3. Hintergrund
Kapitel 1
„Ich habe schon viel gesehen in meinem langen Leben, das könnt ihr mir glauben ihr Milchbärte!“ Boindil hämmerte seinen Bierhumpen mit enormer Wucht auf den grob gezimmerten Eichentisch an dem er saß. Er war gerade darin begriffen eine ausführliche Schilderung der Begebenheiten der letztmonatigen Schlacht am Kruppelgrad zum Besten zu geben.
„Aber dieses Biest war einfach nicht klein zu bekommen! Pfeifenkraut und Zunderbüchse noch eins. Dieser Riese war so gewaltig, das er die Berggipfel zu überthronen schien.“ Der graubärtige Zwerg machte einige ausladende Bewegungen. Das ihm seine Zuhörer in seinem Zustand kaum die Hälfte des Gesagten als bare Münze abnahmen störte ihn nicht weiter.
„Er war über und über mit diamantharten Schuppen bedeckt und selbst Grodrik Scharfsichts, zwischen hier und Karak Tzorn jedem ehrbaren Zwerg bekanntes, Regiment „Grodriks Bleipumpen“ schaffte es lediglich das Ungetüm eines Auges zu berauben.
Bei Grungni! Mit seiner verkrüppelten Pappel drosch er nichtsdestotrotz immer wieder in die armen „Starkhands Äxte“, angefeuert von einigen geifernden Goblins, die es sich auf dem Biest gemütlich gemacht hatten.“
Nun war es an Treggi Grummelbart welcher bislang unbeteiligt am Tresen saß zu erfragen wie Boindil und sein Regiment der Lage Herr wurden.
„Gut das du fragst Väterchen Grummelbart! Eben wollte ich zum spannendsten Teil des Kampfes ansetzen, aber mit trockener Kehle erzählt es sich so schlecht.“ Er tat umständlich so als wenn ihm der Hals brenne und verzog die Miene dementsprechend. Aus dem hinteren Teil der Schenke grölte ein Interessierter, aber hoffnungslos betrunkener Klanbruder, man solle Boindil doch sofort einen Humpen frisch gezapftes Bugmanns besorgen.
Zweifellos würde der Wirt auf die umfangreiche Rechnung des Unglücklichen anschreiben. Während selbiger gefüllter Humpen durch die Reihen gegeben wurde drängte sich immer mehr Publikum um den Erzählenden, dieser sah nach einem tüchtigen Schluck um einiges zufriedener aus denn zuvor und weckte mit einem außerordentlichen Rülpser auch nahezu alle am Tisch schlafenden Zechbrüder. Nun fuhr er fort.
„Starkhand hatte sich also mit seinen letzten Getreuen hinter einem Schildwall verschanzt und versuchte dem Scheusal mit einigen gezielten Axtwürfen zuzusetzen. Während meine Abteilung ausgewählter und erfahrener Krieger kurzen Prozess mit einigen jämmerlichen Grobi machten umzingelte die wogende Masse an grünhäutigem Abschaum uns und zog die Schlinge immer enger. Der Weg vor und hinter uns war versperrt, auf der einen Seite tobte der gewaltige Riese und auf der anderen waren bis zum Horizont nichts weiter als Grünhäute zu sehen. Viele meiner Brüder lagen schon im Staub und ich musste mit ansehen wie sie von unehrenhaftem Gezücht um ihre wertvollen Helme und eingelassenenEdelsteine gebracht wurden. Wir mussten etwas unternehmen war mein letzter Gedanke bevor der edle Thorr Kraggson neben mir seines Kopfes durch eine dieser roten Pilzkreaturen beraubt wurde. Ich hob also meinen Zweihandhammer um ihn zu rächen und sahim Augenwinkel weitere Bewegungen deren Urheber von verdächtig gleicher Farbe waren. Nachdem mein Hammer von roten Fetzen umhüllt war hatte ich einen kurz Moment um Luft zu holen. Ich sah also in die betreffende Richtung in der Erwartung weiteren Ungemachs. Brüder ihr glaubt nicht was ich dort sah!“
Ein gewitzter Zuhörer warf zwischen zwei ungehörig lauten, explosiven Ausdünstungen ein:
„Vielleicht ein Paar furzende Squigs?“ womit er einige Lacher erntete. Ein anderer mutmaßte es wären die Überreste Starkhands Regiments gewesen.
„ Nein Brüder ich sah leuchtend orangenes Haar! „Rumboldt der Verrückte“ stürmte mit einigen seiner ausgestoßenen Anhänger über einen Felsvorsprung geradewegs auf den Riesen zu.“ Erstauntes Raunen ging durch die Menge und Boindil nutzte diese Gelegenheit seinen Humpen zu leeren, beherzt nach dem seines Tischnachbarn zu greifen und erstaunlich gewand auf den Tisch zu springen.
Wild gestikulierend und die Umstehenden dabei ausreichend mit Spritzern aus dem Humpen bedenkend fuhr er fort.
„ Anscheinend war nicht nur ich so überrascht, sondern auch die Grobi schienen von uns abzulassen und dem Spektakel zu folgen. Rumboldt voran und sein Regiment hinter ihm her hechteten über den Vorsprung auf den Riesen zu. Ihm gelang ein gewaltiger Satz auf die Schultern des Biests, während seine Getreuen es mit ihren Äxten von unten her bearbeiteten. Stellt euch nur die erstaunten Gesichter der kichernden Goblins vor, die nun großzügig zwergischen Stahl zu schmecken bekamen! Gerade eben tat der Riese einen Schritt auf Starkhand zu, der mit nur noch einem halben Dutzend seiner Krieger ausharrte, wobei er zwei der Slayer unter seinem gewaltigen Fuß begrub, und holte mit seiner Keule aus. Da sprang Rumboldt von hinten her auf den Kopf des Riesen. Er hatte seine handlichen Äxte inzwischen im Gürtel verstaut und schwang eine gewaltige Zweihandaxt welche beim Niederfahren auf den Schädel des Ungeheuers aufleuchtete. Mit einem einzigen Hieb in die Stirn spaltete der orange behaarte Zwerg den Schädel des Monstrums. Mit einem Mal herrschte Stille. Der Riese kam gefährlich ins schwanken und alle umstehenden räumten schnellstmöglich den Weg. Rumboldt zog die Axt gefolgt von einer gewaltigen Blutfontäne aus der Wunde und erschien mit der untergehenden Sonne im Rücken, hoch oben mit seinem leuchtenden Haarkamm wie ein wiedergeborener Gott. Die ohnehin irritierten Grobi sahen nun einen gewaltigen Berg toten Fleisches auf ihre Linien zustürzen und machten sich schleunigst davon. Grundhar Eisenbauch, mein Thain, der bislang abseits in seiner nun stark dezimierten Leibwache kämpfte erkannte unsere Chance. Noch im Fallen des Riesen gab er Befehl sofort auf die Linien der vermaledeiten Grobi zuzuhalten. Die ohnehin schon in Panik geratenen Grobi wurden nun unter dem Riesen begraben, während meine Abteilung erlesener Langbärte mit unserem Thain an der Spitze in die Grünhäute krachte. Auch Grodrik schien sich wieder gefangen zu haben und ließ seine „Bleipumpen“ eine Salve auf die nächste in die aufgelösten Reihen des Feindes feuern. Der Todesstoß für die Grünlinge war jedoch, als Rumboldt vom Kopf des stürzenden Riesen sprang, direkt neben einem fies aussehenden Grobi landete, der anscheinend die Horde bislang führte, und ihn in einer flüssigen Bewegung von seiner Spitzen Nase bis zur hänflichen Brust spaltete! Da gab es keine halten mehr und die Grün…“ Hier wurde Boindil vom lauten Beifall der Zuhörer abrupt unterbrochen. Sein Humpen wurde erneut gegen einen frisch gefüllten ausgetauscht ohne das er sich darum bemüht hätte noch um Einverständnis gefragt wurde, was wohl auch vollkommen überflüssig gewesen wäre. Die johlende Menge ließ in hoch leben wie er dort auf dem Tisch stand und er wurde, vom Bier betäubt und von Überschwänglichkeit getragen, schon jetzt von Interessenten belagert die ihn ob des gewaltigen Sieges und der guten Geschichte lobpriesen.
Treggi Grummelbart seines Zeichens Runenschmied, nun allein am Tresen verharrend, brummelte sich, die grauen Augenbrauchen tief hinuntergezogen, einige Bemerkungen in den langen Bart.
„Du Narr, was denkst du wohl wer während der gesamten Schlacht Schaden durch des Feindes Meisterschamanen von euch fern gehalten hat?“ Diese rhetorische Frage würde wohl für immer unbeantwortet bleiben, doch war es seine Sache nicht die ungestüme Natur der Jugend zu maßregeln. Was wusste dieser junge Hazkal mit seinen knapp 200 Wintern schon von den Bürden des Magieerdens. Treggi nahm seinen wertvollen Stab, warf dem Wirt einige kupferne Münzen hin und ging.
Kapitel 2
Sein Hammer schmetterte mit gewaltiger Wucht auf den Stahl. Um ihn herum herrschte die Hitze einer Schlacht. Schweißperlen strömten über ein angestrengt zerfurchtes Gesicht. Er holte erneut aus und traf das Eisen an einer empfindlichen aber wohl berechneten Stelle, so dass es brach. In einer geübten Drehbewegung schwang er herum um sich in eine bessere Position zu bringen.
Aus tiefer Kehle lachend trat nun Angrind in die hell erleuchtete Kaverne die Snorris Arbeitsraum war und seine Schmiede darstellte. „
Hey Snorri! Du arbeitest ja immer noch. Nur weil der Thain an der angeblich mangelnden Wartung der Kanonen herumgrummelt brauchst du ja nicht Tag und Nacht an der Esse stehen. Komm lieber mit, die Milchbärte von der heutigen Wache des dritten Tores führen unseren Initiationsritus für den Sohn des Schlüsselwächters durch, du weißt was das heißt!“ Snorri hielt mitten im Schlag inne.
„Angrind, ihr könnt es nicht lassen oder? Was helfen euch die jungen Hazkals in der Schlacht wenn ihr sie mit einem halben Fässchen Gorog abfüllt um aufgenommen zu werden.“ Er schlug erneut lustlos auf den langsam Form annehmenden Geschützbeschlag. Angrind hatte sich derweil an einen Waffenständer mit zahlreichen Musketen mit fehlenden Radschlössern gelehnt und stopfte sich genüssliche eine Pfeife, Ohne Zweifel war hier noch einiges an Arbeit zu verrichten, das sah ein geübtes Handwerkerauge sofort.
„Elgram Khazukan! Komm schon du alter Schwächling, da mussten wir alle durch.“
Es war keineswegs so, dass Snorri keine Lust verspürte seine ausgedörrte Kehle mit einem frisch gezapften Bier zu benetzen, schließlich stand er schon den ganzen Tag in der Schmiede.
Allerdings gab es so viel zu tun, dass er nicht wusste wo ihm der Kopf stand.
„
Du junger Taugenichts, na gut, auf zwei oder drei anständige Humpen lass ich mich überreden. Aber danach muss ich zurück an die Arbeit! Thain Eisenbauch wirft mich den Höhlensquigs vor wenn ich neben den Kanonen nicht auch noch die Musketen schnellstmöglich wieder in Ordnung bringe“ Dabei zeigte Snorri mit dem Daumen auf den Waffenständer an welchem Angrind lehnte und entspannt an seiner Wurzelholzpfeife paffte, während er den schweren Hammer beiseite legte.
„Snorri, du übertreibst, wir hatten schon seitdem Thain Grodrik einen Groll gegen Thain Barin aussprach, weil Barin gegenüber Grodriks Tante Brodrika ungebührliches Verhalten auf dessen Hochzeit an den Tag legte, kein Gefecht mehr in der dritten Halle! Kannst du dich noch an diese vorzügliche Rauferei erinnern?“
Snorri schüttelte resignierend den Kopf ob der Unbelehrbarkeit seines Kumpanen. Schlussendlich deckte er die Esse ab, nahm seinen Lieblingsbierhumpen, einige Kleinigkeiten von denen er sich ungern trennte und folgte Angrind in die Schenke welche nur wenige Quergänge weiter lag. Kurz bevor sie dort angekommen waren sahen die beiden Klanbrüder einen ehrwürdigen Zwerg mit gesenktem Haupt aus dem Schenkeneingang treten. Sie grüßten ihn mit dem gebotenen Respekt und traten in die rauchgeschwängerte Luft der Zechstube in welcher laute Feierstimmung herrschte und neben der Initiationsfeier offensichtlich noch größeres zu begießen war.
Kapitel 3
Jorj befand sich mit einigen seiner raubeinigen Krieger in der überfüllten Schankstube. Sie saßen etwas abseits vom großen Trubel in einer spärlich beleuchteten Ecke, ein jeder von ihnen hatte seinen eigenen Zinnhumpen vor sich platziert, allerdings gab es kaum einen unter der kleinen Gruppe der seine Axt nicht griffbereit unter dem schweren Eichenbohlentisch platziert oder die gespannte Armbrust an sein Bein gelehnt hätte. So recht fühlten sie sich nicht wohl. Zwar waren sie unter ihresgleichen und in einer Wehrstadt, aber dennoch fehlte jedem Einzelnen das umherstreifen in der Umgebung, die Patrouillen über die Berghänge ihrer Heimat und manchem sogar, dass sie seit so langem nicht Heim und Herd zu Gesicht bekommen hatten. Würde irgendetwas Unheilvolles in ihrer Abwesenheit über die Brauerei kommen bestünde kein Zweifel daran, dass mindestens ein halbes Dutzend von Jorjs Begleitern ob ihrer dann gebrochenen Eide zur Klinge greifen und sich das Haar scheren würde. Auch ihm war nicht sehr wohl bei der Sache. Sie waren einige Wochenmärsche von zu Hause entfernt, gerufen durch den Rat der vereinigten Klane, welcher hier dem König zur Seite stand. Warum sie ihre entbehrungsreiche Reise unternommen hatten war ihnen noch nicht klar, aber sie vertrauten ihrem Klanoberhaupt bedingungslos, hatte er sie doch durch schon so manche Unbill geführt.
Eben wurde der angetrunkene Langbart namens Boindil, welcher vor einiger Zeit zu einer leicht überzogenen Geschichte angehoben hatte, mit viel Lärm und schäumendem Bier gefeiert, während man nicht überdrüssig wurde ihn ob seiner vermeintlichen Heldentaten zu rühmen.
Jorjs Krieger warfen sich vielsagende Blicke zu aber niemand war unter ihnen der das Wort erhob. Er selbst war damit beschäftigt die zwei gerade eintretenden Zwerge misstrauisch in Augenschein zu nehmen, er wusste nicht weshalb er hier war und er hatte ein mulmiges Gefühl im Magen welches nicht vom Dörrfleisch der letzten Wochen herrührte, da war sich Jorj sicher. Sein Bauchgefühl trügte den erfahrenen Grenzläufer selten.
Und er sollte Recht behalten.