Hier ist nun die Geschichte eines Druchii-Assassinen. Ich hoffe, sie gefällt euch. Der Anfang ist vielleicht etwas verwirrend und möglicherweise auch langweilig, aber ich verspreche, dass es noch spannend wird. Also Kapitel 1:
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Ich empfehle, die PDF zu lesen, da die Kapitel hier im Forum größtenteils nicht überarbeitet wurden und daher stark veraltet sind. Ich freue mich aber über jede Rückmeldung.
Vorweg:
Als sich das Imperium noch vom Sturm des Chaos erholte, geschahen im fernen Naggaroth Dinge, die auch die alte Welt hätten betreffen können. Da die Historiker und Geschichtsschreiber noch damit beschäftigt waren, den Sturm des Chaos auszuwerten, sollte über diese Ereignisse nur wenig bekannt werden, obwohl sie für die Druchii beinahe den Untergang bedeutet hätten.
Geschenke mit Schmerzen
Obwohl er sich keine Mühe gab, verursachten seine Schritte keinerlei Geräusch und die Fackeln zitterten nur kurz, wenn der Luftstrom seiner Bewegung sie erreichte. Er hatte im Laufe seiner Ausbildung gelernt, mit den Schatten zu verschmelzen und so wenige Spuren wie möglich zu hinterlassen. Darin hatte der junge Druchii es weit gebracht und hatte dies so weit verinnerlich, dass er schon bei normalen Bewegungen schwer zu entdecken war. Er war nicht der einzige, für den das Schleichen eine Selbstverständlichkeit war, wie ihm die Stille in den Korridoren zeigte.Deshalb sah ihn niemand als etwas Besonders an, im Gegenteil: Er war immer der Schwache. Soweit er sich erinnern konnte, war er verspottet worden, ohne den Grund jemals zu erfahren. Diese Schikanen hatten einen Hass in ihm heran wachsen lassen, der nur darauf wartete, auszubrechen, wie es schon mehrmals passiert war. Aber heute galten seine Gedanken anderen Dingen. Keine Schritte waren zu hören, die meisten Gespräche wurden flüsternd geführt und die Geräusche der Ausbildungen waren weit entfernt und klangen gedämpft.
Sisrall hatte seine Ausbildung erst vor einigen Stunden beendet und war nun offiziell ein Assassine im Dienste des Khainetempels. Zumindest war der Teil der Übungen vorbei, den alle Schüler des Tempels absolvieren mussten. Denn vor vielen Jahren (war es wirklich schon so lange her?) war der Meister des Tempels auf ihn aufmerksam geworden und hatte ihn zu sich geholt, um in Einzelstunden „das volle Potential“ in Sisrall zu nutzen, wie er sich ausgedrückt hatte. In diesen Stunden hatte der künftige Meuchelmörder Kampftechniken kennengelernt und gemeistert, die er Sterblichen überhaupt nicht zugetraut hätte. Sein Meister hatte ihm sogar in die für Männer verbotenen Künste der Magie eingeweiht. Zwar hatte der junge Dunkelelf dafür weiter auf Schlaf verzichten und weitere Anstrengungen auf sich nehmen müssen, doch er hatte keine Sekunde an den Möglichkeiten, die sich ihm auftaten, gezweifelt.
Sisrall kam an der Tür zu einer der Hallen vorbei, in denen die Schüler des Tempels in den unterschiedlichen Techniken, zu töten und zu kämpfen, unterrichtet wurden. Durch die Tür drangen die Geräusche der Kämpfe, die zwar mit stumpfen Übungswaffen ausgeführt wurden, aber trotzdem zu gefährlichen Verletzungen führen konnten, sowie die knappen aber deutlichen Anweisungen der Ausbilder und das vereinzelte Aufschreien, wenn einer der künftigen Assassinen vom einem Schwert getroffen oder von der Peitsche eines Aufsehers bestraft wurde. Sisrall wusste aus eigener Erfahrung, wie hart die Ausbildung war, da sie die künftigen Krieger des Tempels in jeder Hinsicht perfektionieren sollte. Die Veteranen, die sie unterrichteten, waren gnadenlos und schlugen jeden, der ein Zeichen von Schwäche zeigte. Wer verletz wurde, durfte nicht auf Mitleid hoffen, sondern hatte weiterzumachen. Zum Glück heilten die zähen Körper der Druchii schnell. Die vielen Verletzungen und Strafen dienten auch dazu, diese Selbstheilung zu steigern und den Körper vorzubereiten, sich innerhalb weniger Stunden zu heilen. Es sollte Veteranen geben, deren leichte Wunden sich innerhalb weniger Minuten verschlossen.
Sisrall schritt an der Tür vorbei und ließ den Lärm hinter sich. Vor ihm machte der schwach erleuchtete Gang einen Knick und führte an den engen Quartieren vorbei, in denen die Schüler lebten. Sie mussten sich zu sechs ein Zimmer teilen, in dem zusätzlich zu den steinharten Betten nur noch ein Tisch und für jeden eine schwere Truhe, in denen sie ihre Sachen verwahrten, Platz fanden.
Diese Sachen waren meist sehr spärlich. Es war jedem gestattet, ein scharfes Schwert und einen Dolch oder ein Wurfmesser zu besitzen. Außerdem hatte jeder seine eigenen schwarzen Umhänge und Gewänder, sowie die dazugehörigen Schuhe und Handschuhe. Sonst kannten die jungen Dunkelelfen keine Besitztümer. Wer die Ausbildung erfolgreich beendete, erhielt ein zweites Schwert, noch einen Dolch und Wurfmesser oder –Pfeile. Auch Sisrall hatte an diesem Morgen seine Waffen erhalten, nachdem seine Ausbilder ihn auf allen Gebieten, die er zu beherrschen hatte, aufs Härteste überprüft hatten und seine Ausbildung für beendet erklärt hatten.
Doch noch immer lebte er nicht viel besser, als die Schüler, die dort hinter den geschlossenen Türen schliefen. Denn noch immer wurden ihm nur fünf Stunden Schlaf zugesprochen und die Mahlzeiten waren so karg wie eh und je. Auch vor Strafen war er nicht sicher, sollte er ein Zeichen der Schwäche zeigen.Genauso wenig hatte die Überheblichkeit der Übrigen ihm gegenüber abgenommen. Er besaß nun aber ein eigenes, wenn auch kleines, Zimmer, durfte selbst über seinen Besitz bestimmen und konnte als Krieger des Tempels eingesetzt werden, wenn jemand die Assassinen beauftragte oder die Schafrichter des Khaine in den Krieg gerufen wurden. Denn er war einer jener wenigen, welche eine noch härtere Ausbildung auf sich genommen hatten und neben dem Unerkannten Töten auch noch den Kampf als Scharfrichter des Lebensschnitters, und damit Elitekrieger unter den Dunkelelfen, erlernt hatten. Dafür hatte er mit drei Stunden Schlaf am Tag auskommen müssen, doch die zusätzlichen Stunden hatten sich ausgezahlt. Zwar würde er weiterhin die Kampfkunst der Assassinen bevorzugen, doch ein offener Kampf stellte für ihn nun keine nennenswerte Herausforderung mehr da.
Der Dunkelelf erreichte das Portal, das in den Innenhof des Tempels führte und spürte die kalte Frühlingsluft, die seine Haare umher wirbelte und seine Gewänder flattern ließ. Er zog den weiten Umhang enger um sich und schritt mit sicheren Schritten die Treppe hinunter, wanderte über die gepflasterten Wege und blickte in den Himmel. Sisrall mochte den silbernen Schein des Mondes und die Stille, die ihn wie ein Mantel umfing, während er im Licht des fast vollen Mondes und der unzähligen Sterne badete. Es war schon spät und die meisten der Schüler und übrigen Tempeldeiner schliefen wahrscheinlich inzwischen. Doch er konnte sich noch nicht zur Ruhe legen, denn nun zu dieser Stunde begann wie fast jeden zweiten Tag die Unterweisung durch den Meister des Tempels. Also wandte Sisrall sein Gesicht vom Schein des Himmels ab und blickte durch den wilden Garten. Wie alles hier erfüllte auch er einen Zweck. Die Schüler sollten lernen, die Pflanzen, die sie in der Wildnis ernähren konnten oder aus denen man Gifte herstellen konnte, zu erkennen und zu benutzen. Außerdem konnten sie hier den Marsch durch einen Dschungel und durch sumpfige Gegenden üben. Ab und zu wurden sogar wilde Tiere in den Innenhof gelassen, mit denen die jungen Dunkelelfen dann fertig werden mussten. Auch die fertig Ausgebildeten mussten manchmal an solchen oder ähnlichen Übungen teilnehmen, um „nicht einzurosten“. Die Ausbilder hatten in der Hinsicht eine Menge Fantasie.
Doch heute waren die kleinen Wälder, durch die sich der Weg schlängelte, ruhig und gefahrlos. Obwohl der Mondschein nicht durch das dichte Blätterdach über ihm dringen konnte, verspürte Sisrall keine Nervosität. Die Dunkelheit fürchtete er noch nie und er hatte gelernt, seine Angst selbst beim Anblick des sicheren Todes zu verdrängen.
Der junge Dunkelelf erreichte schon nach wenigen Minuten sein Ziel. Vor ihm lag der Teil des Tempelbezirkes, der am wenigsten benutzt wurde und der als Übungsplatz und Bereich der höchsten Angehörigen des Khainetempels galt. Sisrall trat durch einen Torbogen und fand sich in einer Halle wieder, die in tiefer Dunkelheit lag, da niemand hier Wert auf Beleuchtung zu legen schien. Der Assassine wanderte über den steinernen Boden, wich der riesigen Figur aus, die Khaela Menscha Khaine darstellte, erreichte eine der Wände und öffnete die Tür, die dort in die Wand eingelassen war. Dahinter lag ein dunkler Korridor, dessen Wände von vereinzelten Statuen gesäumt wurden. Neben einer dieser Steinfiguren, die einen Elfen in wehenden Gewändern und dem Kopf eines besiegten Gegners in der Hand zeigte, hielt er an und drehte sich zu der Tür um, die sich kaum von den übrigen Türen im Tempel unterschied.
Sein Herz begann, heftiger zu schlagen. Er fürchtete sich nicht vor seinem Meister oder dessen Unterweisungen, sondern vor dem, was ihn heute erwartete. Denn seine offizielle Ausbildung war beendet und neben den Waffen sollte er auch von seinem speziellen Ausbilder ein Zeichen der Anerkennung erhalten. Doch es war kein einfaches Geschenk und es würde sein Leben verändern und stellte an sich eine weitere Prüfung da, die man ihm auferlegte hatte. Während er versuchte, sein Herz zu beruhigen, trat er den letzten Schritt auf die Tür zu und klopfte, wie er es mit seinem Meister vereinbart hatte. Erst einmal, dann dreimal mit dem Handballen und dann noch zweimal mit den Knöcheln. Er brauchte nicht lange zu warten. Die Tür schwang auf und zeigte einen Diener, der ihn hineinließ und dann im Gang verschwand, bevor er die Tür wieder ins Schloss fallen ließ.
Sisrall beeilte sich, die schlichten Steinstufen hinunter zu eilen, die von der Tür weiter in die Tiefe führten. Unten wartete eine Gestalt in schwarzen Gewändern auf ihn, das Gesicht im Schatten seiner Kapuze verborgen. „Ich wünsche Euch einen guten Abend, Meister.“ Sagte der junge Druchii, während er sich vor Eswirl, seinem Meister, verbeugte.
Dieser ließ nur ein leichtes Nicken erkennen, erwiderte den Gruß jedoch. „Auch dir einen schönen Abend, Sisrall. Oder sollte ich „Euch“ sagen?“ Der Assassine glaubte, einen leicht spöttischen Ton zu vernehmen. „Schließlich ist Eure Ausbildung abgeschlossen und Ihr seid in die Reihen der Tempelkrieger aufgenommen. Ihr habt alle Euch gestellten Aufgaben und Prüfungen erfolgreich bestanden und habt Eure Waffen erhalten. Doch von mir sollt Ihr noch einiges lernen. Doch da Ihr nun über eigenen Besitz außerhalb der Vorschriften verfügen dürft, bekommt Ihr auch von mir eine … Auszeichnung. Ihr wisst, wovon ich spreche!?“
Natürlich wusste Sisrall das. In den letzten Wochen waren erst einige Rüstungsschmiede gekommen und hatten Maß an seinem ganzen Köper genommen. Sie kannten ihn inzwischen wohl besser, als er selbst. Dann waren sie immer wieder mit Rüstungsteilen angekommen und hatten die Passgenauigkeit überprüft. Nach vielen Versuchen hatten sie sich schließlich als zufrieden erklärt und Eswirl hatte ihnen zugestimmt. Die Anproben hatten dem Dunkelelfen die meisterliche Kunst dieser Schmiede gezeigt. Die Rüstung passte perfekt. Sie scheuerte nicht und behinderte seine Bewegungen in keinster Weise. Zudem hatte sein Meister immer wieder von der beinahe vollkommenen Unzerstörbarkeit dieses Werkes gesprochen.
„Ihr wart über viele Jahre einer meiner besten Schüler“, hob die Gestalt in den Kapuze wieder zu sprechen an, „Ihr habt alle Techniken gemeistert, die ich Euch gelehrt hab und habt alle Prüfungen meinerseits überstanden. Nur die wenigsten sind je so weit gekommen und deshalb muss ich zugeben, stolz auf Euch und Eure Fortschritte zu sein. Widersprecht also nicht, wenn ich sage, dass Ihr dieses Geschenk verdient. Doch sei gewarnt, Sisrall. Wenn die Rüstung erst auf Euren Leib geschmiedet wurde, kann sie wahrscheinlich kein Zauber dieser Welt mehr entfernen, ohne Eurem Fleisch Schaden zuzufügen und Euch Eurer Haut zu berauben. Also stelle ich Euch die entscheidende Frage: Seid Ihr bereit, dieses Geschenk und alle damit verbundenen … Unannehmlichkeiten und Pflichten auf Euch zu nehmen?“
Sisrall ließ sich Zeit mit der Antwort, um ein letztes Mal über diesen unwiderruflichen Schritt nachzudenken. Habe ich überhaupt eine Wahl? Er hat mich ausgewählt und mich ausgebildet, also wird er dies von Anfang an geplant haben. Diese Rüstung würde mir unglaubliche Möglichkeiten eröffnen, doch ich stehe dann in Eswirls Diensten. So lautete die Bedingung, die das Tempeloberhaupt noch an das Geschenk geknüpft hatte. Er kann mir so lange Anweisungen erteilen, bis er mich freigibt. Aber macht es wirklich einen Unterschied, ob er mich nun als Tempelmeister oder als mein persönlicher Herr kontrolliert?
Die Gedanken des jungen Druchii schossen ihm durch den Kopf und schließlich setzten sich Rationalität und Machtstreben durch. Ich unterwerfe mich also seinen Befehlen und ernte dafür große Macht. Ich bezweifle allerdings auch, dass er mich weiter unterwiesen hätte, wenn ich sein Geschenk abgelehnt hätte.
Um weiteren Gedanken an die Nachteile, die er sich einhandelte, vorzubeugen, blickte er seinen Meister an und sprach. „Ich danke Euch noch einmal für die Unterweisungen, die Ihr mir mit viel Mühe und Energie gegeben habt und bin bereit, Euch dafür meine Dienste zu erweisen. Ihr habt mir von den Risiken und auch den Pflichten berichtet und ich habe darüber nachgedacht. Lasst uns nicht länger warten und anfangen, ehe mir Zweifel kommen. Hiermit nehme ich Euer Geschenk an.“ Die letzten Worte sprach Sisrall in feierlichem Ton. Sein Meister klatschte in die Hände und der Vorhang, der den hinteren Teil des Raumes verdeckt hatte, teilte sich.
Dort lagen auf einem Tisch die einzelnen Teile der Rüstung. Sie waren nicht mehr unbearbeitet, wie bei der Anprobe, sondern mit Runen und feinen Linien, die sich zu kunstvollen Mustern verbanden, verziert. Außerdem glänzten sie nun in einem fast schwarzen Dunkelblau. Eine beinahe greifbare Aura des Hasses, des Dunklen, des Todes ging davon aus. Neben dem Tisch standen sieben Gestalten, die ihre Gesichter unter weiten Kapuzen verborgen hielten, aber irgendwie weiblich wirkten, obgleich durch die weiten Gewänder keine Sicherheit bestand. In der Mitte des enthüllten Raumes hingen eiserne Ketten von der Decke, deren dicke Glieder sehr solide wirkten.
Eswirl machte eine Bewegung in Richtung der Ketten und Sisrall trat vor. Er fühlte sich alles andere als wohl, war aber entschlossen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Zwei der Gestalten traten vor und befreiten ihn von seinen Gewändern. Den Gürtel mit den Schwertern und dem Dolch legten sie auf einen weiteren Tisch. Danach folgten seine Wurfmesser und die Stiefel. Als letztes zogen sie ihm die Roben aus, bis er völlig nackt dastand. Er schämte sich nicht, solche Gefühle der Schwäche wurden in der Gesellschaft der Druchii verpönt. Außerdem brauchte er seinen Körper nicht zu verstecken. Dicke Muskeln zeichneten sich unter der glatten Haut ab, sein Rücken war gerade und seine Schultern für elfische Maßstäbe breit. Zwei der anderen Frauen (wenn es denn welche waren) traten an einen dritten Tisch heran, auf dem der junge Assassine Flaschen und Krüge mit den seltsamsten Flüssigkeiten sehen konnte. Manche blubberten und schäumten, während andere in unangenehmen Farben leuchteten. Soll ich das Zeug schlucken oder wollen sie mich damit einschmieren? Fragte er sich leicht angeekelt. Wahrscheinlich sowohl als auch. Genug Auswahl für beide Möglichkeiten scheinen sie ja zu haben.
Zwei der Flaschen wurden entkorkt und er wurde aufgefordert, zu trinken. Kaum brannten die ersten Tropfen seine Kehle hinunter, da fühlte er schon eine unnatürliche Taubheit durch seinen Körper kriechen. Nachdem ihm die zweite Flüssigkeit eingeflößt worden war, spürte er fast gar nichts mehr. Obwohl die Körper der Tempelkrieger gegen Gift abgehärtet wurden, verlor er schnell die Kontrolle über seine Muskeln. Die Nerven meldeten ihm keine Empfindungen mehr und seine Gliedmaßen waren nutzlos. Nur hören und sehen konnte er noch. Anhand der Bewegungen, die er sah, vermutete er, dass sie ihn zu den Ketten trugen und dann je eine um seine Hand- und Fußgelenke schlugen, bis er wie ein Kreuz im Raum hing. Zwei Ketten hielten seinen Oberkörper grade, damit er sich nicht zusammenkrümmte.
Er hörte die Frauen singen, einen auf- und abschwellenden Rhythmus, der keine Sprache aber seine eigene Aussage zu haben schien. Etwas in ihm geriet in Bewegung. Er spürte die Magie, die durch den Gesang gewirkt wurde. Ohne zu verstummen flößten sie ihm noch eine Flüssigkeit ein und er glaubte, dass sie nun auch seinen Körper einstrichen.
Dann hörte, wie ein metallener Gegenstand aufgenommen wurde und leise Schritte, die sich näherten. Eine Weile hörte er nur den Gesang, vermutete aber, dass nun das erste Teil der Rüstung auf seinen Bestimmungsort gelegt wurde, was er natürlich nicht spürte.
Dann kam der Schmerz. Er war so vollkommen und schien aus allen Teilen seines Leibes zu kommen, dass Sisrall sich einfach nicht dagegen wappnen konnte. Es fühlte sich an, als bohrten sich Ströme aus Feuer in sein Fleisch und verbrannte ihn innerlich. Er wollte schreien, sich winden oder seiner Qual auf andere Weise Luft machen, doch kein Muskel gehorchte ihm noch. Seltsamerweise hatte er kein Verlangen, die Augen zu verdrehen. Nur am Rande wurde ihm Bewusst, dass er ohne die Betäubungsmittel wohl schon längst den Verstand verloren hätte. Er hatte kein Bewusstsein für die Zeit mehr und konnte nur anhand des An- und Abschwellen des Schmerzes feststellen, dass überhaupt noch Zeit verging. Der Gesang drang nur noch in Zeiten besonders geringer Pein bis in seinen Verstand, doch er war eine Quelle der Ruhe und der Kraft inmitten des Leidens. Er gab ihm die Energie, die darauf folgenden intensiven Schmerzwellen zu überstehen.
Irgendwann glaubte Sisrall, das Feuer, das seinen Körper schon fast gänzlich verbraucht hatte, würde nun in sein Herz dringen und seinen Geist verdampfen lassen. Tatsächlich zerfaserte sein Bewusstsein und er war dankbar, der Pein entkommen zu können, selbst wenn es den Tod bedeutete. Das Dunkel an den Rändern seines Verstandes dehnte sich aus und es wurde schwarz vor seinen Augen. Dann gab er sich ganz der Finsternis hin, die sein Bewusstsein verschlang und hieß sie willkommen.
Tja, wie gesagt etwas verwirrend vielleicht. Wir haben hier jetzt also einen Attentäter mit Körperrüstung, der oft verspottet wird.
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Ich empfehle, die PDF zu lesen, da die Kapitel hier im Forum größtenteils nicht überarbeitet wurden und daher stark veraltet sind. Ich freue mich aber über jede Rückmeldung.
Vorweg:
Als sich das Imperium noch vom Sturm des Chaos erholte, geschahen im fernen Naggaroth Dinge, die auch die alte Welt hätten betreffen können. Da die Historiker und Geschichtsschreiber noch damit beschäftigt waren, den Sturm des Chaos auszuwerten, sollte über diese Ereignisse nur wenig bekannt werden, obwohl sie für die Druchii beinahe den Untergang bedeutet hätten.
Geschenke mit Schmerzen
Ghrond; Naggaroth
2567 IC; 7. zunehmender Mond
Die Fackeln verströmten nur ein flackerndes Dämmerlicht, da sie in viel zu großen Abständen an den dunklen Wänden befestigt worden waren. Durch die weiten Korridore waren nur wenige Geräusche zu hören. Vereinzelte Schreie und das dumpfe Klacken, mit dem die Übungsschwerter aufeinander trafen, waren die einzigen Geräusche, die an die empfindlichen Ohren des jungen Druchii drangen, als er sich weiter über den steinernen Boden bewegte. Er kannte diese Wege und würde sich auch ohne das schwache Fackellicht zurechtfinden, da er seit … ja so lange er zurückdenken konnte, in diesem Gemäuern lebte. Der Tempel des Khaine war eine riesige Anlage, doch wenn man sein ganzes Leben dort verbrachte, wurden einem selbst die entlegensten Ecken irgendwann bekannt, vor allem, da Sisrall ein gutes Gedächtnis sowie ein ausgezeichnetes Orientierungsvermögen besaß. Er konnte sich problemlos auch bei absoluter Dunkelheit über einmal gegangene Wege bewegen und wusste stets, wo er sich in Bezug auf bestimmte Orte befand. Heute aber hätte er den Weg auch so leicht gefunden. 2567 IC; 7. zunehmender Mond
Obwohl er sich keine Mühe gab, verursachten seine Schritte keinerlei Geräusch und die Fackeln zitterten nur kurz, wenn der Luftstrom seiner Bewegung sie erreichte. Er hatte im Laufe seiner Ausbildung gelernt, mit den Schatten zu verschmelzen und so wenige Spuren wie möglich zu hinterlassen. Darin hatte der junge Druchii es weit gebracht und hatte dies so weit verinnerlich, dass er schon bei normalen Bewegungen schwer zu entdecken war. Er war nicht der einzige, für den das Schleichen eine Selbstverständlichkeit war, wie ihm die Stille in den Korridoren zeigte.Deshalb sah ihn niemand als etwas Besonders an, im Gegenteil: Er war immer der Schwache. Soweit er sich erinnern konnte, war er verspottet worden, ohne den Grund jemals zu erfahren. Diese Schikanen hatten einen Hass in ihm heran wachsen lassen, der nur darauf wartete, auszubrechen, wie es schon mehrmals passiert war. Aber heute galten seine Gedanken anderen Dingen. Keine Schritte waren zu hören, die meisten Gespräche wurden flüsternd geführt und die Geräusche der Ausbildungen waren weit entfernt und klangen gedämpft.
Sisrall hatte seine Ausbildung erst vor einigen Stunden beendet und war nun offiziell ein Assassine im Dienste des Khainetempels. Zumindest war der Teil der Übungen vorbei, den alle Schüler des Tempels absolvieren mussten. Denn vor vielen Jahren (war es wirklich schon so lange her?) war der Meister des Tempels auf ihn aufmerksam geworden und hatte ihn zu sich geholt, um in Einzelstunden „das volle Potential“ in Sisrall zu nutzen, wie er sich ausgedrückt hatte. In diesen Stunden hatte der künftige Meuchelmörder Kampftechniken kennengelernt und gemeistert, die er Sterblichen überhaupt nicht zugetraut hätte. Sein Meister hatte ihm sogar in die für Männer verbotenen Künste der Magie eingeweiht. Zwar hatte der junge Dunkelelf dafür weiter auf Schlaf verzichten und weitere Anstrengungen auf sich nehmen müssen, doch er hatte keine Sekunde an den Möglichkeiten, die sich ihm auftaten, gezweifelt.
Sisrall kam an der Tür zu einer der Hallen vorbei, in denen die Schüler des Tempels in den unterschiedlichen Techniken, zu töten und zu kämpfen, unterrichtet wurden. Durch die Tür drangen die Geräusche der Kämpfe, die zwar mit stumpfen Übungswaffen ausgeführt wurden, aber trotzdem zu gefährlichen Verletzungen führen konnten, sowie die knappen aber deutlichen Anweisungen der Ausbilder und das vereinzelte Aufschreien, wenn einer der künftigen Assassinen vom einem Schwert getroffen oder von der Peitsche eines Aufsehers bestraft wurde. Sisrall wusste aus eigener Erfahrung, wie hart die Ausbildung war, da sie die künftigen Krieger des Tempels in jeder Hinsicht perfektionieren sollte. Die Veteranen, die sie unterrichteten, waren gnadenlos und schlugen jeden, der ein Zeichen von Schwäche zeigte. Wer verletz wurde, durfte nicht auf Mitleid hoffen, sondern hatte weiterzumachen. Zum Glück heilten die zähen Körper der Druchii schnell. Die vielen Verletzungen und Strafen dienten auch dazu, diese Selbstheilung zu steigern und den Körper vorzubereiten, sich innerhalb weniger Stunden zu heilen. Es sollte Veteranen geben, deren leichte Wunden sich innerhalb weniger Minuten verschlossen.
Sisrall schritt an der Tür vorbei und ließ den Lärm hinter sich. Vor ihm machte der schwach erleuchtete Gang einen Knick und führte an den engen Quartieren vorbei, in denen die Schüler lebten. Sie mussten sich zu sechs ein Zimmer teilen, in dem zusätzlich zu den steinharten Betten nur noch ein Tisch und für jeden eine schwere Truhe, in denen sie ihre Sachen verwahrten, Platz fanden.
Diese Sachen waren meist sehr spärlich. Es war jedem gestattet, ein scharfes Schwert und einen Dolch oder ein Wurfmesser zu besitzen. Außerdem hatte jeder seine eigenen schwarzen Umhänge und Gewänder, sowie die dazugehörigen Schuhe und Handschuhe. Sonst kannten die jungen Dunkelelfen keine Besitztümer. Wer die Ausbildung erfolgreich beendete, erhielt ein zweites Schwert, noch einen Dolch und Wurfmesser oder –Pfeile. Auch Sisrall hatte an diesem Morgen seine Waffen erhalten, nachdem seine Ausbilder ihn auf allen Gebieten, die er zu beherrschen hatte, aufs Härteste überprüft hatten und seine Ausbildung für beendet erklärt hatten.
Doch noch immer lebte er nicht viel besser, als die Schüler, die dort hinter den geschlossenen Türen schliefen. Denn noch immer wurden ihm nur fünf Stunden Schlaf zugesprochen und die Mahlzeiten waren so karg wie eh und je. Auch vor Strafen war er nicht sicher, sollte er ein Zeichen der Schwäche zeigen.Genauso wenig hatte die Überheblichkeit der Übrigen ihm gegenüber abgenommen. Er besaß nun aber ein eigenes, wenn auch kleines, Zimmer, durfte selbst über seinen Besitz bestimmen und konnte als Krieger des Tempels eingesetzt werden, wenn jemand die Assassinen beauftragte oder die Schafrichter des Khaine in den Krieg gerufen wurden. Denn er war einer jener wenigen, welche eine noch härtere Ausbildung auf sich genommen hatten und neben dem Unerkannten Töten auch noch den Kampf als Scharfrichter des Lebensschnitters, und damit Elitekrieger unter den Dunkelelfen, erlernt hatten. Dafür hatte er mit drei Stunden Schlaf am Tag auskommen müssen, doch die zusätzlichen Stunden hatten sich ausgezahlt. Zwar würde er weiterhin die Kampfkunst der Assassinen bevorzugen, doch ein offener Kampf stellte für ihn nun keine nennenswerte Herausforderung mehr da.
Der Dunkelelf erreichte das Portal, das in den Innenhof des Tempels führte und spürte die kalte Frühlingsluft, die seine Haare umher wirbelte und seine Gewänder flattern ließ. Er zog den weiten Umhang enger um sich und schritt mit sicheren Schritten die Treppe hinunter, wanderte über die gepflasterten Wege und blickte in den Himmel. Sisrall mochte den silbernen Schein des Mondes und die Stille, die ihn wie ein Mantel umfing, während er im Licht des fast vollen Mondes und der unzähligen Sterne badete. Es war schon spät und die meisten der Schüler und übrigen Tempeldeiner schliefen wahrscheinlich inzwischen. Doch er konnte sich noch nicht zur Ruhe legen, denn nun zu dieser Stunde begann wie fast jeden zweiten Tag die Unterweisung durch den Meister des Tempels. Also wandte Sisrall sein Gesicht vom Schein des Himmels ab und blickte durch den wilden Garten. Wie alles hier erfüllte auch er einen Zweck. Die Schüler sollten lernen, die Pflanzen, die sie in der Wildnis ernähren konnten oder aus denen man Gifte herstellen konnte, zu erkennen und zu benutzen. Außerdem konnten sie hier den Marsch durch einen Dschungel und durch sumpfige Gegenden üben. Ab und zu wurden sogar wilde Tiere in den Innenhof gelassen, mit denen die jungen Dunkelelfen dann fertig werden mussten. Auch die fertig Ausgebildeten mussten manchmal an solchen oder ähnlichen Übungen teilnehmen, um „nicht einzurosten“. Die Ausbilder hatten in der Hinsicht eine Menge Fantasie.
Doch heute waren die kleinen Wälder, durch die sich der Weg schlängelte, ruhig und gefahrlos. Obwohl der Mondschein nicht durch das dichte Blätterdach über ihm dringen konnte, verspürte Sisrall keine Nervosität. Die Dunkelheit fürchtete er noch nie und er hatte gelernt, seine Angst selbst beim Anblick des sicheren Todes zu verdrängen.
Der junge Dunkelelf erreichte schon nach wenigen Minuten sein Ziel. Vor ihm lag der Teil des Tempelbezirkes, der am wenigsten benutzt wurde und der als Übungsplatz und Bereich der höchsten Angehörigen des Khainetempels galt. Sisrall trat durch einen Torbogen und fand sich in einer Halle wieder, die in tiefer Dunkelheit lag, da niemand hier Wert auf Beleuchtung zu legen schien. Der Assassine wanderte über den steinernen Boden, wich der riesigen Figur aus, die Khaela Menscha Khaine darstellte, erreichte eine der Wände und öffnete die Tür, die dort in die Wand eingelassen war. Dahinter lag ein dunkler Korridor, dessen Wände von vereinzelten Statuen gesäumt wurden. Neben einer dieser Steinfiguren, die einen Elfen in wehenden Gewändern und dem Kopf eines besiegten Gegners in der Hand zeigte, hielt er an und drehte sich zu der Tür um, die sich kaum von den übrigen Türen im Tempel unterschied.
Sein Herz begann, heftiger zu schlagen. Er fürchtete sich nicht vor seinem Meister oder dessen Unterweisungen, sondern vor dem, was ihn heute erwartete. Denn seine offizielle Ausbildung war beendet und neben den Waffen sollte er auch von seinem speziellen Ausbilder ein Zeichen der Anerkennung erhalten. Doch es war kein einfaches Geschenk und es würde sein Leben verändern und stellte an sich eine weitere Prüfung da, die man ihm auferlegte hatte. Während er versuchte, sein Herz zu beruhigen, trat er den letzten Schritt auf die Tür zu und klopfte, wie er es mit seinem Meister vereinbart hatte. Erst einmal, dann dreimal mit dem Handballen und dann noch zweimal mit den Knöcheln. Er brauchte nicht lange zu warten. Die Tür schwang auf und zeigte einen Diener, der ihn hineinließ und dann im Gang verschwand, bevor er die Tür wieder ins Schloss fallen ließ.
Sisrall beeilte sich, die schlichten Steinstufen hinunter zu eilen, die von der Tür weiter in die Tiefe führten. Unten wartete eine Gestalt in schwarzen Gewändern auf ihn, das Gesicht im Schatten seiner Kapuze verborgen. „Ich wünsche Euch einen guten Abend, Meister.“ Sagte der junge Druchii, während er sich vor Eswirl, seinem Meister, verbeugte.
Dieser ließ nur ein leichtes Nicken erkennen, erwiderte den Gruß jedoch. „Auch dir einen schönen Abend, Sisrall. Oder sollte ich „Euch“ sagen?“ Der Assassine glaubte, einen leicht spöttischen Ton zu vernehmen. „Schließlich ist Eure Ausbildung abgeschlossen und Ihr seid in die Reihen der Tempelkrieger aufgenommen. Ihr habt alle Euch gestellten Aufgaben und Prüfungen erfolgreich bestanden und habt Eure Waffen erhalten. Doch von mir sollt Ihr noch einiges lernen. Doch da Ihr nun über eigenen Besitz außerhalb der Vorschriften verfügen dürft, bekommt Ihr auch von mir eine … Auszeichnung. Ihr wisst, wovon ich spreche!?“
Natürlich wusste Sisrall das. In den letzten Wochen waren erst einige Rüstungsschmiede gekommen und hatten Maß an seinem ganzen Köper genommen. Sie kannten ihn inzwischen wohl besser, als er selbst. Dann waren sie immer wieder mit Rüstungsteilen angekommen und hatten die Passgenauigkeit überprüft. Nach vielen Versuchen hatten sie sich schließlich als zufrieden erklärt und Eswirl hatte ihnen zugestimmt. Die Anproben hatten dem Dunkelelfen die meisterliche Kunst dieser Schmiede gezeigt. Die Rüstung passte perfekt. Sie scheuerte nicht und behinderte seine Bewegungen in keinster Weise. Zudem hatte sein Meister immer wieder von der beinahe vollkommenen Unzerstörbarkeit dieses Werkes gesprochen.
„Ihr wart über viele Jahre einer meiner besten Schüler“, hob die Gestalt in den Kapuze wieder zu sprechen an, „Ihr habt alle Techniken gemeistert, die ich Euch gelehrt hab und habt alle Prüfungen meinerseits überstanden. Nur die wenigsten sind je so weit gekommen und deshalb muss ich zugeben, stolz auf Euch und Eure Fortschritte zu sein. Widersprecht also nicht, wenn ich sage, dass Ihr dieses Geschenk verdient. Doch sei gewarnt, Sisrall. Wenn die Rüstung erst auf Euren Leib geschmiedet wurde, kann sie wahrscheinlich kein Zauber dieser Welt mehr entfernen, ohne Eurem Fleisch Schaden zuzufügen und Euch Eurer Haut zu berauben. Also stelle ich Euch die entscheidende Frage: Seid Ihr bereit, dieses Geschenk und alle damit verbundenen … Unannehmlichkeiten und Pflichten auf Euch zu nehmen?“
Sisrall ließ sich Zeit mit der Antwort, um ein letztes Mal über diesen unwiderruflichen Schritt nachzudenken. Habe ich überhaupt eine Wahl? Er hat mich ausgewählt und mich ausgebildet, also wird er dies von Anfang an geplant haben. Diese Rüstung würde mir unglaubliche Möglichkeiten eröffnen, doch ich stehe dann in Eswirls Diensten. So lautete die Bedingung, die das Tempeloberhaupt noch an das Geschenk geknüpft hatte. Er kann mir so lange Anweisungen erteilen, bis er mich freigibt. Aber macht es wirklich einen Unterschied, ob er mich nun als Tempelmeister oder als mein persönlicher Herr kontrolliert?
Die Gedanken des jungen Druchii schossen ihm durch den Kopf und schließlich setzten sich Rationalität und Machtstreben durch. Ich unterwerfe mich also seinen Befehlen und ernte dafür große Macht. Ich bezweifle allerdings auch, dass er mich weiter unterwiesen hätte, wenn ich sein Geschenk abgelehnt hätte.
Um weiteren Gedanken an die Nachteile, die er sich einhandelte, vorzubeugen, blickte er seinen Meister an und sprach. „Ich danke Euch noch einmal für die Unterweisungen, die Ihr mir mit viel Mühe und Energie gegeben habt und bin bereit, Euch dafür meine Dienste zu erweisen. Ihr habt mir von den Risiken und auch den Pflichten berichtet und ich habe darüber nachgedacht. Lasst uns nicht länger warten und anfangen, ehe mir Zweifel kommen. Hiermit nehme ich Euer Geschenk an.“ Die letzten Worte sprach Sisrall in feierlichem Ton. Sein Meister klatschte in die Hände und der Vorhang, der den hinteren Teil des Raumes verdeckt hatte, teilte sich.
Dort lagen auf einem Tisch die einzelnen Teile der Rüstung. Sie waren nicht mehr unbearbeitet, wie bei der Anprobe, sondern mit Runen und feinen Linien, die sich zu kunstvollen Mustern verbanden, verziert. Außerdem glänzten sie nun in einem fast schwarzen Dunkelblau. Eine beinahe greifbare Aura des Hasses, des Dunklen, des Todes ging davon aus. Neben dem Tisch standen sieben Gestalten, die ihre Gesichter unter weiten Kapuzen verborgen hielten, aber irgendwie weiblich wirkten, obgleich durch die weiten Gewänder keine Sicherheit bestand. In der Mitte des enthüllten Raumes hingen eiserne Ketten von der Decke, deren dicke Glieder sehr solide wirkten.
Eswirl machte eine Bewegung in Richtung der Ketten und Sisrall trat vor. Er fühlte sich alles andere als wohl, war aber entschlossen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Zwei der Gestalten traten vor und befreiten ihn von seinen Gewändern. Den Gürtel mit den Schwertern und dem Dolch legten sie auf einen weiteren Tisch. Danach folgten seine Wurfmesser und die Stiefel. Als letztes zogen sie ihm die Roben aus, bis er völlig nackt dastand. Er schämte sich nicht, solche Gefühle der Schwäche wurden in der Gesellschaft der Druchii verpönt. Außerdem brauchte er seinen Körper nicht zu verstecken. Dicke Muskeln zeichneten sich unter der glatten Haut ab, sein Rücken war gerade und seine Schultern für elfische Maßstäbe breit. Zwei der anderen Frauen (wenn es denn welche waren) traten an einen dritten Tisch heran, auf dem der junge Assassine Flaschen und Krüge mit den seltsamsten Flüssigkeiten sehen konnte. Manche blubberten und schäumten, während andere in unangenehmen Farben leuchteten. Soll ich das Zeug schlucken oder wollen sie mich damit einschmieren? Fragte er sich leicht angeekelt. Wahrscheinlich sowohl als auch. Genug Auswahl für beide Möglichkeiten scheinen sie ja zu haben.
Zwei der Flaschen wurden entkorkt und er wurde aufgefordert, zu trinken. Kaum brannten die ersten Tropfen seine Kehle hinunter, da fühlte er schon eine unnatürliche Taubheit durch seinen Körper kriechen. Nachdem ihm die zweite Flüssigkeit eingeflößt worden war, spürte er fast gar nichts mehr. Obwohl die Körper der Tempelkrieger gegen Gift abgehärtet wurden, verlor er schnell die Kontrolle über seine Muskeln. Die Nerven meldeten ihm keine Empfindungen mehr und seine Gliedmaßen waren nutzlos. Nur hören und sehen konnte er noch. Anhand der Bewegungen, die er sah, vermutete er, dass sie ihn zu den Ketten trugen und dann je eine um seine Hand- und Fußgelenke schlugen, bis er wie ein Kreuz im Raum hing. Zwei Ketten hielten seinen Oberkörper grade, damit er sich nicht zusammenkrümmte.
Er hörte die Frauen singen, einen auf- und abschwellenden Rhythmus, der keine Sprache aber seine eigene Aussage zu haben schien. Etwas in ihm geriet in Bewegung. Er spürte die Magie, die durch den Gesang gewirkt wurde. Ohne zu verstummen flößten sie ihm noch eine Flüssigkeit ein und er glaubte, dass sie nun auch seinen Körper einstrichen.
Dann hörte, wie ein metallener Gegenstand aufgenommen wurde und leise Schritte, die sich näherten. Eine Weile hörte er nur den Gesang, vermutete aber, dass nun das erste Teil der Rüstung auf seinen Bestimmungsort gelegt wurde, was er natürlich nicht spürte.
Dann kam der Schmerz. Er war so vollkommen und schien aus allen Teilen seines Leibes zu kommen, dass Sisrall sich einfach nicht dagegen wappnen konnte. Es fühlte sich an, als bohrten sich Ströme aus Feuer in sein Fleisch und verbrannte ihn innerlich. Er wollte schreien, sich winden oder seiner Qual auf andere Weise Luft machen, doch kein Muskel gehorchte ihm noch. Seltsamerweise hatte er kein Verlangen, die Augen zu verdrehen. Nur am Rande wurde ihm Bewusst, dass er ohne die Betäubungsmittel wohl schon längst den Verstand verloren hätte. Er hatte kein Bewusstsein für die Zeit mehr und konnte nur anhand des An- und Abschwellen des Schmerzes feststellen, dass überhaupt noch Zeit verging. Der Gesang drang nur noch in Zeiten besonders geringer Pein bis in seinen Verstand, doch er war eine Quelle der Ruhe und der Kraft inmitten des Leidens. Er gab ihm die Energie, die darauf folgenden intensiven Schmerzwellen zu überstehen.
Irgendwann glaubte Sisrall, das Feuer, das seinen Körper schon fast gänzlich verbraucht hatte, würde nun in sein Herz dringen und seinen Geist verdampfen lassen. Tatsächlich zerfaserte sein Bewusstsein und er war dankbar, der Pein entkommen zu können, selbst wenn es den Tod bedeutete. Das Dunkel an den Rändern seines Verstandes dehnte sich aus und es wurde schwarz vor seinen Augen. Dann gab er sich ganz der Finsternis hin, die sein Bewusstsein verschlang und hieß sie willkommen.
Tja, wie gesagt etwas verwirrend vielleicht. Wir haben hier jetzt also einen Attentäter mit Körperrüstung, der oft verspottet wird.
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