Wir neigen dazu, unser eigenes Weltbild, unser eigenes Verhalten auf die Leute dort zu projizieren, aber das ist einfach fundamental falsch. Wir leben in einer anderen Gesellschaftsform, in anderen Wohlstandsverhältnissen und haben andere Moralvorstellungen.
Problematisch ist allerdings, dass man diesen Leuten dort halt, wie KOG schon sagte, eine Annäherung an die westliche Zivilisation unterstellt hat. Ob das tatsächlich von diesen Menschen auch gewünscht ist, oder ob nur der Westen (obwohl es ja schon immer kritisch ist, vom Westen als großem Ganzen zu sprechen) will, dass der Nahe Osten wie der Westen wird, bleibt hierbei natürlich fraglich.
Ich möchte behaupten, dass es einige gesellschaftliche Entwicklungen bzw. Errungenschaften gibt, die unabhängig von Kultur und Religion gelten und als gut, bzw. wertvoll zu sehen sind. Unabhängig davon gelten sollten, weltweit, egal ob Westen oder Naher Osten. Es ist wie du es selbst gesagt hast. Wenn schon nicht die Meinungsfreiheit bedingungslos akzeptiert werden muss (weil das wohl ein Recht ist, über das man als Strenggläubiger strittig sein kann, evtl. sogar muss), dann immerhin das Recht, dass die entsprechende Reaktion auf unerwünschte Meinungsäußerung wenigstens den Äußernden trifft und nicht auf mich, oder den erst besten auf der Straße, der dem "Schuldigen" ähnelt.
Jeder Mensch würde das Recht für sich in Anspruch nehmen, nicht für die "Verbrechen" eines anderes zu bezahlen, nur weil er zum Beispiel dieselbe Hautfarbe hat, oder dem selben Glauben angehört. Weil ein Christ sagt, Allah sei ja mal voll lächerlich, kann doch nicht der Rest der Christenheit zur Rechenschaft gezogen werden. Ich möchte auch gar nicht wissen, wie viele Schmähungen des Christentums (als große Ungläubigen Fraktion) in extremistischen Muslimenkreisen tagtäglich ausgesprochen oder zu Bild/ Papier gebracht werden.
Ich wüsste gerne was geschehen würde, würde der "Westen" auf die Barrikaden gehen und vom "Nahen Osten" mehr Respekt gegenüber den christlichen Werten fordern. Oder gar Botschaften anzünden.
Ansonsten muss ich doch wenigstens akzeptieren, dass in anderen Ländern der Welt andere Gesetze, Sitten, Kulturen vorherrschen. Äußern sich Westliche im eigenen Land gegenüber Mohammed/ Allah kritisch, abwertend, provozierend, satirisch (wie auch immer) und das ist dort strafrechtlich so festgehalten - gut, dann ist es so und eventuell kann ich eine Lynchung der Leute veranlassen oder sie (und nur die Schuldigen) zu einer Entschuldigung zwingen. Wie Blackorc sagte - wenn man weiß worauf man sich eingelassen hat, kann man sich eigentlich kaum beschweren.
Aber, ich kann doch nicht vom gesamten Westen eine offizielle Entschuldigung verlangen, weil irgendwo irgendwer einen Haufen Schrott produziert hat. Von mir aus können die Produzenten sich dafür entschuldigen, dass sie einen derartig schlechten Film gemacht haben.^^
Ganz ehrlich, andere Sitten und Kulturen in Ehren. Aber bitte auch von deren Seite. Man kann nicht immer Verständnis fordern ohne selbst welches aufzubringen.
Was das Verbot der Pro Deutschland Veranstaltung angeht, muss man sagen, dass es niemanden interessieren würde, würden ein paar Salafisten das Leben des Bryan vorführen und Jesus auslachen. Es würde auch niemanden interessieren, dass ein paar Pro Deutschland Heinzelmännchen den Innocence of Muslims Film zeigen, wäre es nicht gerade ein aktuelles Thema. Ich denke, ich schließe mich da KOG an. Meinungsfreiheit muss dann wohl immer gelten.
Vermutlich werden jeden Tag irgendwelche religiösen Schmähfilme zur Verhetzung irgendwo gezeigt. Hätte Pro Deutschland noch zwei Wochen gewartet, hätte es keinen mehr interessiert. (Natürlich haben sie gerade deswegen eben nicht zwei Wochen gewartet.)
Ansonsten weiß ich nicht, wieso immer gerade der Nahe Osten so sehr in Konflikt mit der westlichen Welt gerät. Ich habe manchmal das Gefühl, die Zeit sei dort vor ein paar Jahrzehnten einfach stehen geblieben. Der ferne Osten schafft es doch auch, trotz ehemaliger Konflikte mit dem "Westen", irgendwie den Wandel der Zeit zu akzeptieren und die "unwestlichen" Aspekte immerhin irgendwie intern zu halten und zu regeln. (Natürlich sind viele Konflikte im Nahen Osten deutlich aktueller, die stehengebliebenen Jahrzehnte bezogen sich mehr auf die Entwicklung von Werten und Gesellschaft.)
Zum misslungenen Raketentest von Korea gab es doch auch viele Karikaturen von Kim Jong Un überall zu sehen.
Samurai und Schlitzaugen werden jeden Tag irgendwo verballhornt. Buddha ist bei uns ein fetter Klops mit langen Ohren und wird oft genug irgendwie abwertend dargestellt. Die Hinduismus wird mit Recyclingtonnen durch den Kakao gezogen. Jesus hat schon gekifft, Gitarre gespielt, ein Kind zersägt und sich nicht die Hoden rasiert. Nur Mohammed ist ein rotes Tuch.
Wenn das so ist, wieso kann man dann nicht nach Maßstäben der Schuldigen dagegen vorgehen. Derartig irrationale Gewalt bekräftigt die Vorurteile gegenüber dem Islam doch nur. Aber wie schon mehrfach erwähnt wurde, geht es vermutlich überhaupt nicht um das Video. Die Vermutung teile ich.