Der Turm des Necrarch: Eine Kampagne nach Mordheim-Regeln in Sylvania

Man versetzt sich sehr in die Geschichte und es zeigt auch nochmal wie viel Storypotential in Warhammer steckt!
Hey Abbertoth, danke fürs Reinschauen. 😍 Ich bin selbst immer wieder erstaunt, wie sehr sich beim Zocken in meinem Kopf ganze Geschichten abspielen, und das ist für mich auch eine der ganz besonderen Qualitäten von Warhammer. Dabei hab ich bis heute keinen einzigen Roman aus der Black Library gelesen; ich stütze mich ausschließlich auf Armeebücher und ähnliches Hintergrundmaterial. Aber irgendwie entstehen die Geschichten von selbst, was einfach an der beispielhaften Tiefe des Hintergrunds liegt.

Apropos Hintergrund... Die Fotohintergründe sind einfach bloß schwarz übermalt. Ich bin kein Profi in solchen Sachen. Ich benutze Gimp und kenne selbst dort viele Funktionen nicht. Aber ich hab immerhin rausgekriegt, wie man Bildbereiche nachträglich abdunkelt ("Nachbelichten"). Damit kann man dann wenigstens so ein ganz bisschen die Nacht andeuten.
 
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Reaktionen: OcOj und Abbertoth
Tja... wir sind im Moment so angeheizt, und dass wir uns gleich heute noch mal für das nächste Spiel getroffen haben.
Bei der Gelegenheit haben wir auch beschlossen, dass Tag- und Nachtphase künftig Einzelspiele sind, denn es passiert in den zwölf Zügen einfach so viel, dass wir danach erst mal pausieren müssen. Daher zählt das heutige Spiel nun als Nummer 3.


Spiel 3: Nacht
Start: 7 Uhr abends


Es war dramatisch. Eigentlich hatten wir beide am Anfang nicht die Absicht, viel zu riskieren, und wollten uns eher zurückhalten. Aber irgendwie gab dann eins das andere, und am Ende kam es doch wieder zu einer Massenschlacht.

Im Schutz der Dunkelheit rückten die Untoten einmal mehr auf das Dorf vor.

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Ogul der Bucklige, inzwischen mit einer Armbrust ausgerüstet, hielt sich zwischen den Bäumen versteckt und schoss, während die Zombies von allen Seiten auf die Mauern und Zäune des Dorfes zuwankten. Getroffen hat er allerdings trotz zahlreicher Versuche nichts mit seiner BF von 2.

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Diesmal fackelten auch die Hexenjäger nicht lange, sondern traten in einer fast geschlossenen Formation an, verstärkt um zwei neue Zeloten und einen rekrutierten Dorfbewohner.

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In der ersten Nahkampfbegegnung sah es noch gut aus für die Hexenjäger. Priester Kettler stürmte vor, wobei er erfolgreich sein Gebet sprach und sich +1 auf Stärke und doppelten Schaden verlieh („Hammer des Sigmar“). Einige Zombies fielen – doch dann gelangte das mächtige Konstrukt, nun mit Widerstand 5, auf den Kampfplatz. Inquisitor Ansgar bestand seinen Angsttest, stürmte vor und zog sogar den rekrutierten Dorfbewohner mit sich. Doch gegen den erhöhten Widerstand der tobenden Bestie war nicht anzukommen.

Währenddessen hatte Adrámalech von seinem Turm aus versucht, Dorfbewohner mit seiner hypnotischen Vision zu belegen, um sie in den Turm zu locken. Als dies wieder und wieder misslang, beschloss er, diesmal persönlich in den Kampf einzugreifen. Mit seiner neu erworbenen Fähigkeit „Flug der Fledermaus“ schoss er in Gestalt einer geflügelten dunklen Wolke aus einem Fenster hervor und materialisierte sich direkt auf dem Kampfplatz.

Dann ging alles ganz schnell: Ein Flagellant fiel unter Adrámalechs vergiftetem Dolch, und einen Zeloten schleuderte er gegen einen Baum, wo er mit verrenkten Gliedern liegenblieb.

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Der hinkende Zacharias (-1 auf Bewegung durch Beinwunde) wurde von Skelettkriegern niedergeschlagen und ausgeschaltet. Zwei Zombies stellten Frido, den Kampfhund der Hexenjäger, und rissen das arme Tier in Stücke. Ein weiterer Zelot starb beim Versuch, die Dorfmauer zu verteidigen, und Sigmarpriester Kettler fiel im Kampf gegen das Konstrukt.

Wieder blieb nur eine Option: Freiwillige Flucht.

Ergebnis: Sieg der Untoten. Sie verloren erneut ihren Todeswolf, doch nach dem Spiel konnte er wiederbelebt werden. Ansonsten war der Sensenschwinger Lurk (menschlicher Diener des Vampirs) ihr einziger Verlust, und auch dieser erholte sich vollständig.

Auf Seiten der Hexenjäger ging es weniger glimpflich aus. Ein unglücklicher Zelot erlag seinen Verletzungen, und auch Frido, der Kampfhund, war nicht zu retten. Der gebeutelte Zacharias, bereits von einer Beinwunde geplagt, erhielt eine weitere schwere Verletzung an der Brust. Mit -1 auf Bewegung und -1 auf Widerstand war er nun quasi kampfunfähig, und die Hexenjäger beschlossen, den betagten Kämpen aus seinem Dienst zu entlassen. Er wird mit dem Fuhrwerk nach Leicheberg zurückgeschickt und verbleibt dort in der Obhut eines Baders, der sich um ihn kümmert. Später, auf dem Rückweg nach Stirland, werden die Hexenjäger ihn wieder abholen, damit er seinen Ruhestand in seiner Heimat genießen kann.

Ein Lichtblick waren jedoch die Steigerungen. Inquisitor Ansgar erlernt Schmetterschlag (+1 Stärke im Nahkampf); seine Tochter Dariya wird Schnelle Schützin (2x schießen). Priester Kettler erhöht seine Stärke auf 4, und der Helden-Flagellant – Spitzname „Strafender Arm“ - wird Muskelprotz und darf mit seiner Zweihandwaffe künftig nach Initiativreihenfolge zuschlagen. Die Zeloten-Gruppe hat zwar eins ihrer Mitglieder verloren, steigert aber ihr KG auf 3.

Für den ausgefallenen Zacharias wird ein neuer Hexenjäger berufen: Eben derselbe Dorfbewohner, der im vergangenen Kampf so mutig an Ansgars Seite ausgehalten hat. Sein Name ist Martin, und er erhält die gleiche Ausrüstung wie sein Vorgänger.


Auf Seiten der Untoten steigert Ogul, der Bucklige. Obwohl er nun eine Armbrust trägt, erhält er eine zweite Attacke und ist damit gleich gut für Nah- und Fernkampf geeignet. Eine BF-Steigerung wäre dem Vampir allerdings lieber gewesen.

Adrámalech versucht zum zweiten Mal, sein Konstrukt zu verbessern (Kosten nunmehr: 30 gc). Erneut gelingt die Operation, und das Konstrukt erhält +1 KG durch Ghoul-Klauen. Außerdem lernt Adrámalech den Zauber Dolch des Kharnak (8+): Damit kann er seine Nahkampfwaffe in einen flammenden Dolch verwandeln und erhält bis zum Ende des Spielzuges +1 Kampfgeschick und +1 Attacke.

Zusätzlich hat Adrámalech in diesem Spiel zwei Gegner ausgeschaltet, die er aussaugen kann. Seine Lebenspunkte steigen auf 4. Damit ist der Vampir, der eigentlich gar kein Kämpfer ist, ein gefährlicherer Gegner als je.
 
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Nun wissen die Hexenjäger, womit sie es zu tun haben...

Dariya kämpfte mit den Tränen, als der Scheiterhaufen entzündet wurde. Sie hatten beschlossen, sowohl den gefallenen Zeloten als auch den Hund zu verbrennen, denn es erschien ihnen zu gefährlich, die sterblichen Überreste in sylvanischer Erde zu begraben. Zu viele Zombies und Todeswölfe hatten ihnen demonstriert, wie unruhig die Toten – Mensch oder Tier – in diesem verfluchten Land schliefen. Den Zeloten hatte Dariya kaum gekannt, und sie empfand ein etwas schlechtes Gewissen, weil sie mehr um den Hund trauerte. Frido war ein langjähriger Kampfgefährte gewesen, und mehr als einmal hatte er sie vor Gefahren gewarnt und ihr dadurch das Leben gerettet. Frado, sein Gefährte, machte einen ähnlich bedrückten Eindruck: Er hatte sich zu Dariyas Füßen niedergelassen und die Schnauze zwischen die Pfoten gelegt, während sich die Glut des Feuers in seinen braunen Hundeaugen spiegelte.

Es war ein trauriger Morgen. Gerade erst hatte sich die Gruppe von Zacharias getrennt, dessen erneute schwere Verletzung es ihm unmöglich machte, weiter am Kampf teilzunehmen. Ansgar hatte beschlossen, ihn mit dem Fuhrwerk nach Leicheberg zurückzuschicken, begleitet von zweien der Zeloten. In der Stadt gab es einen Bader, der sich gegen angemessene Bezahlung um ihn kümmern würde. Der alte Kämpe hatte sich nur widerwillig in sein Schicksal ergeben, doch er hatte keine Wahl gehabt. Seine Brustverletzung war zu schwer. Sie hatten ihn mit einer Bahre auf den Wagen heben müssen, und seine letzten Worte waren gewesen: „Tut mir einen Gefallen. Tötet diese Bestie!“… womit er das Monstrum meinte, das ihn niedergeschlagen hatte.

Seine Stelle wurde nun von Martin eingenommen, einem jungen Mann aus dem Dorf, der sich in der vergangenen Nacht durch seinen Mut ausgezeichnet hatte. Natürlich war er kein geübter Kämpfer, und es würde Zeit und Mühe kosten, bis er ein Schwert handzuhaben verstand. Vorläufig erhielt er eine Axt und einen Schild, weil damit leichter umzugehen war, und Helmuth und Dariya trainierten ihn abwechselnd. Auch eine Weste und einen Hut aus dem Bestand der Hexenjäger hatte er bekommen, und damit sah er schon fast wie ein Rekrut der stirländischen Staatstruppen aus. Auf den Hut war er in kindlicher Weise stolz, denn einen derartigen Kopfschmuck gab es bei den Dorfleuten nicht. Gegenüber den Hexenjägern blieb er schüchtern, fast unterwürfig. Als Ansgar ihm den Amtseid abgenommen hatte, war er auf die Knie gefallen, und wenn Priester Kettler ihn in die Lehren des Sigmarkults einführte, hörte er gesenkten Hauptes zu und merkte sich jedes Wort. Sein Eifer mochte größer sein als seine Kampfkraft; dennoch respektierten ihn alle und begrüßten seine Rekrutierung. Lediglich die Familie des jungen Mannes war wenig begeistert, denn wahrscheinlich ahnten sie, dass Martin das Dorf mit den Hexenjägern verlassen würde, wenn die Bedrohung vorüber war – vorausgesetzt, sie waren siegreich und er blieb am Leben.

Am Mittag berief Ansgar ein Treffen ein, zu dem nur seine engsten Mitstreiter geladen waren: Dariya, Helmuth und der Priester. Sie trafen sich ein Stück abseits des Dorfes, denn der Inquisitor wollte keine Zuhörer. Man sah ihm an, dass er etwas Ernstes mitzuteilen hatte, das nicht für aller Ohren bestimmt war.

„Ich glaube, ich weiß jetzt, womit wir es zu tun haben“, eröffnete er seinen Gefährten, als sie sich auf den Mauerresten einer abgerissenen Scheune niedergelassen hatten. „Schon länger hatte ich diesen Verdacht, aber nachdem sich der Anführer unserer Feinde erstmals gezeigt hat, zweifle ich nicht mehr.“

„Ich habe ihn nicht deutlich gesehen“, sagte Dariya. „Er war wie in Schatten gehüllt, und er bewegte sich unnatürlich schnell… nicht wie ein Mensch.“

Ansgar nickte. „Es ist ein Vampir.“

Dem folgte beklommenes Schweigen. Keiner der Anwesenden hatte es je mit einem leibhaftigen Vampir zu tun gehabt. Bei früheren Aufträgen hatten sie es schon mit den verschiedensten Gegnern aufgenommen: Abtrünnigen Magiern, Chaoskultisten, Hexenzirkeln und Ghoulmeuten. Selten hatte es sich um Untote gehandelt, und wenn, dann war in der Regel ein menschlicher Nekromant die Quelle des Übels gewesen. Natürlich wussten alle, was es mit Vampiren auf sich hatte, weil das zur Grundausbildung aller Hexenjäger gehörte, doch dieses Wissen war rein theoretischer Natur.

„Ich wäre jede Wette eingegangen, dass es sich um einen Nekromanten handelt“, sagte der Priester. „Ruchlos und mächtig… aber lebendig. Ist es nicht untypisch für einen Vampir, sich an einem so einsamen Ort mitten im Wald zu verbergen? Würde er nicht ständig Opfer brauchen, deren Blut er aussaugen kann? Aus dem Dorf sind zwar Leute verschwunden, aber nur sehr wenige und über einen Zeitraum von vielen Jahren.“

„Richtig“, bestätigte Ansgar. „Und eben deshalb glaube ich, dass es sich um eine besondere Art von Vampir handelt – eine Art, die äußerst selten ist, und deren Existenz von manchen sogar bestritten wird. Ich selbst hatte Zweifel… bis gestern Nacht.“

„Dann sag uns doch, was du vermutest“, bat Dariya.

Ansgar seufzte. „Das muss ich wohl, damit ihr versteht, womit wir es zu tun haben. Doch ich muss euch warnen: Sprecht mit den anderen nicht darüber – das werde ich selbst tun, falls es sich als notwendig erweist. Bis dahin sollten sie nicht unnötig geängstigt werden. Das Wissen, das ich jetzt mit euch teilen muss, gehört zu den Dingen, die man selbst den Anwärtern unseres heiligen Ordens nur offenbart, wenn es unumgänglich ist. Habt ihr je von den Necrarch gehört?“

„Das ist ein Name, der mir hier und dort in den alten Schriften begegnet ist“, sagte der Priester. „Aber nirgends wurde erklärt, was sich dahinter verbirgt.“

„Aus gutem Grund. Ihr wisst sicherlich alle, dass man die Vampire nach der Abstammung klassifiziert, in der sie einander durch das scheußliche Ritual des Blutkusses verbunden sind?“

Die drei Zuhörer nickten einträchtig.

„Und ihr kennt die verschiedenen Blutlinien?“

„Einige zumindest“, sagte Dariya, die sich an ihre Lehrstunden erinnerte und ihrem Vater beweisen wollte, dass sie eine aufmerksame Schülerin gewesen war. „Da ist zunächst einmal die Linie der von Carsteins, der einstmals herrschenden Dynastie in Sylvania.“

Ansgar lächelte anerkennend. „Kriegst du sie noch zusammen?“

„Vlad, Konrad, und… Manfred“, memorierte Dariya nach kurzem Nachdenken. „Alle drei bedrängten das Imperium mit Krieg. Aber das war vor vierhundert Jahren, und seitdem hat man nichts mehr von ihnen gehört. Vlad fiel vor den Toren von Altdorf, Konrad in der Schlacht von Grimmmoor und Manfred bei Hel Fenn.“

„Sehr gut“, lobte ihr Vater. „Doch es gibt noch andere Blutlinien. Wenn die uralten Dokumente im Tempel zu Altdorf die Wahrheit berichten, dann entstand der Vampirismus vor Tausenden von Jahren im Wüstenreich Nehekhara, und zwar unter der Ägide einer bösen Königin, deren Name vergessen ist. Ihr Gefolge floh, als sie besiegt wurde, und zerstreute sich über die gesamte Welt. Einige dieser Verfluchten sind namentlich bekannt, zum Beispiel Abhorash, der die Linie der Blutdrachen begründete, oder Ushoran, der Herrscher des untergegangenen Strigos. Einen Vampir jedoch gab es, über den sehr wenig bekannt ist. Die Sage nennt ihn Wsoran oder Vysoran. Er soll ein großer Magier gewesen sein, und am tiefsten in das verbotene Wissen jenes Großen Verfluchten eingeweiht, dessen Namen wir nie aussprechen.“

Alle wussten, dass von Nagash, dem unsterblichen Meisternekromanten die Rede war.

„Wsoran“, fuhr Ansgar fort, „hatte nur wenige Anhänger, und noch weniger erhielten den Blutkuss von ihm. Man nannte sie die Necrarch, die Meisterzauberer unter den Vampiren. Viele Historiker glauben, sie seien im Lauf der Jahrtausende ausgestorben, und andere bezweifeln, dass es sie jemals gab. Doch was ich in den vergangenen Tagen gesehen habe, passt zu dem Wenigen, was über die Necrarch bekannt ist. Sie sind die seltenste, aber wahrscheinlich die gefährlichste Blutlinie der Vampire. Dabei sind sie weder Kämpfer noch Feldherren, führen keine Kriege und mischen sich nicht in die Geschicke der sterblichen Reiche ein.“

„Was macht sie dann so gefährlich?“, staunte Helmuth.

„Ihre Meisterschaft in der Magie. Sie verbringen ihr endloses Leben damit, die Geheimnisse der Schwarzen Kunst zu studieren, und in dieser Disziplin übertreffen sie andere Vampire ebenso wie alle sterblichen Zauberer, die Anbeter der dunklen Götter eingeschlossen. Sie nehmen nur selten Blut zu sich, denn ihre magischen Fähigkeiten erlauben es ihnen, Jahre oder gar Jahrzehnte ohne Nahrung auszukommen. Tatsächlich versuchen sie, den Blutdurst gänzlich zu besiegen. Doch das heißt nicht etwa, dass sie weniger Schaden anrichten. Wenn sie es nämlich so weit bringen sollten, keine lebenden Opfer mehr zu brauchen, wäre ihr eigentliches Ziel in Reichweite: Die Vernichtung allen Lebens auf der Welt. Die Necrarch verfolgen die Vision des Großen Verfluchten: Sie wollen eine Welt erschaffen, in der es nur noch Untote gibt, und die zu einer kalten, doch immerwährenden Ordnung erstarrt. Um dies zu erreichen, ziehen sie sich an die entlegensten Orte jenseits aller Zivilisation zurück, brüten über uralten Schriftrollen und forschen nach den mächtigsten und verheerendsten Zaubern. Von ihren verdorbenen Horten breiten sich Seuchen und giftige Miasmen aus, um alles Lebendige im Umkreis zu vernichten. Gleichzeitig schützen sie ihre Verstecke durch magische Bannsprüche und Illusionen, sodass sie schwer zu entdecken sind.“

Die Zuhörer schauderten. Es war Dariya, die sich als erste wieder fasste.

„Du glaubst also, dass es ein Necrarch ist, weil er seinen Turm durch einen magischen Bann schützt?“

„Nicht nur deshalb“, sagte Ansgar. „Auch alles andere, was wir gesehen haben, passt dazu. Ein Necrarch ist kein Krieger, wenn auch immer noch stärker und gewandter als jeder Mensch. Er wird sich verborgen halten und seine Diener vorschicken, während er selbst sich eher auf magische Mittel verlässt und nur selten persönlich in einen Kampf eingreift. Meist verfügt er über einen kleinen Kader menschlicher Diener, die er mit einer Mischung aus Autorität, Schmeichelei und magischer Kontrolle gefügig macht. Wir haben solche Diener gesehen: Entstellte, verwachsene und dennoch eindeutig lebende Menschen, die ihrem Meister mit fanatischer Hingabe hörig sind.“

„Und dieses riesige Monstrum?“, warf der Priester ein. „Das aussieht, als wäre es aus Teilen verschiedener Kreaturen zusammengesetzt?“

„Auch das passt zu meiner Vermutung. Die Necrarch sind nämlich nicht nur Magier, sondern auch die Gelehrten und Forscher unter den Vampiren. Sie studieren die Sterne, die Alchemie, die Anatomie und sogar die Medizin, auch wenn sie all ihr Wissen nur für dunkle Zwecke gebrauchen. Es heißt, dass zu ihrer Vision einer leblosen Welt auch neue, von ihnen selbst erschaffene Geschöpfe gehören. Sie flicken sie aus Leichenteilen und Tierkadavern zusammen und erwecken sie mittels Magie zu einer untoten Existenz. Solche Konstrukte vermögen sie ebenso leicht ihrem Willen zu unterwerfen wie ganze Horden von Zombies und Skelettkriegern. All das haben wir gesehen, und es lässt nur den Schluss zu, dass unser Feind ein uralter Schüler des Wsoran ist - einer, der jenen finsteren Turm in Besitz genommen hat und von dort aus seine scheußlichen Kreationen verbreitet.“

Wieder schwiegen alle eine Weile, um das Gehörte zu verarbeiten.

„Wenn es so ist“, setzte Helmuth schließlich an, „wie bekämpfen wir ihn dann?“

„Wir haben einen Vorteil“, sagte Ansgar. „Ein Necrarch liebt die Ruhe und Zurückgezogenheit, in der er sich seinen magischen Studien widmen kann. Er wird seinen Turm nur verlassen, wenn es unbedingt nötig ist. Am Tag wird er in seinem Sarg ruhen und die Verteidigung seinen Dienern überlassen. Er ist wie die Spinne, die in ihrem Netztrichter hockt und nur hervorkommt, wenn sie entweder leichte Beute machen kann oder bedroht wird. Das können wir ausnutzen. Wir müssen ihn in seinem Turm belagern, seine Diener dezimieren und ihm keine Ruhe gönnen. Irgendwann wird er hervorkommen, und auf diesen Augenblick müssen wir hinarbeiten.“

„Aber wie?“, fragte der Priester. „Der Bann, der seinen Turm umgibt, schwächt uns, und meine Gebete vermögen diesen Zauber nicht aufzuheben.“

„Ich weiß. Deshalb müssen wir seine Diener aus dem Bannkreis herauslocken. Einen nach dem anderen müssen wir sie ausschalten, bis nur noch er selber übrig ist. Dann muss er sich stellen, und allein wird selbst er es nicht mit unserer ganzen Truppe aufnehmen können… das hoffe ich wenigstens.“

„Wir könnten seine Diener aus der Entfernung beschießen“, schlug Dariya vor. „Ich habe in den letzten Tagen ständig trainiert und kann jetzt schneller nachladen als je zuvor. Damit könnten wir sie aus dem Bannkreis herauslocken.“

„Genau daran hatte ich gedacht“, bestätigte ihr Vater. „Und wir müssen es bei Tageslicht tun, damit wir bessere Sicht haben und der Vampir sich vorläufig nicht einmischen kann.“

„Ich kann auch recht gut mit einem Bogen schießen“, ergänzte Helmuth. „Es widerstrebt mir zwar, aus feigem Abstand kämpfen, aber im Moment ist das wohl unsere beste Chance.“

„Worauf warten wir dann noch?“, fragte Dariya und griff nach ihrer Armbrust.

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Nachtrag von gestern: Wir haben auch die Tag-Phase noch gespielt, die dann Spiel 4 bildet.

Spiel 4: Tag

Die Hexenjäger wollten ihren Plan umsetzen, die Untoten herauszulocken und durch Beschuss zu dezimieren. Dabei galt es die Tatsache auszunutzen, dass Adrámalech schlief und seine Diener – bis auf die drei lebendigen – bei Tageslicht nicht sprinten durften. Ansgars Truppe bildete zwei Gruppen, die sich aus unterschiedlichen Richtungen dem Turm näherten, um die Streitkräfte der Untoten zur Aufteilung zu zwingen. Dies gelang auch zunächst. Die Schergen des Vampirs verließen den Turm und strömten ins Freie.

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Dennoch ließ sich der Nahkampf nicht vermeiden, obwohl die Hexenjäger wieder und wieder zurückfielen, um die Untoten zum Nachrücken zu nötigen. Wütend stürmte das Gefolge des Vampirs ihnen hinterher, und obwohl sie nicht sprinten durften, erreichten sie die Linien ihrer Feinde. Ogul, Darok und Lurk, die menschlichen Diener, fielen mit einer schlurfenden Mannschaft aus Zombies und Skelettkriegern über die Gegner her. Das Konstrukt schaffte es durch einen plötzlichen Richtungswechsel, in den Nahkampf mit Ansgar und Dariya zu gelangen. (Ich zitterte, denn ich sah meine beiden Lieblingscharaktere bereits unter den Hieben des Riesen zu Boden gehen…)

Doch das Wunder geschah: Die fuchtelnden Kolbenarme des Monsters verfehlten mehrfach, und mit vereinten Kräften gelang es Vater und Tochter, das Biest erst zu verwunden und dann auszuschalten.

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Auch die anderen Hexenjäger schlugen sich tapfer, besonders Priester Kettler, der nun mit Stärke 4 und einem erfolgreichen Sigmar-Gebet auf den Lippen kämpfte. Nur ein einziger Zelot verpatzte seinen Angsttest; die übrigen hielten die Linie, und sowohl Helmuth als auch der neue Hexenjäger machten Gegner nieder.

Kampfhund Frado beschloss, seinen getöteten Bruder zu rächen, ging auf den Todeswolf los und warf das Ungeheuer, das dreimal so groß wie er selbst war, mit klaffender Kehle in den Staub. Tierische Rache! Es war allerdings Frados letzte Aktion, denn kurz darauf folgte er seinem Bruder ins Grab, von Zombies überwältigt.

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Der Kampf dauerte bis über den Sonnenuntergang hinaus. In seiner Gruft wütete Adrámalech verzweifelt und wartete auf das Verlöschen der letzten Sonnenstrahlen, um endlich seinen Turm verlassen und in den Kampf eingreifen zu können. Doch als es schließlich so weit war und er mit Flug der Fledermaus ins Freie schoss, war es bereits zu spät: Nahezu seine gesamte Dienerschaft war ausgelöscht, und ein verpatzter Rückzugstest zwang ihn zur Aufgabe.

Ergebnis: Klarer Sieg der Hexenjäger, wenn auch mit Verlusten. Beide Kampfhunde sind tot. Dariya wurde im Nahkampf einmal zu Boden geschlagen, wobei ihre Armbrust zu Bruch ging. Hexenjäger Helmuth ist verletzt und muss das nächste Spiel aussetzen, um sich zu erholen. Dafür allerdings ist er nun so schwer gezeichnet, dass er furchteinflößend wird – mit der Folge, dass er nicht mehr auf Angst testen muss, wenn er Untote angreift.

Neuzugang Martin, der Junge aus dem Dorf, hat einen Schmiss quer übers Auge erhalten, wodurch seine BF auf 2 sinkt – nicht weiter schlimm, denn er hat sich als Nahkämpfer bewährt und wird keine Fernwaffe brauchen.

Der Erfolg der Hexenjäger wiegt die Verluste auf: Sie finden einiges an Wertsachen, bekommen eine Menge Gold und können Dariya eine neue Armbrust beschaffen. Außerdem kaufen sie den Dorfbewohnern zwei Hunde ab, um sie zu neuen Kampfhunden auszubilden. Dariya hat an diesem Tag vier Zombies erschossen und steigert ihr BF auf 4. Auch Priester Kettler steigert und erhält Widerstand 4 – ein wahrer Segen für den ohnehin schon zähen Nahkämpfer.

Auf Seiten der Untoten ist der Jammer groß. Zwar kann Adrámalech sein ausgeschaltetes Konstrukt mit einer Notoperation retten, doch er verliert 4 Zombies und einen Skelettkrieger. Alle drei menschlichen Diener sind ausgeschaltet worden, erholen sich aber und gleichen ihre Verwundungen teils durch Steigerungen aus. Dennoch ist die Bande zusammengeschmolzen, und die begrenzten Mittel erlauben keine Neuanschaffungen, sondern bloß den Ausgleich der Verluste.

Dieses Desaster hat Folgen...
 
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(Bildquelle: Pixabay, bearbeitet)

Adrámalech tobte vor Wut. In dem Raum, der ihm als Labor und zugleich als Studierzimmer diente, brach das Chaos aus, als seine nicht mehr zu bändigende Raserei sich in Blitzen magischer Energie entlud: Bücher und Schriftrollen schossen hin und her; Regale stürzten um und Tiegel voll alchemistischer Essenzen zerschellten an den Wänden. Dem Vampir war es gleich, zumindest in diesem Augenblick. Er konzentrierte sich auf seine drei menschlichen Diener, die er mit wilden Gesten seiner Hände durch die Luft schleuderte und von einer Wand an die nächste klatschen ließ. Ogul, der Bucklige, schrie wie ein Ferkel unter dem Dolch des Metzgers, während er auf und ab hüpfte wie ein geprellter Ball. Darok knallte mit dem Rücken gegen ein Regal, sank daran herab und wurde unter einer Lawine aus Büchern begraben. Lurk klebte an der Decke, und als Adrámalech ihn herabfallen ließ, landete er auf einem Haufen astronomischer Instrumente, die knirschend zerbrachen.

Elende… lebendige… Fleischsäcke!“, schrie der Vampir und fegte ein Glasgefäß vom Tisch, das an der nächsten Wand zerbarst und einen Fleck aus giftgrüner Flüssigkeit hinterließ. „Was habt ihr euch dabei gedacht, bei Tageslicht hinauszugehen und mitten in die Armbrustbolzen unserer Feinde zu laufen?“

Für einen Moment beruhigte er sich ein wenig, was zur Folge hatte, dass all die herumfliegenden Gegenstände herabregneten und nun auch Lurk unter sich begruben. Ogul war der einzige, der noch zum Sprechen fähig war, wenn auch unterbrochen von Schmerzenslauten.

„Meifter… Meifter… wir follten doch den Turm befüpfen, während Meifter flief…“

„Ich sagte: Beschützen!“, grollte Adrámalech. „Das hättet ihr auch von drinnen tun können! Nichts weiter wäre nötig gewesen, als Türen und Fenster zu bewachen und notfalls ein paar Steine hinabzuwerfen, wenn diese Störenfriede sich zu nah herangetraut hätten. Aber stattdessen musstet ihr hinausgehen und euch abschlachten lassen wie Vieh…“

Schnaufend ging er zwischen den Trümmern auf und ab und sann auf Zauber, die schreckliche Schmerzen bereiteten, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Seine Vernunft war immerhin soweit zurückgekehrt, dass er sich davon abhalten konnte, die drei Versager zu verstümmeln oder gar zu töten. Er wusste, dass er sie brauchte – nun vielleicht mehr denn je, nachdem er zahlreiche seiner untoten Schergen verloren hatte.

„Meifter…“

„Schweig!“, schnappte Adrámalech. „Beim letzten Mal habe ich die Bestrafung aufgeschoben. Diesmal aber…“

Diesmal aber… tja, was? Er erwog alles Mögliche: Abgetrennte Finger, abgerissene Ohren, Gift- oder Seuchenzauber – doch alles, was ihm einfiel, würde seine Diener schwächen und ihre Kampfkraft beeinträchtigen. Am Ende blieb ihm nur der Darm-Verknotungsfluch, denn den konnte man jederzeit wieder aufheben. Er belegte alle drei damit und sah eine Weile zu, wie sie sich brüllend wanden und verrenkten, die Hände um ihre Bäuche gekrallt. Als er schließlich von ihnen abließ, waren Darok und Lurk bewusstlos; einzig Ogul kroch noch wie ein verwundeter Käfer über den Boden und umklammerte einen Zipfel vom Umhang seines Herrn.

„Nicht mehr, bitte, Meifter… Ogul wird allef tun, waf Meifter verlangt, Ogul fwört ef…“

„So sei es“, fauchte der Vampir. „Und ich habe Befehle für dich! Als erstes räumst du dieses Durcheinander auf.“

„Ja, Meifter, wofort, Meifter…“

„Dann schleppst du die gefallenen Zombies hierher, damit ich sie wiederbeleben kann.“

„Ja, Meif…“

„Still! Als drittes kümmerst du dich um Darok und Lurk und versorgst ihre Wunden.“

Er stieß den Buckligen mit dem Fuß von sich und begann, wieder auf und ab zu gehen. Sein Zorn war halbwegs gekühlt, und er begann, wieder strategisch zu denken.

„Die heutige Nacht und den morgigen Tag über wird keiner von euch den Turm verlassen. Wir werden unsere Feinde in Sicherheit wiegen. In der folgenden Nacht aber werden wir das Dorf überfallen und jeden von ihnen auslöschen. Ich selbst werde euch anführen, damit ihr nicht wieder Dummheiten macht. Wir werden uns nah heranschleichen und sie überrumpeln.“

„Ef… ef ift ein Priefter dabei“, wagte Ogul zittrig einzuwenden. „Ein Priefter def… Figmar.“

„Sprich diesen Namen nicht aus!“, knurrte Adrámalech. „Aber das ist umso besser. Wenn er ein mächtiger Zauberer ist, werde ich ihn gefangennehmen und in meinesgleichen verwandeln. Ich könnte einen Lehrling gebrauchen, denn von euch drei Bastarden taugt keiner dazu.“

Er rieb sich die knochigen Hände. Je länger er darüber nachdachte, desto besser gefiel ihm dieser Plan.

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(Pixabay, bearbeitet)
Adrámalech in seinem verwüsteten Studierzimmer
 
Vielen Dank! ? Wir haben es tatsächlich noch geschafft, ein weiteres Spiel heute nach der Arbeit zu machen. Das Schöne an Mordheim ist ja, dass die Spiele nicht lange dauern, meist nur eine Stunde. Dabei ist etwas ziemlich Aufregendes passiert, das ich sofort schriftlich festhalten musste.


Spiel 5: Nacht

Wir hatten vereinbart, dass die Untoten ihren Plan realisieren und einen Überraschungsangriff führen sollten. Sie durften sich in 18 Zoll Abstand zum Dorf aufstellen, was „außer Sicht“ bedeutete, da wir für die Nacht eine maximale Sichtweite von 16 Zoll vereinbart hatten. Zum Ausgleich wurde beschlossen, dass die Hexenjäger mit einem Überfall rechneten und sich entsprechend defensiv aufstellen durften. Dabei besetzten Ansgar und Dariya das Fuhrwerk, das für die beiden Schützen eine erhöhte Position mit gutem Überblick bot. Alle Dorfbewohner waren in ihren Häusern.

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Die Untoten griffen von drei Seiten gleichzeitig an, wobei Adrámalech persönlich eine der Gruppen führte. Diesmal wurden keine Zombies als Beschussfänger vorgeschickt; stattdessen ging der Vampir sofort aufs Ganze. Inzwischen hatte er den Geschosszauber „Schwefelkugel“ gelernt und feuerte einen brennenden Ball gegen die Verteidiger, während Darok und Lurk zusammen mit dem riesigen Konstrukt von der anderen Seite her in die Siedlung eindrangen. Die Dorfbewohner in ihren Häusern zitterten und verrammelten alle Türen, als sie die Schreie und das Stampfen der Bestie hörten.

Mitten auf dem Dorfplatz kam es zum Showdown. Das Konstrukt wurde von den Hexenjägern umringt, tötete aber einen nach dem anderen. Zuerst schleuderte es den Sigmarpriester in den Staub – glatt ausgeschaltet trotz Widerstand 4 und 4+ Rüstungswurf. Auch Dariya, die todesmutig vom Wagen gesprungen war und sich in den Kampf gestürzt hatte, wurde niedergeschlagen und blieb bewusstlos auf dem Platz zurück. Erst nach vier Runden konnten ein Flagellant, zwei Zeloten und einer der neuen Kampfhunde das Konstrukt bezwingen, wobei ausgerechnet der Hund den entscheidenden Treffer landete. Wadenbeißer gegen Riesenmonster – nimm das, Frankenstein, nimm das! * wuff *

Währenddessen hatte Adrámalech es geschafft, mit seinem Flug der Fledermaus einen 12-Zoll-Sprung hinzulegen und sich auf Inquisitor Ansgar zu stürzen. Der feuerte seine Pistole ab, verfehlte aber. Der Vampir ließ seinen vergifteten Dolch hervorzucken und traf zweimal. Es folgte eine 6 auf der Verletzungstabelle – der Inquisitor wurde ausgeschaltet. So viel zum Boss-Duell.

Im folgenden Zug sprintete der Vampir zur Leiche des Sigmarpriesters und blieb dort stehen – und dann verpatzten die Hexenjäger ihren Rückzugswurf (der höchste Moralwert war nun 7, da ihr Anführer ausgeschaltet war). Die Überlebenden gaben auf und flohen vom Feld.

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Ergebnis: Sieg der Untoten.

Und mehr noch! Adrámalech war bei der Leiche des Sigmarpriesters stehengeblieben, als seine Gegner die Flucht ergriffen – und das hatte mein Gegner nicht zufällig so gemacht. Nun nämlich erinnerte er mich an die letzte Szene vor dem Spiel, die ich selbst geschrieben hatte: Adrámalech hatte davon gesprochen, den Priester gefangen zu nehmen und zum Vampir zu machen. Da die Situation dies nun tatsächlich ermöglichte, entschieden wir, es ihm zu erlauben, wobei die Regeln für „Vampir-Akolyth“ zur Anwendung kommen sollten.

Es fiel mir nicht leicht, dem zuzustimmen, aber in einer narrativen Kampagne war diese Wendung der Dinge einfach herrlich spannend. So verlor ich Raimund Kettler, meinen tapferen Sigmarpriester, und Adrámalech schleppte ihn als Beute in seinen Turm. (schluchz…)

Wir vereinbarten weiter, dass die Verwandlung nur möglich sein sollte, wenn Kettler nicht tot war, sondern sich nach dem Spiel erholte – und tatsächlich: Der Wurf auf der Tabelle für Schwere Verletzungen bestätigte sein Überleben. Adrámalech wiederum bestand den Verwandlungswurf, und so…

…wurde aus dem vormaligen Priester des Sigmar ein neues Mitglied der Vampirbande.

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Inquisitor Ansgar erholte sich zum Glück wieder, auch wenn mir vor dem Würfelwurf ziemlich mulmig war. Auch um Dariya musste ich zittern, denn das Konstrukt hatte sie ausgeschaltet, und auf der Tabelle für Schwere Verletzungen fiel ausgerechnet die 21: Das bedeutete, noch weitere W6mal auf derselben Tabelle zu würfeln, was fast immer mit schweren Verstümmelungen einhergeht. Doch ich hatte unfassbares Glück. Viermal musste ich würfeln; drei Ergebnisse lauteten auf „vollständig erholt“, und beim vierten bekam sie sogar „den Schrecken entronnen und künftig immun gegen Angst“! Besser hätte es für meine Heldin nicht laufen können.

Für den verlorenen Priester musste natürlich Ersatz geschaffen werden, denn eine Hexenjägertruppe ohne Sigmarpriester wäre nicht stilecht gewesen. So wurde beschlossen, rasch einen der Zeloten für 40gc zum Priester zu weihen und ihn entsprechend auszurüsten, wofür das Geld glücklicherweise reichte. Natürlich ist der Neuling bei Weitem nicht so stark wie einst Kettler, da er keine Steigerungen besitzt, doch ich werde ihm eine Chance geben. Rein symbolisch haben wir ihm seinen bürgerlichen Namen Felix abgenommen und nennen ihn jetzt Bruder Beatus, was hoffentlich ein gutes Omen sein wird.

Adrámalechs Triumph in dieser Nacht war übrigens noch nicht zu Ende. Er schleppte nicht nur Kettler in seinen Turm, sondern operierte auch zum dritten Mal erfolgreich sein Konstrukt. So überlebte es nicht nur, sondern gewann noch +1 Stärke dazu. (Dieser verflixte Vampir ist wirklich ein begnadeter Chirurg ---) Nun läuft das Monstrum mit KG 5, Stärke 5 und Widerstand 5 durch die Gegend… beängstigend. Seine letzte Kampfverletzung führt allerdings dazu, dass es erst einmal für ein Spiel aussetzen muss. Diese Chance sollten die Hexenjäger unbedingt nutzen.
 
Diesmal frohlockte Adrámalech. Er war als Sieger in seinen Turm zurückgekehrt, und er hatte Beute gemacht – wertvolle, vielversprechende Beute. Ein lebender Mensch lag nun auf der Liege, die ihm gewöhnlich als Operationstisch für sein Konstrukt diente, und stemmte sich vergeblich gegen die eisernen Schellen, die über seine Hand- und Fußgelenke gespannt waren. Da er noch lebte, sah Adrámalech ihn nur als durchsichtigen Schemen. Das einzige an ihm, was der Vampir klar erkennen konnte, war das Amulett mit dem Symbol des zweischweifigen Kometen, das der Mann an einer Kette um seinen Hals trug. Es leuchtete grell und tat seinen Augen weh.

„Nimm das fort!“, befahl er Ogul, der eben damit beschäftigt war, einen weiteren Eisenring um die Stirn des Mannes zu spannen. Der Bucklige gehorchte und riss das Amulett von der Kette.

„Ins Feuer!“

Das verhasste Symbol landete in der Kohlenschale, die den Raum mit ihrem flackernden Halblicht durchglühte.

„Der Herr ist trotzdem bei mir!“, brachte der Priester mit schwacher Stimme, doch ungebrochenem Mut hervor. Er vermied es, den Vampir anzusehen; seine Augen waren zur Decke gerichtet. „Er wird mich beschützen. Er wird dich und alle Unwesen deiner Art von dieser Welt fegen und ins Totenreich verbannen, wo ihr hingehört.“

„Das ist ihm schon Jahrtausende lang nicht gelungen“, spottete Adrámalech. „Ihr Menschen habt ein seltsames Vertrauen zu euren lächerlichen Göttern. Im Elend werdet ihr geboren; im Elend verbringt ihr ein paar kümmerliche Jahrzehnte; im Elend sterbt ihr – und dennoch lasst ihr nicht ab, an irgendwelche wohlmeinenden Mächte zu glauben.“

„Das unterscheidet uns von Unholden wie dir!“, fauchte der Priester. „Du und deinesgleichen… ihr glaubt an nichts.“

„Falsch“, entgegnete der Vampir. „Ich glaube an den Großen Plan. An eine Welt, in der es kein Werden und Vergehen, keine Schwäche und keine Konflikte mehr gibt. Eine Welt im kühlen Schatten, in ewiger Ordnung, in immerwährender Ruhe. - Wie ist dein Name, Fleischling?“

„Ich bin Raimund Kettler. Treuer Diener meines Herrn, des göttlichen Sigmar.“

Adrámalech lachte. „Kettler… haha! Ich werde dich ‚Kettenhund‘ nennen, denn genau das wirst du sein, mein getreuer Diener.“

Der Priester antwortete nicht, doch seine Lippen bewegten sich, als spräche er ein stummes Gebet.

„Ogul! Halte ihm die Nase zu.“ Adrámalech griff nach einem silbernen Kelch und zückte seinen Dolch. Bedächtig schnitt er sich selbst in die Armbeuge und sah zu, wie sein dunkles Blut Tropfen für Tropfen in den Kelch rann. Ein kleines Opfer – für einen lohnenden Preis.

„Was tust du da, Unhold?“, keuchte der Priester, sein Gebet unterbrechend. Nun stand ihm der Angstschweiß auf der Stirn.

„Ich mache dir ein Geschenk“, sagte der Vampir. „Eines, das du von deinem Gott nie erhalten hättest: ewiges Leben.“

„Nein! N---“

Der Priester verstummte, denn Ogul hielt ihm die Nase zu und klemmte ihm einen hölzernen Pflock zwischen die Zähne.

Adrámalech neigte den Kelch, und das Blut floss in einem dünnen Faden herab in den aufgesperrten Mund des Menschen. Er wand sich, würgte, gurgelte. Es klang, als würde er ersticken. Die Krämpfe dauerten eine Weile an; dann plötzlich lag er still, und seine Augen erstarrten. Einen Moment lang sah es so aus, als wäre er tot.

Schließlich aber begann der Körper des Mannes sich langsam, fast unmerklich zu verändern. Es sah aus, als schrumpfte sein Fleisch, sodass die Haut sich enger um die Knochen zusammenzog und sie deutlicher hervortreten ließ. Tiefe Falten gruben sich in die Haut des Gesichts und verzerrten die vormals menschlichen Züge. Die blutleeren Lippen wichen zurück, und die Zähne wuchsen in die Länge, während das Zahnfleisch grau wurde und sich von ihnen zurückzog. Der kahle Schädel bedeckte sich mit unregelmäßigen dunklen Flecken. Die Hände wurden skelettartig, und die Fingernägel schienen in die Länge zu wachsen wie sprießende Knospen an einem Ast. Der dürre Brustkorb wölbte sich und ließ die Rippen scharf hervortreten. Die letzte Veränderung betraf die Augen des Mannes. Vormals graublau, färbten sie sich nun rötlich, und die Pupillen schrumpften zur Größe von Nadelköpfen.

Adrámalech wusste, dass die Verwandlung gelungen war: Der Umriss jenes Körpers, den er vorher nur schemenhaft gesehen hatte, war für ihn fest und scharf geworden wie alles, das entweder tot oder von übernatürlichem Unleben erfüllt war. Mit einem knappen Wink bedeutete er Ogul, den Kieferpflock und die eisernen Schellen zu entfernen. Dann beugte er sich zu einem Ohr des Mannes herab, das eine eigentümlich spitze Form angenommen hatte.

„Hörst du mich, mein getreuer Diener?“

Es dauerte einen Moment, doch schließlich bewegten sich die toten Lippen.

„Ich höre dich.“

Die Stimme klang verändert, doch zugleich viel klarer und ruhiger als zuvor.

„Dein Meister spricht zu dir. Er heißt dich willkommen im Reich der Untoten. Er wird großzügig sein und dich magische Fähigkeiten lehren, die du im Leben nie besessen hast. Möchtest du das?“

„Ja, mein Meister“, raunte die tote Stimme.

„Dann erhebe dich, Priester vom Orden des Wsoran!“

Der Mann, der nicht mehr Kettler hieß, richtete sich langsam auf. Etwas steif schwang er die dürren Beine von der Liege, setzte die Füße auf den Boden, wankte kurz. Adrámalech lieh ihm einen Arm zur Stütze. Der Mann zuckte nicht zurück. Als er schließlich stand, trat der Vampir zurück und begutachtete sein Werk. Er war höchst zufrieden.

„Wie fühlst du dich, mein Diener?“, fragte er.

Der Mann, der nicht mehr Kettler war, verzog die farblosen Lippen zu einem Grinsen, das seine spitzen Zähne entblößte.

„Gut...“

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Priester Kettler hat sich sehr verändert.
 
Endlich geht's weiter... ich konnte es kaum bis zum Wochenende abwarten.

Spiel 6

Für dieses Spiel hatten wir vorab eine Verabredung getroffen, weil wir es narrativ möglichst interessant haben wollten. Die Hexenjäger würden – bei Tageslicht – versuchen, sich Zugang zum Turm zu verschaffen. Die Gelegenheit war günstig, denn der Vampir durfte den Turm bei Tag nicht verlassen, und das Konstrukt musste sich noch von einer Verletzung erholen und in diesem Spiel aussetzen. Als Ausgleich wurde den Untoten gewährt, sich „versteckt“ aufzustellen, was bedeutete: Der Spieler verzeichnete ihre Positionen auf einer Karte, die ich nicht zu sehen bekam. So wusste ich nicht, wieviele meiner Gegner sich im Turm und befanden und wieviele möglicherweise draußen, um mir in den Rücken zu fallen.

Am Anfang lief alles gut: Die Hexenjäger rückten geschlossen auf den Turm vor und ertrugen mit zusammengebissenen Zähnen den Effekt des Schutzbanns, der ihnen -1 auf sämtliche Profilwerte gab. Ansgar schickte die beiden Flagellanten vor, die selbst mit diesem Malus immer noch Stärke 5 hatten, da sie mit Zweihandwaffen zuschlugen. Wieder und wieder donnerten sie ihre mächtigen eisernen Flegel gegen die Vordertür des Turms. Es war vereinbart worden, dass die Tür Widerstand 6 und 6 Lebenspunkte haben sollte, sodass sich das Ganze absehbar über einige Runden hinziehen würde. Der Rest der Hexenjäger verteilte sich rund um den Turm, um einen möglichen Hinterhalt aus dem umgebenden Wald abzufangen.

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Doch Adrámalech war besser vorbereitet, als seine Gegner sich in ihren schlimmsten Albträumen ausgemalt hätten. Nach dem letzten Spiel hatte er den Zauber „Schwefelregen“ gelernt, und nun saß er in seiner Gruft und rezitierte mit boshaftem Grinsen die entsprechende Formel. Der Zauber gelang, und im gesamten Bereich des Bannkreises ging ein Schauer aus brennendem Schwefel nieder, der die Hexenjäger verätzte, ihre Kleider in Brand setzte und ihre Haut versengte. Bruder Beatus, den gerade erst angeworbenen neuen Sigmarpriester, traf es am härtesten: Seine Robe ging in Flammen auf, und er wälzte sich schreiend am Boden – schon tot, bevor irgendjemand herbeieilen und ihm helfen konnte. Auch ein Zelot wurde durch den Zauber ausgeschaltet.

Zugleich enthüllte sich Adrámalechs finsterer Plan: Er hatte seine Diener nicht etwa in der Nähe des Turms, sondern in einem Waldstück ganz nahe beim Dorf versteckt! Nun stürmten sie aus der Deckung und griffen das Dorf an, was unerwartet einen völlig neuen Kampfschauplatz eröffnete. Es war klar, was sie vorhatten: Sie wollten sich über die wehrlosen Dorfbewohner hermachen, billig verdiente Erfahrungspunkte einstreichen und die Hexenjäger zwingen, die Belagerung des Turms abzubrechen.

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Inquisitor Ansgar musste eine schwere Entscheidung treffen. Unwillig, die Belagerung aufzugeben, teilte er seine Truppe: Der größte Teil rannte schnellstmöglich zum Dorf zurück, alarmiert durch die Schreie der Bewohner; die beiden Flagellanten aber droschen weiter auf die Tür des Turms ein. Die Fanatiker waren ohnehin nicht mehr zu stoppen, und es galt, die Bedrohung aufrechtzuerhalten, damit eventuell im Turm zurückgebliebene Untote beschäftigt waren und sich nicht dem Angriff auf das Dorf anschließen konnten.

Unterdessen stürmten Ogul, Darok und Lurk den Dorfplatz, begleitet von dem geifernden Todeswolf wie von einem Jagdhund. Die Dorfbewohner hatten sich in ihren Häusern versteckt, doch das hielt das infernalische Trio nicht auf: Sie brachen eine Haustür auf, bereit, über die Bewohner herzufallen und leichte Beute zu machen. Wahrscheinlich planten sie auch, einen oder zwei Dorfbewohner zu verschleppen, um sie dem Vampir zum Aussaugen vorzuwerfen und seine Lebenspunkte zu erhöhen.

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Doch sie hatten nicht mit dem verzweifelten Widerstand der in die Enge getriebenen Bauern gerechnet. Zwei der vier Hausbewohner verpatzten ihren Angsttest und flohen durch ein Fenster ins Freie; zwei andere jedoch ermannten sich und gingen mit Hacke und Mistgabel auf die Eindringlinge los. Einer wurde getötet, doch der andere schaffte es, die Diener des Vampirs solange aufzuhalten, bis Rettung nahte. Ansgar und Dariya schafften es als erste in den Kampf, gefolgt von Helmuth, Martin und den Zeloten. Lurk, der Sensenschwinger, wurde vor der Tür des Hauses niedergehauen und tödlich verwundet. Auch der Todeswolf hauchte seinen untoten Atem aus, und Ogul fiel unter Dariyas Schwert.

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Der Kampf im Dorf konnte somit als Sieg der Hexenjäger verbucht werden, allerdings um den Preis dreier toter Zeloten.

Und was geschah beim Turm?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zeitgleich beim Turm...

„Herr Sigmar, stärke meinen Arm!“

Wieder und wieder schwang Neidhardt, der Flagellant, seinen schweren Flegel gegen die Tür des verfluchten Turms. Sein namenloser Kamerad stand ihm an Ausdauer nicht nach, auch wenn er es an Kraft nicht mit ihm aufnehmen konnte. Abwechselnd hieben sie drauflos, und Mal um Mal bohrten die eisernen Kugeln und Spitzen sich tiefer in das uralte Holz. Schon splitterten die Bohlen an einigen Stellen; Späne stoben auf, und die rostigen Metallbeschläge verbogen sich unter der Gewalt der Hiebe.

„Nicht nachlassen!“, schrie Neidhardt seinem Kampfgefährten zu. „Der Herr ist mit uns!“

Er verschwendete keinen Gedanken an die Tatsache, dass die Hexenjäger sie im Stich gelassen hatten und zum Dorf zurückgeeilt waren. Auch nahm er kaum wahr, dass mehrere Zombies aus dem Wald hervorgebrochen waren und sich der Treppe näherten, die zur Tür des Turms hinaufführte – ein weiterer Hinterhalt. Das war kaum anders zu erwarten gewesen. Wahrscheinlich bedeutete dies, dass sein Leben hier und heute enden würde, und ebenso das seines Kameraden. Doch es würde ein Ende sein, auf das der Herr wohlgefällig herablächelte. Wieder schwang er seinen Flegel und spürte kaum, dass seine überanstrengten Arme schmerzten. Statt nachzulassen, tat er, was er immer tat, wenn die Lage aussichtslos und seine Kraft beinahe am Ende war: Er stimmte eine Hymne an, nach einer bekannten Melodie, doch mit neuen Worten, die sich wie von selbst einstellten.

„Alles Böse hier auf Erden…“ Krach. „Hat nur eine kurze Zeit…“ Krach. „Denn es muss zunichte werden…“ Krach. „…vor Herrn Sigmars Herrlichkeit!“

Mit einem trockenen Krachen barst die Tür. Das Schloss, eine uralte Konstruktion aus rostigem Eisen, brach heraus und fiel scheppernd zu Boden, während die Reste der Tür zurückschwangen und einen dunklen Eingang freigaben.

Neidhardt gönnte sich keine Pause. Es war abzusehen, dass die Feinde bereits hinter der Tür warten und den Zugang verteidigen würden; daher ließ er seine geschundenen Arme auch jetzt nicht herabsinken. Blindlings holte er zum nächsten Schlag aus, und sein Mitstreiter tat es ihm gleich.

Zwei Skelettkrieger waren ihnen entgegengetreten, die zerbeulten Schilde erhoben. Die zackigen Spitzen von Neidhardts Flegel gruben sich ebenso leicht hinein wie zuvor in das Holz der Tür. Einer der Schilde zersprang, und der folgende Schlag fegte das Skelett in einem Schauer von Bruchstücken und Knochenmehl beiseite. Neidhardts Kamerad fing sich einen Schwertstreich an der Schulter ein, ignorierte dies jedoch und drosch wie wahnsinnig drauflos. Auch das zweite Skelett flog zur Seite und prallte gegen eine Wand.

Hinter den Knochenkriegern tauchte eine neue Gestalt aus dem Dunkel, und diesmal bewirkte der Anblick, dass Neidhardt für einen Moment innehielt. Dieses Gesicht erkannte er wieder, auch wenn es grotesk entstellt war und ein obszönes Grinsen zeigte, das sein Besitzer im Leben nie gehabt hatte.

„Willkommen!“, raunte die hagere Gestalt in der zerschlissenen Robe. „Ich habe euch schon erwartet.“

Neidhardts Kamerad wich einen Schritt zurück, plötzlich blass vor Schrecken. „Es ist der Priester!“, stieß er hervor. „Kettler…“

„Nein.“ Neidhardt schüttelte grimmig den Kopf. „Er ist es nicht... nicht mehr. Erlösen wir diese Scheußlichkeit von ihrer gotteslästerlichen Existenz!“

Neidhardt schwang seinen Flegel – doch der Untote war schneller. Geschickt wich er aus, schoss wie ein Schatten auf Neidhardts Kampfgefährten zu und versenkte einen glitzernden Dolch in dessen Brust. Der Flagellant ließ seinen Flegel fallen und sank in die Knie, die Augen noch immer voll Grauen auf den Vampir gerichtet. Dann fiel er kopfüber zu Boden und regte sich nicht mehr.

Schreiend vor Wut ging Neidhardt auf den Gegner los, doch dieser entzog sich abermals mit einer blitzschnellen Bewegung.

„Ich kenne dich!“, raunte der Vampir und zog sich einige Schritte zurück, um seinen Herausforderer spöttisch zu mustern. „Das Geschenk, das mir zuteil wurde, lässt mich tiefer blicken als jeden von euch armen Lebenden. Sie nennen dich ‚Strafender Arm‘, doch ich weiß, wer du in Wahrheit bist.“

Hör ihm nicht zu!, ermahnte Neidhardt sich selbst. Er will dich bloß verwirren.

„Du bist Neidhardt von Egling, einst ein Baron und Edelmann“, sagte der Vampir, während er mit gezücktem Dolch um seinen Gegner herumstrich. „Ein Fluch löschte deine Familie aus, denn der arme Mann, der auf deinen Befehl enthauptet wurde, sprach mit seinem letzten Atem einen Zauber.“

Er war ein schwarzer Magier!, wollte Neidhardt wütend entgegnen, doch er bezwang sich. Woher auch immer dieses untote Wesen sein Wissen bezog; es wollte ihn nur verunsichern.

„Zuerst starb deine Tochter an den Rotpocken“, wisperte der Vampir, „dann dein Sohn, und schließlich deine Frau. Dann wurde dein Landsitz von marodierenden Tiermenschen verwüstet… und du legtest all deine feinen Kleider und Würdenzeichen ab, um ein herumziehender Vagabund zu werden, ein Narr deines falschen Gottes, ein Verzweifelter ohne Heimat und Hoffnung.“

„Du siehst viel, falscher Priester“, sagte Neidhardt, der beschlossen hatte, den Listen dieses Dämons zu trotzen. „Und du magst dir mächtig vorkommen in deiner neuen Gestalt, während ich nur ein armer Büßer und Bettler bin. Doch du verdienst das Gleiche wie jener Magier, der einst unter den Händen meines Henkers starb – und diesmal führe ich das Richtschwert eigenhändig.“

„Ist es das, was du willst?“, spottete der Vampir. „Wie wäre es stattdessen mit einem Geschenk, das dein Gott dir niemals geben könnte? Du könntest unsterblich sein. Du könntest Gram und Reue für immer hinter dir lassen und meinesgleichen werden. Ich selbst ahnte nicht, wie herrlich dieses Geschenk ist, bis mein Meister es mir gewährte.“

„Ich brauche nicht mehr zu trauern, denn bald werde ich meine Lieben wiedersehen.“ Neidhardt hob seine Waffe. „Du aber, und dein Meister… ihr werdet die Ewigkeit in einem Pfuhl aus brennendem Schwefel verbringen!“

Ohne bewussten Entschluss griff er an, als würden seine Hände von einer höheren Macht geführt. Erneut tauchte der Vampir zur Seite weg – diesmal aber hatte er sich verrechnet. Neidhardt benutzte den Schwung seines Angriffs, um sich wie ein Kreisel auf der Stelle zu drehen, und erneut pfiff sein Flegel durch die Luft. Diesmal schlangen sich die Ketten, die mit Haken und Spitzen versehen waren, um den Hals des Vampirs.

„Ich befehle deine Seele zur Hölle!“, schrie Neidhardt, warf sich abermals herum und riss mit aller Gewalt am Griff seiner Waffe. Und das Wunder geschah: Der Kopf des Unwesens wurde glatt abgerissen und flog wie ein hässliches Wurfgeschoss durch die Luft, um klatschend auf den Steinfliesen zu landen. Aus dem durchtrennten Hals schoss eine Fontäne schwarzen Blutes. Dann sank das Ding, das nicht mehr Priester Kettler war, wie ein fallengelassenes Laken am Boden zusammen.

„…und meine Seele zu meinem Herrn Sigmar“, ergänzte Neidhardt. Er hatte es bereits gespürt, als er zum letzten Schlag angesetzt hatte: Fast gleichzeitig hatte eine Klinge seinen Leib von hinten durchbohrt und war knapp unter seinem Brustbein wieder ausgetreten. Es musste einer der Skelettkrieger gewesen sein, der zu Boden gegangen war und sich hinter seinem Rücken wieder erhoben hatte.

Jetzt ist alles gut, dachte Neidhardt, der seltsamerweise keinerlei Schmerz verspürte. Ich habe den falschen Priester gefällt… Sigmar wird mir gnädig sein und mich mit den Meinigen vereinen.

Dann sank auch er auf den brüchigen Steinfliesen zusammen, die den Innenraum des Turms bedeckten.

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Ergebnis: Knapper Sieg der Untoten. Der filmreife Showdown im Turm war für uns so mitreißend, dass wir beschlossen, das Ergebnis nach dem Spiel zu modifizieren. Die Würfe auf der Tabelle für ausgeschaltete Modelle beorderten nämlich sowohl den Flagellanten als auch den Vampir-Priester (Ex-)Kettler ins Leben zurück. Das schien uns irgendwie unpassend, und so einigten wir uns darauf, dass beide tot sein und tot bleiben sollten, um diese großartige Szene im Nachhinein nicht zu entwerten.

So verlieren die Hexenjäger nun den Inkognito-Baron von Egling (alias „strafender Arm“), und Adrámalech verliert seinen Vampir-Akolythen, quasi im Austausch.

Beide Banden sind nun geschwächt, denn es gab weitere Verluste. Bruder Beatus, der gerade erst neu rekrutierte Sigmarpriester, schlug mit seinem ersten Gefecht zugleich sein letztes und erlag seinen Verbrennungen. Ein schwacher Wurf auf der Verdienst-Tabelle führte außerdem dazu, dass nicht genügend Mittel vorhanden waren, um einen neuen Priester zu berufen – die Hexenjäger müssen sich daher nun ohne geistliche Unterstützung behelfen. Stattdessen wird einer der Dorfbewohner zu einem neuen Flagellanten und schließt sich der Gruppe an.

Auch für Adrámalech ging es nicht glimpflich ab: Sein Diener Lurk, genannt Sensenschwinger, wurde tödlich verwundet. Außerdem sterben ein Skelettkrieger und der Todeswolf – der so teuer ist, dass er aktuell nicht ersetzt werden kann. Stattdessen verschafft sich der Vampir einen neuen menschlichen Diener mit vergleichbarer Ausrüstung, den er Murk nennt.
 
Spiel 7: Nacht

Tja… mit dem, was heute passiert ist, hatten wir beide nicht gerechnet.

Beide Banden waren angeschlagen, und man hätte dementsprechend zurückhaltend spielen können. Adrámalech hätte sich in seinem Turm verschanzen und einfach abwarten können, bis seine Gegner sich in vergeblichem Ansturm aufgerieben hätten. Aber das fanden wir narrativ nicht passend. Der Vampir war sauer! In Jahrhunderten hatte ihm niemand so zugesetzt wie diese penetrante Gruppe von Hexenjägern, und er war entschlossen, eine Entscheidung herbeizuführen. Die Nacht war hereingebrochen, was bedeutete, dass er seinen Turm verlassen konnte und seine Untoten sprinten durften. Diese Situation wollte er ausnutzen.

Die Hexenjäger ahnten Böses und gingen in Verteidigungsposition. Diesmal überwand ich mich, meine Kräfte aufzuteilen: Die Helden blieben im Dorf, aber ein kleines Grüppchen versteckte sich abseits im Wald, in der Hoffnung, vielleicht einige der vorrückenden Untoten abzufangen. Es waren nur entbehrliche Modelle: Ein Kampfhund, ein Flagellant, zwei Zeloten und ein rekrutierter Dorfbewohner.

Adrámalech ging zunächst geradlinig auf das Dorf los, wobei er einen weit verteilten Schutzschirm aus Zombies vorausschickte, um die Verteidiger zu binden. Das Grüppchen im Wald allerdings, das seine Flanke bedrohte, nahm er ernst – und schickte sein Konstrukt in diese Richtung, im Vertrauen darauf, dass das zehn Fuß hohe Monstrum sie entweder niedermachen oder verscheuchen würde.

Tja, und das ging dann schief. Zwar verpatzten tatsächlich zwei Zeloten ihren Angsttest; der Flagellant und der Kampfhund aber stürzten sich todesmutig auf das Monster und nahmen ihm einen seiner Lebenspunkte ab, während die tobende Scheußlichkeit im Gegenzug beide Gegner verfehlte.

Nun bekam es Adrámalech – vielleicht zum ersten Mal in seinem Unleben – mit der Angst. Sein „kleiner Liebling“ war in Gefahr. So beschloss er kurzerhand, sich der Sache selbst anzunehmen, sein Konstrukt zu retten und sich dann erst dem Angriff auf das Dorf anzuschließen. Unvermittelt schwenkte er ab, zog seinen neuen Diener als Leibwache mit sich und eilte zum Kampfplatz.

Währenddessen erreichte seine Hauptstreitmacht das Dorf – und dort lief es gar nicht gut für sie. Die Welle aus Zombies wurde gestoppt und konnte nur einen einzelnen Gegner zu Fall bringen. Ogul, Darok und zwei Skelettkrieger trafen als Verstärkung ein, doch nun stürmten ihnen die Helden der Hexenjäger entgegen: Ansgar und Dariya, Helmuth mit seiner Zweihandaxt, der neue Hexenjäger Martin und der zweite Kampfhund. Ein brutales Hauen und Stechen hob an, und obwohl die zu Boden geschlagenen Zombies ständig wieder aufstanden, unterlagen sie am Ende doch der Übermacht der Verteidiger. Ogul und Darok, den Dienern des Vampirs, ging es nicht besser. Nur einen Kampfhund konnten sie ausschalten; dann ereilte beide der gerechte Zorn der Hexenjäger.

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Doch das eigentliche Mirakel ereignete sich weitab am Waldrand. Dort hatten Adrámalech und sein neuer Diener Murk das kleine Grüppchen zweitklassiger Kämpfer erreicht, die seinem Konstrukt so unerwartet schwer zusetzten. Die Gegner waren keine Helden, sondern nur einfache Menschen mit Handwaffen, und keiner von ihnen trug eine Rüstung. Wütend fiel der Vampir über sie her, riss einen Kampfhund in Stücke und wandte sich dem nächsten Gegner zu, einem verzweifelten Zeloten. Doch er verfehlte! Dann schlug der Flagellant mit seinem Zweihandflegel zu – und schaltete das Konstrukt mit einem Doppeltreffer (2 Attacken) glatt aus. Im nächsten Zug fiel Adrámalechs Diener, während es ihm selbst nur gelang, einen seiner Gegner kurzzeitig zu betäuben. Nun stand der Vampir allein gegen eine Gruppe verzweifelter, aber todesmutiger Menschen: Zwei Zeloten, ein Dorfbewohner und der Flagellant.

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[ An dieser Stelle beschlossen wir, auf den eigentlich fälligen Rückzugstest zu verzichten. Es war einfach gerade zu spannend, um das Spiel abzubrechen. ]

Adrámalech war am Zug. Rasend vor Wut intonierte er seinen Zauber (Dolch von Karnak: +1 Attacke und KG), doch in seinem Zorn war ihm offenbar die Konzentration abhanden gekommen, und die Beschwörung misslang. Blindlings stach er mit seinem Dolch um sich und warf einen der Zeloten zu Boden, verlor aber beim Rückschlag ganze zwei seiner Lebenspunkte. Im nächsten Zug landete ausgerechnet der andere Zelot den entscheidenden Treffer, nahm den letzten Lebenspunkt des Vampirs und schleuderte ihn zu Boden. Als Untoter konnte er nicht betäubt werden, doch ein Modell am Boden kann sich nicht mehr verteidigen, sondern wird bei der nächsten Verwundung automatisch ausgeschaltet. Dies besorgte der Flagellant: Mit einem triumphierenden Schrei schwang er seinen Flegel mit den schweren Eisenkugeln an der Kette – und zerschmetterte den Schädel des Vampirs, während der rekrutierte Dorfbewohner (zur Sicherheit) die Zinken seiner Mistgabel ins Herz des Untoten stieß.

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Was für ein Ende! Adrámalechs gesamte Bande wurde bis zum letzten Modell ausgeschaltet. Auf Seiten der Hexenjäger fielen nur die beiden Hunde und ein Zelot. Vollständiger hätte der Sieg nicht sein können.
 
Das unerwartet rasche Ende der Kampagne bewog uns, eine weitere Kampagne mit derselben Hexenjägertruppe anzuschließen, quasi als Revanche. Mein Mitspieler hat dafür bereits eine sehr schöne Idee: Auf dem Rückweg werden die Hexenjäger sich im Nebel verfahren und mitten in die Spukhügel nördlich der Straße geraten, wo sie sich einer ganz neuen Bedrohung stellen müssen.

Erst einmal jedoch vervollkommnen sie ihren Sieg. Geschlossen rücken sie auf den – nun verlassenen - Turm vor, während die Nacht sich ihrem Ende zuneigt.

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Durch die bereits zerstörte Tür dringt Ansgars Truppe in den Turm ein und säubert das uralte Gebäude vom Keller bis zur Dachspitze. Der Sarg des Vampirs wird zerstört; sämtliche unheiligen Schriftrollen und Bücher werden verbrannt, und auch das alchemistische Labor geht in Flammen auf. Von diesem Turm soll nie wieder irgendeine Bedrohung für die Welt ausgehen.

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Dann heißt es Abschied nehmen: Die Hexenjäger haben ihre Aufgabe erfüllt und wollen aufbrechen. Die Dorfbewohner jedoch haben ein unerwartetes Anliegen. Sie sind nur noch sieben Personen, denn vier wurden von den Hexenjägern rekrutiert und zwei weitere im Kampf getötet. Die verbliebenen wären gar nicht mehr in der Lage, die Felder und Gärten zu bewirtschaften, und besonders die Familie des jungen Martin will sich nicht von ihrem Sohn trennen. So entscheiden sie, ihr Dorf aufzugeben und diese Stätte vergangenen Unheils zu verlassen. Mut und Tatkraft der Hexenjäger haben sie so sehr beeindruckt, dass sie entschlossen sind, sich den Fremden anzuschließen und nach Stirland überzusiedeln. Diejenigen, die noch jung genug zum Führen von Waffen sind, wollen sogar in die Reihen der Hexenjäger eintreten. Sie haben eine wichtige Erfahrung gemacht: Das Böse muss nicht hingenommen werden wie ein unabwendbares Schicksal, sondern kann bekämpft werden. Inquisitor Ansgar ist hoch erfreut und gewährt den Leuten ihren Wunsch. So besteigen nun alle gemeinsam das Fuhrwerk der Hexenjäger und machen sich auf die Reise.

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Fortsetzung folgt… vielleicht. Es hat sich letztlich doch herausgestellt, dass solche Spielberichte eher wenige Leute interessieren. Das liegt zum Einen sicherlich daran, dass es viel Text zu lesen gibt, wofür man einfach nicht immer die Geduld hat; zum Zweiten daran, dass Mordheim eben doch ein Spezialistensystem ist. Ich überlege deshalb noch, ob es sich lohnt, auch die Anschluss-Kampagne zu posten. Falls ja, würde es ohnehin ein bisschen dauern, denn mein Mitspieler baut sich dafür eine neue Bande mit eigens bestellten Modellen auf, und ich müsste erst einmal wieder Gelände basteln. Aber naja, wir schauen mal. Herzlichen Dank für die Anteilnahme an alle Leser.
 
Das Ende jetzt ist doch viel zu abrupt
Ja, fanden wir auch. ? Aber wir wollten uns eben wirklich vom Spiel leiten lassen, und was die Würfel so entscheiden, entspricht nicht immer der gewünschten Dramaturgie.

Mein Mitspieler hat die Idee eingebracht, eine "Hügelgrab-Bande" aufzustellen, also mit Fluchfürst, gerüsteten Skeletten, Geistern und Grabunholden. Klingt sehr reizvoll. Er bestellt sich extra Modelle dafür, will aber auch Deathrattle-Skelette von AOS verwenden. Wir diskutieren auch über ein "Dungeon"-Szenario, mit dem das Innere des Grabhügels dargestellt werden könnte. Es ist alles noch im Zustand des Brainstormings, aber mich reizt es sehr, und spielen werden wir es bestimmt. Wenn mir dann noch eine gute Geschichte dazu einfällt, mache ich hier bestimmt weiter.

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