Elias sah sich in dem Spiegel. Seine Haut war Leichenblass, die Augen gerötet und an von den Schläfen und Hals aus bildeten blaue Adern ein netzförmiges Geflecht bis ins Gesicht hinein. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, der ihm in Tropfen über das Gesicht lief. "Beim Imperator, was ist nur los mit mir?" Kaum hatte Eli diese Worte vor sich hin gemurmelt, kündigte ein tiefes Rülpsen und Rumoren im Magen einen erneuten Schwall Erbrochenes an. Er entspannte seine Bauchmuskulatur und spuckte in mehreren Intervallen riesige, grün-braune Schleimbrocken in das Becken, die sofort den Abfluss verstopften. Elias atmete schwer und wurde immer noch von extremem Brechreiz geplagt, als sich die widerliche Masse in dem Waschbecken vor ihm zu bewegen begann. Sachte pulsierte sie, die Oberfläche bebte und krümmte sich und schließlich viel sie an mehreren Stellen zusammen , bis darin ein kleines, kindliches Gesicht zum Vorschein kam.
Erschrocken stieß sich Elias von dem Waschbecken über das er sich gebeugt hatte ab, und trat zurück, bis er den Anblick dieses furchtbar deformierten Kopfes nicht mehr ertragen musste. Er zitterte am gesamten Leib, seine Beine drohten unter dem Gewicht des Körpers nachzugeben. Völlig aus der Fassung musste er sich an die Wand lehnen, versuchte zur Ruhe zu kommen, doch seine Verfassung drohte eher in hysterisches Hyperventilieren überzugehen. Eli warf den Kopf in den Nacken, schloss die Augen, und versuchte sich zu einer kontrollierteren Atmung zu zwingen. Schließlich begann er laut zu zählen.
"Eins". Sein Herz hämmerte weiterhin gegen die Innenwände der Brust, wie ein Wahnsinniger in seiner Zelle, der versucht sich den Kopf an der gummierten Wand einzuschlagen. "Zwei". Seine Hände, zu Fäusten geballt, lockerten ihren Griff, und wischten den kalten Angstschweiß von der Stirn. Sie fühlte sich heiß, glühend heiß an. "Drei". Die Hände wanderten zu den schlotternden Knien, hielten sie fest, was Eli etwas stabilität zurückgab. Nun stand er vornübergebeugt, nur mit dem Po lehnte er noch an der Wand. "Vier" Er sammelte Speichel in seinem Mund und spuckte aus. Der grüne Batzen auf dem Boden war mehr als es sich im Mund angefühlt hatte. "Fünf". Sein Herzschlag begann sich zu beruhigen, der Wahnsinnige schien begriffen zu haben dass die Wand nicht hart genug war. "Sechs" Eli atmete tief durch. Er füllte seine Lunge komplett mit Luft, und lies sie wieder langsam entweichen, dabei richtete er sich auf und stieß sich von der Wand ab. Er konnte alleine stehen. "Sieb...".
"Vater?" tönte es aus dem Waschbecken. Und Elis Herz gefror. Seine Augen waren vor Entsetzen aufgerissen, als eine kleine, grünbraune Hand am Beckenrand erschien. "Vater? Bitte hilf mir!" Das kindliche Gesicht erschien vor Elias mit der Mimik eines bemitleidenswerten weinenden Babys. Es schluchzte und schniefte, während es sich höher stemmte und auf den Rand glitt. Eli konnte sich nicht bewegen, sein Atem hatte ausgesetzt, der ganze Raum stank erbärmlich nach Erbrochenem. "Acht" Wimmerte er vor sich hin, eine Träne kullert seine rechte Wange. "Sie hat mich getötet, Vater! Diese Schlampe hat mich ermordet! Du weist es, du hast dabei zugesehen!". "Es... es war nur ein Traum! Ein Traum, hörst du? Das ist nicht wirklich passiert!". Das Baby war nun über den Beckenrand gekrochen und kam mit einem unappetitlichen Klatschen auf dem Boden auf. Es folgte ein weinerlicher Schrei, wie der eines Neugeborenen, nur viel, viel Lauter. "Du hättest mich Retten können, Vater! Nimm mich, nimm mich zu dir! Ich bin so alleine!" Das kleine Ding kroch auf Elias zu und hinterließ eine Spur aus Schlick und Schlamm. "Neun". Kam Elias über die Lippen. Er bückte sich und streckte seinem Kind die Hände entgegen, mit einem Gefühl aus Sehnsucht und Ekel. Das kleine Wesen kroch in seine Arme und Eli fühlte sofort die Nässe durch sein Hemd, dennoch drückte er es eng an seine Brust. Eine zweite Träne verlief sich über seine linke Wange. "Ich wusste es, ich wusste es ! "Vater, du musst sie für das was sie getan hat bestrafen! Nimm mich mit nach Hause..." Elias stand auf in und trat auf die Toilettentür zu. Das Kind aus schleim hatte sich unter sein Hemd geklammert, und hing dort an seiner Haut wie ein nasser Lappen. Beim hinausgehen flüstere Elias zu sich selbst:
"Und Zehn".