Der Turm des Necrarch: Eine Kampagne nach Mordheim-Regeln in Sylvania

Spiel 6
Das Chaos schlägt zurück


Situation
: Die Hexenjäger überwinden sich zu einem Versuch, den entführten Schmied zu befreien. Dass er sich inzwischen schon in eine Chasosbrut verwandelt hat, wissen sie natürlich noch nicht. Die Tiermenschen müssten sich komplett auf ihrer Waldlichtung aufstellen; die Hexenjäger bilden drei Gruppen und schleichen sich von verschiedenen Seiten heran.

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Die Hexenjäger sind zu Beginn dieses Spiels deutlich unterlegen. Da der Rettungsversuch unverzüglich gestartet werden muss, entfällt ihre Erholungsphase, und die zwei im letzten Spiel ausgeschalteten Zeloten können nicht mitkommen. Sie bleiben als Verletzte zurück – ebenso wie Helmuth, der immer noch nicht genesen ist (er muss 2 Spiele aussetzen). Auch Odo hat im letzten Spiel eine schwere Verletzung erlitten; allerdings besitzt er (durch eine Steigerung) zwei Lebenspunkte. Wir behandeln das so, dass er in diesem Spiel zwar mitkämpfen darf, aber nur noch einen Lebenspunkt hat.

Die Tiermenschen andererseits haben mit der Chaosbrut ein starkes Monster mehr. Deshalb bauen wir eine kleine „Falle“ für sie ein:

Eine Chaosbrut hat zwar praktisch kein Bewusstsein ihrer selbst mehr; sie wird auf den Gegner zugetrieben und metzelt einfach alles nieder, worauf sie stößt. Wir fanden es aber spannend, ihr in diesem Fall einen winzigen Rest von Schmied Robans Persönlichkeit zu lassen, die noch irgendwo in ihren verdrehten Eingeweiden überdauert. Darum muss die „Roban-Brut“ zu Beginn jedes Spielzuges einen Moralwerttest verpatzen, damit sie weiterhin unter Tzandroks Kontrolle bleibt und sich nicht an ihre ursprüngliche Identität erinnert. Zu diesem Zweck senken wir den Moralwert der Brut auf 3.

Sollte sie jemals einen Moralwerttest bestehen – also mit Doppeleins oder 1+2 – bricht der Rest von Robans einstiger Persönlichkeit durch, und die Brut wird ihren wahren Feind erkennen und sich gegen Tzandrok wenden. Es ist also für die Tiermenschen nicht garantiert, dass sie dieses zusätzliche Monster dauerhaft kontrollieren können.
 
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Spiel 6: Verlauf

Von Anfang an war Dariya klar, dass ihre vom letzten Kampf erschöpfte Gruppe deutlich unterlegen war. Ein direkter Angriff auf den Lagerplatz der Tiermenschen kam daher nicht in Frage. Stattdessen bildeten die Hexenjäger drei Gruppen und schlichen sich von verschiedenen Seiten an die Lichtung heran. Der Plan bestand darin, die Tiermenschen durch Beschuss in den Wald zu locken, sodass eine andere Gruppe auf die entblößte Lichtung vordringen und den Schmied befreien konnte.

Das misslang aber gründlich. Zwar trafen sowohl Dariyas als auch Martins Schüsse – mittlerweile tragen beide eine Armbrust - , doch die getroffenen Tiermenschen gingen lediglich zu Boden; kein einziger wurde getötet. Stattdessen schickte Tzandrok den Minotaurus mit einigen Ungors gegen Dariyas Gruppe, und aufgrund seiner überlegenen Bewegungsreichweite konnte er sie schnell im Nahkampf binden… und zwar für den Rest des Spiels.😞

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Eine weitere Gruppe, die nur aus Zeloten und Flagellanten bestand, wurde von Kultisten abgefangen und in einen zähen Nahkampf verwickelt, zu dem schließlich auch noch ein Helden-Gor dazustieß. Die Eiferer fochten tapfer, wurden aber im Verlauf von drei Spielzügen komplett niedergemacht.

Das führte dann auch zur Niederlage der dritten Gruppe, in der sich Odo und Ivana befanden. Die Sigmarschwester teilte zwar wie üblich kräftig aus, doch Odo wurde zuletzt von Ungors überwältigt und ausgeschaltet. Dann kamen auch noch der Oger und der Helden-Gor mit Zweihandwaffe hinzu…

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…und Tzandrok enthüllte die Chaosbrut, die er bis zu diesem Zeitpunkt außer Sicht im Wald verborgen hatte. Sie schloss sich den verbliebenen Tiermenschen an, und alle stürmten auf Ivana zu, der nur noch ein einzelner Flagellant zur Seite stand.

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In dieser Situation konnte Dariya nicht anders, als den sofortigen Rückzug zu befehlen, um weitere Verluste zu vermeiden.

Ergebnis: Verheerender Sieg der Tiermenschen. Sie verloren nur zwei Modelle, nämlich einen Ungor und den Helden-Gor mit Zweihandwaffe (erschlagen von Ivana). Die Hexenjäger dagegen verloren 8 (in Worten: acht!) von 14 Modellen.

Als endgültig tot stellten sich zum Glück nur der Kampfhund und ein Zelot heraus. Die anderen überlebten, unter ihnen auch die zwei Dorfbewohner.

Bei den Tiermenschen allerdings stirbt der Gor-Held endgültig (Ergebnis 12 auf der Tabelle für schwere Verletzungen nach dem Spiel). Sie rekrutieren daher einen neuen, was samt Ausrüstung 65 Punkte kostet. Der gleiche Punktwert wird den Hexenjägern gutgeschrieben, was auch ihnen den Ersatz ihrer Verluste ermöglicht.

Trotzdem sind die Hexenjäger nun klar im Nachteil mit 14 zu 19 Modellen, während ihre Gegner drei starke Monster haben (Minotaurus, Oger, Chaosbrut). Der Minotaurus steigert sogar noch – ausgerechnet – seinen Widerstand auf 5, als wäre er nicht schon monströs genug. Wir vereinbaren deshalb, dass die Hexenjäger für das nächste Spiel W6 Dorfbewohner gewinnen können, die sich ihnen anschließen. Es fällt eine 4. Die vier Neuen werden provisorisch mit Äxten und Schilden ausgerüstet, haben aber natürlich nur ein untrainiertes Menschenprofil (KG 2, Stärke 3, Widerstand 3).

Wir rechnen beim folgenden Spiel mit der Endschlacht... vielleicht schon morgen.
 
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Als die Hexenjäger zum Wachturm zurückkehrten, hatten sie nicht nur einen Toten zu beklagen, sondern ganze sechs Verwundete zu versorgen – zusätzlich zu den zweien, die wegen früherer Verletzungen dort zurückgeblieben waren. Odo und Ivana taten ihr Bestes, sich um die Betroffenen zu kümmern. Verbände wurden angelegt, Gliedmaßen geschient und Gebete gesprochen, während sich der Schlafraum mehr und mehr in ein Lazarett verwandelte. Dariya legte selbst mit Hand an, nicht zuletzt, weil sie sich schuldig fühlte. Als alle einigermaßen versorgt waren, ging sie auf die Balustrade, stützte sich auf das Geländer und blickte auf den Wald hinaus. Die Sonne ging eben auf und überzog die düsteren Wipfel mit einem rötlichen Schimmer.

Martin kam zu ihr nach draußen und stellte sich schweigend neben sie. Er erriet ihre Gedanken, ließ ihr jedoch Zeit, bevor er das Gespräch eröffnete.

„Du konntest nichts dafür“, sagte er.

Dariya seufzte tief. „Doch. Ich habe so viele falsche Entscheidungen getroffen. Die erste bestand darin, uns im Dorf auf die Lauer zu legen. Ich hätte damit rechnen müssen, dass unser Feind diese List durchschauen würde. Dadurch kam es zum Angriff auf den Turm… und dazu, dass der Schmied in die Gewalt des Zauberers geriet.“

„Das war nun wirklich nicht deine Schuld“, widersprach Martin. „Es waren die Dorfleute, die ihn hinabgeworfen haben. Niemand konnte ahnen, dass ihre Angst sie zu so einer Wahnsinnstat treiben würde.“

„Aber dann kam die zweite schlechte Entscheidung“, fuhr Dariya fort. „Der Versuch, den Schmied zu retten, war wahrscheinlich von Anfang an aussichtslos. Und er hat ein weiteres Leben gekostet.“

„Du wolltest das Richtige: Einen Menschen retten, der sich in der Gewalt dieser Bestien befand.“

„Ich hätte wissen müssen, dass Tzandrok mit seinem meistgehassten Gegner nicht lange fackeln würde. Odo und Ivana glauben, dass er den Schmied in diese Chaosbrut verwandelt hat, die plötzlich aus dem Wald hervorbrach. Sie könnten recht haben. Nichts von alldem habe ich geahnt – während es scheint, dass Tzandrok jeden meiner Schritte vorausgesehen hat.“

„Dennoch bist du nicht verantwortlich für all das, was geschehen ist. Dieser Zauberer ist es, der die Schuld trägt… und in gewissem Sinne auch sein Vater, der Schmied.“

Dariya schwieg eine Weile.

„Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, was Schuld eigentlich bedeutet“, begann sie schließlich. „Und darüber muss ich mir Gedanken machen, denn die Aufgabe eines Inquisitors besteht nun einmal darin, die Schuldigen zu finden. Aber wer ist wirklich schuldig? Mein Vater war sich seines Urteils meistens sicher. Ich dagegen zweifle. Früher dachte ich, es wäre ganz einfach: Die Anhänger Sigmars sind die Guten, und die Bösen sind die Hexer, die Untoten und die Chaosanbeter. Aber jetzt, wo ich selbst urteilen muss, erscheint mir alles so viel komplizierter.“

„Inwiefern?“

„Ich habe mit Tzandrok gesprochen, als ich bei den Tiermenschen gefangen war… nur wenige Worte, aber im Nachhinein geben sie mir zu denken. Er beteuerte, dass er ein normales Kind und gänzlich unschuldig war. Sein einziges ‚Verbrechen‘ bestand darin, dass er verschiedenfarbige Augen hatte, und dass er klein und schmächtig war und nicht den Erwartungen seines Vaters entsprach. Er muss eine elende Kindheit gehabt haben, grundlos gehasst und misshandelt von allen in seinem Umkreis; nicht nur von Roban, auch von den anderen Dorfbewohnern. Erst als er in die Schlucht geworfen wurde – so sagte er – sprachen die Dunklen Götter zu ihm. Er wurde also nur für ihren Einfluss zugänglich, weil er ein Ausgestoßener war.“

„Aber er hat sich den bösen Mächten freiwillig ergeben.“

„Was heißt ‚freiwillig‘? Was bedeutet dieses Wort? Stell dir vor, dass ein Mensch von anderen nichts als Grausamkeit und Ablehnung erfährt; und dann kommt plötzlich jemand, der ihm Mitgefühl, Erlösung, sogar Macht anbietet… wie könnte derjenige widerstehen?“

„Willst du sagen, dass du Verständnis für diesen Hexer hast?“

„Nein… nicht so, wie du es vielleicht meinst. Aber ich tue mich mit der Einsicht schwer, dass das Böse nicht so eindeutig ist, wie ich es mir bislang vorgestellt hatte. Die dunklen Mächte verführen viele Menschen – doch vielleicht sind es manchmal gerade die Rechtgläubigen, die ihnen ihre Aspiranten liefern. Denk an Roban: Er war zweifellos ein tief gläubiger Mensch und Diener Sigmars. Aber gerade sein Eifer gegen das vermeintliche Böse brachte ihn dazu, aus seinem Kind ein Monster zu machen. Hat er nicht in gewissem Sinne all dieses Unheil erst hervorgerufen?“

„Ich muss zugeben“, sagte Martin nachdenklich, „dass das ein berechtigter Gedanke ist. Ich mochte Roban nie. Und dass er seinen Teil an Schuld trägt, kann man wohl nicht leugnen.“

„Siehst du? Und das macht es mir so schwer. Wer verkörpert hier das Böse, und wer muss bestraft werden? Tzandrok, der die Dorfleute töten will? Roban, der sein eigenes Kind töten wollte? Die Dorfleute, die Roban töten wollten, indem sie ihn von dieser Brüstung warfen? –– All diese Gedanken lassen mich zweifeln, ob ich wirklich geeignet bin, eine Inquisitorin zu werden. Ein Inquisitor darf keine Zweifel haben. Er muss immer genau wissen, wo die Guten und wo die Bösen stehen. Ich bin mir darüber nicht mehr sicher.“

Martin nahm sie tröstend in die Arme. „Du weißt zumindest, gegen wen wir kämpfen müssen. Dieser Zauberer und seine Tiermenschen sind der Feind. Von mir aus mag er unschuldig geboren sein, aber jetzt ist er zu gefährlich, um am Leben zu bleiben.“

„Eben…“, seufzte Dariya und schmiegte sich an ihn. „Erinnerst du dich noch, worüber wir sprachen, als wir auf der Fahrt hierher waren?“

Martin nickte. „Du sagtest, dass du nicht wüsstest, ob du es fertigbringen könntest, einen Unschuldigen zu töten.“

„Genau.“

„Aber dieser Zauberer ist nicht unschuldig, Dariya. Und ich bin sicher, dass du tun könntest, was getan werden muss, wenn er in unsere Hände fiele.“

In diesem Moment kamen Odo und Ivana zu ihnen ins Freie, gefolgt von Helmuth. Er hinkte noch ein wenig, aber die Beinschiene hatte er abgelegt.

„Geht es dir besser?“, staunte Martin.

„Tja, unsere Sigmarschwester ist ein echtes Naturtalent“, sagte Helmuth gutgelaunt und zwinkerte Ivana zu. „Ihre Heilkräfte können ihrer Kampfkraft ernste Konkurrenz machen.“

Ivana ließ das Kompliment wie üblich an sich abprallen. „Es ist unser Herr Sigmar, der hilft“, sagte sie trocken. „Ich tue nicht mehr, als zu ihm zu beten und meine Heilsalben aufzutragen.“

„Dann glaubst du, dass du wieder kampffähig bist?“, wandte sich Dariya an Helmuth.

„Zu Euren Diensten, Gnädigste“, scherzte er. „Was sind denn dero allerhöchste Befehle?“

„Das ist eine gute Frage“, sagte Dariya. „Ich fühle mich gerade nicht besonders entscheidungsfreudig. In den letzten Tagen habe ich eine Menge falsch gemacht.“

„Jedenfalls wäre es vernünftig, die Dorfbewohner hier im Turm zu behalten“, meinte Odo. „Sie sollten vorerst nicht in ihre Häuser zurückkehren. Es wird zwar ziemlich eng hier mit drei Dutzend Mitbewohnern, aber für einige Tage sollte es auszuhalten sein. Übrigens haben sich zwei weitere von ihnen freiwillig gemeldet. Damit hätten wir vier neue Mitkämpfer.“

„Aber was sollen wir tun…“, grübelte Dariya.

„Wir warten ab“, schlug Ivana vor. „Der Zauberer wird wissen, dass die Dorfbewohner immer noch hier sind – und wenn er sie in die Hände bekommen will, muss er früher oder später den Turm angreifen. Lassen wir ihn kommen! Wir werden uns vorbereiten und ihm eine Schlacht liefern. Helmuth ist wieder gesund; auch den anderen Verletzten geht es besser, und wir haben vier Männer hinzugewonnen. Wenn wir furchtlos und entschlossen sind, könnte dies der Kampf werden, in dem wir unseren Feind endgültig überwinden.“

„Du machst mir Mut“, sagte Dariya. „Ich nehme deinen Vorschlag an. Was denkt ihr anderen?“

Martin und Odo nickten einträchtig. Helmuth lächelte sogar.

„Ich hasse es, im Bett zu liegen“, sagte er. „Wenn ich endlich wieder hinausgehen und meine Axt schwingen kann, werde ich dankbar dafür sein.“
 
Spiel 7
Abrechnung



Es war mehr oder weniger absehbar, dass dieses Spiel das „Endspiel“ der Kampagne sein würde. Wir vereinbarten daher, dass keine erzwungenen Rückzugstests stattfinden würden. Wer wollte, konnte bis zum letzten Modell kämpfen.

Die Situation war klar: Nach der letzten Niederlage der Hexenjäger fühlte Tzandrok sich überlegen und hielt den Zeitpunkt für gekommen, um den Wachturm mit allen verfügbaren Kräften anzugreifen. Er wusste, dass er den Menschen im Innern des Turms wegen der Schutzzauber keinen Schaden zufügen konnte. Doch das würde auch nicht nötig sein. Tzandrok verfügte nämlich inzwischen über eine neue Waffe…

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Es war der Minotaurus. Er hatte nach dem letzten Spiel erneut gesteigert und war nun so stark, dass wir ihn noch einmal durch ein neues Modell ersetzten. Minotauren fressen bekanntlich ihre getöteten Gegner und nehmen dadurch an Kraft und Größe zu. Außerdem hatte Tzandrok einige Zauber eingesetzt und den Segen seines Gottes Tzeentch auf die Kreatur herabgerufen. Das Ergebnis ähnelte nur noch vom Kopf her einem Minotaurus und war nun eher das, was die Menschen als einen Ghorgor bezeichneten.

Die vierarmige Monstrosität war so gigantisch, dass sie bis an die Balustrade des Turms heranreichen konnte (und sicherlich ebenso leicht in der Lage war, die Tür zu zerschmettern). Um das zu verhindern, so kalkulierte Tzandrok, würden die Hexenjäger den Turm verlassen und sich ihm auf offenem Feld stellen müssen.
 
Es war kurz nach Einbruch der Dämmerung, als ein fernes, dumpfes Geräusch wie das Stampfen riesiger Füße hörbar wurde. Die Menschen im Turm warfen einander erschrockene Blicke zu.

„Was ist das?“, keuchte einer der Dorfbewohner.

Helmuth, der draußen auf der Balustrade Wache gehalten hatte, kam mit alarmiertem Gesichtsausdruck herein. „Sie kommen! Und sie haben etwas Großes dabei… etwas sehr Großes.“

„Dann werden wir ihnen einen angemessenen Empfang bereiten“, sagte Ivana grimmig und zog ihre Kampfhämmer. „Gehen wir?“

Dariya nickte und griff nach ihrer Armbrust. „Seid vorsichtig und bleibt eng zusammen.“

Es war abgesprochen worden, dass die Hexenjäger ihre Kräfte teilen würden: Ivana und Odo hatten sich freiwillig erboten, mit einer Gruppe aus Flagellanten und Zeloten hinauszugehen und die vorderste Verteidigungslinie zu bilden. Die drei Armbrustschützen – Dariya, Martin und mittlerweile auch Helmuth – würden vorerst hinter ihnen bleiben und die Feinde vom Eingang aus unter Feuer nehmen.

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Sie verließen den Turm und stellten sich in der geplanten Weise auf. Der Mond war eben aufgegangen und warf ein fahles Geisterlicht über den Wald. In einiger Entfernung war zu erkennen, wie die Wipfel der Bäume sich bogen. Irgendetwas Massiges kam dort heran. Die Erschütterung des Bodens war bei jedem Schritt der riesigen Kreatur zu spüren.

„Habt keine Furcht, im Namen Sigmars!“, rief Ivana den zitternden Zeloten zu, die sich hinter ihr gesammelt hatten. „Was immer da herankommt; wir werden es zerschmettern!“

Dariya, Martin und Helmuth hatten ihre Armbrüste gespannt. Sie standen hinter der brusthohen Mauer, die zum Eingang des Turms hinaufführte. Alle drei zielten auf die Stelle, wo die unbekannte Bedrohung jeden Moment aus dem Wald hervorbrechen musste.

„Nicht schießen, bevor ihr es seht!“, flüsterte Dariya. „Wartet ab!“

Atemlose Sekunden vergingen. Dann ertönte ein tierisches Gebrüll von betäubender Lautstärke, und eine gewaltige Kreatur schob die Bäume auseinander, um ins Mondlicht zu treten. Der Anblick war entsetzlich: Der Körper war so groß wie der eines Riesen, aber von einem Stierkopf mit gewundenen Hörnern gekrönt. Das Wesen hatte vier Arme, und in zweien davon trug es hölzerne Keulen vom Umfang junger Baumstämme, die mit grob hineingerammten Schwertern und Eisenstacheln gespickt waren.

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Dariya zog den Abzug durch. Auch ihre Mitstreiter schossen, und drei Armbrustbolzen zischten auf den riesigen Feind zu. Es sah so aus, als hätte jeder der drei getroffen, doch ohne erkennbare Wirkung. Der Stier-Riese schüttelte nur wütend sein gehörntes Haupt und stampfte brüllend auf die Verteidiger zu.

„Was, in Sigmars Namen, ist das?“, keuchte Martin, der nach einem neuen Bolzen griff.

„Ich glaube, es ist der Minotaurus“, sagte Dariya. „Aber er ist gewachsen…“

„Über jedes Maß hinaus“, ergänzte Helmuth. „Da ist Magie im Spiel! Mit Beschuss ist diesem Monster nicht beizukommen.“ Er schulterte seine Armbrust und griff nach seiner Axt, die an der Mauer lehnte. „Kommt!“
 
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Als der gigantische Ghorgor sich näherte, brach zunächst Panik unter den Kämpfern aus. Mehrere Zeloten erstarrten vor Entsetzen. Einer der Dorfbewohner ließ seine Waffe fallen und rannte schreiend davon.

So blieb es einmal mehr Ivana überlassen, sich ihrem Erzfeind in den Weg zu stellen. Auch sie hatte erkannt, dass dieses Monster einst der Minotaurus gewesen war; nun allerdings überragte er sie um vier Mannslängen und konnte sie mit einem einzigen Tritt seiner behuften Füße zermalmen. Das schreckte die tapfere Sigmarschwester aber nicht im geringsten.

„Kennst du mich noch?“, rief sie dem Ungeheuer herausfordernd entgegen. „Schon einmal habe ich dir deine hässliche Rinderschnauze eingedellt! Damals hattest du zwei Arme weniger, aber das wird dir nicht helfen!“

Sie stürmte vor. Dariya erriet ihre Absicht: Ivanas Worte sollten vor allem den verängstigten Mitkämpfern Mut machen, denn dass dieses Monster sie verstand, war wohl kaum anzunehmen. Der Ghorgor hob seine beiden Keulen und hieb brüllend nach der Kriegerin, die auf ihn zurannte und im letzten Moment einen Haken zur Seite schlug. Beide Waffen trafen den Boden und ließen Fontänen aus Erde und Gras aufspritzen. Ivana hatte keine Chance, den Riesen am Torso zu verwunden, denn sie reichte ihm gerade bis auf Höhe der Knie. Doch sie spielte ihre überlegene Beweglichkeit aus, tänzelte um ihn herum und hieb mit ihren Hämmern auf seine Schienbeine ein. Angesichts ihrer Furchtlosigkeit fanden endlich auch die Zeloten ihren Mut wieder und eilten an ihre Seite.

Nicht weit entfernt wurden auch Odo und seine Mitstreiter angegriffen: Die Chaosbrut, die einst Schmied Roban gewesen war, walzte mit fuchtelnden Gliedmaßen auf sie zu, gefolgt von mehreren Gors und Ungors. Im Hintergrund ließ sich auch Tzandrok blicken, der Zauberer: Wie üblich verbarg er sich hinter einem Baum, gehüllt in seine dunkle Robe, streckte aber seine menschliche Hand aus und versuchte offenbar, Zauber zu wirken.

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[Tzandrok hielt sich im Hintergrund und versuchte, einen seiner Zauber auf Odo zu sprechen, um die Kontrolle über ihn zu erlangen. Das gelang ihm jedoch auch nach mehreren Versuchen nicht. Obwohl er +1 auf alle Zauberversuche bekam („Günstling des Tzeentch“), brachte er den Zauber mit der Schwierigkeit 9+ einfach nicht durch.]
 
Inzwischen war der Ghorgor von den Gefolgsleuten der Hexenjäger umringt worden. Zwei Zeloten, drei Dorfbewohner und ein Flagellant hatten sich herangewagt – tapfere Eiferer mit mehr verzweifeltem Mut als Kampfgeschick. Es reichte jedoch, um die plumpe Riesenbestie zu verwirren. Sie drehte sich um sich selbst, hieb mit ihrer Keule mal hierhin und mal dorthin und verlor Ivana aus dem Fokus, die mit sorgfältig berechneten Schlägen seine Beine attackierte.

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Zwei ihrer Mitkämpfer bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben: Ein Zelot wurde von einem Keulenhieb gegen einen Baum geschleudert und blieb reglos liegen. Einen anderen griff der tobende Ghorgor mit bloßer Pranke und zerquetschte ihn.

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Auch Ivana erlitt eine Verletzung, denn sie empfing einen Streiftreffer von den Schwertern, mit denen die Keule des Monsters gespickt war.

„Jetzt hast du mich wütend gemacht!“, fauchte sie zu dem Stierkopf hinauf und hielt sich die blutende Schulter. „Mal sehen, wie lange du noch auf deinen überlangen Beinen stehen kannst!“

Erneut stürmte sie vorher, diesmal mitten zwischen den Beinen des Ghorgors hindurch, wobei sie beide Hämmer gleichzeitig gegen seine Kniescheiben schmetterte. Mit einer Vorwärtsrolle fing sie den Schwung auf und kam fünf Schritte hinter dem Gegner zum Stehen. Der Ghorgor brüllte vor Schmerz und schwankte. Eins seiner Beine knickte ein. Wieder schlug Ivana zu, diesmal in seine Kniekehle – und das riesige Monster brach zusammen und schlug rücklings zu Boden. Die umstehenden Bäume zitterten von der Erschütterung, und auch einige der Zeloten gerieten ins Stolpern. Der Flagellant jedoch, der an Ivanas Seite gekämpft hatte, stieß einen Triumphschrei aus, sprang auf die Brust des Ungeheuers und schmetterte seinen Flegel zwischen die blutunterlaufenen Augen der Kreatur.

„Die Kraft unseres Herrn Sigmar bezwingt dich!“, schrie er, schlug abermals zu und hob seine Waffe für einen dritten Schlag. Der Ghorgor schnaubte aus blutigen Nüstern und hob fahrig eine seiner Pranken, um ihn zu packen. Der dritte Schlag jedoch traf eins seiner Augen, und die zackenbesetzte Stahlkugel am Ende der Kette bohrte sich tief in die Augenhöhle. Ein Zittern lief durch den gewaltigen Körper… dann lag er still.

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[In diesem Kampf verlor Ivana einen ihrer Lebenspunkte, schaffte es aber schließlich, den übermenschlichen Gegner zu Fall zu bringen. Den tödlichen Treffer landete der Flagellant.]
 
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Weiterer Verlauf des Spiels

An einer anderen Stelle waren inzwischen Dariya, Martin und Helmuth in den Nahkampf gestürmt. Odo hatte es erstaunlicherweise geschafft, vier Spielzüge lang gegen die „Roban-Brut“ auszuhalten, da er mit Widerstand 4 und 2 Lebenspunkten (beides das Ergebnis von Steigerungen) inzwischen veritable Tank-Qualitäten besaß. Die Brut andererseits schien fast ebenso unverwundbar. Odo traf sie zwar, doch ihre unzähligen wirbelnden Gliedmaßen waren hart wie Stahl und parierten seine Klinge wieder und wieder. Er schaffte es lediglich, der Brut einen einzelnen Lebenspunkt abzunehmen. (Ich hoffte übrigens die ganze Zeit, dass die „Roban-Brut“ irgendwann einmal ihren Moraltest bestehen und die Seite wechseln würde, um sich gegen Tzandrok zu wenden – das wäre eine schöne Wendung der Geschichte gewesen, doch es geschah einfach nicht.)

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Helmuth fing den Oger ab, der sich seitlich um die Kämpfenden herumgeschlichen hatte und ihnen in den Rücken fallen wollte. Der gute Helmuth – er hatte den Kampf so sehr vermisst, dass er mit Feuereifer drauflos drosch und gar nicht genug kriegen konnte. Schon in der ersten Runde dieses Nahkampfs ging der Oger zu Boden.

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Bedrohlich wurde es noch einmal für Dariya: Ausgerechnet zwei der Kultisten schafften es, ihr eine Wunde zuzufügen und sie zu Fall zu bringen. Martin stand direkt neben ihr, verteidigte sich aber nur mit Mühe gegen andere Gegner und konnte nicht eingreifen. Für einen Augenblick fürchtete ich um meine Heldin – dann aber gelang es Martin und Odo mit vereinten Kräften, die Roban-Brut tödlich zu verwunden, sodass beide wieder frei standen und ihrer Anführerin zur Hilfe eilen konnten.

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Mittlerweile waren auf Seiten der Hexenjäger zwei Zeloten, zwei Dorfbewohner, ein Flagellant und der Kampfhund gefallen. Gleichzeitig hatten aber auch die Tiermenschen ihre starken Monster und zwei ihrer Gor-Helden verloren, sodass mit den Ungors und Kultisten praktisch nur noch schwächere Kämpfer standen. Nun wurden sie einer nach dem anderen niedergemacht. Die Kultisten – ehemals brave Soldaten des Imperiums, korrumpiert durch Tzandroks verderbende Magie – leisteten fanatischen Widerstand, wurden aber alle aus ihrem unheiligen Dasein erlöst.

Und Tzandrok? Er sah aus halbwegs sicherer Entfernung mit an, wie seine ganze Truppe ausgelöscht wurde, und begriff zu spät, dass es höchste Zeit für die Flucht war. Nun rannte er davon und schoss dabei einen Zauber nach dem anderen auf seine Gegner. Ivana war ihm am nächsten und stürmte ihm mit erhobenen Hämmern nach – als ihm der Zauber „Vision der Schrecken“ gelang und die Kriegernonne aus heiterem Himmel betäubt zu Boden fiel.

Es sah so aus, als würde Tzandrok entkommen – doch dann erinnerte sich Dariya an ihre Armbrust. Statt ihm nachzulaufen, blieb sie stehen und zielte sorgfältig. Sie hatte zwei Schüsse (Fertigkeit „Schneller Schütze“), von denen einer traf, verwundete – und Tzandrok zu Fall brachte. Das genügte einem Flagellanten, um ihn einzuholen und am Boden festzunageln.

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Ergebnis: Klarer Sieg der Hexenjäger. Ich hätte mir noch irgendeine Überraschung gewünscht, z.B. einen Seitenwechsel der Roban-Brut, einen gelungenen Kontroll-Zauber von Tzandrok oder einen tragischen Verlust bei den Hexenjägern – doch die Würfel entschieden anders. Nachdem der Ghorgor getötet worden war, kam bei den Tiermenschen eine Art Domino-Effekt in Gang und ließ sie einen nach dem anderen fallen. Die Hexenjäger erlitten 6 Verluste, doch keiner ihrer Helden wurde ausgeschaltet, während Tzandroks Bande bis auf ihn selbst und zwei Ungors komplett ausgelöscht wurde.
 
Schwester Ivana sah eine furchtbare Vision. Eben noch schien der Sieg so nahe gewesen zu sein; nun aber lagen plötzlich all ihre Freunde und Verbündeten tot auf dem Feld. Blut färbte das Gras und sogar die Bäume, die sich in knorrige Gespenster mit krummen Astklauen verwandelt hatten. Selbst der Mond hatte sich rot gefärbt und hing wie eine krankhafte Blase am Himmel, die jeden Moment zerplatzen und die Welt in einen blutigen Regen tauchen konnte. Unmittelbar neben Ivana lag Helmuth mit zerschmettertem Schädel am Boden.

„Nein!“, stöhnte Ivana und spürte ihre letzte Kraft schwinden.

Dann plötzlich löste das schreckliche Bild sich auf. Der Zauber war erloschen. Ivana kam zu sich und begriff, dass sie am Boden lag. Der blutige Mond war verschwunden, und auch die vielen Leichen waren nicht mehr da. Stöhnend setzte sie sich auf. Jemand stützte sie und half ihr auf die Beine. Benommen blinzelte sie und hörte eine vertraute Stimme.

„Ivana! Alles in Ordnung?“

Im nächsten Moment erkannte sie Helmuth, lebendig und unversehrt.

„Du lebst – bei Sigmar!“ Impulsiv schlang sie die Arme um ihn und war kurz den Tränen nahe. Dann kehrte ihre Geistesgegenwart zurück, und mit ihr die Würde der unnahbaren Kriegernonne. Verlegen schob sie Helmuth von sich, straffte sich und setzte ihr gewohnt hartes Gesicht auf. „Verzeihung.“

„Nicht doch!“, grinste Helmuth. „War mir ein Vergnügen.“

Mehrere Mitkämpfer eilten an ihnen vorbei. Erst jetzt erkannte Ivana, was geschehen war: Die Tiermenschen waren nahezu ausgelöscht worden, und ihr Anführer hatte zu fliehen versucht. Doch ein Armbrustbolzen hatte ihn auf Hüfthöhe getroffen. Er war zwischen den Bäumen zusammengebrochen und richtete sich gerade mühsam wieder auf, um hinkend weiterzufliehen. Das gelang ihm aber nicht, denn ein Flagellant packte ihn von hinten an seinem Umhang.

Dariya kam hinzu, die Armbrust noch in den Händen. Auch Odo, Martin und der Rest der Truppe fanden sich ein und umringten den geschlagenen Feind. Der Flagellant riss ihm den Umhang vom Körper, und die verdrehte Gestalt des Zauberers mit dem Tentakelarm und dem haarlosen Schädel kam zum Vorschein. Er atmete keuchend und stieß dabei unverständliche Silben hervor.

„Keine Magie mehr!“, befahl Ivana, die von seinem letzten Zauber getroffen worden war, zückte ihre Reliquie und streckte sie ihm drohend entgegen.

Tzandrok verstummte. Offenbar sah er ein, dass er verloren war. Ivanas bannende Kräfte beraubten ihn seiner letzten Verteidigung. Gehetzt blickte er von einem seiner Feinde zum anderen, und sein Blick blieb an Dariya hängen.

„Du!“, hauchte er mit seiner seltsamen Flüsterstimme. „Erinnere dich, dass ich dich schonte, als du meine Gefangene warst! Erweise mir die gleiche Gnade!“

Dariya hatte ihre Armbrust sinken lassen und stattdessen eine ihrer Pistolen gezogen. Doch die Waffe hing locker in ihrer Hand; die Mündung zeigte zu Boden.

„Nicht wahr?“, zischte Tzandrok. „Du wirst mich leben lassen.“

„Töte ihn!“, raunte Helmuth Dariya zu. „Er versucht dich zu behexen!“

Doch Dariya zögerte.

„Sieh mich an!“, verlangte der Zauberer und streckte ihr den menschlichen Arm mit dem Muttermal entgegen. „Ich bin der Sohn Robans, des Schmieds. Sieh meine gebrochenen Beine – er hat mir das angetan! Ich war ein unschuldiges Kind. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin!“

Dariya zögerte noch immer. Endlich aber sprach sie.

„Dein Vater hat schändlich an dir gehandelt“, sagte sie. „Doch nicht er hat dich zu dem gemacht, was du jetzt bist. Das war das Werk des neuen Vaters, den du dir erwählt hast. Deines dunklen Gottes.“ Sie hob die Pistole.

Tzandrok krümmte sich vor ihr zusammen. „Bringst du es fertig, mich zu töten? Einen unschuldig Geborenen? Einen jungen Menschen wie dich selbst, der nichts anderes wollte als eine liebende Familie?“

Die Pistole in Dariyas Hand zitterte ein wenig. Sie schloss kurz die Augen, öffnete sie wieder und atmete tief aus.

„Ich erkenne an, dass du einmal unschuldig warst“, sagte sie. „Doch du bist es nicht mehr. Wer seine Seele den dunklen Göttern überantwortet, kann nicht gerettet werden… außer durch den Tod.“

Sie drückte ab.

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Sieg !

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Und damit endet die Staffel „Herdenherz“. Dariya hat ihre Bewährungsprobe bestanden, und das Dorf Hunewald wurde gerettet. Die Hexenjäger schicken einen der Dorfbewohner in die nahe Stadt und lassen von dort eine Nachricht an den Kurfürsten in Wurtbad senden. Sechs Tage später erscheint eine Abteilung der Staatstruppen, um den Wachturm neu zu bemannen. Endlich können die Hexenjäger sich auf den Heimweg machen… und auf Dariya von Hornberg wartet die offizielle Ernennung zur jüngsten Inquisitorin des Imperiums.
 
Ein epischer Sieg, und würdiges Finale für diese spannende Staffel. Manchmal braucht es am Ende nicht mehr unbedingt die größte Dramatik. Auch ein einfacher, guter Kampf mit gutem Ende kann befriedigend sein. 🙂
Etwas überraschend, dass die scheinbar überlegenen Chaosdiener am Ende doch so "leicht" zu bezwingen waren. Gelang dem Zauberer gar kein Spruch mehr?
 
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Etwas überraschend, dass die scheinbar überlegenen Chaosdiener am Ende doch so "leicht" zu bezwingen waren. Gelang dem Zauberer gar kein Spruch mehr?
Nur der Betäubungszauber auf Ivana am Ende kam durch ("Vision der Schrecken", 10+). Der Kontrollzauber ("Verlockung des Chaos", 9+) ging nicht ein einziges Mal durch, d.h. es kam nicht einmal zum Gegeneinander-Würfeln der Moralwerte (was ja noch eine zusätzliche Hürde gewesen wäre). Ich war selbst erstaunt, zumal Tzandrok +1 auf alle Zauber bekam. Aber naja, man kann eben nicht alles haben... wie schon gesagt, hätte ich mir im Interesse der Geschichte noch mehr Überraschungen gewünscht, aber wir wollten eben wirklich das gelten lassen, was die Würfel entschieden.

Trotzdem ist es uns eine Lehre, denn in Zukunft wollen wir noch gefährlichere Gegner aufstellen... oder sagen wir: anders gefährliche. Solche, gegen die man gar nicht erst zu kämpfen wagt, jedenfalls nicht bei einer Entfernung unter drei Metern. Ok, damit ist wahrscheinlich schon alles verraten. 😁

Danke für deine Treue hier, wir freuen uns jedes Mal wieder.🤗
 
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Hey 🙂 Auch euch vielen Dank, @Homer72 und @MORTOR. Ja, wir kamen auf Gegner, die nicht unbedingt an Kampfkraft überlegen sein müssen, sondern deren bloße Berührung schon tödlich sein kann. (Plagues for Nurgle's garden, nicht wahr, Mortor? 😁) Im Moment sitze ich allerdings noch am Modellebasteln. Ein bisschen wird's dauern.
 
Staffel V
KARNEVAL

Wir machen einen Zeitsprung und schreiben nun das Jahr 2506 IC. Fünf Jahre sind seit dem Abenteuer mit den Tiermenschen in Hunewald vergangen.

Dariya wurde zur Inquisitorin ernannt und führt seitdem ihre Gruppe von Auftrag zu Auftrag. Diese Jahre waren eine eher ruhige Zeit. Unter der Herrschaft von Imperator Karl Franz gedieh das Imperium, und trotz mancher Konflikte an den Außengrenzen hatte die binnenländische Provinz Stirland kaum unter Bedrohungen zu leiden. Es gab ganze Monate, in denen kein Auftrag anlag. In diesen Zeiten kehrte Dariya auf das Gut ihres Vaters zurück, um dort notwendige Angelegenheiten zu regeln und sich um die Verwaltung zu kümmern. Ihre Truppe – mittlerweile eine feste Gemeinschaft – begleitete sie.

Von den wenigen Aufträgen, die die Hexenjäger erhielten, waren die meisten kaum erwähnenswert. Oft ging es um Routine-Angelegenheiten: Ghoule auf abgelegenen Friedhöfen (jedoch ohne vampirischen Anführer), Geisterspuk in einem Wurtbader Adelshaus, kriminelle Verschwörungen unter reisenden Handelsleuten, Aufspüren und Vernichten ketzerischer Artefakte. Zu Kämpfen kam es nur selten, und auch kaum zu Verurteilungen. Zwei Missionen entpuppten sich sogar als Fehlalarm: Die Denunziation einer alten Kräuterfrau als Hexe stellte sich als Verleumdung heraus, und auch die Untersuchung einer fahrenden Nomadengruppe, der man verbotene magische Praktiken nachsagte, erbrachte keine Verdachtsmomente. Infolge dieser ruhigen Zeit hatte sich Dariyas Truppe kaum verändert: Es gab keine Verluste an Menschenleben, sodass sie immer noch von den gleichen Zeloten und Flagellanten begleitet wurde. Lediglich Kampfhund Frado war nicht mehr dabei, denn er war in die Jahre gekommen, und Dariya hatte ihn in die Obhut ihres Gutsverwalters gegeben, wo er einen friedlichen Lebensabend genoss.

Im Frühjahr des Jahres 2506 allerdings geschieht etwas Unerwartetes. Der Kurfürst verlangt die Truppe zu sprechen, und sein Bote deutet an, dass es sich um eine sehr dringliche Angelegenheit handelt. Dariya soll schon am folgenden Morgen im Kurfürstenpalast erscheinen und ihre engsten Gefolgsleute mitbringen: Martin, Helmuth, Odo und Ivana. Zugleich werden die Hexenjäger um strengste Geheimhaltung gebeten. Was da wohl im Busch ist…?
 
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Kurfürst Alberich Haupt-Anderssen ging unruhig in seinem Amtszimmer auf und ab. Eigentlich wartete er noch nicht lange, dennoch kam es ihm wie eine Ewigkeit vor. Schon mehrmals hatte er den Kammerdiener draußen vor der Tür daran erinnert, er solle die Gäste, sobald sie ankämen, unverzüglich hereinlassen. Immer wieder setzte er sich kurz und überflog zum wiederholten Mal den Brief, der seit dem gestrigen Tag auf seinem Schreibtisch lag. Dann erfasste ihn wieder die Unruhe, und er setzte seinen nervösen Rundgang fort.

Als er draußen endlich Stimmen hörte, wartete er nicht darauf, dass der Diener die Tür öffnete. Er ging selbst hin und bat die Besucher herein.

„Danke für Euer rasches Erscheinen!“, begrüßte er die so dringlich erwarteten Gäste. „Bitte setzt Euch.“

Diese Einladung konnte nicht von allen befolgt werden, denn gegenüber dem Tisch stand nur ein einziger Stuhl. Dariya setzte sich, während ihre Begleiter sich in einem lockeren Halbkreis aufstellten.

Sie hatten sich nur wenig verändert. Dariya, mittlerweile vierundzwanzigjährig, unterschied sich eigentlich nur durch das Siegel des Silbernen Hammers, das sie als Inquisitorin auswies, von ihrem früheren Selbst. Nur wer sie lange kannte und genau hinsah, mochte einige Zeichen fortgeschrittener Reife erkennen: Ihr Ausdruck war ernster, der Mund ein wenig schmaler, ihre Haltung aufrechter und strenger. Sie trug den Hut ihres Vaters, geschmückt mit einer blauen Feder, dazu ihre Lederrüstung und einen dunklen Mantel mit den Insignien ihres Standes.

Helmuth war vor Kurzem vierzig geworden, aber immer noch in der Blüte seiner Kraft und womöglich stattlicher denn je. Er trainierte ausdauernd und war sehr stolz auf seine körperliche Konstitution. Sogar eine gewisse Eitelkeit war seit einigen Jahren an ihm zu beobachten: Er stutzte sauber seinen Bart und achtete sehr auf seine Kleidung, die derjenigen eines stirländischen Landsknechts ähnelte. Wer ihn länger kannte, wusste sehr wohl, welches Ereignis diesen Sinneswandel veranlasst hatte: Es war der Eintritt Ivanas in die Gruppe gewesen.

Die Sigmarschwester hatte sich vielleicht am wenigsten von allen verändert. Sie wirkte alterslos wie stets mit ihrem Gesicht von kalter Schönheit, ihrer blassen Haut und den etwas stechenden hellblauen Augen. Ihr weißblondes Haar trug sie noch immer offen, und wie stets bildete es einen grellen Kontrast zu ihrer schwarzen Lederkleidung.

Odo, inzwischen über sechzig, war noch immer rüstig und kraftvoll. Mit seinem kahlen Schädel und dem wallenden Bart sah er zuweilen einem Zwerg nicht unähnlich. Nur seine Beweglichkeit hatte etwas abgenommen, weshalb er Schild und Schwert schon vor längerer Zeit gegen eine Hellebarde eingetauscht hatte. Diese Waffe erforderte weniger Schnelligkeit und war besser dazu geeignet, Gegner im Kampf auf Abstand zu halten.

Martin, der ehemalige Bauernsohn aus Sylvania, war endgültig erwachsen geworden. Seinen jungenhaften Charme hatte er behalten, doch die jahrelangen Kampfübungen hatten ihm eine kräftigere Statur und geschmeidige Beweglichkeit verliehen. Bei vielen Einsätzen, besonders in abgelegenen Gegenden, zog er die Aufmerksamkeit der einheimischen Frauen auf sich, die selten einen so schönen jungen Mann gesehen hatten. Er allerdings hatte nur Augen für Dariya.

Was schließlich den Kurfürsten betraf, so begann man ihm sein Alter anzusehen – besonders an diesem Tag, da ihn offenbar ernste Sorgen plagten. Er schloss die Tür, nahm seufzend hinter seinem Schreibtisch Platz und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, bevor er das Gespräch eröffnete.

„Ich bitte um Euer Verständnis“, sagte er, „wenn ich mich nicht mit Höflichkeiten aufhalte. Wir haben etwas sehr Ernstes zu besprechen – und als Allererstes muss ich Euch alle um die strengste Geheimhaltung bitten. Kann ich mich darauf verlassen?“

Die Hexenjäger nickten einträchtig.

Der Kurfürst griff nach dem Brief, der offen auf seinem Schreibtisch gelegen hatte. „Es handelt sich um ein Geschehnis, das mich bereits seit Wochen beunruhigt. Ich habe mir alle Mühe gegeben, es vor der Öffentlichkeit zu verbergen, um keine Panik auszulösen. Deshalb erfahrt auch Ihr erst heute davon. Kennt Ihr die Stadt Thalheim am Oberlauf des Stir?“

„Ja“, sagte Dariya. „Wir waren schon einmal dort, allerdings nur auf der Durchreise. Eine hübsche kleine Stadt mit einem Flusshafen, hauptsächlich von Händlern und Fischern bewohnt.“

Der Kurfürst nickte bitter. „Sie existiert nicht mehr. Oder… zumindest nur noch als Ruinenfeld.“

„Was?“, staunte Helmuth. „Wie konnte das geschehen? Ich habe von keinem Krieg in dieser Gegend gehört.“

„Nein“, bestätigte der Kurfürst. „Kein Krieg. In der Stadt ist vor einigen Wochen eine Seuche ausgebrochen – und zwar eine, wie man sie seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen hat. Augenzeugen berichten, dass die Betroffenen bei lebendigem Leib verfaulen. Das Schlimmste ist, dass sie nicht in ihren Betten bleiben, sondern von einer unerklärlichen Unruhe erfasst werden und auf die Straßen hinausgehen, wo sie ziellos umherwanken. Wenn sie auf andere Menschen treffen, versuchen sie diese zu umarmen und erbrechen sich auf ihre Kleidung, als wollten sie die Arglosen absichtlich und bewusst mit ihrer Krankheit infizieren. Das tun sie so lange, bis sie buchstäblich auseinanderfallen, weil ihre verrottenden Beine sie nicht mehr tragen. Der Tod tritt innerhalb weniger Tage, manchmal sogar binnen Stunden ein. Die Bevölkerung von Thalheim wurde nahezu ausgerottet.“

Er machte eine Pause, um diese Neuigkeit wirken zu lassen. Die Hexenjäger warfen einander erschrockene Blicke zu. Das zeitweise Auftreten von Seuchen war nicht ungewöhnlich im Imperium; die Schilderung der Symptomatik allerdings ließ alle schaudern.

„Weiß man irgendetwas über die Ursache?“, fragte Dariya betroffen.

„Nein“, sagte Haupt-Anderssen. „Aber da sich die Krankheit erschreckend rasch ausbreitet, habe ich bereits vor zehn Tagen eine Nachricht nach Altdorf senden lassen, um den Imperator und auch das Heilige Offizium zu informieren. Der Großtheogonist glaubt, dass ein Hexer für die Seuche verantwortlich sein könnte, zumal Thalheim nahe der Grenze zu Sylvania liegt. Er hat einen Großinquisitor geschickt, um die Sache zu untersuchen – unter strenger Geheimhaltung, wie sich versteht.“

„Wen hat er geschickt?“, fragte Dariya, die inzwischen viele ihrer Berufskollegen zumindest vom Sehen kannte.

„Barnabas Hutter.“

Diese Nachricht löste neues Erschrecken bei den Hexenjägern aus. Nur Dariya kannte ihn persönlich, und auch dies nur aus einem sehr kurzen Gespräch anlässlich ihrer offiziellen Ernennung im Offizium zu Altdorf. Eigentlich konnte man es kaum ein Gespräch nennen, denn es war bei einem knappen Willkommensgruß und einem skeptischen Blick geblieben, den der allgemein gefürchtete Hutter seiner jungen Kollegin zugeworfen hatte. Die anderen Hexenjäger kannten ihn nur aus Erzählungen, doch das genügte. Sein Ruf eilte ihm voraus. Hutters allgemein bekanntes Motto lautete: Besser, zehn Unschuldige brennen zu lassen, als dass ein einziger Hexer am Leben bleibt.

„Ich hatte keinen Einfluss auf diese Entscheidung“, erklärte der Kurfürst. „Doch ich bat Hutter, mir zumindest zu berichten. Das hat er getan: Gestern bekam ich diesen Brief von ihm, überbracht von einem Meldereiter, der halb wahnsinnig vor Angst war. Er weigerte sich, mit einer Antwort in die Unglücksregion zurückzukehren. Ich musste ihn ins städtische Asyl einweisen lassen.“

„Und was schreibt Hutter?“, fragte Dariya.

Der Kurfürst seufzte und senkte den Blick auf den Brief. „Er berichtet, dass Thalheim nicht mehr zu retten war. Als er dort ankam, war bereits die halbe Bevölkerung erkrankt, und überall auf den Straßen liefen schrecklich entstellte Seuchenopfer herum. Hutter war überzeugt, dass ein Hexer hinter all dem stecken müsse, doch er konnte keinen Verdächtigen ausfindig machen. Also beschloss er, kurzerhand die gesamte Stadt in einen Scheiterhaufen zu verwandeln. Er ließ die Stadttore von außen schließen und die Dächer mit Brandpfeilen entzünden. In der Stadt gab es eine kleine Garnison mit einem Schießpulverdepot. Das Depot fing Feuer, explodierte und legte die halbe Stadt in Trümmer. Den Rest besorgte das Feuer…“ Der Kurfürst schüttelte fassungslos den Kopf. „Von Thalheim sind nur noch Ruinen übrig. Nahezu alle Bewohner der Stadt, ob krank oder gesund, dürften den Flammen zum Opfer gefallen sein.“
 
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„Wie schrecklich!“, sagte Martin. „War das nicht eine etwas übertriebene Maßnahme?“

Der Kurfürst hob hilflos die Hände. „Es steht mir nicht zu, die Entscheidungen der heiligen Inquisition zu kritisieren. Wenn es denn wenigstens geholfen hätte! - Doch das hat es nicht. Schon am nächsten Tag nämlich brach die Seuche auch in zwei benachbarten Dörfern aus. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, will Hutter nun noch radikalere Maßnahmen treffen. Er will eine Speerzone von siebzig Meilen im Umkreis von Thalheim einrichten, mit dem Fluss als Nordgrenze. Er hat Staatstruppen angefordert. Die Soldaten sollen hohe Zäune errichten, die Straßen sperren und dafür sorgen, dass niemand die Zone verlässt.“ Er ließ den Brief sinken und blickte seine Gäste an. „Versteht Ihr, was das bedeutet? In dieser sogenannten Sperrzone liegen mehr als vierzig Ortschaften. Die Menschen dort wurden weder gewarnt noch evakuiert. Wenn die Seuche sich ausbreitet, werden Tausende sterben… Bauern, Handwerker, Fischer, Hirten, Kaufleute. Familien mit Kindern. Bürger meines Kurfürstentums.“

„Habt Ihr Hutter die Truppen bewilligt?“, fragte Dariya.

„Das musste ich. Dem Befehl eines Inquisitors kann ich mich nicht widersetzen. Ich habe heute morgen zwei Regimenter in Marsch setzen lassen. Aber es zerreißt mir das Herz! Was wird die Geschichtsschreibung über mich sagen, wenn ich all diese unschuldigen Menschen verloren gebe? Hutter will die Sperrzone frühestens in zehn Jahren wieder aufheben, wenn alle Leichname verwest sind und keine Gefahr mehr von ihnen ausgeht. Niemand in diesem Gebiet wird überleben – und die Leute wissen nicht einmal, dass man sie sozusagen lebendig einmauert.“

„Das sieht Hutter ähnlich“, sagte Dariya. „Er geht gern auf Nummer Sicher… und schont dabei niemanden. Ich erinnere mich noch an die Ratsverschwörung von Hesselbach. Es hieß, dass sich im Rat dieser Stadt ein Anbeter der Dunklen Götter befinden sollte. Hutter konnte trotz Folter nicht herausfinden, wer es war – und ließ zur Sicherheit den gesamten Rat hinrichten. Alle sechzehn Personen.“

„Dann versteht Ihr mich gewiss“, sagte der Kurfürst. „Ich will dieses Unheil abwenden, wenn es irgendwie möglich ist! Angenommen, jemand würde in die Sperrzone reisen, den Ursprung dieser Seuche finden und ihn ausmerzen… dann könnten Hutters Maßnahmen rückgängig gemacht und tausende Leben gerettet werden.“

„Und Ihr denkt, wir könnten das tun?“, folgerte Dariya.

„Ich wiederhole: Ich bin nur ein weltlicher Fürst“, sagte Haupt-Andersson. „Einer Inquisitorin habe ich nichts zu befehlen. Doch ich bitte Euch… wenn irgendjemand diese Aufgabe erfüllen könnte, dann wärt Ihr es. Ihr seid nicht fanatisch und mitleidlos wie Hutter. Ihr habt einen kühlen Kopf, ein sicheres Gespür und das Herz auf dem richtigen Fleck, wenn ich so sagen darf. Und genau diese Eigenschaften braucht es hier. Hutter ist überzeugt, dass die Seuche von einem Hexer ausgeht, und er glaubt, wenn er nur genug Menschen tötet, dass er den Schuldigen irgendwann erwischt. Aber was, wenn er sich irrt? Soweit ich weiß, sind sich die imperialen Gelehrten keineswegs einig, was den Ursprung von Seuchen betrifft.“

„Allerdings nicht“, bestätigte Dariya. „Ich habe in der Bibliothek meines Vaters manches darüber gelesen. Die Gelehrten streiten sich. Manche machen giftige Ausdünstungen aus Sümpfen und Mooren verantwortlich, sogenannte Miasmen. Andere sprechen vom Einfluss der Gestirne und bestimmten Stellungen des Mondes Morrslieb am Nachthimmel. Wieder andere glauben, dass es die Rattenmenschen der Unterwelt sind, von denen alle Seuchen herrühren…“

„…was sicher nicht wahr ist“, fiel der Kurfürst ein. „Soweit ich weiß, sind die sogenannten Skaven nur ein bäuerlicher Aberglaube. Sie existieren nicht wirklich.“

Dariya wusste es besser, sagte aber nichts dazu. Manche Geheimnisse waren nur der Inquisition bekannt und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

„Es gibt noch seltsamere Theorien“, fuhr sie stattdessen fort. „Ein tileanischer Gelehrter soll ein Instrument erfunden haben, das einem Fernrohr ähnelt und Gegenstände extrem stark vergrößern kann. Er behauptet, damit winzige, lebendige Wesen in einem Wassertropfen beobachtet zu haben, und nun ist er überzeugt, dass sie etwas mit der Verbreitung von Krankheiten zu tun haben könnten. Kurz: Es gibt zu viele Möglichkeiten. Wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet wir dem Ursprung dieser Seuche auf den Grund gehen könnten?“

„Wenn Ihr es nicht könnt“, sagte der Kurfürst, „dann wüsste ich nicht, wer sonst dafür in Frage käme.“

Dariya nahm ihren Hut ab und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Das war eine schwere Entscheidung. Sie wandte sich an ihre Mitkämpfer. „Wie denkt ihr darüber? Einer solchen Gefahr möchte ich keinen von euch aussetzen, der nicht freiwillig mitgehen will.“

„Es wäre gefährlich, ohne Zweifel“, meinte Helmuth. „Eine Seuche kann man nicht mit dem Schwert bekämpfen. Wir müssten jede erdenkliche Maßnahme treffen, um uns zu schützen… nur, welche Maßnahmen könnten das sein?“

„Zum Beispiel das demütige Gebet zu unserem Herrn Sigmar“, sagte Ivana, die Heilerin der Gruppe. „Wenn er uns nicht beschützt, werden alle anderen Maßnahmen vergeblich sein.“

„Ich habe einmal gehört“, sagte Odo, „dass man sich ein Tuch vor Mund und Nase binden soll, weil es die giftigen Dünste abhält. Aber vielleicht ist das auch nur Aberglaube.“

„Wir dürften niemandem zu nahe kommen, wenn wir die Sperrzone betreten“, warf Martin ein. „Immer eine Armlänge Abstand halten; das könnte helfen.“

„Und Ihr solltet dem Shallya-Brunnen einen Besuch abstatten“, riet der Kurfürst. „Am Besten füllt ihr etwas von dem Wasser ab und nehmt es mit.“

Dariya nickte. Der Shallya-Brunnen war eine Sehenswürdigkeit von Wurtbad und lag nur wenige Straßen vom Kurfürstenpalast entfernt. Dabei handelte es sich um eine natürliche Quelle, die von einem Mauerring eingefasst und mit einer Statue Shallyas geschmückt war. Das Wasser wurde durch den marmornen Kopf geleitet und trat aus den Augenhöhlen der Statue aus, sodass es wirkte, als vergieße die Göttin beständig Tränen. Tausende Menschen pilgerten jährlich dorthin, denn die Legende behauptete, dass das Wasser alle möglichen Gebrechen heilen konnte.

„Das heißt: Wir wagen es?“, fragte Helmuth.

„Wenn alle bereit sind“, schränkte Dariya ein und tauschte mit jedem einen Blick. „Wenn es auch nur eine einzige Gegenstimme gibt, werde ich diesen Auftrag ablehnen.“

Doch ihre Gefolgsleute nickten ernst, einer nach dem anderen.

„Dann ist es beschlossen.“

„Wunderbar!“, seufzte der Kurfürst. „Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was für ein Stein mir vom Herzen fällt.“

„Glaubt nicht zu früh an den Erfolg“, warnte Dariya. „Ich kann nichts versprechen. Wenn es für meine Leute zu gefährlich wird, könnte es sein, dass wir die Mission abbrechen müssen.“

„Das ist mir klar.“

„Was sagen wir, wenn wir auf Barnabas Hutter treffen?“, fragte Helmuth. „Er wird nicht begeistert sein, wenn ein anderer Inquisitor sich in seine Angelegenheiten einmischt.“

„Am besten geht Ihr ihm aus dem Weg“, riet der Kurfürst. „Und sollte es doch zu einem Zusammentreffen kommen, dann sagt, ich hätte Euch zu seiner Unterstützung geschickt. So wird sich sein Zorn eher gegen mich richten als gegen euch.“

„Gut.“ Dariya stand auf und setzte ihren Hut wieder auf. „Wäre das alles?“

„Ja“, sagte Haupt Andersson. „Und seid gewiss, dass meine innigsten Wünsche und Gebete Euch begleiten. Ihr wisst, wie sehr ich Euch schätze – und ob Ihr Erfolg habt oder nicht; Ihr werdet mich für immer zu großem Dank verpflichten. Sigmar sei mit Euch.“

Die Hexenjäger quittierten den Segen mit einem knappen Nicken. Dann winkte ihnen Dariya zum Gehen. Der Diener schloss hinter ihnen die Tür.

Der Kurfürst blieb allein zurück und stützte den Kopf in die Hände. Er blickte auf die Landkarte und umfuhr im Geist das betroffene Gebiet… Moosbach, Neukirch, Zipf, Marberg; das Steinbachtal, den Hundsheimer Wald. So viele Menschen… und die meisten von ihnen ahnten keine Gefahr.

„Herr Sigmar“, murmelte Haupt-Anderssen, „beschütze meine Untertanen. Und beschütze Dariya von Hornberg und ihre Leute! Ich hoffe, ich habe das Richtige getan.“