
Der Gang endete vor ebenso einem Tor, wie dem das ihnen Einlass gewährt hatte.
Im Gegensatz zum ersten, war dieses Tor jedoch Perfekt erhalten und zeigte keinerlei Spuren von Verwitterung.
Es gab ebenfalls wieder eine Inschrift an der Seite, die Agael unaufgefordert studierte.
"Es sind im großen und ganzen, die gleichen Worte, nur andersherum. Aber das verstehe ich nicht, es war doch die ganze Zeit Dunkel in dieser Anlage bis wir eindrangen. Sollte die Tür dann nicht offen sein?"
Assur schien zu überlegen.
"Der Gang war einst sogar komplett beleuchtet, wenn ihn jemand durchschritt." Sagte er und blickte zur Decke.
Dann wandte er sich an seine Leibwache.
"Löscht die Lichter!"
Augenblicklich wurde es Stockfinster.
Fast zumindest, den gleich neben dem Tor, der Inschrift gegenüber liegend, erstrahlte matt ein heller Fleck, vielleicht drei Zentimeter im Durchmesser. Bei näherer Betrachtung, besaß er die Form eines Halbmondes. Er war im Licht nicht zu sehen gewesen.
"Eine Art von Lumineszens?" vermutete Captain Amat.
Der Primarch nickte und streckte die Hand danach aus, so wie er es am Eingang getan hatte.
Nur wusste da natürlich niemand von einem Symbol. Sie sahen zumindest keines.
Atheos vermutete, das der Primarch es aber gesehen hatte.
Die Lichter der Asharitau hatten unbeabsichtigt ein weiteres Symbol aktiviert, als sie das Tor beleuchteten.
Vielleicht war es eine Art Test gewesen.
Oder er verbarg seine wahren Fahigkeiten vor allen, sogar vor seinen Söhnen.
Vielleicht wollte er nicht noch unnahbar erscheinen, als er onehin schon war.
Es spielte keine Rolle.
Der Captain sah die unfassbare Größe seines Primarchen, nur einmal mehr bestätigt.
Dieser deckte derweil den Halbmond komplett mit seiner Hand ab.
Sofort begann die Tür sich zu öffnen, genauso wir ihr Zwilling am Eingang des Tunnels.
Mit der Ausnahme, das dieses Mal kein Zischlaut von einer hermetischen Versiegelung kündete.
Assur drehte sich um und sagte:
"Macht euch bereit, meine Söhne! Unsere Mission beginnt."
 
17

Der Öffnungsvorgang des Tores endete abrupt, als es zur Hälfte aus der Wand gefahren war.
Der Grund dafür wurde sofort offensichtlich.
Eine Art riesiger Frachtcontainer versperrte die Sicht in den angrenzenden Raum und verkeilte die Torflügel.
So unwahrscheinlich es erschien, die Salvadi hatten den Zugang zu den Katakomben schlichtweg zugestellt.
Ob dies absichtlich, oder aus Unwissenheit geschah, entzog sich Lord Assurs Kenntnis, es stellte jedoch sicher, das ihr Eindringen unbemerkt bleiben würde.
Natürlich die Tatsache zugrundelegend, das sie den Container bewegen konnten.
Assur wandte sich an die Asharitau.
"Mehngard, würdest du versuchen uns Eintritt zu verschaffen?"
Mehngard, der Stille Seargant der Asharitau und somit Anführer der Leibwache Lord Assurs, verstand sofort. Zusammen mit zwei der Terminatoren, stellte er sich vor die Containerwand und presste die ceramitgerüstete Schulter an das Hinderniss.
Die gewaltigen Kräfte ihrer taktischen Cybotpanzerung, ermöglichte es ihnen tatsächlich den tonnenschweren Container zu bewegen.
Langsam glitt er vorwärts und erzeugte dabei ein hohes quietschendes Geräusch, das Assur stoisch in Kauf nahm.
Als der entstandene Spalt groß genug war, um selbst dem Primarchen Durchlass zu gewähren, hielten die Asharitau inne.
Der Primarch lauschte angestrengt nahe des Spalts, dann blickte er den Sturmcaptain an.
"Amat! Seht nach!"
Sofort hastete der Sturmtrupp durch den Spalt in die Dunkelheit dahinter.
Der Rest des Einsatzkomandos machte sich derweil bereit für den Kampf.
Ein klickendes Geräusch aus dem angrenzenden Raum verkündete das die Luft rein war, woraufhin der Tross, geführt von Lord Assur, den Durchgang einer nach dem Anderen verließ.
Der Raum, oder besser gesagt die Halle dahinter, war riesig in ihren Ausmaßen.
Es herrschte zwar keine absolute Finsternis, jedoch lies die rötliche Notbeleuchtung darauf hindeuteten, das die Halle selten genutzt wurde.
Überall stapelten sich die circa zehn Meter Hohen Container, teilweise bis zur Decke, die nach zehn Containern erreicht war.
Vor dem Tunneleingang, der sich in der hintersten Ecke befand, standen zum Glück nur Stapel in vierer Höhe, wodurch die Asharitau den unteren Container vorschieben konnten.
Was natürlich immer noch eine schier unglaubliche Kraftleistung darstellte.
Captain Amats Trupp bewachte an verschiedenen Punkten die Zugänge der Halle, welche aus drei Türen und einem Treppenaufgang bestanden.
Agael und seine Männer inspizierten einige Beschriftungen an den Containern, die in altem Gotisch verfasst waren.
Der Anführer der Custodes wandte sich an den Primarchen.
"Es scheint als handelt es sich um einen Lagerraum für allerlei Bedarfsgüter, mein Lord. Sie tragen die Insignien des Herrscherpalastes. Ich nehme an, wir befinden uns tatsächlich in einem Untergeschoss von Kaestris' Residenz."
Assur blickte in Richtung des Treppenaufganges und dachte nach.
"Er hat einen perfekten Fluchttunnel und weiß nicht einmal davon! Oder er ignoriert ihn in seiner Arroganz. Nicht einmal Wächter! Wie auch immer, er wird ihn nicht mehr brauchen."
Sein Blick verfinsterte sich bei diesen Worten.
"Lord Assur!"
Die Stimme von Captain Atheos holte den Primarchen aus seinen Gedanken.
Der Captain stand zusammen mit Seargant Kallas an einer der Türen zur großen Lagerhalle und untersuchte eine dort angebrachte Schalttafel.
Assur ging zu ihnen herüber und schaute die Männer fragend an.
"Hast du etwas entdeckt?"
Atheos sah auf und wirkte hoch erfreut.
"Ja, mein Lord! Tatsächlich haben wir einen Lageplan gefunden! Unfassbar wie einfach sie es uns machen."
Assur lächelte.
"Gibt es einen Hinweis auf den Schildgenerator?"
Der Captain drückte einige Tasten auf dem Display.
"Nicht direkt. Aber wenn wir den Reaktor des Palastes abschalten, sollte das den gewünschten Effekt bringen, nehme ich an."
Er deutete auf die Tür rechts von der, vor der sie standen.
"Er liegt unterirdisch, fast auf unserem Niveau in genau fünfhundert Metern Entfernung."
Der Primarch konnte ihr Glück kaum fassen. Lies sich aber zu keiner Regung herab.
"Wo befindet sich der Trohnsaal?"
Seargant Kallas antwortete anstelle seines Captains.
"Danach haben wir als erstes gesucht, mein Lord. Er befindet sich im Erdgeschoß des Palastes. Kaestris Gemächer sind in einem der Türme untergebracht. Besser gesagt ist einer der Türme sein privater Wohnbereich, derjenige der direkt vom Trohnsaal abgeht. So oder so werden wir ihn wohl antreffen."
Das Grinsen des Seargants kündete von Mordlust.
Assur überdachte die Situation.
Es war eine glückliche Fügung, die ihnen wie ein Geschenk dargereicht wurde, er würde das bestmögliche aus ihr herausholen.
"Ladet die Daten in das Interface! Und dann macht euch bereit. Wir werden uns aufteilen und gleichzeitig unsere Ziele angreifen!"
Atheos verstand.
"Doppelte Überaschung, keine Vorwarnung."
"Richtig, mein Sohn. Es wird vorbei sein, bevor sie wirklich wissen was passiert."
Agael, der mit seinen Männern dem Gespräch gefolgt hatte, meldete sich zu Wort.
"Lord Assur! Kaestris wird dennoch sicher nicht ungeschützt sein. Sollten wir unsere Kräfte nicht vereint gegen ihn richten?"
Assur blickte seltsam lächelnd auf den Custodes herab.
"Oh, ich hoffe sogar das er mir einen würdigen Kampf liefert. Es wird sein letzter sein, so oder so. Und außerdem, werden du und dein Trupp mich begleiten. Was sollte einen Primarchen und die Wächter des Imperators schon aufhalten?"
Agael wollte etwas erwiedern, neigte dann aber nur zustimmend sein Haupt.
Assur drehte sich wieder zu Captain Atheos um und sah seinem Sohn fest in die Augen.
"Du und Amat werdet euch um den Reaktor kümmern. Sie werden nicht damit rechnen so unberblühmt angegriffen zu werden, daher sollte euch keine allzu große Gegenwehr erwarten. Seit dennoch Wachsam! Kaestris ist ein verwundetes Tier und dem Tode geweiht, aber verwundete Tiere sind gefährlich. Besonders, wenn sie das verlieren könnten, was sie am meisten begehren."
Atheos hob eine Augenbraue.
"Reichtum?"
Assur lächelte wieder.
"Macht, mein Sohn. Macht!"
Kallas machte sich daran die Daten des Terminals in das interne System seiner Servorüstung zu kopieren, während Captain Atheos die Tür zum Reaktor in Augenschein nahm.
Amat stieß zu ihm, gefolgt von seinen Männern, die mit Atheos' Trupp Stellung vor dem Eingang bezogen.
Man merkte den Guardians die Vorfreude auf einen Kampf deutlich an.
Zu lange waren sie durch dunkle Tunnel geschlichen.
Atheos öffnete derweil die Abdeckung der Schalttafel am Eingang.
"Wie lange bis wir los können?" fragte Amat mit grimmigen Blick.
Atheos blickte auf.
"Gib mir zwei Minuten und dein Blutdurst kann gestillt werden."
Amat nickte und baute sich vor der Tür auf, den Kopf gesenkt und das Gesicht bedeckt mit einem tödlichen Grinsen.
Er würde sicherlich keine Gefangenen machen, dachte Captain Atheos.
Am Treppenaufgang zu den höher gelegenen Etagen, hatten sich derweil die Asharitau und die Custodes positioniert und erwarteten den Befehl des Primarchen.
Dieser stand etwas abseits und laß einige der Container Beschriftungen.
Agael beobachtete den Primarchen und richtete das Wort an Mehngard.
"Er spricht nicht viel. Nicht einmal mit seinen Söhnen. Ich dachte er wäre mit seiner Leibgarde vertrauter."
Mehngard sah kurz zum Primarchen, dann sah er Agael an.
"Was soll er denn sagen?" fragte er und legte den Kopf leicht schief.
Der Custodes öffnete den Mund um ihm seine Gedanken darüber mitzuteilen, entschied sich dann aber dagegen. Statt dessen zuckte er nur mit den Schultern. Eine Geste, die in der Custodesrüstung kaum ihrer Bedeutung nachkam.
Er dachte an Constantin Valdor.
Obwohl der oberste Herr der Custodes ebenfalls nicht gerade als gesellig, oder gar redsellig zu beschreiben war, hatte er doch eine andere Präsenz bei seinen Untergebenen, als Assur sie inne hatte.
Der Primarch war Agael immer noch rätselhaft.
Er sah die Grausamkeiten auf dem Schlachtfeld, sowie die kompromisslose Art der Kriegsführung und konnte sie nicht mit diesem verschlossenen, undurchschaubaren Individuum in Einklang bringen.
Obwohl keine vergleichbaren Methoden wie auf Sargon in der Führung der Legion zu erkennen waren, blieb der Custodes doch misstrauisch.
Assur war mehr als man erkennen konnte.
Er musste zwar zugeben, das der Primarch vorbildlich und imperiumstreu handelte, als er die Eroberung von Salvadis befohlen hatte, jedoch war es auch aus persönlichem Rechtsempfinden geschehen.
Es war die Richtigkeit der Sache, die ihn voran trieb.
Würde er auch so handeln, wenn es nicht so war?
Wenn es dennoch nötig wurde?
Agael fragte sich, ob er diese Kopromisslosigkeit auch bei Abhumanen an den Tag legen würde.
Er wußte von Valdors Gespräch mit dem Imperator.
Er wußte von den Skythen.
Ein plötzlicher Ruf von Captain Amat verdrängte Agaels Gedanken bis auf weiteres.
"Sie ist offen! Lasst uns Krieg führen!"
Die Tür, die zur Reaktorebene führte, hatte sich geöffnet ohne Alarm auszulösen.
Assur wandte sich von seinen Untersuchungen ab und richtete das Wort an alle Anwesenden.
"Meine Söhne! Ein jeder von euch kennt seine Aufgaben! Haltet Funkstille bis der Schild gesenkt wurde, dann lassen wir die Macht der Legion los, um diese letzte Bastion des Feindes zu zerschnmettern!"
Alle Anwesenden Tempest Guardians schlugen ihre rechte Faust auf die Brust.
Die Custodes rammten ihre Speere auf den Boden.
Assur lächelte.
Bevor er sich zur Treppe wandte sagte er laut:
"Wir sind der Sturm!"