Zum Blitzkrieg: Naja, abgesehen davon, dass ich den EHER (nicht ausschließlich) als Strategie, denn als Taktik bezeichnen würde... Ich als Historiker habe da auch ein bisschen allgemeiner und weiter zurück denken wollen. Man mag jetzt zwar Flieger und ein Spiel mit Raumschiffen und Plasmakanonen vor sich haben, aber insgesamt hat 40k von der Dynamik her mehr mit den Schlachten der Frühen Neuzeit gemein. Ansonsten stimmt, was Du dazu geschrieben hast, aber wie gesagt: Das wäre mir sowieso zu aktuell und konkret, das meinte ich nicht.
Konsultieren wir Sun Tzu... Das Werk dieses Mannes wird noch heute an vielen Militärakademien als Pflichtlektüre angesehen. Der gute Mann war der Meinung, das man nur dann angreifen sollte wenn man weiss das man gewinnt. Dafür soll man entweder eine Übermacht haben, was durch die Punkteregelung ausgeschlossen wird, oder man soll dem Gegner die eigenen Spielregeln aufzwingen.
Abgesehen davon, dass Sunzi a)viel gehyped und wenig verstanden wird und b)ohnehin etwas schwammig und metaphorisch bleibt: Ja, da kann man schon einiges draus lernen und mit ein bisschen abstrahieren auch mehr rausholen: Nur angreifen, wenn man gewinnt kann man ja nicht nur auf das gesamte Spiel beziehen (was Quatsch wäre, da hast Du Recht), sondern auch auf jeden einzelnen Schlagabtausch innerhalb des Spiels, Nahkämpfe, Schusswechsel, etc. Und das ist garnicht soo selbstverständlich für die meisten Spieler, da das nämlich recht deutlich bei der Zielpriorität und der Frage hilft "Mit welcher Einheit bekämpfe ich was?" Offensichtlich würde selbst dieser sehr einfach und oberflächliche Punkt viele Spieler schon einmal weiter bringen...
Der Überraschungsmoment ist aber unmöglich, denn immerhin weiss mein Gegner das ich angreifen werden sobald wir die Spielplatte zusammen aufstellen. Da zudem ausgewürfelt wird wer anfängt und man danach noch versuchen kann die Inititative zu klauen fällt die Strategie des Erstschlages in der Hälfte der Fälle weg und sollte nicht zwingender Teil der Erfolgsstrategie sein.
Mit Verlaub und ganz ohne Bosheit, aber das ist ja nun wirklich nicht so: Zum einen heißt Überraschungsmoment nicht, dass der Gegner laut "Huch!" rufen soll, sondern dass man ihn an einer für ihn ungünstigen Stelle mit der Initiative anfallen kann. Was das Überraschungsmoment ausmacht wird also durchaus abgedeckt und zwar von allen Infiltratoren, flankenden Einheiten, Schocktruppen und Scouts... was man draus macht, hängt ja wieder vom Spieler ab. Dann, um bei Sunzi zu bleiben: Wenn der Feind sich einmal gerüstet hat und mit paar Tausend Mann und Wagen durch die Walachei rumpelt, dann weiß der auch schon, dass Du angreifen wirst... wo und wann und ob man rechtzeitig darüber informiert wird, das entscheiden dann die Würfel am Anfang, das Aufstellen des Geländes, der Initiativeklau und die Tatsache, dass der Gewinner des Wurfes noch entscheiden kann NICHT anzufangen (ja, das ist etwas zu glücksabhängig, nicht 100%, aber viel, keine Frage).
Es bleiben also nur marginale wirklich nutzbare Militärtaktiken über. ^^
Oo nämlich alles, was noch bei Sunzi steht und noch nicht genannt wurde + die 36 Stratageme + kompletten Clausewitz + alles, was ich nicht kenne... marginal?!^^
Reserven (die allerdings als imperialer Spieler einer Beschussarmee wenig sinnvoll sind), Schocktruppen und Scouts sind real nutzbare Möglichkeiten um ein wenig Überaschungsmoment aufzubauen, diese Taktiken waren jedoch auch in realen Situationen meist nur von geringem Wert für die ausführende Seite.
Reserven können auch bei Beschussarmeen sinnvoll sein: Was später kommt, kann nicht früh rausgenommen werden und hat mehr Freiheit in der Zielwahl. Das betrifft grundsätzlich alle Einheiten, wird bei den Fliegern aber besonders deutlich: feindlicher Flieger kommt rein, hat wenig richtig tolle Ziele, schießt auf ein Sekundärziel. Dein Flieger kommt danach, schießt seinen ab und freut sich. Zum Überraschungsmoment stand ja oben schon mehr, nur so viel: Also wenn meine kleinen dummen Scouts aus ihrem LSS springen und einen feindlichen Fernkampftrupp vernichten oder 20 Grotz mit Kanone von einem Missionsziel jagen können, dann finde ich das nicht so unwichtig oder von geringem Wert...
Im Groben und ganzen geht es bei Warhammer40K um eine gehörige Menge Würfelglück und darum die eigenen Einheiten im Schere-Stein-Papier-Verfahren bestmöglich gegen den Gegner einzusetzen. Das ist so simpel das das jeder lernen kann, und wenn nicht, dann kauft er trotzdem die neuen geilen Power-Units die GW neu rausgebracht hat. Taktik ist wichtig, aber es ist eine eigene spielinterne Taktik die imo so gut wie nichts mit realem Krieg zu tun hat. Und das ist auch gut so.
Ja, es gibt viele Würfel. Das sind aber genauso viel oder wenig Glücksangelegenheiten wie im echten Leben. Beim Mittelteil gebe ich Dir Recht. Schere-Stein-Papier ist zwar nicht ganz falsch, aber meiner Meinung nach zu kurz gedacht... das haben irgendwelche Gamer eingeführt, als sie zu 40k gekommen sind, weil sie nichts anderes kannten, womit sie es beschreiben konnten... es sei denn, Du bezeichnest Schach auch als Schere-Stein-Papier... dann hab ich nichts gesagt. Ja, 40k hat mit realem Krieg so viel/wenig zu tun wie es ein ein Spiel eben hat. Aber wir reden ja auch nicht von realem Krieg, sondern von Taktik und (weniger) Strategie und das sind eben Mechanismen, die ÜBERALL zum Tragen kommen, egal ob in zwischenmenschlichen Beziehungen, bei der eigenen Arbeit, im Krieg, im Spiel, in der Politik oder sonstwo.
Nimm das bitte nicht böse auf, denn es ist auch garnicht negativ gemeint (im Gegenteil: Bin bei dem ganzen Listen-Kinderkram froh, dass mal einer über was tiefergehendes zu sprechen bereit ist!), aber es gibt selbst im militärischen Sinne so viel mehr als den sympathischen, doch eigenartigen und von jeder 0815 Hollywoodserie zitierten Sunzi... Allein die ebenso schwammigen und archaischen 36 Strategeme geben bei etwas drüber nachdenken und abstrahieren viel her, was man in 40k nutzen kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/36_Strategeme
Und wenn einem das zu wenig ist, dann nimmt man nsich eben mal den Clausewitz, der - gerade in den Kapiteln über Angriff und Verteidigung - in seinen Kapiteln über Taktik sehr interessant und lehrreich sein kann.