Naja, die großen TAGs bekommt man ohne entsprechendes Gerät auch nicht unbedingt einfach gelegt. Man kann in jedem System, welches ich kenne "Antilisten" schreiben. Das geht auch bei Softcountersystemen (wie zB nahezu jedes Rollenspiel, auch wenn man die nicht unbedingt als TT bezeichnen kann). Das sieht bei Hardcounteransätzen nur etwas kritischer aus. Es hat aber auch meist viel mit dem Scale zu tun, indem ein Spiel funktioniert. Nimmt man Infinity als Beispiel, sind alle Fraktionen ungefähr auf demselben technischen Level. Ähnliches gilt bei allen historischen TTs... Bei 40k kämpfen Hightechblaster teilweise gegen Knüppel und Speere. Das hat aber eher was mit Balancing und nicht wirklich viel mit taktischer Tiefe zu tun. Ein gutes Balancing erhöht nur die Zahl an Möglichkeiten und verringert die Möglichkeit für unfaire Matchups. Trotzdem kann ich auch in einem System mit einem schlechten Balancing taktische Tiefe erzeugen. Bei 40k funktioniert das wunderbar über mehr Gelände. Das schlechte (bzw. teilweise nicht existierende) Balancing bekommt man auch dadurch nicht ausgeglichen, aber zumindest werden die Auswirkungen abgemildert. Das gilt übrigens auch für Infinity... Schonmal Infinity auf einer normalen 40k-Platte gespielt? Das ist auch stumpf wie Hulle.
Fazit: Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, wie ein System taktische Tiefe erzeugen kann. Die einen erzeugen diese durch gewisse Kampfmanöver, die anderen durch komplexere Geländeregeln oder Überraschungsmechaniken und wieder andere erhalten taktische Tiefe durch hohe Planbarkeit.
Zufallsmechaniken für eigtl relativ gut kalkulierbare Vorgänge (zB zufällige Bewegungsdistanzen) sind hingegen Gift für den taktischen Anspruch, können aber auch dann durch andere Regelungen ausgebügelt werden. Imao ist es bei 40k allerdings zu beobachten, dass der taktische Anspruch mit steigender Punktgröße sinkt, während er durch mehr Gelände (vor allem durch Sichtblocker) steigt. Ich messe dabei den taktischen Anspruch daran, wie lange die Spieler brauchen, um ihre Zugmöglichkeiten abzuwägen.
Die taktisch anspruchsvollsten Spiele bei 40k hatte ich daher bei Zone Mortalis (nur Sichtblocker) bei 500 Punkten. Das steht und fällt aber mit dem Aufbau der Platte. Sind zu viele Sichtlinien mit mehr als 12 Zoll Reichweite möglich, können Beschussarmeen zu viele Todeszonen legen. Wir spielten dies allerdings mit etwas veränderten Missionsregeln: Wir spielten eigtl nur Durchbruch (bringe eine Einheit zum feindlichen Ausgang) und Deathmatch und beendeten die Spiele nicht nach einer bestimmten Zugzahl. Das interessanteste bei Zone finde ich aber die verdeckte Aufstellung und Verwendung von Blips, die erst aufgedeckt werden, wenn sich zwei verfeindete Blips sehen können. Also eigtl so ähnlich wie getarnte Einheiten bei Infinity. Es wird übrigens nicht uninteressanter, wenn ich weiß, was mein Gegner in seiner Liste hat... Wenn da nicht nur zwei Blips auf der Platte liegen, kommt es da häufig zu kleinen Pokereinlagen. Wir verwendeten auch die alternativen Regeln für Reaktionsfeuer (immer wenn eine Einheit sich während ihrer Bewegung in die Sichtlinie eines feindlichen Modells bewegt und sich am Ende der Bewegungsphase in Sicht zu dieser Einheit befindet, darf diese Abwehrfeuer geben, als hätte die feindliche Einheit einen Nahkampf angesagt.) Spiele in der Zone dauern dadurch dann auch mindestens 90 Minuten können aber auch schnell mal drei Stunden verballern, und jeder hier dürfte wissen, wie schnell Spiele auf 500 Punkten vorbei sein können.
Ein anderes Beispiel für Taktik bei 40k ist ein wenig Werbung in eigener Sache: Schaut mal in den Wastelandcodex in meiner Signatur. Auf den letzten Seiten sind auch zwei Spielberichte (Wasteland vs Wasteland) bei 500 Punkten. Taktischen Anspruch habe ich dabei durch Ressourcenverwaltung (Sprit und Munition), ineinander greifende Einheitenregeln sowie Bewegungsbefehle (Zusammenrotten und Aufteilen von Infanterie-Einheiten) erzeugt. Schaut einfach mal rein. Ist zwar erst Open Beta und es kommt noch einiges (selbsterstellbare Ödlandclans mit einem Doktrinenbaukasten und daraus resultierendem Decurion) hinzu, aber spielbar ist es jetzt schon, wobei an einigen Stellen noch etwas am Balancing geschraubt wird.