Um zum Ausgangs-Beitrag zurückzukehren, auf Hobby und Freizeit bezogen: ich glaube nicht, dass sich da zwangsläufig eine "Blockadehaltung" entwickeln muss bzw. dass man den Umgang damit als eine solche bezeichnen muss. Es ist doch vielmehr so, dass man das als "Setzen von Prioritäten" bezeichnen kann bzw. sollte, weil man sich ansonsten irgendwie selbst dafür fertig macht, dass es schlicht zu viel Kram gibt.
Ich persönlich beschäftige mich schon etwas länger mit Tabletop-Spielen im Allgemeinen und Games Workshop-Kram im Besonderen und konnte mir vor fünfzehn Jahren auch nicht vorstellen, mal das Interesse zu verlieren bzw. zu verlagern. Aber im Grunde ist das überhaupt nicht schlimm und auch gar nicht so schwer. Früher wollte ich immer alle Warhammer Fantasy-Armeen haben und bei Warhammer 40.000 zumindest die meisten. Von dem Gedanken konnte ich mich spätestens nach dem Einstampfen der Alten Welt verabschieden, aber auch das Konzentrieren auf Warhammer 40.000 war mir wegen des Editionenkarussels irgendwann zu blöd.
Am besten fragt man sich, was man eigentlich möchte und wie ein Spiel, an dem man längerfristig Freude hat, aussehen muss. Mittlerweile bin ich (positiv) ausgelastet mit diversen Spielen (Freebooters Fate, SAGA, Moonstone, andere historische Systeme) und Miniaturen, sodass mir nicht mehr im Traum einfiele, den GW-Zirkus mitzumachen - selbst Blood Bowl läuft vor allen Dingen über Fremdhersteller. Das heißt nicht, dass ich die Neuerscheinungen nicht aufmerksam verfolge, aber es ist einfach deutlich entspannter, wenn man sich davon einfach nicht stressen lässt. Ich finde, es ist heute angesichts der vielen Angebote hervorragender Miniaturen sogar deutlich einfacher als früher, eine passende Alternative zu finden, sodass FOMO gar nicht erst auftreten muss. Klar, wenn man besonders an Warhammer 40.000 hängt, dann kann das bitter sein, aber der Verweis auf alternative Regelsysteme (OPR wurde ja schon genannt) könnte helfen.
Bezüglich Romanreihen und Serien ist es genau das gleiche. Man muss sich selbst von dem Gedanken befreien, man habe irgendeine merkwürdige Verpflichtung, jeden Band gelesen und jede Folge gesehen zu haben. Zeit ist begrenzt, und die sollte man dahingehend nutzen, sich zu unterhalten. Wenn die Romane irgendwann langweilig werden (und das war bei der Horus Heresy irgendwann der Fall), dann muss man nicht alle davon gelesen haben. Ich habe so die ersten vierzehn, fünfzehn gelesen (damals noch von Henye verlegt, unter anderem), danach wurde es irgendwie blöd. Prospero hat gebrannt, danach ist eh alles für den...na ja, ihr wisst schon. Wenn Serien irgendwann ermüdend sind, guckt man halt nicht weiter. Ich weiß immer noch nicht, was Rick und Co. widerfährt, nachdem Negan besiegt ist, weil irgendwann der ganze Kram bei The Walking Dead total repetitiv wurde. Ich habe keine Ahnung, was Officer Gordon noch für Fälle hatte, weil Gotham irgendwann zum Gähnen langweilig wurde. Es klingt total albern, aber ich kann das schon verstehen, dass man irgendwie meint, "alles" gelesen oder geglotzt oder durchgespielt zu haben, weil...ja warum eigentlich? Damit man etwas "abgeschlossen" hat? Irgendein Achievement unlocked? Man mitreden kann? Wenn man sich das bewusst macht, lebt es sich weitaus entspannter.
Vielleicht hilft es, als ersten Schritt sozusagen, sich überhaupt klar zu machen, dass das Dinge sind, die man zum Vergnügen macht. Das ist weder Hochleistungssport, noch eine Berufung, noch der Pfad zur Erleuchtung oder sonst was. Man ist da niemandem (und auch nicht dem eigenen Komplettierungsdrang) irgendetwas schuldig.
Im Allgemeinen würde ich aber auch bei vermeintlich "trivialen" Problemen nicht in Abrede stellen, dass profesionelle Hilfe eben helfen kann. Das ist auch in keinem Fall irgendeine Art von "Schande".