40k Ferien im Paradies

Avenger

Grundboxvertreter
20. Juli 2001
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Hallo zusammen!

Kurzentschlossen habe ich nach dem "Stadtbummel" mit einer neuen Episodenreihe um den allseits beliebten Hauptmann Krüger begonnen. Wie sich ja schon angedeutet hatte, muss der Ärmste jetzt Garnisonsdienst schieben, was ihm nicht sonderlich behagt. Aber keine großen Worte mehr, hier ist der Anfang dieser neuen Story...

"Ferien im Paradies", eine Geschichte in der Welt von Warhammer 40.000, geschrieben von Avenger. Basiert auf dem geistigen Eigentum von Games Workshop, verwendet ohne Erlaubnis.

Als Hauptmann Krüger aus der geöffneten Luke der Landefähre trat, traf ihn die klare, kalte Luft wie ein Hammerschlag. Das vom gräulichen Himmel fallende Sonnenlicht zwang ihn dazu, einige Sekunden geblendet zu blinzeln, bevor sich seine Augen schließlich daran gewöhnt hatten und er die sich vor ihm erstreckende Landschaft sehen konnte.
Zerklüftetes, grünes Hügelland, auf dem uneingeschüchtert von den donnernden Landungsfähren Ziegen weideten. Einstöckige Lehmhütten und in der Ferne eine von hohen Mauern umgürtete Festung mit gedrungenen, kantigen Türmen. Knorrige, zu kleinen Hainen zusammengedrängte Bäume. Das also war Kalopulos III, dachte Krüger.
Zwei Monate lang hatte er die stickige, wiederaufbereitete Luft des Transportschiffs geatmet, hatte nichts gesehen außer Wänden aus Stahl, dreckigen Kojen und dem grauen Brei, den die Raumflotte Rationen nannte. Und dennoch wünschte er sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder in die Fähre zu steigen und auf das Transportschiff zurückzukehren, damit es ihn forttrug, einem anderen, passenderen Ort entgegen.
Ein Schlachtfeld sollte nicht so aussehen.
Krüger hatte in seiner Laufbahn auf vielen Welten gekämpft. Manche hatten ihn - verbrannt, verwüstet und verseucht – an seine Heimat Krieg erinnert, andere waren von Trümmerwüsten bedeckt gewesen, und wieder andere schienen nur aus Dschungel oder Wüste zu bestehen. Aber keine – keine! – war gewesen wie Kalopulos III. Krüger schüttelte fassungslos den Kopf. Es war nicht gut, hier zu sein. Seine Männer würden weich und zahm werden an diesem Ort, der scheinbar für Menschen gemacht schien. Sie würden nicht mehr in der Lage sein, ihren Dienst zu tun.
Leutnant Haller trat neben Krüger und räusperte sich lautstark. „Geht es ihnen nicht gut, Sir?“, fragte er leise.
„Doch, Haller, doch, es ist alles in Ordnung.“, entgegnete Krüger. Er mochte Haller, war mit ihm geradezu befreundet, seit sie auf Festinion im wahrsten Sinne des Wortes Seite an Seite gegen die Tyraniden gekämpft hatten und beinahe beide gefallen wären, wenn sie sich nicht blind aufeinander hätten verlassen können. Trotzdem war es eine Lüge: nichts war in Ordnung, verdammt!
„Natürlich, Sir.“, sagte Haller. „Es ist nur... die Männer sind unruhig. Der Landeanflug hat lange gedauert und war nicht gerade sanft. Sie sollten ihnen erlauben, die Fähre zu verlassen, Herr Hauptmann.“
Krüger nickte. Gedankenverloren wie er war hatte er seine Männer für den Augenblick völlig vergessen. „Kompanie aussteigen!“, befahl er schnell. „Mit voller Ausrüstung vor der Fähre sammeln!“
Sofort strömten die Soldaten an ihm vorbei. Seine Kompanie hatte in den Straßenkämpfen in der Makropole Insborough auf Festinion schwere Verluste hinnehmen müssen. Die Rückeroberung einer Reliquie aus tyranidenverseuchtem Gebiet hatte zusätzliche, in Krügers Augen unnötige Opfer gefordert. Doch er wusste auch, dass er sich auf die Männer, die übrig waren, blind verlassen konnte. Sie waren exzellente Soldaten, kampfgestählt und diszipliniert. Möge der Imperator geben, dass es so bleibt, dachte Krüger.
Die Soldaten stellten sich in weit mehr als annehmbarer Zeit zum Appell auf. Auch sie schienen irritiert von der neuen Umgebung und der ungewöhnlichen Beschaffenheit des Einsatzgebietes, dies hinderte sie jedoch nicht daran, wie mit dem Lineal gezogen truppweise anzutreten.
Krüger ließ den Blick über die versammelte Überreste seiner Kompanie schweifen. Es waren einhundertzweiundzwanzig Männer, die von ursprünglich zweihundertfünfzig übrig waren, ihn selbst eingeschlossen. Von ursprünglich fünf Zügen existierten noch drei, keiner von ihnen mehr unter dem Kommando des Mannes, der bei der Aushebung des Regiments mit dieser Aufgabe betraut worden war. Krüger selbst war der einzige Offizier in der Kompanie, der seinen Rang seit dem Beginn des aktiven Dienstes des Regiments inne hatte. Seine Untergebenen waren wie Leutnant Strauß und Leutnant Fahrenhorst von Krieg nachgeschickt worden, um ihre gefallenen Vorgänger zu ersetzen, oder hatten wie Leutnant Haller einen ungewöhnlichen, aber beachtenswerten Aufstieg hinter sich, der in den Rängen der normalen Soldaten begonnen hatte und als Anerkennung für herausragende Leistungen in einem Offizierspatent seine Fortsetzung fand.
Krüger salutierte seinen Männern, und die Soldaten erwiderten in perfekter Gleichförmigkeit den Gruß. Zwei Monate lang hatten sie tagaus, tagein, ihre Ausrüstung gepflegt, mit den Waffen geübt und taktische Handbücher studiert, die Krüger hatte ausgeben lassen. Nun kündete ihr Stiefelknallen von Disziplin und Kampfgeist.
Nur der Imperator konnte wissen, wie lange beides auf diesem gefährlichen Paradies von einem Planeten Bestand haben würde...

Der Einzug in die Hauptstadt war eine der tiefgreifendsten Erfahrungen in Krügers Leben. Wo immer er mit dem Regiment gelandet war, welchen Kriegsschauplatz auch immer sie mit ihrem Einsatz zugunsten des Imperiums beeinflusst hatten, nie waren er oder seine Männer von jubelnden Menschen auf der Straße als Befreier begrüßt worden. Auf den meisten Welten hatte es kaum mehr genug Einheimische gegeben, die dies hätten tun können.
Hier war alles anders. Menschenmassen säumten die breiten Prachtstraßen der Hauptstadt, jubelten von den Balkonen der marmornen Gebäude oder drängten sich in Seitengassen, den Soldaten Blumen zuwerfend. Junge Frauen präsentierten sich aufreizend, die Soldaten mit Kusshändchen bedenkend.
Krüger sah nur wenig Bewaffnete auf der Straße. Die Soldaten von Kalopulos III wirkten seltsam rückständig. Sie trugen aus einem bronzefarbenen Metall gefertigte Brustpanzer, Beinschienen und Helme mit hohem Federbausch oder einer bürstenartigen Zier aus Rosshaar. Statt Schusswaffen trugen sie lange Wurfspeere, Schilde und an der Hüfte kurze Schwerter in verzierten Scheiden. Alles in allem wirkten sie prunkvoll, aber kaum schlagkräftig. Dennoch schienen die Wenigen, die den Weg des einziehenden Regiments säumten, die Soldaten des Todeskorps in ihren grauen Uniformröcken mit Geringschätzung zu mustern.
Kopfschüttelnd bemühte sich Krüger, der menge nicht zuviel Aufmerksamkeit zu schenken und hoffte gleichzeitig, dass seine Männer es auch nicht taten. Den Blick auf das helle Pflaster der Prachtstraße gerichtet marschierte er weiter.
Auf dem ganzen Weg setzte sich der Eindruck, den er bei der Landung gewonnen hatte, fort. Kalopulos III war ein schrecklich idyllischer Ort. Die Architektur der Gebäude in der Stadt war von derselben Weichheit wie die umliegende Landschaft. Marmor war im Übermaß vergeudet worden, um fragile Gebilde mit Säulen und gewellten Dächern zu schaffen. Mosaike schmückten die Hauswände. Gärten und Parks waren rechts und links der Straße angelegt worden, um noch mehr Abwechslung zwischen den verschiedenartigen Häusern zu schaffen. Brunnen sprudelten in endloser Verschwendung Wasser aus den Mündern verschiedener Tierskulpturen, deren Vorbilder Krüger noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
Die Formation vor Krüger hielt plötzlich an. Auch Krüger befahl seinen Männern mit einem schnellen Handzeichen den Halt. Er hatte schon die Hand am Griff der Boltpistole im Holster, als wie aus dem Nichts eine junge Frau auftauchte und ihm lächelnd eine Blumenkette um den Hals legte. Hinter sich hörte er Haller lachen, als ihm gleiches wiederfuhr.
Krüger dankte der jungen Frau mit aller Galanterie, die er aufzubringen vermochte. Kaum war sie aus seinem Sichtfeld verschwunden und die Kolonne wieder in Bewegung, riss er sich die alberne Kette vom hals und zertrat sie unter dem Absatz seines Stiefels.

Der flackernde Lichtschein von Öllampen beleuchtete den Korridor und den wehenden Vorhang, der den Zugang zu Oberst Kaltenbrunns Gemächern verdeckte. Die Wachen salutierten vor Krüger. In der Uniform des Todeskorps und mit der entsprechenden Standardbewaffnung wirkten sie seltsam unpassend in den alten und rückständigen Räumlichkeiten des Gouverneurspalastes.
Und dennoch erschien dieser Gouverneurspalast fast schon wie ein technisches Wunderwerk im Vergleich zum Straßenbild der Hauptstadt. Krüger hatte hier die ersten einheimischen Soldaten mit Schusswaffen gesehen, auch wenn deren Anblick ebenfalls eher lächerlich den respekteinflößend gewesen war: Die Kalopulosi hielten die Lasergewehre nicht am dafür vorgesehenen Pistolengriff, sondern präsentierten sie in der Art von Schwertern oder Speeren, die Hand fest um den Kolben der kopflastigen Waffen gelegt. Es musste einige Kraft erfordern, die Gewehre längere Zeit so zu halten, und es widersprach jeder sinnvollen Erwägung, aber den rückständigen Kalopulosi schien es so zu gefallen, und es war nicht an Krüger, ihnen ihre Marotten auszutreiben. Kommissar Streesens Mahnungen klangen ihm immer noch in den Ohren wieder: „Keine Provokation der lokalen Bevölkerung. Sitten und Gebräuche sind zu akzeptieren.“
Er musste lächeln, als er daran dachte, dass er seinen Männern in den Wochen des Transfers genau dasselbe erzählt hatte. Immer noch lächelnd schlug er den Vorhang zur Seite und trat in die Gemächer ein. Kaltenbrunn hatte nach ihm geschickt, und er wollte den Oberst nicht warten lassen.
Zu seinem Erstaunen fand er sich zunächst in einem Vorzimmer wieder, in dessen Mitte Kaltenbrunns Adjutant Werner an einem Schreibtisch aus poliertem Holz saß, einen wahren Aktenberg vor sich. Der hagere und ernst wirkende Werner war in das Studium der Papiere vertieft. Er bemerkte Krügers Eintreten nicht einmal.
Krüger räusperte sich geräuschvoll.
Werner blickte auf. „Hauptmann Krüger.“, stellte er fest. Es klang alles andere als erfreut. „Der Oberst erwartet sie. Ich muss sie warnen, er ist nicht bei bester Laune.“
Krüger nickte. Er mochte Werner nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Der Adjutant war ein Schwätzer, Krüger war Soldat. Ohne ein Wort an den schon wieder ins Aktenstudium vertieften Werner zu verschwenden trat er ins nächste Zimmer vor.
Er fand Kaltenbrunn nicht am Kartentisch vor, wie er es eigentlich erwartet hätte. Der Oberst saß stattdessen zurückgelehnt, die Stiefel auf einen Hocker gelegt, in einem üppig mit Kissen auskleideten Sessel und hielt einen tönernen Becher in der Hand. Auf einem Beistelltisch neben ihm türmten sich Früchte in einer Schale.
Krüger salutierte. Der Oberst hob in einer nachlässigen Erwiderung des Grußes die Hand. „Krüger“, sagte er, „setzen sie sich.“ Er wies auf einen weiteren Sessel.
„Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich stehe lieber.“, antwortete Krüger. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken, die Situation war ihm unangenehm.
„Natürlich.“, meinte Kaltenbrunn. Der Oberst nippte an seinem Becher, dann erhob er sich. Langsam ging er auf Krüger zu. „Sie denken wahrscheinlich, ich hätte mich mit dem Garnisonsdienst abgefunden und würde nun die Annehmlichkeiten des Lebens hier genießen, nicht wahr, Hauptmann?“
Es war ein harter Vorwurf, den Kaltenbrunn da äußerte. Krüger nickte dennoch. Es war genau das, was er dachte.
Kaltenbrunn war einen Moment lang still, seine Augen ausdrucklos auf Krüger gerichtet, dann stahl sich ein Lächeln auf seine ernsten, von Jahren des Krieges zerfurchten Gesichtszüge. „Sie irren, Hauptmann.“, stellte er nachsichtig fest.
„Ich... bin beruhigt, das zu hören, Sir.“, entgegnete Krüger. Es war durch und durch ehrlich gemeint.
Kaltenbrunn legte seine Hand auf Krügers Schulter. „Lassen sie mich ihnen etwas über diese Welt erzählen, Krüger.“, sagte er. „Vielleicht verstehen sie dann, warum ich meinen Widerstand gegen die Abstellung zum Garnisonsdienst aufgegeben habe, als ich von der Stationierung unseres Regiments an gerade diesem Ort erfuhr.“
„Ich bin ganz Ohr, Sir.“
„Kalopulos III ist eine rückständige Feudalwelt. Die hiesige Kriegerkaste verachtet Feuerwaffen, teils, weil diese Technologie neu für sie ist, teils, weil ihr Ehrenkodex auf dem Zweikampf Mann gegen Mann besteht. Sie haben auf dem Weg hierher diese traurigen Zinnsoldaten gesehen, oder, Hauptmann?“
„Ja, Sir.“
„Wie sie sich denken können, ist diese Einstellung im Kampf gegen die Feinde der Menschheit äußerst kontraproduktiv. Die versprengten Orkbanden, die durch die Bemühungen der imperialen Raumflotte von „Waaagh! Grumsnik“ abgespalten wurden und auf diesem Planeten gelandet sind, stellen deshalb eine enorme Bedrohung für die imperiale Vorherrschaft dar.“
Krüger erschauderte innerlich. Einem Orkkrieger im Kampf gegenübertreten zu müssen war schrecklich genug, es ohne Schusswaffe und nur mit Wurfspeer und Kurzschwert zu tun war Wahnsinn. Es war eine verrückte Verdrehung der Vorzeichen: In einem solchen Konflikt hätten die Orks zusätzlich zu ihrer Überlegenheit im Nahkampf auch noch die Überlegenheit an Feuerkraft.
„Das 43. Krieg“, fuhr Kaltenbrunn fort, „ist hier, um zwei Aufgaben zu erfüllen: In erster Linie haben wir die zunehmenden Überfälle der Orks zurückzuschlagen und die einheimische Bevölkerung zu schützen. Darüber hinaus sollen wir aber den Einheimischen ein Beispiel an menschlicher Tapferkeit und Opferbereitschaft geben, wie sie sich nur in der Imperialen Armee finden. Wir sind gewissermaßen hier, um diese halbwilden zu zivilisieren, Krüger.“ Der Oberst bedachte Krüger mit einem prüfenden Blick. „Von diesem eigentlich unbedeutenden Planeten hängt ein beträchtlicher Teil der Nahrungsversorgung für die kämpfenden Regimenter im ganzen Subsektor ab.“
„Ich verstehe, Sir.“
„Um ihrer Qualifikation gerecht zu werden, Hauptmann, habe ich entschieden, sie und ihre Kompanie mit einem besonders prekären Auftrag zu betrauen.“ Kaltenbrunn ging nun zum Kartentisch herüber, Krüger folgte ihm. Auf der detailgetreuen Karte waren die imperialen Siedlungen in herrschaftlichem Purpur markiert. Krüger fiel auf, dass nur wenige hundert Quadratkilometer um die Hauptstadt herum überhaupt Anzeichen menschlicher Besiedlung aufwiesen. Kaltenbrunns Zeigefinger glitt in einem weiten Bogen um die Hauptstadt, fuhr die Grenze zwischen den letzten Siedlungen und der Wildnis nach. Schließlich deutete er auf eine von rechteckigen Begrenzungen umzogene Ansiedlung im Westen der Hauptstadt, etwa zweihundert Kilometer entfernt, wie Krüger schätzte. „Der Landsitz der Lady Ganaselos.“
Krüger blickte ihn verständnislos an.
„Sie und ihre Kompanie, Hauptmann“, erklärte Kaltenbrunn, „werden sich dorthin begeben, um bei der Verteidigung des Grenzlands gegen die Orkmarodeure mitzuwirken. An die Streitkräfte der Lady sind bereits umfangreiche Waffenlieferungen ergangen, die aber bisher wenig Nutzen gezeigt haben. Ich verspreche mir von ihrer Entsendung, dass sich dies innerhalb der nächsten Wochen ändern wird.“
„Ja, Sir.“, brachte Krüger hervor. Er hatte nicht erwartet, mit seiner Kompanie abseits vom restlichen Regiment stationiert zu werden.
„Das wäre alles, Hauptmann. Lassen sie sich im Arsenal für die Mission ausrüsten und setzen sie ihre Kompanie bei Tagesanbruch in Marsch. Sie können wegtreten.“


Nur eine kurze Bitte noch: Zerreisst die Story nicht jetzt schon wegen mangelnder Action, ich wollte mal einen gemächlicheren Einstieg versuchen. Gewalt und Blutvergießen gibt's später noch genug, und da wir hier immer noch von garnisonsdienst reden, kommen vielleicht auch die schönen Aspekte des Lebens diesmal nicht zu kurz... 😉
 
Neue Episode: Als ob unser bedauernswerter Hauptmann nicht schon genug gestraft wäre... 🙁

Eine Stunde später inspizierte Krüger seine Kompanie in ihren provisorischen Quartieren. Ein Stall in einem der vielen Nebengebäude des Palastes war für die Männer geräumt worden, und nun lagen ihre Felddecken in langen Reihen nebeneinander, Ausrüstung und Waffen vor dem Schlafplatz jedes Soldaten ordentlich zusammengelegt. Krüger schritt die Reihen ab, sah jedem der neben den Schlafplätzen angetretenen Männer kurz in die Augen, warf einen schnellen, geschulten Blick über die Ausrüstung und bekundete dann mit einem angedeuteten Nicken seine Zufriedenheit. Es war zu einem allabendlichen Ritual in all den Zeiten geworden, in denen die Kompanie nicht im Kampfeinsatz stand. Krüger war stolz darauf, seine Männer selbst zu inspizieren, anstatt dies den Sergeants zu überlassen, wie es allgemein üblich war.
Die drei Leutnants folgten einen Schritt hinter ihm, den Männern ihres jeweiligen Zuges eine sorgfältigere Prüfung zuteil werden lassend. Auch sie fanden nichts.
Krüger hatte während dieser abendlichen Inspektionen die drei Männer, die in der Befehlshierarchie direkt unter ihm standen, sehr genau einzuschätzen gelernt. Hallers Führungsstil war ihm schon seit den Kämpfen auf Festinion bekannt; der Leutnant führte so, wie er es auf dem Schlachtfeld von seinen ehemaligen Vorgesetzten gelernt hatte. Seine Herkunft aus den Reihen der gewöhnlichen Infanterie sorgte aber auch dafür, dass er sich intensiv mit seinen Männern beschäftigte, ihre Stärken und Schwächen kannte und gleichzeitig, trotz aller gebotenen Härte, bei den Soldaten tiefes Vertrauen und allgemeine Beliebtheit genoss. Haller war ein harter, unerbittlicher Kämpfer, aber er hatte für seine Männer immer ein offenes Ohr und selbst im Kampf einen ebenso unpassenden wie aufmunternden Spruch auf den Lippen.
Strauß und Fahrenhorst waren anders: Strauß war ein Karriereoffizier frisch von der Akademie. Er war von adliger Herkunft, was ihm das Offizierspatent praktisch garantiert hatte, und nun war er darauf aus, schnellstmöglich die nächste Sprosse auf der Karriereleiter zu nehmen. Er war jung, arrogant und eitel. Den mit vierzig Jahren fast doppelt so alten Krüger schien er mit stiller Verachtung zu betrachten, auch wenn er sich in Krügers Gegenwart natürlich Mühe gab, das zu verbergen, weil eine allzu offene Konfrontation unweigerlich seine Laufbahn gefährden würde. Krüger hatte genug junge Offiziere wie ihn erlebt, auf der Akademie wie auch in seinem späteren Soldatenleben. Sie waren bei den Männern unbeliebt und in der Schlacht kaum zu sinnvoller Truppenführung fähig. Wenn Strauß jemals in eine Situation geraten sollte, in der er allein Entscheidungsverantwortung trug, so würde dies wahrscheinlich sowohl mit seinem Tod als auch mit dem der ihm unterstellten Männer enden.
Fahrenhorst hingegen war durchaus kein schlechter Offizier. Daheim auf Krieg hatte er die ersten Jahre seiner Laufbahn als Adjutant im Generalsstab verbracht, was ihn ohne Zweifel geprägt hatte. Auch er war wenig beliebt bei den Männern, jedoch wegen einer ganz anderen Charaktereigenschaft als Strauß: Fahrenhorst war ein Pedant, gründlich bis ins Detail und ganz und gar humorlos. Dies unterschied ihn prinzipiell nicht von den meisten anderen Offizieren, aber Fahrenhorst hatte die Angewohnheit, Theorie und Praxis miteinander zu verwechseln. Er konnte ganze Passagen der Tactica Imperialis auswendig zitieren, sich stundenlang mit Inventarlisten befassen und im Handumdrehen Pläne für das taktische Vorgehen im Kampfgebiet erarbeiten und erläutern, für die andere Männer Stunden gebraucht hätten. Aber es fehlte ihm an der Fähigkeit, seine Männer zu motivieren, sie zu führen und ihnen mit gutem Beispiel im Kampf voranzugehen. Krüger hatte Fahrenhorst bereits zweimal zur Versetzung in den Regimentsstab vorgeschlagen, aber Oberst Kaltenbrunn hatte beide Male abgelehnt. Es hätte Krüger nicht gewundert, wenn Werner bei diesen Entscheidungen eine nicht ganz unwesentliche Rolle gespielt hätte.
Krüger erklärte die Inspektion für beendet und wünschte den Männern eine gute Nacht. Er hatte die Marschbefehle für den nächsten Morgen bereits verkündet, und sie waren von den Männern mit Gleichmut aufgenommen worden.
Als er den Stall verließ, folgte ihm Leutnant Haller nach draußen. Krüger lehnte sich einige Meter neben der Tür mit dem Rücken gegen die Lehmziegelwand, zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche des Uniformrocks, nahm selbst eine und bot dann Haller ebenfalls eine an.
Der Leutnant lehnte mit einem Kopfschütteln ab. „Sie rauchen, Sir?“, fragte er, einen erstaunten Ausdruck im Gesicht.
Krüger zündete die Zigarette an und nahm einen ersten, tiefen Zug. Langsam stieß er den Rauch wieder in die klare, kalte Nachtluft aus. „Schwäche, Haller...“, sagte er langsam und nachdenklich. „Aber es ist nur eine Packung. Ich habe sie seit Festinion.“ Er dachte an Sergeant McGregor zurück, die wehrhafte Polizistin, die ihm das Päckchen dort als Geschenk an sein Lazarettbett gebracht hatte.
Haller lächelte still. „Gut, dass wir Festinion hinter uns haben, Sir.“, meinte er. „Es war die Hölle, meinen die Männer.“
„Und davor war es Myrmillio III, und davor Jataze, und davor Coreanna Secundus...“, entgegnete Krüger kopfschüttelnd. „Nein Haller, die Hölle ist hier.“ Er nahm einen weiteren Zug.
„Hier, Sir?“, fragte Haller ungläubig. „Aber... das hier ist ein Paradies, Sir. Gut, die Orks sind hier, aber wir werden sie töten und ansonsten ein ruhiges Leben...“ Haller zögerte.
„Sehen sie, Leutnant?“, fragte Krüger, auf Hallers Zögern eingehend. „Sie merken es schon selbst. Dieser Ort wird eine Schwäche nach der anderen zutage treten lassen, wird uns weich, anfällig und disziplinlos werden lassen. Das ist die gefahr, der wir ins Auge sehen müssen.“
„Die Männer haben auch auf Festinion geraucht, Sir. Sie haben auch Hochglanzmagazine gelesen, billigen Fusel getrunken und gelegentlich, wenn es eine längere Kampfpause gab, das Truppenbordell besucht. Es wird hier nicht anders werden, Herr Hauptmann. Nicht viel anders, jedenfalls.“ Haller lächelte aufmunternd. „Die Orks und genügend Drill werden uns schon auf Trab halten.“
„Drill ist kein Ersatz für den Kampf, Leutnant. Sie sollten das wissen.“ Krüger nickte in Richtung von Hallers bionischer Handprothese. „Sie sind kein guter Offizier geworden, weil ihr Vorgesetzter sie hart gedrillt hat, nicht wahr?“
Hallers Lächeln verbreiterte sich. „Danke für das Kompliment, Herr Hauptmann. Aber ich verstehe, was sie meinen. Trotzdem halte ich ihre Sicht für zu pessimistisch.“
„Der Imperator gebe, dass sie Recht behalten und nicht ich, Haller.“, erwiderte Krüger. Er nahm einen letzten Zug, dann warf er die heruntergebrannte Zigarette zu Boden und trat sie unter der Stiefelspitze aus. „Ich wäre gern einen Moment allein, Leutnant. Gehen sie zu ihren Männern zurück.“, bat er.
Haller salutierte und verschwand. Krüger löste sich von der Wand und ging einige Schritte auf dem Hof vor dem Stallgebäude hin und her. Das Dunkel um ihn war angenehm, ebenso die Stille. Hier draußen hörte er kaum den Lärm, den die Männer im improvisierten Schlafsaal bei ihren abendlichen Waschungen und dem damit verbunden Geschwätz machten. Inmitten des Hofs blieb Krüger stehen und schloss die Augen. Wenn er sich fest konzentrierte, so wurden die Steine des Pflasters unter seinen Füßen wieder zu den Trümmerbrocken der zerstörten Makropole Insborough auf Festinion, ähnelten fast den Geröllwüsten auf Krieg...
„Hauptmann Krüger.“, sagte eine gedämpfte, aber schneidende Stimme hinter ihm. Er fuhr herum und blickte in Kommissar Streesens hartes Gesicht. Die Augen des Kommissars funkelten hinter den Rundgläsern seiner Brille.
Krüger salutierte. „Sir.“
Streesen maß ihn mit dem typischen, prüfenden Blick, der ihm zu eigen war und den jeder Mann, der schon länger im Regiment diente, kannte und den die meisten zu fürchten gelernt hatten. „Was tun sie hier draußen, Krüger?“, fragte der Kommissar.
„Ein Spaziergang, Sir.“, erwiderte Krüger eilig. Er war sich keiner Schuld bewusst, aber es war nicht gut, gegenüber Streesen zögerlich zu erscheinen.
Streesens Mundwinkel deuteten ein Lächeln an. „Schon gut, Hauptmann. Eine dumme Angewohnheit, die mein Rang und meine Aufgabe wohl mit sich bringen; ich stelle einfach zu viele Fragen...“ Streesen wurde abrupt wieder ernst. „Aber es ist gut, dass ich sie allein treffe, Hauptmann. Ich habe mit ihnen zu reden.“ Streesen schnippte mit seinen behandschuhten Fingern. Aus der Dunkelheit hinter ihm erschien ein weiterer, in die schwarze Uniform eines Kommissars gekleideter Mann. Er unterschied sich von Streesen insoweit, dass er deutlich jünger war und weder eine Offiziersmütze noch die goldenen Litzen trug, die normalerweise einen Mann seiner Funktion kennzeichneten.
„Das ist Kommissar-Kadett van Bent.“, erläuterte Streesen.
Krüger salutierte noch einmal. Der junge Kommissar erwiderte den Gruß.
„Van Bent wird ihre Kompanie auf ihrer Mission begleiten, Krüger.“, fuhr Streesen fort. „Ich wünsche, dass er in jeder Hinsicht die Aufgaben eines vollwertigen Kommissars wahrnimmt und dementsprechend von ihnen und ihren Untergebenen behandelt wird. Nach Abschluss ihrer Mission wird er mir Bericht über die Leistungen ihrer Kompanie erstatten, und sie werden im Gegenzug eine Beurteilung seiner Leistung abgeben.“
Der junge Kommissar reichte Krüger die Hand. Krüger schlug ein. „Auf gute Zusammenarbeit, Hauptmann Krüger.“, wünschte van Bent.
„Auf gute Zusammenarbeit, Sir.“, entgegnete dieser.
Van Bent deutete auf die Ausrüstung, die er auf dem Rücken trug. „Ich würde gern mein Nachtquartier bei den Männern beziehen, Hauptmann. Mit ihrer Erlaubnis.“, sagte er.
Krüger nickte und wies auf das Stallgebäude. „Der Schlafsaal ist dort drin, Sir.“, erklärte er. „Ich wünsche eine gute Nacht, Sir.“
„Ihnen ebenfalls eine gute Nacht, Hauptmann. Gute Nacht, Kommissar Streesen.“, sagte van Bent noch und verschwand ohne ein weiteres Wort in Richtung des Stalls.
Streesen blieb noch bei Krüger stehen. „Nun, wie sie sich denken können, Krüger, habe ich noch einige Worte an sie zu richten, die nicht für van Bents Ohren bestimmt sind.“, erklärte er schließlich.
„Ich höre, Sir.“
Streesen beugte sich zu Krüger vor. Sein Blick glitt über die Ehrennadel der Ekklesiarchie, die Krüger nach den Kämpfen um die Kathedrale auf Festinion verliehen bekommen hatte. „Ich wünsche“, sagte er leise, „dass sie sich des Kadetten van Bent annehmen, Krüger. Sie sind ein erfahrener und bewährter Offizier, was sowohl ich als auch Oberst Kaltenbrunn zu schätzen wissen. Van Bent ist ein fähiger junger Mann, aber er braucht Anleitung und Erfahrung, die er nur in fordernden und gefährlichen Situationen erwerben kann. Passen sie also auf ihn auf und sehen sie ihm nach, wenn er gelegentlich etwas zu forsch vorgeht.“
„Wie sie befehlen, Sir.“, bestätigte Krüger, obwohl ihm die Aussicht, einen weiteren unerfahrenen Mann um sich zu haben gar nicht gefiel. Schon gar nicht einen übereifrigen Kommissar-Kadetten, der sich nur zu leicht von einer Lappalie zu einer standrechtlichen Feldexekution hinreißen ließ...
„Sie werden die Gesellschaft van Bents durchaus angenehm finden, Krüger. Er ist ein gebildeter und umsichtiger Mann, erstaunlich reif für sein Alter. Lassen sie ihm so weit wie möglich seinen Freiraum und schreiten sie nur ein, wenn die Situation seiner Kontrolle zu entgleiten droht. Ich gehe jedoch davon aus, dass sie keine Schwierigkeiten mit ihm haben werden...“


Tja, jetzt also auch noch ein Jungkommissar... Immerhin wird das Leben nicht langweilig.
 
Ein schöner Einstieg, keine Angst es kommt keine lange weile auf.
Die neuen Leutnands sind ein schöner aspekt, vielleicht bekommt der Karriereoffiezier neue Einsichten unter Krügers führung.
also lass sie nicht so früh sterben, vielleicht wird Krüger ja doch etwas weicher, und erst in der nächsten geschichte in der rauhen realität des schlachtfeldes wieder hart.
 
Und schon befinden wir uns auf dem Marsch...

Als Krüger und die Kompanie am nächsten Morgen die Hauptstadt verließen, war der Himmel grau und wolkenverhangen. Die Luft war klar und kalt wie schon am Vortag. Es sah nach Regen aus.
Sie kamen auf den gepflasterten Straßen, die in einem sternförmigen Muster von der Hauptstadt wegführten, schnell voran. Bis Mittag hatten sie einen guten Teil der 50 Kilometer, die Krüger für den Tag eingeplant hatte, bereits zurückgelegt. Krüger, an der Spitze der Kolonne marschierend, nahm es mit Befriedigung zur Kenntnis, als er, einen blick auf die Karte werfend, eine einstündige Rast befahl.
Er konnte nicht klagen, dachte er, als er sich am Straßenrand niedersetzte und den Blick über die Soldaten der Kompanie schweifen ließ, die sich daran machten, ihre abgepackten Rationen zu verzehren und ihre Ausrüstung einer kurzen Überprüfung zu unterziehen. Die Kompanie hatte von Seiten des Arsenals alles bekommen, was für ihre Mission vonnöten war: Schwere Waffen und Infanterieunterstützungswaffen waren in ausreichender Zahl ausgeteilt worden, um jeden Trupp damit ausrüsten zu können, und auch an Munition herrschte kein Mangel. Die Männer, die sich auf dem marsch mit dem zusätzlichen schweren Gepäck abmühen mussten machten zwar einen eher unzufriedenen Eindruck, aber später würden auch sie diesen Umstand zu würdigen wissen.
Haller trat heran, auf einem der trockenen Rationsriegel kauend, und setzte sich neben Krüger ins Gras. Der Leutnant nahm die Mütze ab und legte sie behutsam neben sich, dann strich er mit der freien Hand durch sein kurzgeschorenes Haar. „Ich werde mich nie daran gewöhnen können, keinen Stahlhelm mehr zu tragen.“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Krüger.
„Sie können ihn jederzeit wiederbekommen, Haller.“, murmelte Krüger.
Haller blickte ihn ebenso erschrocken wie verständnislos an.
„Ein Scherz, Haller, nur ein Scherz...“, erklärte Krüger schnell. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die spitze Bemerkung den sonst so selbstbewussten Leutnant in diesem Maße irritieren würde.
Haller lachte pflichtschuldig. Krüger wusste, dass sein Humor nicht mit dem des Leutnants mithalten konnte. Deshalb erstaunte es ihn, dass Haller seine Nähe geradezu zu suchen schien. Er hatte sich schon lange vorgenommen, den Leutnant einmal in einem ruhigen Augenblick darauf anzusprechen, war aber bisher nie dazu gekommen. Auch jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt...
„Hauptmann Krüger, bisher bin ich mit ihrer Kompanie in vollstem Maße zufrieden.“, erklärte Kommissar-Kadett van Bent und trat unaufgefordert an die beiden Männer heran. Er ging in die Hocke, um die Rückseite seines langen Mantels nicht zu beschmutzen und trotzdem mit Krüger auf Augenhöhe zu sein.
„Das freut mich, Sir.“, entgegnete Krüger. Van Bent hatte noch nichts gesehen außer einer simplen Marschordnung und einem Schlafsaal bei Nacht, und schon maß er sich an, eine Beurteilung abgeben zu können. Krügers Missbilligung des jungen Kommissars wuchs.
„Die Armee könnte zweifelsohne mehr fähige Offiziere wie sie gebrauchen, Hauptmann.“, fuhr van Bent in einem Tonfall fort als habe er bereits ein Dutzend Jahre als leitender Kommissar des Regiments gedient und dabei die halbe Galaxis gesehen.
„Das Regiment kann in der Tat froh sein, einen solch engagierten Offizier wie Hauptmann Krüger zu haben, Sir.“, schaltete sich Haller von der Seite in das Gespräch ein. Er verschlang das letzte Stück des Rationsriegels, drückte die Verpackung in der stählernen faust seiner bionischen Prothese zusammen und ließ die zerknüllte Folie dann in der Seitentasche seines Uniformrocks verschwinden. „Er ist ein wahres Juwel, wenn sie mir diese Bemerkung gestatten.“
Krüger warf ihm einen Seitenblick zu, von dem er hoffte, dass er dem Leutnant eine recht genaue Vorstellung davon vermittelte, was er von dieser Bemerkung hielt.
Van Bent ließ sich jedoch von dieser Uregelmäßigkeit, wenn er sie denn überhaupt bemerkt hatte, nicht beirren und erklärte: „Es freut mich, dass ihre Männer und ich uns in der Beurteilung ihrer Fähigkeiten einig zu sein scheinen, Hauptmann Krüger.“ Er tippte grüßend mit dem Zeigefinger an die Augenbraue. „Ich empfehle mich, Hauptmann. Leutnant.“ Er nickte Haller noch zu, dann stand er wieder auf und ging davon, um zwischen den Männern der Kompanie zu verschwinden.
„Schwätzer.“, zischte Krüger, als van Bent außer Hörweite war.
Haller neben ihm gefiel sich darin, idiotisch zu grinsen und mit scheinbarer Geistesabwesenheit die Krümel seines Rationsriegels von seinem Uniformrock zu streichen. „Was genau meinen sie, Hauptmann?“, fragte er in provozierender Langsamkeit. „Der Kommissar-Kadett scheint mir ein recht umgänglicher Bursche zu sein. Er bewundert sie, Sir.“
„Eben das ist es.“, sagte Krüger. „Es liegt nicht in meinem Interesse, bewundert zu werden, Haller. Respekt“, fügte er hinzu, das Wort scharf betonend, „ist alles, woran mir liegt.“
Haller wurde wieder ernst. „Wenn ich mich respektlos verhalten haben sollte, Sir...“
Krüger winkte ab. „Vergessen, Leutnant.“
„Sie wissen, dass die Männer und ich mit vollem Respekt hinter ihnen stehen, Hauptmann.“, sagte Haller trotzdem. „Sie wissen es doch, oder?“
 
hach, einfach nur genial, nachdem ich vorgestern den stadtbummel und vorhin den grabenkampf, jetzt das hier gelesen hab kann ich sagen das du nicht nur extrem gut schreibst, sondern anscheinend auch besser wirst und/oder die verschiedenen umstände sehr gut darstellen kannst, denn vom aufbau und stil unterscheiden sich die geschichten natürlich ziemlich.
jedenfalls ziemlich geil, krüger ist einfach der held 😉
 
Weiter geht's...

Das Gehöft musste einmal aus einer ganzen Gruppe großer Hauptgebäude aus Stein bestanden haben, flankiert von Vorratsschuppen und Ställen aus Holz. Jetzt waren von all dem nur noch niedergebrannte Grundmauern übrig, von deren schwelender Asche noch immer Hitze ausging. Das Grasland war in weitem Umkreis versengt, auf den bräunlichschwarzen Überresten der Weiden lagen verstümmelte Tierkadaver. Zwischen den Gebäuden waren zusammengekrümmte, verkohlte Überreste das Einzige, was von den ehemaligen Bewohnern noch übrig war. Der Brandgeruch stach scharf in Krügers Nase.
Es war der dritte Tag ihres Marsches. Noch einen weiteren Tag, dann würden sie das Grenzland erreicht haben. Doch schon hier waren die Spuren der Orkübergriffe unübersehbar.
„Lassen sie ihren Zug die Umgegend auskundschaften.“, befahl Krüger dem neben ihm stehenden Strauß. „Ich will keine bösen Überraschungen erleben, wenn wir weiter marschieren.“
Strauß nickte stumm und ging davon. Krüger wandte sich van Bent zu. Der Kommissar-Kadett war beim Anblick des niedergebrannten Bauernhofs und der übel zugerichteten Kadaver blass geworden.
„Bestien.“, sagte van Bent leise.
Krüger nickte. „Die Orks kennen im kein Erbarmen, Sir. Sie schonen auch Unschuldige nicht.“
„Sehet, solcher Art sind die Feinde der Menschheit.“, murmelte van Bent. „Ihr sollt sie an ihren Taten erkennen, so wie ihr sie schon am Äußeren erkennt.“
„Das ist aus der Ansprache des Sebastian Thor vor den Schwestern vom Orden der Blutigen Rose des Ordo Militaris, nicht wahr?“, fragte Krüger.
Van Bent nickte stumm.
Krüger trat einen Schritt näher an den jungen Kommissar heran. „Sir, sie sollten vielleicht einige Schritte gehen.“, schlug er vor. „Es hilft ihnen vielleicht. Meine Männer kommen zurecht.“
Van Bent blickte ihn mit traurigen Augen an. „Es sollte meine Aufgabe sein, die Männer wieder aufzurichten, wenn sie in Furcht oder Zweifel geraten.“, flüsterte er. „Nicht ich sollte es sein, der einer Stütze bedarf...“
„Es gibt keinen Grund, sich Vorwürfe zu machen, Sir.“, entgegnete Krüger. „Die Situation ist nicht einfach für jemanden, der... der...“ Er zögerte. Er sollte eine solche Aussage einem kommissar gegenüber nicht treffen, nicht in der Formulierung, die er angefangen hatte.
„Unerfahren ist.“, vollendete van Bent den Satz für ihn.
„Ja.“, sagte Krüger.
„Ich verstehe, Hauptmann.“ Van Bent hob in einer Geste der Entschlossenheit das Kinn und straffte die Schultern. „Ich werde ihrem Rat folgen.“, erklärte er. „Entschuldigen sie mich.“
Als er davonging, dem sich bietenden, unberührten Panorama der Hügellandschaft zugewandt, wirkte er auf Krüger plötzlich, als sei sein schwarzer Ledermantel um zwei Nummern zu groß für ihn; so als habe sich ein Kind als Kommissar verkleidet. Allerdings ein sehr gefährliches Kind, dachte Krüger, mit einer Laserpistole im Holster und der Erlaubnis, sie einzusetzen, um seiner Meinung Gültigkeit zu verschaffen. Krüger hoffte, dass er nicht van Bents Trotz geweckt hatte.
Strauß kehrte schneller zurück, als Krüger erwartet hätte. Er salutierte in zackiger Perfektion. „Die Orks müssen bereits eine ganze Weile fort sein.“, meldete er. „Meine Männer haben nur noch Patronenhülsen im Gras gefunden, aber nicht eine tote Grünhaut.“
Krüger nickte. „Sie können wegtreten, Leutnant. Unterrichten sie ihre Männer, dass wir in einer Viertelstunde unseren Marsch fortsetzen.“
Strauß salutierte erneut und wandte sich zum Gehen. Krüger wusste, dass der junge Leutnant ein Lob für die Ausführung des Auftrags erwartet hatte. Strauß war süchtig nach Anerkennung, weil er sich davon die schnellere Aussicht auf eine Beförderung versprach. Krüger sah jedoch nicht ein, sie ihm zu gewähren. Nicht Strauß hatte gerade seine Qualität bewiesen, sondern die Männer seines Zuges.
Krüger seufzte. Nun, da es ernst wurde, sah er dem Kampf nicht mehr mit derselben Erwartung entgegen, wie er sie noch im Gespräch mit Haller am Abend vor ihrem Aufbruch geäußert hatte. Seine Männer würden hier keine Ruhe bekommen.