Ich hatte ja, versprochen, etwas zu Star Trek Attack Wing zu schreiben und das mache ich jetzt doch mal.
Einführung
Bei der Ankündigung von Star Trek - Attack Wing aus dem Hause WizKids war der erste Eindruck doch eher durchwachsen. Das ganze sah doch sehr nach einem Klon des recht beliebten Star Wars - X-Wing Systems aus. Und obwohl in der Tat ziemlich offensichtlich versucht wird, von der Popularität von X-Wing zu profitieren, handelt es sich hier um kein Plagiat. Wie bekannt wurde und wie man es auch im Regelbuch von Attack Wing im Impressum nachlesen kann, hat WizKids das X-Wing Regelsystem von Fantasy Flight Games lizensiert und entsprechend auf das Star Trek Universum umgemünzt. Warum dabei Spieltechnisch mehr herausgekommen ist als eine hastig auf den Markt geworfene Kopie will ich im Folgenden darstellen.
Die Regeln
Wer bereits X-Wing gespielt hat wird sich bei Attack Wing sehr schnell eingewöhnen, denn das Regelsystem ist in der grundlegenden Spielmechanik unverändert geblieben. Jede Runde werden die Manöver der Schiffe auf Manöverscheiben verdeckt eigestellt und dann vom Schiff mit dem geringsten Captains-Wert bis zum höchsten abgehandelt. Bei dieser Bewegung kann auch eine einzige Aktion von jedem Schiff durchgeführt werden - es sei denn man ist ein rotes Manöver geflogen, diese Manöver gibt es auch bei Attack Wing, nur erleidet die Crew bei Attack Wing dann keinen "Stress" sondern das Schiff muss für das ausgefallene Manöver auf Notenergie schalten und dann sind keine Aktionen mehr möglich bis man ein grünes Manöver geflogen ist (oder eine Spezialkarte zücken kann). Die Aktionen reichen dabei von Ausweichmanövern über die Aktivierung der Tarnvorrichtung von Romulanern und Klingonen bis hin zu Spezialaktionen von per Spielkarten hinzugekaufter Ausrüstung. Bei dem anschließenden Beschuss feuern dann die Schiffe aufeinander, angefangen vom höchsten Captains-Wert bis runter zum niedrigsten. Schiffe mit hohem Kapitänswert sind damit doppelt im Vorteil.
Soweit ist alles wie von den Dogfights im Star Wars Universum bekannt, allerdings hat WizKids schon einige sinnvolle Ergänzungen vorgenommen. Die deutlichste ist wohl die Trennung von Schiff und Captain. So ist man nicht dazu gezwungen eine Enterprise-D zu spielen, wenn man Picard als Captain haben will (Jean-Luc ist erwartungsgemäß einer der stärksten Kommandanten im Spiel). Man kann vielmehr die Captains frei den Schiffen zuordnen. Dies ist innerhalb der Fraktionen möglich, von denen es bis jetzt derer vier gibt (Föderation, Klingonen, Romulaner und das Dominion). Man kann auch die Fraktionen untereinander mischen, zahlt dann aber auch eine Fraktionsstrafe von einem Punkt pro fraktionsfremdem Captain und fraktionsfremder Ausrüstungskarten auf einem Schiff. Da diese Karten in der Regel zwischen einem und fünf Punkte kosten kann sich dies schon zusammenläppern, wenn man Stärken kombinieren will. Die Menge an verfügbarer Ausrüstung pro Schiff wird wie auch bei X-Wing von dem Schiff selber vorgegeben. Dies sind vor allem Crew-Charaktere (Spock, Worf und Co.) und Waffen (Photonentorpedos, etc.). Viele Karten verbrauchen sich außerdem nicht sondern werden bei Benutzung nur "disabled" - angezeigt durch einen Marker auf der entsprechenden Karte. Die Reaktivierung der Karte kostet dabei die wertvolle Aktion des Schiffs (z.B. Nachladen der Torpedos oder ähnliches). Insgesamt wird man bei Attack Wing potentiell etwas mehr Ausrüstung mitnehmen als bei X-Wing. Empfohlene Punkte in einem "Deathmatch" sind 80-100 Punkte, so dass die Flotten selten größer als 3 bis maximal 4 Schiffe sein werden, was ich auch als sinnvolle Obergrenze ansehe. Eine letzte Besonderheit sind die Szenarios, die jedem Expansion-Set beiliegen. Diese reich von Rettungsmissionen, Angriffen auf Raumstationen - sogar kooperative Missionen und 3-Spieler-Szenarien sind vorhanden. Wer beispielsweise den Angriff der Klingonen auf Deep Space Nine zu Beginn der 4. Staffel DS9 nachspielen möchte oder selber einmal beim Kobayashi Maru Test versagen will kann dies tun. (Szenarios der Expansions Negh'Var bzw. Classic Enterprise)
Die Miniaturen
Die größte Kritik, die man an Attack Wing bisher hört sind die Miniaturen und auch ich muss mich hier in einigen Punkten anschließen. Fantasy Flight Games hat die Miniaturen für X-Wing ja speziell für dieses Spiel hergestellt und dabei auf einen einheitlichen Größenmaßstab geachtet. Außerdem sind die Star Wars Modelle für Pre Painted-Verhältnisse insgesamt mehr als ordentlich bemalt worden. WizKids greift nach den Aussagen eine Leute hier und anderswo im Netz nun auf Miniaturen zurück, die sie bereits für andere Spiele im Star Trek Universum verwendet haben. Dem entsprechend ist der Maßstab bei Attack Wing nicht immer stimmig. Dabei ist es lustigerweise vor allem bei den Schiffen, die nicht zur Föderation gehören weit weniger auffällig. Das ein Nagh'Var Schlachtschiff der Klingonen eigentlich deutlich größer sein soll als ein Vor'Cha Kreuzer wissen wohl nur eingefleischte Star Trek Nerds (wie ich 😉 ). Wenn aber die Classic Enterprise neben einer Miranda Klasse geradezu winzig wirkt und die demnächst erscheinende, eigentlich nur 4 Decks hohe Defiant die beiden vorgenannten Föderationsschiffe größentechnisch in den Schatten stellt, fällt es sicher auch Trek unkundigen Leuten auf. Die Pre-Paint Bemalung der Miniaturen ist auch eine Klasse schlechter als beim direkten Konkurrenten. Vor allem fehlt ein abschließendes Wash, so dass die durchaus vorhandenen Details kaum zu erkennen sind. Dadurch wirken die Modelle sehr stumpf und wenig lebendig. Insgesamt ist eine eigene Nachbearbeitung mehr als empfehlenswert. Was man aus den Miniaturen mit einer eigenen Bemalung noch herausholen kann hat ja Birdy ein paar Posts weiter vorne gezeigt. Für den gleichen Preis wie bei X-Wing könnte man bei Attack Wing also durchaus eine bessere Qualität erwarten.
Die Darreichungsformen
Kurz noch was zu der Art wie Attack Wing angeboten wird. Es gibt ein Grundset mit drei Miniaturen (Galaxy-Klasse der Föderation, Vor'Cha-Klasse der Klingonen und D'Deridex-Klasse der Romulaner). Dieses enthält außerdem natürlich die Grundregeln, sämtliche benötigten Bewegungsschablonen, Missionsmarker und Spielkarten. Im Vergleich zu X-Wing hat man außerdem gelernt und gleich 5 Angriffs und 5 Verteidigungswürfel in die Box gepackt - bei X-Wing gab es ja nur 3 von jeder Sorte. Ein Doppelkauf lohnt sich insgesamt auch weniger als bei X-Wing, sofern man nicht unbedingt eines der 3 Schiffe aus der Box ein zweites Mal spielen will, denn diese gibt es nicht einzeln zu kaufen.
Die Erweiterung der Grundbox findet in Expansion-Sets statt. Diese enthalten natürlich die Miniatur, dazu aber auch die zu dem Schiff passenden Spielkarten (Schiffe, Captains, Crew, Ausrüstung), sämtliche Marker, die man spielerisch für das Schiff braucht (Schilde, Aktionsmarker, etc.), natürlich das Manöverrad und ein thematisch ebenfalls zu dem Schiff bzw. der Expansion passendes Szenario (ebenfalls auf zwei Spielkarten) mit ggf. weiteren zusätzlichen Papp-Countern (zB eine Schablone die DS9 für das weiter vorne angesprochene Szenario darstellen soll).
Viel Kritik wurde ja auch an der Qualität des Spielmaterials geübt, die ich aber nicht teilen kann. Die Pappschablonen sind stabil und dass die Spielkarten zu dunkel oder von der Qualität her schlecht sein sollen habe ich nicht nachvollziehen können. Auch die "atmosphärischen" Abbildungen aus den Filmen und den Serien gehen in Ordnung, mehr gibt meist auch das Ausgangsmaterial nicht her.
Preislich liegt das Starterset bei $ 39,99 und eine Expansion bei $ 14,99, was bei uns einfach zu 39,99 Euro und 14,99 Euro UVP angepasst wurde. Wenn man aber im Internet recherchiert findet man genug Shops, die das Grundset auch zwischen 33-35 Euro und eine Expansion zwischen 12 und 13 Euro anbieten. Preislich ist es also aktuell etwas teurer als X-Wing, wobei dort in den letzten Monaten auch die Preise (vor allem für das Grundspiel) deutlich gefallen sind. Und man muss auch bedenken, dass es bei uns Importe aus UK sind, die dort wiederum aus den USA stammen, das schlägt schonmal etwas auf den Preis - überteuert ist es aber meiner Meinung nach nicht.
Mein Fazit
Star Trek - Attack Wing nimmt die schon sehr eingängigen Regeln von Star Wars - X-Wing und erweitert diese um stimmige neue Elemente. Die Trennung von Schiff und Captain beispielsweise ist eine sehr gute Weiterentwicklung und auch Star Trek typische Eigenarten (Tarnvorrichtung, besondere Crew-Charaktere) wurden gut integriert. Dazu kommen noch die vielen atmosphärischen Szenarios aus den Expansions, wobei man da bei Star Trek auch aus dem Vollen schöpfen kann (allerdings wäre so etwas durchaus auch bei X-Wing möglich). Bei den Miniaturen muss man aber klare Abstriche machen und eine eigene Nachbearbeitung ist Pflicht, wenn man mit der gebotenen Pre-Paint-Bemalung nicht zufrieden ist. Auch gibt es keinen einheitlichen Maßstab, was abseits von beinharten Star Trek Fans aber nur bei den ikonischen Schiffen auffällt, dann aber besonders ärgerlich ist. Für den gleichen Preis bietet da die Konkurrenz aus dem Hause Fantasy Flight Games mehr fürs gleiche Geld, auch wenn die Details der Miniaturen prinzipiell gut sind. Bei der Qualität des Spielmaterials an sich liegen beide Systeme meiner Meinung nach auf Augenhöhe.
Lohnt sich ein Einstieg? Ich denke, diese Frage muss sich jeder für sich selber beantworten. Die Einstiegskosten sind ja recht moderat. Insgesamt mach mir das Spiel nach zwei Spielen schon jetzt mehr Spaß als X-Wing - was wohl daran liegt, dass ich lieber Gefechte zwischen Großkampfschiffe als Jäger-Dogfights spiele. Auch bringt mir Attack Wing die Facetten des Star Trek Raumkampfs besser rüber die die X-Wing Scharmützel. Wer schon mit X-Wing geliebäugelt hat, aber eher Star Trek Fan ist, kann sicher bedenkenlos zugreifen.