Hallo zusammen!
Kurzentschlossen habe ich nach dem "Stadtbummel" mit einer neuen Episodenreihe um den allseits beliebten Hauptmann Krüger begonnen. Wie sich ja schon angedeutet hatte, muss der Ärmste jetzt Garnisonsdienst schieben, was ihm nicht sonderlich behagt. Aber keine großen Worte mehr, hier ist der Anfang dieser neuen Story...
"Ferien im Paradies", eine Geschichte in der Welt von Warhammer 40.000, geschrieben von Avenger. Basiert auf dem geistigen Eigentum von Games Workshop, verwendet ohne Erlaubnis.
Als Hauptmann Krüger aus der geöffneten Luke der Landefähre trat, traf ihn die klare, kalte Luft wie ein Hammerschlag. Das vom gräulichen Himmel fallende Sonnenlicht zwang ihn dazu, einige Sekunden geblendet zu blinzeln, bevor sich seine Augen schließlich daran gewöhnt hatten und er die sich vor ihm erstreckende Landschaft sehen konnte.
Zerklüftetes, grünes Hügelland, auf dem uneingeschüchtert von den donnernden Landungsfähren Ziegen weideten. Einstöckige Lehmhütten und in der Ferne eine von hohen Mauern umgürtete Festung mit gedrungenen, kantigen Türmen. Knorrige, zu kleinen Hainen zusammengedrängte Bäume. Das also war Kalopulos III, dachte Krüger.
Zwei Monate lang hatte er die stickige, wiederaufbereitete Luft des Transportschiffs geatmet, hatte nichts gesehen außer Wänden aus Stahl, dreckigen Kojen und dem grauen Brei, den die Raumflotte Rationen nannte. Und dennoch wünschte er sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder in die Fähre zu steigen und auf das Transportschiff zurückzukehren, damit es ihn forttrug, einem anderen, passenderen Ort entgegen.
Ein Schlachtfeld sollte nicht so aussehen.
Krüger hatte in seiner Laufbahn auf vielen Welten gekämpft. Manche hatten ihn - verbrannt, verwüstet und verseucht – an seine Heimat Krieg erinnert, andere waren von Trümmerwüsten bedeckt gewesen, und wieder andere schienen nur aus Dschungel oder Wüste zu bestehen. Aber keine – keine! – war gewesen wie Kalopulos III. Krüger schüttelte fassungslos den Kopf. Es war nicht gut, hier zu sein. Seine Männer würden weich und zahm werden an diesem Ort, der scheinbar für Menschen gemacht schien. Sie würden nicht mehr in der Lage sein, ihren Dienst zu tun.
Leutnant Haller trat neben Krüger und räusperte sich lautstark. „Geht es ihnen nicht gut, Sir?“, fragte er leise.
„Doch, Haller, doch, es ist alles in Ordnung.“, entgegnete Krüger. Er mochte Haller, war mit ihm geradezu befreundet, seit sie auf Festinion im wahrsten Sinne des Wortes Seite an Seite gegen die Tyraniden gekämpft hatten und beinahe beide gefallen wären, wenn sie sich nicht blind aufeinander hätten verlassen können. Trotzdem war es eine Lüge: nichts war in Ordnung, verdammt!
„Natürlich, Sir.“, sagte Haller. „Es ist nur... die Männer sind unruhig. Der Landeanflug hat lange gedauert und war nicht gerade sanft. Sie sollten ihnen erlauben, die Fähre zu verlassen, Herr Hauptmann.“
Krüger nickte. Gedankenverloren wie er war hatte er seine Männer für den Augenblick völlig vergessen. „Kompanie aussteigen!“, befahl er schnell. „Mit voller Ausrüstung vor der Fähre sammeln!“
Sofort strömten die Soldaten an ihm vorbei. Seine Kompanie hatte in den Straßenkämpfen in der Makropole Insborough auf Festinion schwere Verluste hinnehmen müssen. Die Rückeroberung einer Reliquie aus tyranidenverseuchtem Gebiet hatte zusätzliche, in Krügers Augen unnötige Opfer gefordert. Doch er wusste auch, dass er sich auf die Männer, die übrig waren, blind verlassen konnte. Sie waren exzellente Soldaten, kampfgestählt und diszipliniert. Möge der Imperator geben, dass es so bleibt, dachte Krüger.
Die Soldaten stellten sich in weit mehr als annehmbarer Zeit zum Appell auf. Auch sie schienen irritiert von der neuen Umgebung und der ungewöhnlichen Beschaffenheit des Einsatzgebietes, dies hinderte sie jedoch nicht daran, wie mit dem Lineal gezogen truppweise anzutreten.
Krüger ließ den Blick über die versammelte Überreste seiner Kompanie schweifen. Es waren einhundertzweiundzwanzig Männer, die von ursprünglich zweihundertfünfzig übrig waren, ihn selbst eingeschlossen. Von ursprünglich fünf Zügen existierten noch drei, keiner von ihnen mehr unter dem Kommando des Mannes, der bei der Aushebung des Regiments mit dieser Aufgabe betraut worden war. Krüger selbst war der einzige Offizier in der Kompanie, der seinen Rang seit dem Beginn des aktiven Dienstes des Regiments inne hatte. Seine Untergebenen waren wie Leutnant Strauß und Leutnant Fahrenhorst von Krieg nachgeschickt worden, um ihre gefallenen Vorgänger zu ersetzen, oder hatten wie Leutnant Haller einen ungewöhnlichen, aber beachtenswerten Aufstieg hinter sich, der in den Rängen der normalen Soldaten begonnen hatte und als Anerkennung für herausragende Leistungen in einem Offizierspatent seine Fortsetzung fand.
Krüger salutierte seinen Männern, und die Soldaten erwiderten in perfekter Gleichförmigkeit den Gruß. Zwei Monate lang hatten sie tagaus, tagein, ihre Ausrüstung gepflegt, mit den Waffen geübt und taktische Handbücher studiert, die Krüger hatte ausgeben lassen. Nun kündete ihr Stiefelknallen von Disziplin und Kampfgeist.
Nur der Imperator konnte wissen, wie lange beides auf diesem gefährlichen Paradies von einem Planeten Bestand haben würde...
Der Einzug in die Hauptstadt war eine der tiefgreifendsten Erfahrungen in Krügers Leben. Wo immer er mit dem Regiment gelandet war, welchen Kriegsschauplatz auch immer sie mit ihrem Einsatz zugunsten des Imperiums beeinflusst hatten, nie waren er oder seine Männer von jubelnden Menschen auf der Straße als Befreier begrüßt worden. Auf den meisten Welten hatte es kaum mehr genug Einheimische gegeben, die dies hätten tun können.
Hier war alles anders. Menschenmassen säumten die breiten Prachtstraßen der Hauptstadt, jubelten von den Balkonen der marmornen Gebäude oder drängten sich in Seitengassen, den Soldaten Blumen zuwerfend. Junge Frauen präsentierten sich aufreizend, die Soldaten mit Kusshändchen bedenkend.
Krüger sah nur wenig Bewaffnete auf der Straße. Die Soldaten von Kalopulos III wirkten seltsam rückständig. Sie trugen aus einem bronzefarbenen Metall gefertigte Brustpanzer, Beinschienen und Helme mit hohem Federbausch oder einer bürstenartigen Zier aus Rosshaar. Statt Schusswaffen trugen sie lange Wurfspeere, Schilde und an der Hüfte kurze Schwerter in verzierten Scheiden. Alles in allem wirkten sie prunkvoll, aber kaum schlagkräftig. Dennoch schienen die Wenigen, die den Weg des einziehenden Regiments säumten, die Soldaten des Todeskorps in ihren grauen Uniformröcken mit Geringschätzung zu mustern.
Kopfschüttelnd bemühte sich Krüger, der menge nicht zuviel Aufmerksamkeit zu schenken und hoffte gleichzeitig, dass seine Männer es auch nicht taten. Den Blick auf das helle Pflaster der Prachtstraße gerichtet marschierte er weiter.
Auf dem ganzen Weg setzte sich der Eindruck, den er bei der Landung gewonnen hatte, fort. Kalopulos III war ein schrecklich idyllischer Ort. Die Architektur der Gebäude in der Stadt war von derselben Weichheit wie die umliegende Landschaft. Marmor war im Übermaß vergeudet worden, um fragile Gebilde mit Säulen und gewellten Dächern zu schaffen. Mosaike schmückten die Hauswände. Gärten und Parks waren rechts und links der Straße angelegt worden, um noch mehr Abwechslung zwischen den verschiedenartigen Häusern zu schaffen. Brunnen sprudelten in endloser Verschwendung Wasser aus den Mündern verschiedener Tierskulpturen, deren Vorbilder Krüger noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
Die Formation vor Krüger hielt plötzlich an. Auch Krüger befahl seinen Männern mit einem schnellen Handzeichen den Halt. Er hatte schon die Hand am Griff der Boltpistole im Holster, als wie aus dem Nichts eine junge Frau auftauchte und ihm lächelnd eine Blumenkette um den Hals legte. Hinter sich hörte er Haller lachen, als ihm gleiches wiederfuhr.
Krüger dankte der jungen Frau mit aller Galanterie, die er aufzubringen vermochte. Kaum war sie aus seinem Sichtfeld verschwunden und die Kolonne wieder in Bewegung, riss er sich die alberne Kette vom hals und zertrat sie unter dem Absatz seines Stiefels.
Der flackernde Lichtschein von Öllampen beleuchtete den Korridor und den wehenden Vorhang, der den Zugang zu Oberst Kaltenbrunns Gemächern verdeckte. Die Wachen salutierten vor Krüger. In der Uniform des Todeskorps und mit der entsprechenden Standardbewaffnung wirkten sie seltsam unpassend in den alten und rückständigen Räumlichkeiten des Gouverneurspalastes.
Und dennoch erschien dieser Gouverneurspalast fast schon wie ein technisches Wunderwerk im Vergleich zum Straßenbild der Hauptstadt. Krüger hatte hier die ersten einheimischen Soldaten mit Schusswaffen gesehen, auch wenn deren Anblick ebenfalls eher lächerlich den respekteinflößend gewesen war: Die Kalopulosi hielten die Lasergewehre nicht am dafür vorgesehenen Pistolengriff, sondern präsentierten sie in der Art von Schwertern oder Speeren, die Hand fest um den Kolben der kopflastigen Waffen gelegt. Es musste einige Kraft erfordern, die Gewehre längere Zeit so zu halten, und es widersprach jeder sinnvollen Erwägung, aber den rückständigen Kalopulosi schien es so zu gefallen, und es war nicht an Krüger, ihnen ihre Marotten auszutreiben. Kommissar Streesens Mahnungen klangen ihm immer noch in den Ohren wieder: „Keine Provokation der lokalen Bevölkerung. Sitten und Gebräuche sind zu akzeptieren.“
Er musste lächeln, als er daran dachte, dass er seinen Männern in den Wochen des Transfers genau dasselbe erzählt hatte. Immer noch lächelnd schlug er den Vorhang zur Seite und trat in die Gemächer ein. Kaltenbrunn hatte nach ihm geschickt, und er wollte den Oberst nicht warten lassen.
Zu seinem Erstaunen fand er sich zunächst in einem Vorzimmer wieder, in dessen Mitte Kaltenbrunns Adjutant Werner an einem Schreibtisch aus poliertem Holz saß, einen wahren Aktenberg vor sich. Der hagere und ernst wirkende Werner war in das Studium der Papiere vertieft. Er bemerkte Krügers Eintreten nicht einmal.
Krüger räusperte sich geräuschvoll.
Werner blickte auf. „Hauptmann Krüger.“, stellte er fest. Es klang alles andere als erfreut. „Der Oberst erwartet sie. Ich muss sie warnen, er ist nicht bei bester Laune.“
Krüger nickte. Er mochte Werner nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Der Adjutant war ein Schwätzer, Krüger war Soldat. Ohne ein Wort an den schon wieder ins Aktenstudium vertieften Werner zu verschwenden trat er ins nächste Zimmer vor.
Er fand Kaltenbrunn nicht am Kartentisch vor, wie er es eigentlich erwartet hätte. Der Oberst saß stattdessen zurückgelehnt, die Stiefel auf einen Hocker gelegt, in einem üppig mit Kissen auskleideten Sessel und hielt einen tönernen Becher in der Hand. Auf einem Beistelltisch neben ihm türmten sich Früchte in einer Schale.
Krüger salutierte. Der Oberst hob in einer nachlässigen Erwiderung des Grußes die Hand. „Krüger“, sagte er, „setzen sie sich.“ Er wies auf einen weiteren Sessel.
„Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich stehe lieber.“, antwortete Krüger. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken, die Situation war ihm unangenehm.
„Natürlich.“, meinte Kaltenbrunn. Der Oberst nippte an seinem Becher, dann erhob er sich. Langsam ging er auf Krüger zu. „Sie denken wahrscheinlich, ich hätte mich mit dem Garnisonsdienst abgefunden und würde nun die Annehmlichkeiten des Lebens hier genießen, nicht wahr, Hauptmann?“
Es war ein harter Vorwurf, den Kaltenbrunn da äußerte. Krüger nickte dennoch. Es war genau das, was er dachte.
Kaltenbrunn war einen Moment lang still, seine Augen ausdrucklos auf Krüger gerichtet, dann stahl sich ein Lächeln auf seine ernsten, von Jahren des Krieges zerfurchten Gesichtszüge. „Sie irren, Hauptmann.“, stellte er nachsichtig fest.
„Ich... bin beruhigt, das zu hören, Sir.“, entgegnete Krüger. Es war durch und durch ehrlich gemeint.
Kaltenbrunn legte seine Hand auf Krügers Schulter. „Lassen sie mich ihnen etwas über diese Welt erzählen, Krüger.“, sagte er. „Vielleicht verstehen sie dann, warum ich meinen Widerstand gegen die Abstellung zum Garnisonsdienst aufgegeben habe, als ich von der Stationierung unseres Regiments an gerade diesem Ort erfuhr.“
„Ich bin ganz Ohr, Sir.“
„Kalopulos III ist eine rückständige Feudalwelt. Die hiesige Kriegerkaste verachtet Feuerwaffen, teils, weil diese Technologie neu für sie ist, teils, weil ihr Ehrenkodex auf dem Zweikampf Mann gegen Mann besteht. Sie haben auf dem Weg hierher diese traurigen Zinnsoldaten gesehen, oder, Hauptmann?“
„Ja, Sir.“
„Wie sie sich denken können, ist diese Einstellung im Kampf gegen die Feinde der Menschheit äußerst kontraproduktiv. Die versprengten Orkbanden, die durch die Bemühungen der imperialen Raumflotte von „Waaagh! Grumsnik“ abgespalten wurden und auf diesem Planeten gelandet sind, stellen deshalb eine enorme Bedrohung für die imperiale Vorherrschaft dar.“
Krüger erschauderte innerlich. Einem Orkkrieger im Kampf gegenübertreten zu müssen war schrecklich genug, es ohne Schusswaffe und nur mit Wurfspeer und Kurzschwert zu tun war Wahnsinn. Es war eine verrückte Verdrehung der Vorzeichen: In einem solchen Konflikt hätten die Orks zusätzlich zu ihrer Überlegenheit im Nahkampf auch noch die Überlegenheit an Feuerkraft.
„Das 43. Krieg“, fuhr Kaltenbrunn fort, „ist hier, um zwei Aufgaben zu erfüllen: In erster Linie haben wir die zunehmenden Überfälle der Orks zurückzuschlagen und die einheimische Bevölkerung zu schützen. Darüber hinaus sollen wir aber den Einheimischen ein Beispiel an menschlicher Tapferkeit und Opferbereitschaft geben, wie sie sich nur in der Imperialen Armee finden. Wir sind gewissermaßen hier, um diese halbwilden zu zivilisieren, Krüger.“ Der Oberst bedachte Krüger mit einem prüfenden Blick. „Von diesem eigentlich unbedeutenden Planeten hängt ein beträchtlicher Teil der Nahrungsversorgung für die kämpfenden Regimenter im ganzen Subsektor ab.“
„Ich verstehe, Sir.“
„Um ihrer Qualifikation gerecht zu werden, Hauptmann, habe ich entschieden, sie und ihre Kompanie mit einem besonders prekären Auftrag zu betrauen.“ Kaltenbrunn ging nun zum Kartentisch herüber, Krüger folgte ihm. Auf der detailgetreuen Karte waren die imperialen Siedlungen in herrschaftlichem Purpur markiert. Krüger fiel auf, dass nur wenige hundert Quadratkilometer um die Hauptstadt herum überhaupt Anzeichen menschlicher Besiedlung aufwiesen. Kaltenbrunns Zeigefinger glitt in einem weiten Bogen um die Hauptstadt, fuhr die Grenze zwischen den letzten Siedlungen und der Wildnis nach. Schließlich deutete er auf eine von rechteckigen Begrenzungen umzogene Ansiedlung im Westen der Hauptstadt, etwa zweihundert Kilometer entfernt, wie Krüger schätzte. „Der Landsitz der Lady Ganaselos.“
Krüger blickte ihn verständnislos an.
„Sie und ihre Kompanie, Hauptmann“, erklärte Kaltenbrunn, „werden sich dorthin begeben, um bei der Verteidigung des Grenzlands gegen die Orkmarodeure mitzuwirken. An die Streitkräfte der Lady sind bereits umfangreiche Waffenlieferungen ergangen, die aber bisher wenig Nutzen gezeigt haben. Ich verspreche mir von ihrer Entsendung, dass sich dies innerhalb der nächsten Wochen ändern wird.“
„Ja, Sir.“, brachte Krüger hervor. Er hatte nicht erwartet, mit seiner Kompanie abseits vom restlichen Regiment stationiert zu werden.
„Das wäre alles, Hauptmann. Lassen sie sich im Arsenal für die Mission ausrüsten und setzen sie ihre Kompanie bei Tagesanbruch in Marsch. Sie können wegtreten.“
Nur eine kurze Bitte noch: Zerreisst die Story nicht jetzt schon wegen mangelnder Action, ich wollte mal einen gemächlicheren Einstieg versuchen. Gewalt und Blutvergießen gibt's später noch genug, und da wir hier immer noch von garnisonsdienst reden, kommen vielleicht auch die schönen Aspekte des Lebens diesmal nicht zu kurz... 😉
Kurzentschlossen habe ich nach dem "Stadtbummel" mit einer neuen Episodenreihe um den allseits beliebten Hauptmann Krüger begonnen. Wie sich ja schon angedeutet hatte, muss der Ärmste jetzt Garnisonsdienst schieben, was ihm nicht sonderlich behagt. Aber keine großen Worte mehr, hier ist der Anfang dieser neuen Story...
"Ferien im Paradies", eine Geschichte in der Welt von Warhammer 40.000, geschrieben von Avenger. Basiert auf dem geistigen Eigentum von Games Workshop, verwendet ohne Erlaubnis.
Als Hauptmann Krüger aus der geöffneten Luke der Landefähre trat, traf ihn die klare, kalte Luft wie ein Hammerschlag. Das vom gräulichen Himmel fallende Sonnenlicht zwang ihn dazu, einige Sekunden geblendet zu blinzeln, bevor sich seine Augen schließlich daran gewöhnt hatten und er die sich vor ihm erstreckende Landschaft sehen konnte.
Zerklüftetes, grünes Hügelland, auf dem uneingeschüchtert von den donnernden Landungsfähren Ziegen weideten. Einstöckige Lehmhütten und in der Ferne eine von hohen Mauern umgürtete Festung mit gedrungenen, kantigen Türmen. Knorrige, zu kleinen Hainen zusammengedrängte Bäume. Das also war Kalopulos III, dachte Krüger.
Zwei Monate lang hatte er die stickige, wiederaufbereitete Luft des Transportschiffs geatmet, hatte nichts gesehen außer Wänden aus Stahl, dreckigen Kojen und dem grauen Brei, den die Raumflotte Rationen nannte. Und dennoch wünschte er sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder in die Fähre zu steigen und auf das Transportschiff zurückzukehren, damit es ihn forttrug, einem anderen, passenderen Ort entgegen.
Ein Schlachtfeld sollte nicht so aussehen.
Krüger hatte in seiner Laufbahn auf vielen Welten gekämpft. Manche hatten ihn - verbrannt, verwüstet und verseucht – an seine Heimat Krieg erinnert, andere waren von Trümmerwüsten bedeckt gewesen, und wieder andere schienen nur aus Dschungel oder Wüste zu bestehen. Aber keine – keine! – war gewesen wie Kalopulos III. Krüger schüttelte fassungslos den Kopf. Es war nicht gut, hier zu sein. Seine Männer würden weich und zahm werden an diesem Ort, der scheinbar für Menschen gemacht schien. Sie würden nicht mehr in der Lage sein, ihren Dienst zu tun.
Leutnant Haller trat neben Krüger und räusperte sich lautstark. „Geht es ihnen nicht gut, Sir?“, fragte er leise.
„Doch, Haller, doch, es ist alles in Ordnung.“, entgegnete Krüger. Er mochte Haller, war mit ihm geradezu befreundet, seit sie auf Festinion im wahrsten Sinne des Wortes Seite an Seite gegen die Tyraniden gekämpft hatten und beinahe beide gefallen wären, wenn sie sich nicht blind aufeinander hätten verlassen können. Trotzdem war es eine Lüge: nichts war in Ordnung, verdammt!
„Natürlich, Sir.“, sagte Haller. „Es ist nur... die Männer sind unruhig. Der Landeanflug hat lange gedauert und war nicht gerade sanft. Sie sollten ihnen erlauben, die Fähre zu verlassen, Herr Hauptmann.“
Krüger nickte. Gedankenverloren wie er war hatte er seine Männer für den Augenblick völlig vergessen. „Kompanie aussteigen!“, befahl er schnell. „Mit voller Ausrüstung vor der Fähre sammeln!“
Sofort strömten die Soldaten an ihm vorbei. Seine Kompanie hatte in den Straßenkämpfen in der Makropole Insborough auf Festinion schwere Verluste hinnehmen müssen. Die Rückeroberung einer Reliquie aus tyranidenverseuchtem Gebiet hatte zusätzliche, in Krügers Augen unnötige Opfer gefordert. Doch er wusste auch, dass er sich auf die Männer, die übrig waren, blind verlassen konnte. Sie waren exzellente Soldaten, kampfgestählt und diszipliniert. Möge der Imperator geben, dass es so bleibt, dachte Krüger.
Die Soldaten stellten sich in weit mehr als annehmbarer Zeit zum Appell auf. Auch sie schienen irritiert von der neuen Umgebung und der ungewöhnlichen Beschaffenheit des Einsatzgebietes, dies hinderte sie jedoch nicht daran, wie mit dem Lineal gezogen truppweise anzutreten.
Krüger ließ den Blick über die versammelte Überreste seiner Kompanie schweifen. Es waren einhundertzweiundzwanzig Männer, die von ursprünglich zweihundertfünfzig übrig waren, ihn selbst eingeschlossen. Von ursprünglich fünf Zügen existierten noch drei, keiner von ihnen mehr unter dem Kommando des Mannes, der bei der Aushebung des Regiments mit dieser Aufgabe betraut worden war. Krüger selbst war der einzige Offizier in der Kompanie, der seinen Rang seit dem Beginn des aktiven Dienstes des Regiments inne hatte. Seine Untergebenen waren wie Leutnant Strauß und Leutnant Fahrenhorst von Krieg nachgeschickt worden, um ihre gefallenen Vorgänger zu ersetzen, oder hatten wie Leutnant Haller einen ungewöhnlichen, aber beachtenswerten Aufstieg hinter sich, der in den Rängen der normalen Soldaten begonnen hatte und als Anerkennung für herausragende Leistungen in einem Offizierspatent seine Fortsetzung fand.
Krüger salutierte seinen Männern, und die Soldaten erwiderten in perfekter Gleichförmigkeit den Gruß. Zwei Monate lang hatten sie tagaus, tagein, ihre Ausrüstung gepflegt, mit den Waffen geübt und taktische Handbücher studiert, die Krüger hatte ausgeben lassen. Nun kündete ihr Stiefelknallen von Disziplin und Kampfgeist.
Nur der Imperator konnte wissen, wie lange beides auf diesem gefährlichen Paradies von einem Planeten Bestand haben würde...
Der Einzug in die Hauptstadt war eine der tiefgreifendsten Erfahrungen in Krügers Leben. Wo immer er mit dem Regiment gelandet war, welchen Kriegsschauplatz auch immer sie mit ihrem Einsatz zugunsten des Imperiums beeinflusst hatten, nie waren er oder seine Männer von jubelnden Menschen auf der Straße als Befreier begrüßt worden. Auf den meisten Welten hatte es kaum mehr genug Einheimische gegeben, die dies hätten tun können.
Hier war alles anders. Menschenmassen säumten die breiten Prachtstraßen der Hauptstadt, jubelten von den Balkonen der marmornen Gebäude oder drängten sich in Seitengassen, den Soldaten Blumen zuwerfend. Junge Frauen präsentierten sich aufreizend, die Soldaten mit Kusshändchen bedenkend.
Krüger sah nur wenig Bewaffnete auf der Straße. Die Soldaten von Kalopulos III wirkten seltsam rückständig. Sie trugen aus einem bronzefarbenen Metall gefertigte Brustpanzer, Beinschienen und Helme mit hohem Federbausch oder einer bürstenartigen Zier aus Rosshaar. Statt Schusswaffen trugen sie lange Wurfspeere, Schilde und an der Hüfte kurze Schwerter in verzierten Scheiden. Alles in allem wirkten sie prunkvoll, aber kaum schlagkräftig. Dennoch schienen die Wenigen, die den Weg des einziehenden Regiments säumten, die Soldaten des Todeskorps in ihren grauen Uniformröcken mit Geringschätzung zu mustern.
Kopfschüttelnd bemühte sich Krüger, der menge nicht zuviel Aufmerksamkeit zu schenken und hoffte gleichzeitig, dass seine Männer es auch nicht taten. Den Blick auf das helle Pflaster der Prachtstraße gerichtet marschierte er weiter.
Auf dem ganzen Weg setzte sich der Eindruck, den er bei der Landung gewonnen hatte, fort. Kalopulos III war ein schrecklich idyllischer Ort. Die Architektur der Gebäude in der Stadt war von derselben Weichheit wie die umliegende Landschaft. Marmor war im Übermaß vergeudet worden, um fragile Gebilde mit Säulen und gewellten Dächern zu schaffen. Mosaike schmückten die Hauswände. Gärten und Parks waren rechts und links der Straße angelegt worden, um noch mehr Abwechslung zwischen den verschiedenartigen Häusern zu schaffen. Brunnen sprudelten in endloser Verschwendung Wasser aus den Mündern verschiedener Tierskulpturen, deren Vorbilder Krüger noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
Die Formation vor Krüger hielt plötzlich an. Auch Krüger befahl seinen Männern mit einem schnellen Handzeichen den Halt. Er hatte schon die Hand am Griff der Boltpistole im Holster, als wie aus dem Nichts eine junge Frau auftauchte und ihm lächelnd eine Blumenkette um den Hals legte. Hinter sich hörte er Haller lachen, als ihm gleiches wiederfuhr.
Krüger dankte der jungen Frau mit aller Galanterie, die er aufzubringen vermochte. Kaum war sie aus seinem Sichtfeld verschwunden und die Kolonne wieder in Bewegung, riss er sich die alberne Kette vom hals und zertrat sie unter dem Absatz seines Stiefels.
Der flackernde Lichtschein von Öllampen beleuchtete den Korridor und den wehenden Vorhang, der den Zugang zu Oberst Kaltenbrunns Gemächern verdeckte. Die Wachen salutierten vor Krüger. In der Uniform des Todeskorps und mit der entsprechenden Standardbewaffnung wirkten sie seltsam unpassend in den alten und rückständigen Räumlichkeiten des Gouverneurspalastes.
Und dennoch erschien dieser Gouverneurspalast fast schon wie ein technisches Wunderwerk im Vergleich zum Straßenbild der Hauptstadt. Krüger hatte hier die ersten einheimischen Soldaten mit Schusswaffen gesehen, auch wenn deren Anblick ebenfalls eher lächerlich den respekteinflößend gewesen war: Die Kalopulosi hielten die Lasergewehre nicht am dafür vorgesehenen Pistolengriff, sondern präsentierten sie in der Art von Schwertern oder Speeren, die Hand fest um den Kolben der kopflastigen Waffen gelegt. Es musste einige Kraft erfordern, die Gewehre längere Zeit so zu halten, und es widersprach jeder sinnvollen Erwägung, aber den rückständigen Kalopulosi schien es so zu gefallen, und es war nicht an Krüger, ihnen ihre Marotten auszutreiben. Kommissar Streesens Mahnungen klangen ihm immer noch in den Ohren wieder: „Keine Provokation der lokalen Bevölkerung. Sitten und Gebräuche sind zu akzeptieren.“
Er musste lächeln, als er daran dachte, dass er seinen Männern in den Wochen des Transfers genau dasselbe erzählt hatte. Immer noch lächelnd schlug er den Vorhang zur Seite und trat in die Gemächer ein. Kaltenbrunn hatte nach ihm geschickt, und er wollte den Oberst nicht warten lassen.
Zu seinem Erstaunen fand er sich zunächst in einem Vorzimmer wieder, in dessen Mitte Kaltenbrunns Adjutant Werner an einem Schreibtisch aus poliertem Holz saß, einen wahren Aktenberg vor sich. Der hagere und ernst wirkende Werner war in das Studium der Papiere vertieft. Er bemerkte Krügers Eintreten nicht einmal.
Krüger räusperte sich geräuschvoll.
Werner blickte auf. „Hauptmann Krüger.“, stellte er fest. Es klang alles andere als erfreut. „Der Oberst erwartet sie. Ich muss sie warnen, er ist nicht bei bester Laune.“
Krüger nickte. Er mochte Werner nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Der Adjutant war ein Schwätzer, Krüger war Soldat. Ohne ein Wort an den schon wieder ins Aktenstudium vertieften Werner zu verschwenden trat er ins nächste Zimmer vor.
Er fand Kaltenbrunn nicht am Kartentisch vor, wie er es eigentlich erwartet hätte. Der Oberst saß stattdessen zurückgelehnt, die Stiefel auf einen Hocker gelegt, in einem üppig mit Kissen auskleideten Sessel und hielt einen tönernen Becher in der Hand. Auf einem Beistelltisch neben ihm türmten sich Früchte in einer Schale.
Krüger salutierte. Der Oberst hob in einer nachlässigen Erwiderung des Grußes die Hand. „Krüger“, sagte er, „setzen sie sich.“ Er wies auf einen weiteren Sessel.
„Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich stehe lieber.“, antwortete Krüger. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken, die Situation war ihm unangenehm.
„Natürlich.“, meinte Kaltenbrunn. Der Oberst nippte an seinem Becher, dann erhob er sich. Langsam ging er auf Krüger zu. „Sie denken wahrscheinlich, ich hätte mich mit dem Garnisonsdienst abgefunden und würde nun die Annehmlichkeiten des Lebens hier genießen, nicht wahr, Hauptmann?“
Es war ein harter Vorwurf, den Kaltenbrunn da äußerte. Krüger nickte dennoch. Es war genau das, was er dachte.
Kaltenbrunn war einen Moment lang still, seine Augen ausdrucklos auf Krüger gerichtet, dann stahl sich ein Lächeln auf seine ernsten, von Jahren des Krieges zerfurchten Gesichtszüge. „Sie irren, Hauptmann.“, stellte er nachsichtig fest.
„Ich... bin beruhigt, das zu hören, Sir.“, entgegnete Krüger. Es war durch und durch ehrlich gemeint.
Kaltenbrunn legte seine Hand auf Krügers Schulter. „Lassen sie mich ihnen etwas über diese Welt erzählen, Krüger.“, sagte er. „Vielleicht verstehen sie dann, warum ich meinen Widerstand gegen die Abstellung zum Garnisonsdienst aufgegeben habe, als ich von der Stationierung unseres Regiments an gerade diesem Ort erfuhr.“
„Ich bin ganz Ohr, Sir.“
„Kalopulos III ist eine rückständige Feudalwelt. Die hiesige Kriegerkaste verachtet Feuerwaffen, teils, weil diese Technologie neu für sie ist, teils, weil ihr Ehrenkodex auf dem Zweikampf Mann gegen Mann besteht. Sie haben auf dem Weg hierher diese traurigen Zinnsoldaten gesehen, oder, Hauptmann?“
„Ja, Sir.“
„Wie sie sich denken können, ist diese Einstellung im Kampf gegen die Feinde der Menschheit äußerst kontraproduktiv. Die versprengten Orkbanden, die durch die Bemühungen der imperialen Raumflotte von „Waaagh! Grumsnik“ abgespalten wurden und auf diesem Planeten gelandet sind, stellen deshalb eine enorme Bedrohung für die imperiale Vorherrschaft dar.“
Krüger erschauderte innerlich. Einem Orkkrieger im Kampf gegenübertreten zu müssen war schrecklich genug, es ohne Schusswaffe und nur mit Wurfspeer und Kurzschwert zu tun war Wahnsinn. Es war eine verrückte Verdrehung der Vorzeichen: In einem solchen Konflikt hätten die Orks zusätzlich zu ihrer Überlegenheit im Nahkampf auch noch die Überlegenheit an Feuerkraft.
„Das 43. Krieg“, fuhr Kaltenbrunn fort, „ist hier, um zwei Aufgaben zu erfüllen: In erster Linie haben wir die zunehmenden Überfälle der Orks zurückzuschlagen und die einheimische Bevölkerung zu schützen. Darüber hinaus sollen wir aber den Einheimischen ein Beispiel an menschlicher Tapferkeit und Opferbereitschaft geben, wie sie sich nur in der Imperialen Armee finden. Wir sind gewissermaßen hier, um diese halbwilden zu zivilisieren, Krüger.“ Der Oberst bedachte Krüger mit einem prüfenden Blick. „Von diesem eigentlich unbedeutenden Planeten hängt ein beträchtlicher Teil der Nahrungsversorgung für die kämpfenden Regimenter im ganzen Subsektor ab.“
„Ich verstehe, Sir.“
„Um ihrer Qualifikation gerecht zu werden, Hauptmann, habe ich entschieden, sie und ihre Kompanie mit einem besonders prekären Auftrag zu betrauen.“ Kaltenbrunn ging nun zum Kartentisch herüber, Krüger folgte ihm. Auf der detailgetreuen Karte waren die imperialen Siedlungen in herrschaftlichem Purpur markiert. Krüger fiel auf, dass nur wenige hundert Quadratkilometer um die Hauptstadt herum überhaupt Anzeichen menschlicher Besiedlung aufwiesen. Kaltenbrunns Zeigefinger glitt in einem weiten Bogen um die Hauptstadt, fuhr die Grenze zwischen den letzten Siedlungen und der Wildnis nach. Schließlich deutete er auf eine von rechteckigen Begrenzungen umzogene Ansiedlung im Westen der Hauptstadt, etwa zweihundert Kilometer entfernt, wie Krüger schätzte. „Der Landsitz der Lady Ganaselos.“
Krüger blickte ihn verständnislos an.
„Sie und ihre Kompanie, Hauptmann“, erklärte Kaltenbrunn, „werden sich dorthin begeben, um bei der Verteidigung des Grenzlands gegen die Orkmarodeure mitzuwirken. An die Streitkräfte der Lady sind bereits umfangreiche Waffenlieferungen ergangen, die aber bisher wenig Nutzen gezeigt haben. Ich verspreche mir von ihrer Entsendung, dass sich dies innerhalb der nächsten Wochen ändern wird.“
„Ja, Sir.“, brachte Krüger hervor. Er hatte nicht erwartet, mit seiner Kompanie abseits vom restlichen Regiment stationiert zu werden.
„Das wäre alles, Hauptmann. Lassen sie sich im Arsenal für die Mission ausrüsten und setzen sie ihre Kompanie bei Tagesanbruch in Marsch. Sie können wegtreten.“
Nur eine kurze Bitte noch: Zerreisst die Story nicht jetzt schon wegen mangelnder Action, ich wollte mal einen gemächlicheren Einstieg versuchen. Gewalt und Blutvergießen gibt's später noch genug, und da wir hier immer noch von garnisonsdienst reden, kommen vielleicht auch die schönen Aspekte des Lebens diesmal nicht zu kurz... 😉