Nicht mal ein Rascheln in den Blättern verriet die Jäger, die links und rechts des Weges den Wald durchkämmten, aber Hagen von Löwenstein wusste, daß sie da waren... oder zumindest hoffte er es. Aber sein Schwertmeister Gunther verzog keine Miene oder zeigte das geringste Zeichen von Unsicherheit, und das beruhigte auch den jungen Herzog. Sollte es Probleme geben, würde Gunther das als Erster merken, dessen war sich Hagen sicher. Trotzdem war er nervös. Er hatte zwar etliche Fechstunden mit dem besten Schwertmeister Averlands und beinahe noch mehr Reitstunden hinter sich, und inzwischen gab es wenige unter seinen Rittern, die ihm im Zweikampf noch wirklich überlegen wären, aber an diesem Tag bestand die Möglichkeit, daß er diese Fähigkeiten zum ersten Mal im Ernstfall einsetzen musste... und trotz all der Spannung und trotz all der Zeit, die er diesem Moment entgegengefiebert hatte: JETZT, wo der Moment tatsächlich nahe zu liegen schien, machte sich eine gewisse Beklommenheit in ihm breit, kroch von seinem Herzen aus seine Kehle hinauf und schien alle seine Glieder kalt und schwer werden zu lassen, wenn er sich zu sehr gehen liess. Lediglich das Wissen um die Anwesenheit seines Schwertmeisters an seiner Seite ließ dieses Gefühl immer wieder etwas zurückweichen.
Sie ritten gemächlich und den Wald argwöhnisch beobachtend um die nächste Biegung des Weges, als sie die zerstörte Kutsche und die ersten Leichen sahen. Noch bevor sie den ersten Schock über das, was sie sahen, überwunden hatten, raschelte es im Unterholz zu ihrer Rechten. Wie ein Mann wandte sich die Kolonne dem Geräusch zu, Schwerter fuhren aus ihren Scheiden, Ambrüste wurden angelegt und Bögen gespannt, Alle beobachteten den Punkt im Gebüsch, von dem das Geräusch ausging. Das Blattwerk teilte ich, und einer der herzöglichen Jäger stolperte auf die Lichtung.
"Wir haben Spuren eines Kampfes gefunden, mein Fürst, weitere Tote und Schleifspuren, die tiefer in den Wald führen... und jede Menge Hufabdrücke, obwohl dort unmöglich ein Pferd entlangreiten kann! Auch schien keiner der Angreifer unter den Gefallenen zu sein." Aus Richtung der Kutsche kam eine andere Stimme, ein weiterer Jäger war schon lange dabei, das Wrack zu untersuchen, und keiner von Ihnen hatte ihn offensichtlich bemerkt. "Soviel also zur aufmerksamen Beobachtung" dachte Hagen, halb wütend auf sich selbst, halb auf grimmige Art und Weise belustigt. Als er wie die Anderen seine Waffe wieder wegstecken wollte und sich zu Gunther umwandte, sah er, daß dieser nicht mehr auf seinem Pferd saß. Erschrocken sah er sich suchend um und sah Gunther zusammen mit dem anderen Jäger bei der Kutsche knien, wo er Spuren untersuchte. "Gerissener Hund" dachte Hagen, während sich ein halbwegs entspanntes Lächeln auf sein Gesicht stahl "hat er's doch besser gewusst als wir!". "Du hättest wenigstens etwas sagen können, Einige von uns sind nicht mehr die Jüngsten, Gunther, solch ein Schreck kann da tödlich sein" rief er seinem Schwertmeister lachend zu. Gunther warf einen grimmigen Blick über die Schulter und brummte "Wenn ein Schreck das Tödlichste in diesen Wäldern wäre, könnten wir uns glücklich schätzen, junger Fürst! Aber wenigstens wissen wir nun, warum Eure Verlobte so lange auf sich warten ließ". Augenblicklich erstarb das Lächeln auf Hagens Gesicht, und er stieg von seinem Pferd ab, um sich die Überreste näher zu betrachten.
"Seht, sie haben ein Loch gegraben und abgedeckt, als das linke Rad hineinfuhr, muss die Achse sofort gebrochen sein, und die Kutsche stürzte um. Die Pferde sind wohl durchgegangen, mit etwas Glück finden wir sie an der nächsten Zoll-Station.Dann ging das Gemetzel los, Ich bin sicher, daß auch einige der Angreifer gestorben sind, aber hier sind keine Leichen von ihnen zu finden...". Hagen ließ seinen Blick über die Verwüstung auf der Mitte des Weges schweifen, und tatsächlich, er sah überall nur die weiß-grauen Uniformen von Whissenland an den Toten.
"Wir werden tiefer in den Wald müssen... ich hoffe, sie ist noch am Leben" sagte Hagen tonlos, seine eigene Stimme kaum wahrnehmend. Erst jetzt wurde ihm langsam klar, was hier passiert war, daß dies kein Spiel, keine Übung und auch keine Jagd war... ihm wurde klar, daß er zu seinem Wohl oder Wehe an diesem Tag sein erstes Blut vergiessen würde... und vielleicht auch sein letztes. Und vor Allem übermannte ihn Sorge.
"Dann sind die Pferde nutzlos, wir können sie nicht im Dickicht gebrauchen, mein Fürst!". "Ja, Du hast recht Gunther" antwortete der Herzog "Ritter der Reichsgarde, nehmt Gunthers und mein Pferd mit Euch zurück zur Burg. Der Rest folgt mir in den Wald!". Mit einem knappen Nicken bestätigte der erste Ritter der Reichsgardisten den Befehl des Herzogs, zwei seiner Ritter nahmen die Pferde entgegen, dann setzte sich die schwere Reiterei in Bewegung, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Als sie die Gruppe passiert hatten, gaben sie ihren Pferden die Sporen. "Also spüre nicht nur ich diesen bedrohlichen Hauch in der Luft" raunte Hagen mit einem schiefen Grinsen seinem Schwertmeister zu, "sogar die Blüte unserer Ritterschaft scheint es nicht erwarten zu können, diesen Ort zu verlassen". Gunther konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Der kurze Moment der entspannung wurde unterbrochen, als eines der Jagdhörner aus dem Wald erklang. Wie ein Mann waren der junge Fürst und der erfahrene Veteran auf den Füßen. "Nun gut, Männer, es geht los!". Hagen zog sein Schwert und stürmte hinter den beiden Jägern her, dicht gefolgt von Gunther und danach dem Rest der Gruppe, vornehmlich Armbrustschützen und Schwertkämpfer.
Bald hörten sie den Kampfeslärm, und es schien von vorne wieder etwas heller zu werden, also nahm Hagen an, sie würden gleich eine Lichtung erreichen. Sie hatten die Lichtung fast erreicht, aber noch konnte Hagen nicht erkennen, was dort vor sich ging, er hörte nur das Klirren von Waffen und das Geschrei von Männern und... anderen Stimmen. Noch während Hagen darüber nachgrübelte, wer oder was DERARTIGE Geräusche erzeugen könnte, gab es ein Ohrenbetäubendes Krachen, ein gräßliches Gebrüll, und auf einmal sah Hagen etwas Loderndes auf ihn zurennen, wie eine groteskelaufende Fackel kam dieses Ding arwedelnd auf ihn zu und gab dabei unmenschliche Laute von sich. Hagen stand wie erstarrt im Gebüsch und starrte das Ding an, est das Sirren der Bogensehnen riss ihn aus seiner Trance. Wie ein Stein fiel das Ding zu Boden, von mehreren Pfeilen durchbohrt, und blieb liegen. Es war ein Herbstmorgen , und der Wald war nass vom Regen der Vornacht und dem Morgentau, es würde mehr als SOETWAS brauchen, um ihn in Brand zu setzen, aber Hagen verschwendete sowieso keinen ernsthaften Gedanken daran, ihn trieb nur die Sorge und der Wunsch, es Demjenigen heimzuzahlen, der diese Sorgen verursachte.
Sie hatten die Lichtung erreicht, und das Bild, daß sich ahgen bot, war grotesk: Er sah die haarigen Rücken riesiger, abscheulicher Kreaturen. Hörner wuchsen aus ihren Köpfen und ihre Beine waren wie die von Ziegen. Sie schienen irgendetwas zu belauern, daß Hagen nicht sehen konnte, da sie es von seiner Sicht abschirmten. Es mussten wenigstens 3 Dutzend dieser abscheulichen Wesen sein, aber noch schienen sie die Neuankömmlinge nicht bemerkt zu haben. Hagen sah noch zwei der Kreaturen mit bösartigen und zahlreichen Verbrennungen am Boden liegen. Gunther bemerkte, daß sein Herr wieder von der Situation überrollt zu werden drohte, also zögerte er nicht lange, sondern hob sein Schwert und schrie lauthals einen Angriffsbefehl heraus. Wieder sah es auas, als würde Hagen aus einem Rauschzustand erwachen, er schüttelte kurz den Kopf, und ging zum Angriff über. Die hinteren Reihen der Horde wirbelten herum und schrien eine Erwiderung an die Angreifer, ihre Mäuler weit aufgerissen. Diesen Anblick würde Hagen nie vergessen, dies war der letzte und endgültigte Beweis, daß diese Kreaturen echt waren, nicht nur Gerüchte oder geschickte Kostümierungen, denn er sah den Speichel aus ihren Mündern tropfen und sah den unmenschlichen Hass in ihren Augen glimmen. Mit einem verzweifelten Schrei warf er sich einer der größeren Kreaturen entgegen, wich ihrem Keulenhieb aus und schlug sein Schwert tief in die Schulter des Wesens. Schwarzes Blut spritzte, und ein verzehrter Schrei drang aus dem Maul des Wesens, als es zusammen sackte. Eine übermächtige Kampfeswut bemächtigte sich seiner, und wie im Rausch schlug er weiter auf seine Gegner ein, der Gedanke an das Gemetzel an der Kutsche und an das, was diese Wesen möglicherweise seiner Verlobten angetan hatten, verlieh ihm schier unmenschliche Kraft. Wieder gab es ein ohrenbetäubendes Krachen, und Schreie und der Geruch von verbranntem Fell und Fleisch drangen zu Hagen durch. Eine der Kreaturen, größer als die Anderen, stand vor ihm, versengt, aber dadurch nur umso wütender! Mit einem unglaublich machtvollen und vor Allem schnellen hieb schlug er nach dem jungen Fürsten, und Hagen war für einen kurzen Moment durch den gewaltigen Anblick abgelenkt, einen Augenblick zu lang. Zwar duckte er sich noch, aber zu langsam, der Hieb streifte seinen Kopf und war fihn benommen zu Boden. Sein Schwert entglitt seinen Händen, und er konnte nichts weiter tun, als dem Wesen zuzusehen, wie es erneut seinen Streitkolben hob, um diesem ungleichen Kampf ein Ende zu machen. Ein heiseres, kehliges Brüllen ertönte aus der Kehle der Bestie, doch estarb von einem Moment auf den anderen in einem Gurgeln, und schwarzes Blut spritzte aus seinem Hals, als ein schwarzer Schatten vor Hagen vorbeizuckte. Sein Blick war noch leicht verschwommen, doch jetzt erkannte er Gunther, der schützend vor ihm stand und Kampfhaltung eingenommen hatte, das Untier belauernd. Der Streitkolben entwand sich dem Griff der Bestie, als ihre Klauen nach ihrer Kehle griffen, in dem unmöglichen Versuch, das Sprudeln des Blutes und damit seinen Tod aufzuhalten. Gunther führte einen Hieb um die eigene Achse in die rechte Seite des Monsters und schickte sie damit zu Boden, der unter dem Aufprall erbebte. Dann wurde es schwarz um Hagen.
Hagen von Löwenstein erwachte in seinem Bett und das Gesicht, daß er vor sich sah, war nicht das des Morr, wie man es von so vielen Gottesbildern kannte, und wie er es erwartet hatte von dem Moment an, als er zu Boden ging, sondern ein wunderschönes engelsgleiches Gesicht, daß er schon von so vielen anderen Bildern kannte, das Gesicht seiner Verlobten Romina.
"Sie haben Euch verschont, meine Geliebte?" stieß Hagen verwirrt und gleichzeitig ungläubig vor Glück.
"Ihr habt uns gerettet, mein Fürst" erwiderte sie, "Ihr kamt gerade noch rechtzeitig, Luthor hat mir gesagt, daß er sie nicht mehr lange hätte aufhalten können... Ich war selber ohnmächtig, und weiss nichts mehr von den Vorgängen" gab sie leicht verschämt zu, als sie Hagens fragenden Blick bemerkte, der all das, was gerade auf ihn einstürzte, kaum verarbeiten konnte. "Luthor? Wer ist Luthor?" stammelte er verwirrt?
"Wenn ich mich vorstellen darf, Luthor Flammenschlag, Magier des Feuerordens zu Altdorf" erklang eine tiefe, kraftvolle Stimme, und eine prächtig berobte Gestalt mit einem eindrucksvollen, feuerroten Bart trat an sein Bett. "Ich nahm die Verfolgung der Gruppe, die Eure Braut entführt hatten, mit ein paar Getreuen auf, und es gelang uns, sie zu überwältigen. Allerdings wurden wir kurz darauf von der Hauptgruppe eingeholt, die mit der Geleitmannschaft kurzen Prozess gemacht zu haben schienen. es gelang mir zwar, die Termenschen mit meiner Feuermagie auf Distanz zu halten, aber auch ich war langsam der Erschöpfung nahe. Es war wahrlich Glück, daß ihr erschient, sonst wären Eure Braut und ich jetzt wohl tot, geopfert auf dem Altar der Dunklen Götter dieser Bestien." Ein Eiskalter Schauer lief Hagen bei diesem Gedanken über den Rücken, und er schaute seine Verlobte an, die ihm beruhigend zuzukächeln versuchte, aber ihr eigenes Unbehagen nicht wirklich verbergen konnte. "Ich danke euch, Luthor, der Dienst, den ihr mir heute erwiesen habt, ist wahrlich unbezahlbar, aber ich brauche Männer wie euch in Zeiten wie diesen. Wollt ihr über dieses Angebot nachdenken?" Mit einem Lächeln und einem Nicken gab der Zauberer sein einverständnis zu erkennen. "So sei, aber lasst uns über Alles weitere später reden, nun ist erstmal eine Hochzeit zu planen" rief Hagen und lächelte dabei seinem Schwertmeister zu, der die ganze Zeit im Hintergund gestanden und kein Wort gesprochen hatte, ihm jetzt aber ein breites Schmunzeln schenkte und ein Nicken andeutete.
Überglücklich umarmte der Fürst seine Braut, die seine Umarmung stürmisch erwiderte. Doch Hagen bemerkte den sorgenvollen Ausdruck auf dem Gesicht des Magiers. "Was besorgt euch, Luthor?" "Ich fürchte, der Tag eurer Hochzeit wird für lange Zeit der letzte Grund zum Feiern in diesen Landen sein, denn die bösen Omen häufen sich, und wir werden heute nicht das letzte Mal gegen die Anhänger des Chaos gekämpft haben!"