40k Die Lüge

Elias sah sich in dem Spiegel. Seine Haut war Leichenblass, die Augen gerötet und an von den Schläfen und Hals aus bildeten blaue Adern ein netzförmiges Geflecht bis ins Gesicht hinein. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, der ihm in Tropfen über das Gesicht lief. "Beim Imperator, was ist nur los mit mir?" Kaum hatte Eli diese Worte vor sich hin gemurmelt, kündigte ein tiefes Rülpsen und Rumoren im Magen einen erneuten Schwall Erbrochenes an. Er entspannte seine Bauchmuskulatur und spuckte in mehreren Intervallen riesige, grün-braune Schleimbrocken in das Becken, die sofort den Abfluss verstopften. Elias atmete schwer und wurde immer noch von extremem Brechreiz geplagt, als sich die widerliche Masse in dem Waschbecken vor ihm zu bewegen begann. Sachte pulsierte sie, die Oberfläche bebte und krümmte sich und schließlich viel sie an mehreren Stellen zusammen , bis darin ein kleines, kindliches Gesicht zum Vorschein kam.

Erschrocken stieß sich Elias von dem Waschbecken über das er sich gebeugt hatte ab, und trat zurück, bis er den Anblick dieses furchtbar deformierten Kopfes nicht mehr ertragen musste. Er zitterte am gesamten Leib, seine Beine drohten unter dem Gewicht des Körpers nachzugeben. Völlig aus der Fassung musste er sich an die Wand lehnen, versuchte zur Ruhe zu kommen, doch seine Verfassung drohte eher in hysterisches Hyperventilieren überzugehen. Eli warf den Kopf in den Nacken, schloss die Augen, und versuchte sich zu einer kontrollierteren Atmung zu zwingen. Schließlich begann er laut zu zählen.

"Eins". Sein Herz hämmerte weiterhin gegen die Innenwände der Brust, wie ein Wahnsinniger in seiner Zelle, der versucht sich den Kopf an der gummierten Wand einzuschlagen. "Zwei". Seine Hände, zu Fäusten geballt, lockerten ihren Griff, und wischten den kalten Angstschweiß von der Stirn. Sie fühlte sich heiß, glühend heiß an. "Drei". Die Hände wanderten zu den schlotternden Knien, hielten sie fest, was Eli etwas stabilität zurückgab. Nun stand er vornübergebeugt, nur mit dem Po lehnte er noch an der Wand. "Vier" Er sammelte Speichel in seinem Mund und spuckte aus. Der grüne Batzen auf dem Boden war mehr als es sich im Mund angefühlt hatte. "Fünf". Sein Herzschlag begann sich zu beruhigen, der Wahnsinnige schien begriffen zu haben dass die Wand nicht hart genug war. "Sechs" Eli atmete tief durch. Er füllte seine Lunge komplett mit Luft, und lies sie wieder langsam entweichen, dabei richtete er sich auf und stieß sich von der Wand ab. Er konnte alleine stehen. "Sieb...".

"Vater?" tönte es aus dem Waschbecken. Und Elis Herz gefror. Seine Augen waren vor Entsetzen aufgerissen, als eine kleine, grünbraune Hand am Beckenrand erschien. "Vater? Bitte hilf mir!" Das kindliche Gesicht erschien vor Elias mit der Mimik eines bemitleidenswerten weinenden Babys. Es schluchzte und schniefte, während es sich höher stemmte und auf den Rand glitt. Eli konnte sich nicht bewegen, sein Atem hatte ausgesetzt, der ganze Raum stank erbärmlich nach Erbrochenem. "Acht" Wimmerte er vor sich hin, eine Träne kullert seine rechte Wange. "Sie hat mich getötet, Vater! Diese Schlampe hat mich ermordet! Du weist es, du hast dabei zugesehen!". "Es... es war nur ein Traum! Ein Traum, hörst du? Das ist nicht wirklich passiert!". Das Baby war nun über den Beckenrand gekrochen und kam mit einem unappetitlichen Klatschen auf dem Boden auf. Es folgte ein weinerlicher Schrei, wie der eines Neugeborenen, nur viel, viel Lauter. "Du hättest mich Retten können, Vater! Nimm mich, nimm mich zu dir! Ich bin so alleine!" Das kleine Ding kroch auf Elias zu und hinterließ eine Spur aus Schlick und Schlamm. "Neun". Kam Elias über die Lippen. Er bückte sich und streckte seinem Kind die Hände entgegen, mit einem Gefühl aus Sehnsucht und Ekel. Das kleine Wesen kroch in seine Arme und Eli fühlte sofort die Nässe durch sein Hemd, dennoch drückte er es eng an seine Brust. Eine zweite Träne verlief sich über seine linke Wange. "Ich wusste es, ich wusste es ! "Vater, du musst sie für das was sie getan hat bestrafen! Nimm mich mit nach Hause..." Elias stand auf in und trat auf die Toilettentür zu. Das Kind aus schleim hatte sich unter sein Hemd geklammert, und hing dort an seiner Haut wie ein nasser Lappen. Beim hinausgehen flüstere Elias zu sich selbst:

"Und Zehn".
 
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In der Bar herrschte gedämpftes Licht, Rauchschwaden wallten zischen Tresen und Tischen, sie alle stammten aus den Stäbchen einer einzelnen Person, die sich bereits seit Stunden mit einem der Spielautomaten beschäftigte. Die bunten, blinkenden Lämpchen erhellten das Gesicht des Mannes von verschiedenen Seiten jedesmal aufs neue wenn er einen weiteren Credit buchte oder einen Gewinn erzielte. Sie zeigten einen vom Leben enttäuschten Menschen, der nach seinen jungen Jahren voller Ehrgeiz und großer Pläne nun seine Erfüllung in Glücksspiel, Alkohol und Tabak suchte. Ein schwarzer Ledermantel hing ihm über die Schultern, verlief über den Barhocker und streichelte bei den kleinen kurz gehaltenen Bewegungen der Hand, die das Lho-Stäbchen immer wieder zum Mund führte, den Boden. Auf einem kleinen Tischchen neben dem Automaten stapelten sich Schnapsgläser. Der Barkeeper stand mit verschränkten Armen hinter seinem Tresen und wartete. Auf Gäste, auf Ablenkung, auf ein Weib, auf irgendwas.



Mit einer Regelmässigkeit die einem Uhrwerk glich murmelte es in der Bar.
>>Noch nen Kurzen, Chess<<
Daraufhin machte sich der Barkeeper an den Flaschen zu schaffen, schenkte ein Glas ein und stellte es neben den Automaten auf das kleine Tischchen, das bald um ein leeres Glas reicher sein würde.
Das unmelodische Quäken der Glücksspielmaschine schien sich durch den Qualm der Stäbchen in der schwarzen Unendlichkeit der Wände zu verlieren, als sich plötzlich einen Spalt breit Licht in den stickigen Raum ergoss, durch den sich eine Gestalt quetschte, eine dritte Person, die die Tür schnell wieder hinter sich schloss, welche die Bar von der taghellen Aussenwelt abgrenzte. Der Neuankömmling benötigte einige Augenblicke um sich in der diesigen Umgebung zu orientieren, bis er den Anlass für sein Kommen ausfindig machen konnte. Der Barkeeper folgte den langen Schritten des Eindringlings mit den Augen, wohlwissend, dass er mit dieser Person kein Geschaft machen können werde, bis zu seinem Stammgast. Ohne sich umzudrehen begann der Mann am Spielautomaten mit einem raunen das Gespräch.


>>Was willst Du?<<
In der Antwort verbarg sich wohldosierter Tadel.
>>Ein Angestellter hat des Werk während der Arbeitszeiten ohne Erlaubnis verlassen, Ihr Einsatz ist Gefragt<<
>>Siehst du nicht dass ich beschäftigt bin?<<
Der Spielende nahm einen tiefen Zug von seinem Stäbchen, trank sein Glas leer und knallte es auf den Tisch. Als sei das Gespräch für ihn beendet buchte er einen weiteren Credit auf die Maschine und begann eine neue Partie. Doch der Kerl mit dem Stock in dem Arsch lies nicht locker.
>>Ihr Einsatz ist erforderlich, die Werksleitung kann ein solches Verhalten der Angestellten nicht tolerieren.<<
>>Die Werksleitung kann mich mal kreuzweise.<<
>>Ich muss doch sehr bitten. Ihre Aufgabe ist die Aufrecherhaltung von Disziplin und Ordnung in allen Bereichen und Angelegenheiten des Werkes.<<
Ein längeres Schweigen folgte.
>>Lassen Sie den Vorstand wissen das ich mich des Falles annehme.<<


Der Sicherheitsbeamte knallte die Hacken zusammen und verließ die Bar, sichtlich erleichtert diese dunkle Höhle endlich wieder verlassen zu können.
Der Mann am Automaten seufzte. Er begann sich zu regen, hob seine Mütze zwischen Lho-Stummeln und Glasscherben am Boden auf und stopfte sie sich in die Tasche. Mit einem gemurmelten >>Du kennst meine Kontonummer, Chess...<< verließ Werkskommissar Emandiel Dane die versiffte Kneipe in dem selben Moment, in dem einem anderer Mann namens Elias durch die Tür in sein Apartement trat.
 
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Hm, irgendwie cool. Die Schattenseiten des Imperiums, das gefällt mir. Sehr glaubwürdig geschrieben. Einige Formulierungen würde ich ändern. Diese zum Beispiel:

Der Barkeeper folgte den langen Schritten des Eindringlings mit den Augen, wohlwissend, dass er mit dieser Person kein Geschaft machen können werde, bis zu seinem Stammgast. Ohne sich umzudrehen begann der Mann am Spielautomaten mit einem raunen das Gespräch.

erstmal weiß der Leser nicht, wer mti Stammgast gemeint ist. das verwirrt und man muss ne Weile überlegen. Außerdem steht da nur, dass der Blick des Barkeeper zum Stammgast geht, nicht unbedingt, dass der Neuankömmling zu ihm geht. Umso komischer wirkt die Tatsache, dass der Typ plötzlich spricht.
Ich würde es so ändern:
Der Barkeeper folgte den langen Schritten des Eindringlings mit den Augen, wohlwissend, dass er mit dieser Person kein Geschaft machen würde (oder konnte aber bitte nicht beides), bis dieser hinter dem Stammgast am Automaten stehen blieb. Ohne sich umzudrehen, begann der Spieler mit einem Raunen das Gespräch.

Soweit von mir. Ansonsten super Atmosphäre.
 
Das Chaos hat seine Saat gepflanzt und wie du das rüber gebracht hast war richtig klasse mir hat es sehr gut gefallen besonders der Abschnitt mit der Badezimmer Szene, das war Chaos in seiner verabscheuungswürdigsten Art und Weise, es glitt schon fast ins Perverse rein und das ist, wenn man vom Chaos spricht, im Positiven Sinne gemeint (Die Sache mit dem Kind im Waschbecken). Die Geschichte kommt durch diese Elemente und Details (auch wenns echt eklig ist 😱) sehr glaubwürdig und düster rüber. Ich hoffe nur du behälst diesen Stil bei und bleibst dem roten Faden in deiner Geschichte treu. Chaos muss einfach schonungslos rüber kommen und hinterlässt seinen Makel in jedem schwachen Geist. Langsam wird eine gute, reine Seele verdorben und eine harmonische Welt zerbricht durch Zweifel, Misstrauen und Verfolgungswahn. So stelle ich mir das Chaos vor.

Alle Daumen hoch ich freue mich auf den nächsten Teil !
 
Danke für die Kommentare Leute, :lol: Es freut mich das euch die Geschichte bisher gefallen hat!

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>>Um wen handelt es sich?<<
>>Der Name der betreffenden Person lautet Elias Cheria, Bürokraft aus Sektion 17a. Das Subjekt verließ nach auffälligem Verhalten auf Anweisung seines Vorgesetzten seinen Arbeitsplatz und dann nach etwa 5 Minuten das Werk, wie in Aufnahmen der Kameras 15, 27, 268 sowie 534 ersichtlich.<<
Die blutunterlaufenen Augen des Beamten blickten wie so viele andere Stunden eines jeden Tages auf einen der vielen Monitor die ihn umgaben, sein Finger folgte den Bewegungen des straffällig gewordenen Bürgers.
>>Auffälliges Verhalten? Inwiefern?<<
>>Das Subjekt wurde schlafend an seinem Arbeitsplatz vorgefunden, bei der ordnungsgemäßen Zurechtweisung stellte Abteilungsleiter Sains fest, dass sein Untergebener an starker Erschöpfung und gesundheitlichen Problemen zu leiden schien. Er gewährte ihm eine kurze Pause um sich zu erholen, doch der Angestellte verließ kurze Zeit darauf das Werk.<<
Dane langweilte sich jetzt schon. Seine Schnapsfahne schien dem Sicherheitsbeamten aufgefallen zu sein, denn dieser rückte, seiner Meinung wohl unauffällig, immer weiter von dem Kommissar weg. Es schien doch noch vorzukommen, dass ein Arbeiter der Fabrik einen eigenen Kopf entwickeln konnte, und wenn dies auch aus ein Krankheit heraus entstand.
>>Gedenken Sie diesemal etwas zu unternehmen, Herr Kommissar?<<
>>Ob ich etwas unternehmen werde? Woher nehmen Sie sie Frechheit mich das zu fragen?<<

Der Beamte erkannte die aggressive Haltung Danes korrekt als Zurschaustellung einer verlorenen, lange nicht mehr vorhanden Kommissarswürde. Auch wenn dieser schon längst keinen Respekt vor seinem eigenen Rang und Autorität mehr hatte, bereiteten ihm solch offensichtliche Anspielungen auf seine mangelnde Pflichterfüllung durch die Mitarbeiter der ihm zur Aufsicht verpflichteten Institutionen nervöse Zuckungen im Zeigefinger. Doch schnell fasste er sich wieder und erwiderte den Blick von trotzigen, vowurfsvollen Augen.
>>Ich werde Ihnen sagen was ich tun werde. Zuerst gehe ich rüber in mein Quartier, dusche und hole mir dabei einen runter. Danach ziehe ich eine saubere Uniform an, begebe mich zur Wohnung dieses Elias Cheria, dessen Adresse sie mir übrigens noch raussuchen werden. Teilen Sie sie mir über Kom mit. Mir wird entweder ein totkranker Herr Cheria, eine besorgte Ehefrau oder vielleicht eine schadenfrohe Hure die Tür öffnen. Ich werde mich für mein unangemeldetes Erscheinen entschuldigen, mich nach dem Befinden des Mannes erkundigen, eine gute Besserung wünschen und anschließend einen Trinken gehen. Wenn Sie weitere Fragen zu meinen üblichen Vorgehensweisen haben, wenden Sie sich bitte an das Büro des Kommissariats des Manufactorums, dessen einziger Mitarbeiter 7 Tage die Woche und vierundzwanzig Stunden am Tag nicht anwesend ist.<<

Der Kommissar wandte sich ab und schritt in Richtung Tür, was der Beamte als Zeichen sehen sollte, dass das Gespräch zuende ist.
>>Sind Sie es garnicht Leid dass Sie jeder für einen Versager hält?<<
Dane drückte die Klinke doch öffnete die Tür nicht.
>>Wie heissen Sie, Soldat?<<
>>Sergeant Reidravin.<<
>>Halten Sie die Klappe, Sergeant.<<

*

>>Ich habe von dir geträumt mein Engel.<<
>>Eli? Warum bist du schon so früh zurück?<<
>>Ich musste dich sehen Sarah. Weist du eigentlich wie wunderschön du bist? Ich habe dir das viel zu selten gesagt.<<
>>Ähm, danke. Ist was passiert? Du siehst so angespannt aus.<<
>>Nein.<<
>>Oh.<<
>>Möchtest du eine Geschichte hören?<<
>>Eine Geschichte? Gern.<<
>>Sie wird dir bekannt vorkommen. Denn sie handelt von einem sehr sehr traurigen Kind.<<
 
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