Puh! Nach etwas hin und her probieren konnte ich eine Seite mit seltsamen Layout öffnen, welche wohl die korrigierte Version enthielt. Nach 15 Minuten hin und her habe ich jetzt wieder eine lesbare Version heraus bekommen. Danke noch mal an Sarash für seine Mühe.
Hat sich ja jetzt einiges an Kommentare angesammelt. Wieder mal vielen Dank für das Feedback. Ich hoffe, mit Sarashs Unterstützung das Problem mit der Rechtschreibung in den Griff zu bekommen.
Die massive technische Beschreibung hätte ich auch in die Geschichte anders einfügen können. Aber dann wäre jeweils die Geschichte an der dortigen Stelle mit einer ausführlichen Beschreibung unterbrochen worden. Außerdem hat die komprimierte Version den Vorteil, dass ich nicht lange suchen muss, wenn ich was nachlesen will. :lol:
Das Wissen über die Inquisition. Gavri weiß ja eigentlich nicht wirklich viel darüber, eigentlich nur das Symbol und das es sie gibt, mit einer recht nebulösen Vermutung, was die so machen. Ich seh das immer so, was der normale Bürger heutzutage über den Geheimdienst weis. Man weis, es gibt die CIA, den BND, den MI6 oder wie die auch alle heißen. Aber viel mehr als Name und vielleicht noch den Standort kennt doch auch kaum jemand. Die Inquisition sehe ich als eine offizielle Behörde des Imperiums, die durch ihr Aufgabengebiet geheimnisumwittert ist. Der normale Imperiale Bürger wird das Symbol und viele Schauergeschichten darüber kennen, die wahrscheinlich rein gar nichts mit der wirklichen Inquisition zu tun haben. So gut wie keiner wird die einzelnen Ordos unterscheiden können, geschweige den die Fraktionen oder auch jemals nur einen Inquisitor aus der ferne gesehen haben. Aber man weiß eben, dass es sie gibt. Und im Falle eines Pilgerschiffes gehe ich sogar davon aus, dass der eine oder andere Passagier schon einen Inquisitor gesehen hat, da Redemptionisten eine Standardauswahl für die Hexenjäger sind. (Waren mal in einem White Dwarf drin) Und da Redemptionisten (=Erlösungssuchende) mit an Bord sind, kann Gavri auf diese Weise sogar an Informationen aus erster Hand gekommen sein. Ich sehe darin also keinen wirklichen Knackpunkt.
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Kurz vor dem Schiff lösten die Rhinos ihre Gefechtsformation auf und bildeten eine lang gezogene Kolonne, wie für eine Parade. Ohne die Geschwindigkeit zu drosseln rasten die Rhinos an ihnen vorbei. Jedes dieser Fahrzeuge war ein Unikat, da prächtige Reliefs von kämpfenden Engeln und Heiligen des Ordens sie verzierten. Jeder Panzer erzählte eine eigene Geschichte. Die meisten Rhinos wiesen oben noch weitere barocke Verzierungen auf, wie vergoldete Lautsprecher in Form trompetender Engel oder vergoldete Abgasrohre mit Rankenmuster. Eines der Fahrzeuge hatte sogar eine richtige Orgel auf dem Dach, die natürlich auch vor Gold glänzte. Andere hatten golden schimmernde Flammenwerfer auf einem verglasten Drehturm. Überall waren die heilige Insignien des Adeptus Ministorum, das Fleur-de-Lys und des Orden des tapferen Herzens zu sehen, ein weißes Ritterkreuz, in dessen Zentrum ein Rotes Herz prangte. An Fahnenstangen, an deren Spitze, meist mit goldenen Strahlenkränzen umrankte, Totenschädel staken, wehten verschiedene Motivfahnen, von denen einige so aussahen, als wären sie schon hunderte Male geflickt worden. Es war ein prächtiger und einmaliger Anblick, diese unglaublich schönen Fahrzeuge aus der Nähe sehen zu dürfen. Und da sie an ihnen vorbei rauschten, entspannte sich Gavri merklich.
Die kleine Saphira war ganz aus dem Häuschen und winkte entweder enthusiastisch den vorbei donnerten Fahrzeugen zu oder gab ihnen Kusshändchen. Eine der Schwestern, die in einem der verglasten Türme saß, winkte sogar zurück, was Saphira begeistert auf quietschen ließ. Die Schwester im letzten Fahrzeug, die hinter einer offenen Luke hockte, ihren geheiligten Bolter im Godwin-Deaz Schema in den Händen haltend, schien direkt Gavri anzusehen. Oder war es Schwester Gerechter Zorn, die mit einem recht bösen Blick die vorbei rumpelten Rhinos musterte?
"Nichts ist vergessen, niemals werden wir vergeben", rief die Schwester ihnen zu. Gavri wusste nicht, was sie davon halten sollte. Die Nonne erwartete wohl keine Antwort, sondern rutschte durch die Luke zurück in den Passagierraum.
"Denken wohl, nur weil sie Rhinos unter ihren fetten Hintern, Servorüstungen am Leib und Bolter in den Händen haben, wären sie was besseres", murmelte Schwester Gerechter Zorn aufgebracht.
Was war das denn jetzt?" fragte Gavri immer noch höchst irritiert, während die Kolonne eine Rampe nahm, um vom Landefeld herunter zu fahren.
"Sie hat mich gemeint. Wir sind etwas aneinander geraten, nachdem ich eine Audienz beim Kardinal erzwungen haben."
"Aha?"
"Anfangs waren die ganzen Kleriker in der Kathedrale etwas Unkooperativ wegen meiner Suche nach dir und ich musste recht deutlich werden, um meinen berechtigten Wünschen nachdrücklich Gehör zu verschaffen. Aber schließlich haben sie verstanden. Belassen wir es dabei." Gavri hatte noch viele Fragen, aber Schwester Gerechter Zorn machte nicht den Eindruck, dass sie weiter über das Thema sprechen wollte.
Glocken ertönten, dass Zeichen für den Aufbruch. Sie liefen als letzte die Gangway hoch, die direkt hinter ihnen hochgezogen wurde. Gavri kam an den Posten, bestehend aus Nonnen und mit Lasergewehren bewaffneten Silberrücken im Schleusenbereich vorbei und zeigte die Tätowierungen auf ihrem Handrücken, welche ihre Fahrkarte für diese Pilgerreise zum heiligen Terra waren.
"Der Imperator sei gepriesen! Ich dachte, du wärst tot, Gavri Pilgerstochter! Oder bist du ein Geist, der gekommen ist, um einen alten Mann zu erschrecken?" begrüßte sie Hauptmann Gorogin von den Silberrücken lächelnd, ein uralter Mann mit einem weißen Vollbart, der ihm bis zum Gürtel reichte und einen Großteil seiner prächtig dekorierten roten Uniform bedeckte.
Er trug den hohen mit Fell bekleideten Helm seines alten Regiments und genoss den allgemeinen Respekt von Passagieren und Besatzung, da er ein umsichtiger, aber doch konsequenter Mann war und die Silberrücken schon seit über einem Jahrzehnt erfolgreich führte. Seine blauen Augen waren klar und in seinem Mund steckte immer eine Pfeife, angeblich sein Glücksbringer. Bewaffnet war er mit einem ornamentierten Energieschwert und einer mit goldenen Totenköpfen verzierten Boltpistole, welche seit Jahrhunderten von Hauptmann zu Hauptmann der Schiffswache weiter gereicht worden war. Auf der Scheide des Energieschwertes waren auf kleinen Elfenbeinplättchen die ehrenvollen Namen aller bisherigen Träger vermerkt. Gavri kannte ihn als geliebten Freund und geschätzten Kameraden ihres verstorbenen Großvaters, der einst auch als Silberrücken hier seinen Dienst getan hatte. Ab und zu besuchte sie den Hauptmann in seiner Kabine, lauschte seinen spannenden Geschichten von seinen ruhmreichen Abenteuern an der Seite ihres Großvaters im aufreibenden Dienst der glorreichen Imperialen Armee des heiligen Imperators, genauer gesagt des 7. Coelia und beobachtete die Rauchkringel seiner Pfeife, wie sie hoch zum Lüftungsgitter schwebten. Im Laufe der Jahre hatte sie die Erfahrung gemacht, dass die Geschichten immer fantastischer wurden. Als sie noch ein Kleinkind gewesen war, war es noch eine Killerdose der Grünhäute gewesen, welche der Hauptmann einst mit einer gut gezielten Sprenggranate durch den Sichtschlitz gesprengt hatte. Inzwischen war aus der Killerdose ein Turmhoher Titan geworden.
"Der Imperator schützt! Nein, Großväterchen, ich lebe, war alles nur halb so schlimm", wiegelte Gavri ab, die unbedingt in nächster Zeit eine glaubwürdige Geschichte brauchte. Auf dem langen Weg zu ihrem Quartier hoffte sie, sich eine halbwegs nachvollziehbare und glaubhafte Geschichte ausdenken zu können.
"Es war eine schöne Totenmesse, die wir für dich abgehalten haben."
"Davon habe ich schon gehört", meinte Gavri etwas verkniffen, als ob es ihre Schuld wäre, dass sie noch lebte. Der Hauptmann schlug ihr lachend auf die Schulter.
"Du musst mir unbedingt von deinen Abenteuern erzählen."
"Das werde ich, Großväterchen." Obwohl das Mädchen den Hauptmann sehr mochte, war sie froh, als sie weiter gehen konnte.
Hinter der Gangway lag die mit Schleusen versehene Empfangshalle des Schiffes, deren Wände mit Bildern von wundersamen Taten des Imperators geschmückt waren. Wo sich die gotischen Bögen an der Decke trafen, hing ein gewaltiger, vergoldeter Kronleuchter herunter, dessen Kerzen für flackerndes Licht sorgten. Ein geflügelter Cherubim umschwirrte stetig den Leuchter und wechselte die abgebrannten Kerzen gegen neue aus. Hier, am tiefsten Punkt des Schiffes, wurden neue Pilger empfangen und die Gebühren der Überfahrt ausgehandelt. Hinter Stehpulten füllten niederrangige Kleriker Pergamente mit Passagierakten aus und das Kratzen der Thermofederkiele und das mechanische Klacken der Tasten von Cogitatoren erfüllte den Raum. Einige Neuankömmlinge standen mit ihrem Gepäck etwas verloren herum, warteten darauf, eine Kabine oder Koje zugewiesen zu bekommen.
Dahinter ging es durch ein Druckschott eine kolossale Treppe nach oben, welche die große Haupttreppe genannt wurde, die sich bis in den höchsten Klosterbereich fortsetzte und zu jedem Stockwerk einen Zugang hatte. Die eiserne Treppe wand sich einen viereckigen Schacht nach oben. Im Zentrum des Schachtes ragte der Fahrstuhlschacht in Form einer runden Säule hoch, verbunden mit dem Schiff durch unzählige Brücken. Der Fahrstuhl war für die Passagiere des A bis C Decks und die Besatzung vorbehalten. An den Wänden des Treppenschachtes zogen sich von innen beleuchtete Glasbilder mit der heiligen Imperatorgeschichte entlang. Die ersten Bilder zeigten sein heiliges Werk auf Terra während des Zeitalters des Weltenbrandes, wie er die Menschen der Erde einigte und mit seinem wirken den Weltenbrand beendete. Dann, wie er in Begleitung seiner neun heiligen Primarchensöhne zu dem großen Kreuzzug aufbrach, um die Galaxie der Menschheit unter seiner heiligen Herrschaft als alleiniger Gottimperator zu einen.
"Lüge!" Dieser Gedanke durchfuhr sie schmerzhaft und sie blieb abrupt stehen. Jadon und Saphira zogen an ihren Armen und schauten sie irritiert an. Sie selbst war auch verunsichert, was hatte sie gerade gedacht? Natürlich war der Imperator mit seinen Primarchen von Terra aufgebrochen, um das Imperium zu errichten, so stand es doch in den heiligen Schriften. Gavri lächelte ihren kleinen Schützlingen beruhigend zu und beeilte sich, zu Schwester Gerechter Zorn aufzuschließen
Ihr ganzes Leben lang war sie fast täglich diese Treppe hoch oder runter gelaufen, aber zum ersten mal schien sie die eigentlich recht kitschigen Bilder wirklich bewusst wahrzunehmen. Und was sie sah, erfüllte sie mit einer unerklärlichen Mischung aus Entsetzen, Ekel und Empörung über soviel Ignoranz, Verlogenheit und Blasphemie. Früher war sie mit großer Freude und Demut die Geschichte der Gründung des Imperiums entlang gelaufen. Hatte die farbenfrohen Bilder betrachtet und die heiligen Textpassagen darunter gelesen. Dann kam ein gewaltiges überdimensionales Bild, wie der aufrecht stehende Imperator Horus, der in Form einer gehörnten Schlange dargestellt wurde, mit seinem Schwert tötete. Der gefallene engelsgleiche Sanguinius zu seinen Füßen liegend.
"Dabei war doch Horus so ein gut aussehender Mann, ganz sein Vater!" Wieder ein Gedanke, der ihr vollkommen unverständlich war. Der gar nicht von ihr zu stammen schien. Dieser Abschnitt war wichtig, da der Imperator das Böse überwand und so die Menschheit von Horus, dem tückischen Verräter, befreite. Diese scheinheilige Kreatur hatte sich die Freundschaft des Imperators erschlichen und ihn hinterrücks in seinem Palast auf Terra angegriffen. Aber seine treuen Söhne waren an die Seite des Imperators geeilt und gemeinsam vernichteten sie Horus und schlugen dessen acht Spießgesellen, eine groteske Parodie auf die einzig wahren Söhne des Gottimperators, in die Flucht, um sie für alle Zeit im Ocularis Terribus einzukerkern. So stand es in den heiligen Schriften und die waren über jeden Zweifel erhaben.
Gekrönt wurde das Ganze von der Darstellung eines auf dem goldenen Thron sitzenden, lebenden Imperators, der milde lächelnd seine segnende Hand erhob, während die andere sich auf sein noch von Horus Blut verschmiertes Schwert stützte. Hinter seinem goldenen Thron ragte eine grell leuchtende Lichtsäule auf. Das Licht, dass man das Astronomican nannte, welches den Raumschiffen des Imperiums den Weg wies und dessen Leuchtkraft die Grenzen des Imperiums definierte, wie jedes Schulkind nachdrücklich eingetrichtert bekam. Die Armlehnen des goldenen Thrones bildeten die Flügel eines Engels, dessen Körper die Frontseite des Throns schmückte, der sich auf ein flammendes Schwert stützte. Darunter stand eingemeißelt: "Ein Imperium für die Menschheit, geschützt, gesegnet und geeint durch den einzig wahren Glauben an einen göttlichen lebendigen Imperator". Dieses Bild war das größte und am besten ausgearbeitete des Bilderzyklus.
Tausendmal war sie an dem Bild aus buntem Glas vorbei gelaufen, tausendmal hatte sie sich von der Darstellung des lebendigen Imperators beschützt gefühlt. Jetzt kam nur eine Woge von nie gekanntem Zorn über dieses Abbild in ihr hoch. Für einen kurzen Augenblick verkrampfte sie sich und ihre Kleinen schrien erschreckt auf. Sie konnte sich dieses intensive Gefühl nicht erklären, zeigte das Bild doch nichts anderes als die ultimative und unverrückbare Wahrheit. Was war nur heute los mit ihr? Wahrscheinlich nur die Belastung durch ihr herum Irren in der Gruft. Und der Verlust der Erinnerung der letzten sieben Tage. Da durfte man schon etwas durch den Wind sein.
"Was ist mit dir?" Schwester Gerechter Zorn sah sie mit einer Mischung aus Irritation und Sorge an.
"Ich weiß es nicht!" Ihre Stimme war seltsam rau, gar nicht wie ihre eigene. Dann kamen die Tränen. Ob als Versuch von dem gerade geschehenen abzulenken oder weil sie einfach das Bedürfnis zu weinen hatte, war ihr nicht klar. Schwester Gerechter Zorn legte ihr tröstend die Arme um die Schultern und zog sie zu sich her. Gavri empfand eine solche Geborgenheit, wie sie diese noch nie zuvor empfunden hatte.
"Lass es nur raus, begrabe den Schmerz und die Angst nicht in dir. Es ist gut, nun bist du wieder in Sicherheit. Alles ist gut." Die Nonne redete beruhigend auf sie ein, strich ihr zärtlich tröstend wie eine Mutter über den Kopf. Normalerweise war Schwester Gerechter Zorn eine unbarmherzige Drillnonne, die von ihren Schülern nichts weniger als vollständige Hingabe an ihre strengen Lektionen verlangte. Nur wenige genügten ihren hohen Ansprüchen, aber da Schwester Gerechter Zorn als die beste Lehrmeisterin des Schiffes galt, gab es immer genug Aspiranten, die sich ihrem erbarmungslosen Regiment aussetzten, nur um dann oft nach wenigen Lektionen ausgemustert zu werden oder freiwillig zu gehen. Gavri war schon recht lange in der Gruppe von Gerechter Zorn. Ein Umstand, auf den das Mädchen sehr stolz war.
"Geht es wieder?" fragte die Schwester, nachdem Gavris Tränen versiegt waren.
"Ja, alles in Ordnung. Ich bin nur so froh, wieder hier zu sein." Und das kam aus ihrem innersten Herzen. Sie gab dem Zerren ihrer kleinen Schutzbefohlenen nach und wollte weiter laufen.
"Warte!" Der harte Befehlston lies Gavri erstarren. "Ihr zwei, wartet dort oben auf uns." Ohne Widerworte lösten sich ihre beiden kleinen Schutzbefohlenen von ihr und beeilten sich auf die von Schwester Gerechter Zorn angegebene Position zu kommen. Ihre Lehrmeisterin konnte sehr streng sein und genoss den Respekt ihrer Schutzbefohlenen nicht ohne Grund. Die Treppe war gerade in diesem Bereich menschenleer.
"Mit dir stimmt doch was nicht!" Der unbarmherzige Blick aus dem verbliebenen Auge der Nonne schien ihre Seele zu sezieren.
"Mir geht es wirklich gut!" stotterte das Mädchen.
"Hat einer dieser Kleriker dich angefasst?"
"Was?"
"Dich am Gesäß berührt. Oder an du weißt schon!" Gavri merkte, wie ihr Mund offen stand, so baff war sie über diese Frage.
"Nein, dass hat keiner getan."
"Hat einer dir beim umziehen zu gesehen?"
"Nein, was sollen diese Fragen?"
"Ich traue den Pfaffen auf diesem Planeten nicht. Das hat mir eine Frau gegeben, die ich vor der Kathedrale getroffen habe." Schwester Gerechter Zorn zog aus einer Tasche ein zusammengefaltetes Stück hochwertigen Papiers, wie es auf hochentwickelten Planeten statt Pergament verwendet wurde. Darauf war das farbige Bild eines jungen Mädchens mit sehr heller Haut, klaren blauen Augen und Goldglänzendem Haar, dass sie offen von einem Reif gehalten trug. Es sah schmächtig und schüchtern aus. Im aller ersten Moment hatte Gavri geglaubt, dass Bild würde sie mit einer anderen Frisur zeigen, die Ähnlichkeit war frappierend. „Vermisst!“ stand in großen gotischen Lettern darüber. Darunter: Abigail Talmun, seit 105 994.M41 im Areal der Imperatorkathedrale verschwunden. Es folgte eine kurze Beschreibung des Mädchens zur Ergänzung des Bildes, dann das Versprechen auf eine Belohnung, falls jemand etwas wusste, was zur Auffindung des Mädchens beitrug und eine Kontaktnummer für das hier ansässige Televidnetzwerk.
"Und? Ich verstehe nicht, was das mit mir zu tun hat."
"Sie sieht dir ähnlich. Und da wir keinerlei Spur von dir gefunden haben, da habe ich mir schon so meine Gedanken gemacht. Auch, dass die dort Anfangs gar nicht helfen wollten."
"Ich verstehe immer noch nicht." Gavri hatte keine Ahnung, worauf Schwester Gerechter Zorn hinaus wollte. Die Nonne sah sie ein weiteres mal prüfend an und entspannte sich dann sichtlich.
"Das ist auch gut so, dass du das nicht verstehst. Nun komm, deine beiden Kleinen platzen sonst noch vor Ungeduld." Gavri zuckte hilflos mit den Schultern und folgte der Nonne, froh sich nicht weiter erklären zu müssen. Auch wenn das Mädchen sich beim besten Willen sich nicht das Gebaren der Nonne erklären konnte. Ihre kleinen Schutzbefohlenen hängten sich buchstäblich wieder an sie und gemeinsam betraten sie das D Deck, dass Dreckdeck, ihre Heimat.
Im D Deck kam man direkt am Schnittpunkt zwischen den Quartieren der Pilger und dem großen Saal heraus, in dem die tägliche Mahlzeit eingenommen wurde. Hier stand der so genannte Ort der Schande, eine Art Pranger. Die Gesetze an Bord waren hart und für die meisten Verfehlungen gab es die Prügelstrafe. Je nach Schwere des Vergehens und Alter des Delinquenten wurde entweder der leichte Stock, die Peitsche oder die Geißel genommen. Auch die Anzahl der Schläge variierte von minimal fünf bis zu vielen Tausend, die natürlich nicht auf einmal vollstreckt wurden, sondern über Monate hinweg. Nach der Bestrafung, die auf dem so genannten Bock stattfand, einem Gestell, worauf der Sünder gefesselt wurde, stellte man den Übeltäter am Ort der Schande zur Schau. Ihre gefesselten Hände wurden an Deckenhaken und Ketten so fixiert, dass die Verbrecher gerade so mit den Zehenspitzen den Boden berühren konnten. Um den Hals hingen dann Schilder an schweren eisernen Ketten, auf welchen das Verbrechen stand, dessen sie vom Zuchtmeister Weißkopf für Schuldig befunden worden waren. Bei Schwerverbrechern befestigte man die Schilder mit Fleischerhaken an der Brust. Servoschädel mit Lautsprechern flogen auf und ab und sangen dabei Hymnen und Gebote der Ekklesiarchie, damit die Sünder in ihrer körperlichen Läuterung auch gleichzeitig die notwendige Seelische erfuhren. Die Wände in diesem Bereich waren mit Gesetzestexten und Paragraphen der Schiffsordnung eng beschrieben. Als Spaltentrenner dienten die Schädel all jener, die im Laufe der Jahrhunderte auf dem Schiff hingerichtet worden waren, für Verbrechen, denen die Prügelstrafe nicht gerecht wurde, oder die diese nicht überlebt hatten.
Auf diesem Deck herrschte qualvolles Gedränge. Jede Koje war belegt, manche sogar mehrfach, so dass die Pilger in Schichten schliefen oder sich mehrere Kinder eine teilen mussten. Alles machte hier einen abgewohnten und schmutzigen Eindruck. Ruß aus offenen Kochfeuern, deren Rauch über die Lüftungsschächte abzog, bedeckte die Decken und Wände. Viele Pilger nahmen zu der täglichen pampigen Mahlzeit noch eine selbst gekochte Mahlzeit mit einem heimattypischen Gericht ein. Deswegen stank es in den Gängen und Kabinen nicht nur nach Schweiß ungewaschener Körper, Urin, Kot und Blut, sondern auch nach exotischen Gewürzen und beißendem Rauch. Einige hielten sich auch Kleintiere, wie Hühner, Schweine und Ziegen. Einmal hatte ein Passagier sogar versucht, sich ein Grox zu halten, den er als Jungtier an Bord schmuggeln konnte. Irgendwann war die Echse aber zu groß geworden, war völlig panisch durch das Schiff gestürmt und hatte für viel Aufregung gesorgt, bis es von Hauptmann Gorogin erschossen worden war. Der Möchtegernzüchter bekam seine gerechte Strafe auf dem Bock in Form von hundert Hieben mit der Geißel, welche Zuchtmeister Weißkopf persönlich vollstreckte. Leider konnte der Pilger nichts mehr daraus lernen, da er noch während der Bestrafung verstarb.
Ein nur im Nachtzyklus nachlassenden Stimmgewirr verschiedenster Dialekte sorgte für ein stetiges, lautes Hintergrundgeräusch. Mütter schrien nach ihren lärmenden Kindern, Ehepaare stritten sich, hier und da waren auch die typischen Geräusche zu hören, wenn ein verheiratetes Pärchen sich eben nur durch einen dünnen Vorhang vor der Koje von der Außenwelt getrennt gerade paarte. Manche Pilger hatten Musikabspielgeräte verschiedenster Bauart dabei und traktierten ihre Mitreisenden mit den seltsamsten Musikrichtungen. Einige musizierten sogar selbst und benutzten dafür so ziemlich jedes Denkbare Instrument, von primitiven Trommeln, einfachen Flöten, Zupfinstrumenten jeder Größe und Art über wirklich kunstvolle Tasteninstrumente, die so groß wie Schränke waren.
Oft fühlten sich einige Pilger dazu berufen, auf Kisten im Gang stehend, ihre Ansicht über einzelne Kapitel der Imperatorgeschichte, Heiligengeschichten und die der großen Reformatoren wie Thor oder Dolan wider zu geben. Besonders die Geschichten über Heilige konnten regional sehr stark abweichen und die meisten Pilger waren sehr fanatisch in ihren Ansichten. Auch wurde oft handfest darüber diskutiert, ob der Imperator schon als Gott geboren worden war oder er erst bei der Vernichtung des Bösen in Form des schlangengleichen Horus zum Gott wurde. Es konnte schon mal vorkommen, dass über ein Streitgespräch über kleinste Nuancen eine ernsthafte Auseinandersetzung zustande kommen konnte, in der reichlich Blut floss und es durchaus zu Toten kommen konnte. Das D Deck war für den Aufenthalt von maximal sechstausendvierhundertachtzig Pilgern ausgelegt, aber in Wahrheit tummelten sich hier knapp Zehntausend herum. Die meisten reisten in Familienverbände und hatten Kinder im verschiedensten Alter dabei.
Gavri hatte ihr Quartier im äußersten Bereich des D Decks, also der Ort, der am weitesten vom Speiseraum entfernt war. Koje D 15 B 4 2. Das D Stand für das Deck, Die 15 Stand für das Segment, B für die Großkabine in diesem Segment, in dessen vierten Raum ihre Koje Nummer zwei lag. Dieser Raum maß genau drei auf drei auf drei Meter, beherbergte sechs Kojen und einen fest eingebauten Schrank aus Metall. Sechs dieser Kabinen teilten sich einen drei mal neun Meter langen Aufenthaltsraum, der mit weiteren Schränken, Tischen und Stühlen fast vollständig zugestellt war. Von der Decke hingen Bündel mit den Haben von Pilgern. Der Raum 15 war sozusagen ein Waisenhaus. Hier lebten die Kinder, deren Eltern während der Reise gestorben waren. Viele Pilger hatten die Reise für sich für die ganze Länge im Voraus bezahlt und so erbten die Kinder, die oft erst später auf der Reise geboren worden waren, die Passage der Eltern. In Raum vier hauste sie mit ihren zwölf Schützlingen, also sechs Kojen für Dreizehn Personen. In anderen Räumen hausten sogar noch mehr Waisen.
Was dieses Quartier ganz besonders schlecht machte, selbst für D Deck Verhältnisse, war der Umstand, dass über der Kabine ein Wasserrohr verlief, das Wasser von den Außentanks ins Innere leitete. Das Wasser war in den Außentanks nur knapp über dem Gefrierpunkt, wenn es nun durch das durch die Luft des D Decks aufgeheizte Rohr lief, bildete sich an der Außenseite Kondenswasser, das auf das Kabinendach tropfte und das hatte sich im Laufe der Jahre durchgefressen, sodass es immer feucht war. Überall war Schimmel und Rost, kein besonders gesundes Klima.
Obwohl das Mädchen nun seit zwei Jahren, seit ihr Vater im heiligen Krieg gefallen war, hier lebte, fiel ihr zum ersten mal dieser entsetzliche Zustand der Kabine richtig auf. Wie hatte sie das nur bisher einfach hinnehmen können? Aber bevor sie weiter über den desolaten Zustand ihrer Lebensverhältnisse nachsinnen konnte, musste sie sich erst mal um ihre Kleinen kümmern. Ihre Gruppe begrüßte sie stürmisch und sie musste viele tränennasse Wangen küssen, bis die Kleinen sich beruhigt hatten. Irgendwie beglückte es Gavri, dass ihre Schutzbefohlenen sich so über ihre Rückkehr freuten. Alle erzählten ihr, wie sie um ihre Rettung gebetet hatten. Und wie schön die Totenfeier gewesen war, die für sie abgehalten worden war. Und wie froh sie waren, dass sie nun nicht in Havilahs Gruppe mussten. Havilah war zwei Jahre älter als Gavri und die strengste der sechs Erzieherinnen, die eigentlich selbst noch Kinder waren. Die kleinste Verfehlung wurde bei ihr sofort mit aller erlaubten Härte bestraft, so dass ihre Schützlinge immer mit blutigen Striemen und Hämatomen bedeckt waren.
Dann musste Gavri ausführlich erzählen, was ihr widerfahren war. Die Pilgerin hatte sich inzwischen einen halbwegs nachvollziehbaren Schluss ausgedacht. Den Raum mit den vielen seltsamen Fragen klammerte sie auch komplett aus. „Ich irrte dann schließlich völlig orientierungslos durch die ganzen Gänge. Von den Wänden lief Wasser, was ich aufleckte. Ununterbrochen bat ich den Gottimperator um Führung und verzagte nicht in der drückenden Dunkelheit.
Er gab mir die Kraft durchzuhalten und leitete mich nach einer halben Ewigkeit zu einem Ausgang. Ich habe das dann einem der Verantwortlichen gezeigt und zur Belohnung, dass ich diese alten Krypten wieder entdeckt habe, bekam ich diese Sachen geschenkt. Der Imperator sei gepriesen.“ Es war nur gut, dass sie gleich abhoben, so konnte niemand von ihr verlangen, diese geheimnisvollen Krypten gezeigt zu bekommen.
"Irgendwie komisch, mich lässt man nicht nach unten, weil ein Inquisitor die tiefen Grüfte versiegelt hat. Aber du bekommst ein Belohnung dafür, einen Weg dorthin zu finden? Und was hast du eigentlich Schönes dafür bekommen?" Bevor Gavri es verhindern konnte, hatte Schwester Gerechter Zorn den Rucksack geöffnet und mit einem überaus überraschten Gesichtsausdruck zog die Schwester den ganz oben liegenden Gegenstand heraus, sodass alle sehen konnten, was sie in der Hand hielt. Gavri wünschte, ihre Lehrmeisterin hätte das nicht getan, denn sofort fingen ihre Kleinen laut zu kreischen an, als diese realisierten, was die Nonne da in der Hand hielt.