Ohne jetzt explizit auf jedes Beispiel einzugehen, aber das meiste war einfach die Anwendung antiker Autoren (Averroes ist im Grunde ein reiner Aristoteles Kommentar) oder geschickte Assimilation (z.B. die null in der Mathemathik).
Das stimmt so auch nicht. Die losgelöste Theologie des Averroes hat eine Originalität, die mit einem Lessing vergleichbar ist - man stelle sich vor, dass da ein islamischer Philosoph davon abgeraten hat, den Koran als allgemeingültige Instanz für alle Konventionen zu nehmen und lieber der reinen Vernunft zu folgen; zu groß war ihm die Gefahr, dass "Unwissende" - wir würden das heute Prekariat nennen
😀 - die Schrift missbrauchen und eine falsche Exegese subsummieren. Einen derartigen Sprengstoff wirst Du sonst erst Jahrhunderte später sichten. Darum weiß ich nicht, woher Du diese Information entnimmst. Wenn Du die Möglichkeit hast, (billig) an das Buch "Philosophie und Theologie des Averroes" [von Collegia] zu kommen, kann ich Dir das nur empfehlen. Originaltexte, die gründlich mit dem Vorurteil des eifrigen, aber unkreativen Kompilator aufräumen. Das gilt auch für die anderen Philosophen. Es ist nur in Lexika der Kürze halber sehr "prägnant" zu erfahren, im Grunde seien das ja alles nur Epigonen gewesen - wer sich die tatsächlichen Texte durchliest, wird eines Besseren belehrt.
Im Übrigen haben
alle Philosophen mit Kommentaren zu Aristoteles angefangen. Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Duns Scotus, Nikolaus Cusanus...
Darum ist der Einwand als solcher nicht wirklich hilfreich, da jeder Philosoph jeder Religion mit Kommentaren angefangen hat.
Natürlich gab es auch im Islam brilliante Köpfe, aber deren Wirken war nicht einflussreicher auf den allgemeinen Kulturbetrieb als bei den Christen. Wie soll ich es ausdrücken: ein Ibn Sina mag in Isfahan gelehrt haben, deswegen aber hatte der Nordafrikanische Bauer keine besser medizinische Versorgung zu erwarten als sein Leidensgenosse in Frankreich.
Es hat ja auch keiner behauptet, dass die islamischen Gelehrten Weltrevolutionen bei jedem Menschen der Sozietät hervorgerufen haben. Dennoch halte ich es für grundlegend falsch, ihnen allen Eklektizismus vorzuwerfen - und realpolitisch hatte die arme Bevölkerung ja so gut wie nie etwas von den süßen Früchten der Gelehrten, unabhängig davon, welchen Glauben diese trugen.
😉
Glück und Opportunismus einfach darin, das der Islam mit dem byzantinischen Reich und dem Sassanidenreich einfach die beiden Supermächte beerbte und die Bevölkerungen weitgehend zivilisiert genug waren und die neue Religion ohne großes Murren akzeptiert haben.
Sicherlich hätte der Islam ohne den üppigen Zugriff auf die Horte des Wissens seinen Zenit nie erreicht. Das kann keiner leugnen. Die tatsächliche Rezeption weicht aber erfrischend weit von dem der Christenheit ab. Das Ausarbeiten einer normativ bindenden und enorm säkularen Ethik, die auf einem weitgehend vorurteilsfreien Fundament basiert, ist nur den arabischen Philosophen geglückt. Die Emanation, mit der sich um einiges später christliche Theologen wie Thomas von Aquin beschäftigten, hätte nie den epistemologischen Wert errungen, hätte Avicenna den Neuplatonismus nicht derart verquickend neu ersonnen.
Die von Dir vorgeworfene "Obrigkeitshörigkeit" in Bezug auf den Stagiriten gilt allerdings auch für alle anderen Denker - Du wirst bis zum fünfzehnten Jahrhundert hinein so gut wie niemanden von Rang finden, der sich nicht irgendwann auf die Griechen berufen hätte; das ist also kein exklusiver "Straftatbestand" der Muslime.
Und so friedlich war die "zivilisierte" Bevölkerung ja nun auch nicht aus reiner Philanthropie, sondern aus dem gleichen Opportunismus heraus - weil das Sozialgerüst in großen Teilen so erhalten wurde, hat man sich gerne den Honig um den Bart schmieren lassen. Zwangsbekehrungen gab es mitunter auch, richtig. Aber im Vergleich zu z.B. den Sachsenbekehrungen lässt sich das im Großen und Ganzen auch als ziemlich tolerant verbuchen.
Hier aber wieder die Frage: Warum ein Rückschritt? In welchem Bereich sind Kultur und Wissenschaft zurückgefallen? Die Mongolen haben ja nun gar nichts Epistemologisches geschaffen, die Muslime einiges. Daher halte ich diese Invektive in dieser Form für nicht statthaft.
@Marek:
Wenn's Dich nicht interessiert, brauchst Du ja nichts zu schreiben.