Eisige Stille herrschte im Verhandlungsraum des Kriegstribunals als die Richter ihre Plätze einnahmen. Man konnte förmlich den kalten Zorn und die Ungnade des Kriegsmeisters spüren, der zu diesem Verfahren geführt hatte und nun den Delinquenten treffen sollte.
„ Erheben sie sich! Im Namen des Imperators ergeht folgendes Urteil.“ Oberst Stramm nahm Haltung an. Als Abkömmling einer alten wilhelminischen Adelsfamilie wusste er in allen Situationen Haltung und Gelassenheit zu wahren. „ Oberst Stramm, Sie werden der fortgesetzten Insubordination und der Aufwiegelung zum Ungehorsam für schuldig befunden und mit sofortiger Wirkung aller Pflichten entbunden und zum Hauptmann degradiert. Aufgrund ihrer bisherigen Verdienste sieht das hohe Gericht von der Todesstrafe ab und gewährt ihnen die Gnade, sich auf dem Schlachtfeld zu rehabilitieren. Sie übernehmen das Kommando über 3. Kompanie des 261. Wilhelminia. Dieses Regiment wird bei der nächsten Offensive die erste Welle bilden. Der Imperator schützt. Wegtreten!“
War dies das Ende? Was als verheißungsvolle Karriere im Generalstab des Kriegsmeisters Slaydo begonnen hatte, fand nun sein Ende im Sperrfeuer der Ketzer. Stramm gab sich keiner Illusion hin. Auf dem ersten Blick sah dieses Urteil gnädig aus. Doch ein Kompaniechef in einem Regiment, welches die Spitze eines Angriffs auf schwer befestigte Stellungen voller Fanatiker führen sollte, war schon so gut wie tot. Genau wie der Rest des Regiments. Nun er war nicht der erste, der der Personalpolitik des neuen Kriegsmeister zum Opfer fiel. Man denke nur an solch prominente Fälle wie dem alten Gaunt. Tatsache war, dass der Führungsstil Slaydos sich markant von dem Mackarroths unterschied. Wo Slaydo von seinen Untergebenen das Für und Wider einer Entscheidung abwägen ließ, um sie in der Analyse taktischer und strategischer Fragen zu schulen, befahl Mackarroth einfach.
Zweifellos war der Neue ein brillanter Taktiker und Stratege. In Personalfragen neigte er aber dazu, Kommandos an Offiziere zu geben, die sich mehr durch Loyalität als durch Sachverstand auszeichneten. Das bedeutete, dass der alte Führungsstab nicht kompatibel mit dem neuen Kriegsmeister war. Nun wenigstens würde er seinen Dienst in einem Regiment beenden, welches von seinem Heimatsystem stammte, genauer gesagt in dem Regiment, in dem seine militärische Laufbahn begann.. Er kannte seine Traditionen, seine Stärken und auch seine Schwächen. Vielleicht würde er sogar überleben. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Um eine Großoffensive zu überleben, braucht man Mut, Glück, eine ordentliche Artillerievorbereitung, Glück und vielleicht auch einen Plan und einen Vorgesetzten der ihn billigt.
Nun einen Plan hatte er schon. Die übliche Vorgehensweise der wilhelminischen Regimenter bei einem Großangriff war eine Woche lang auf den Feind mit allen Rohren zu schießen und dann solange Schützenlinie auf Schützenlinie angreifen zu lassen bis der Feind geworfen war oder keine eigenen Truppen mehr zur Verfügung standen. Stramm hatte nur Abscheu für solch eine Schlächterei übrig. Er wollte seine Kompanie umstrukturieren. Die tapfersten und fähigsten Soldaten sollten in Trupps zusammengefasst werden, die handstreichartig in die feindlichen Stellungen mit Flammenwerfern, Handgranaten und Nahkampfwaffen einbrechen während der Rest der Kompanie auf hergebrachte Weise vorrückte und feuerte. Nachdem die Stoßtrupps den Zügen eine Bresche geschlagen haben, sollten sie in den rückwärtigen Raum einsickern um dort Verwirrung zu stiften, während die Züge die restlichen Feindstellungen säuberten. Wenn er erst in seinem Regiment angekommen war, so dachte er sich, würde er sich freiwillig für die Spitze melden, das Himmelfahrtskommando. Da dies für gewöhnlich kein all zu heiß umkämpfter Posten war, könnte er vielleicht Bedingungen stellen, z.B. die Bewilligung seines Plans. ...