Facebook Zensur in Deutschland gut, Facebook Zensur in Türkei böse?

Die Idee ist ja nett, ich wohne mittlerweile auch an einem sehr schönen Arsch der Welt. Nur sind die Leute hier alle schon alt, die Jungen hauen ab und die kommen später auch nicht wieder. Alte Menschen vertragen es nicht gut, entwurzelt zu werden (Umzüge gehören neben Arbeitslosigkeit und Tod von Angehörigen zu den größten Stressoren und kreislaufbedingten Gesundheitsrisiken im Leben, man könnte also auch sagen, dass man da absichtlich die Lebenszeit der Alten verkürzen will, wenn man boshaft wäre), die also zwangsweise irgendwo hin verfrachten, wo die Leute komisch sprechen (Sachsen, Bayern...) kanns auch nicht sein.

Das ist aus meiner Sicht vor allem eine Frage von
a) Rahmenbedingungen
b) Marketing

Im aktuellen Modell stimme ich dir zu. Wenn ich mich in einen Rentner versetze, möchte ich doch vor allem zunächst einmal dort bleiben, wo ich die größte Zeit meines Lebens verbracht habe, wo ich Wurzeln und Freunde habe, oder anders ausgedrückt schlicht in der Region, zu der ich eine emotionale Bindung habe.

Auf lange Sicht wird die Altenpflege so wie sie jetzt gerade läuft aber nicht mehr funktionieren. Wir steuern da sehenden Auges auf ein Desaster zu. Denkbar sind alle möglichen Modelle, zum Beispiel betreutes Wohnen im großen Stil (im klassischen Altenheim will doch eh keiner wohnen). Warum zieht man nicht ein "SOS Altendorf" hoch, in dem die Leute zwar unter sich sind, aber auch die nötige Betreuung erhalten und vielleicht gemeinsam mit ihren Freunden dorthin ziehen können? Eine Alten-WG mit den best Buddies aus Jugendtagen wäre doch was anderes, als ein doofes Altenheim, in dem letzten Endes die Leute eh nur zum Warten aufs Sterben geparkt werden.

Solche Modelle rechtzeitig hochzuziehen, zu fördern und zu subventionieren wäre aus meiner Sicht ein sinnvolles Unterfangen.
 
Natürlich nicht - die Kapitalseite handelt nach ihren eigenen Interessen und sonst nichts. Letzten Endes tun wir das aber alle. Der Staat kann lediglich die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der bestmögliche Kompromiss dabei heraus kommt, wenn alle in ihrem eigenen Interesse handeln, denn das tun sie sowieso.

Stichwort Gewerkschaften: Um ehrlich zu sein, bin ich kein Fan von den Dingern. Wenn man sich im Detail mal anschaut, wie viele Gewerkschaften arbeiten, steckt da genauso viel Klüngel und Interessenspolitik drin, wie in Unternehmensvorständen und es geht teilweise mehr darum, sich selbst als Gewerkschaft zu erhalten, als dem Arbeitnehmer etwas Gutes zu tun. Sieht man im Kleinen auch immer wieder gerne bei Betriebsräten. Die suchen sich ganz gerne mal künstlich Streit, damit sie beschäftigt aussehen. Im Idealfall sollten eigentlich beide Gruppierungen mit dem Arbeitgeber zusammen arbeiten statt gegen ihn, sieht in der Praxis aber häufig anders aus. Um es anders zu formulieren: Ohne Gewerkschaften geht´s nicht, mit ist es aber auch nicht optimal

Man muss kein Freund von den Gewerkschaften sein. Sie sind an sich aber erst mal die einzige Möglichkeit, eine Waffengleichheit zwischen Kapital und Arbeit herzustellen. Wir haben in Deutschland tatsächlich ein Gewerkschaftsproblem. Aber nur in dem Sinne, dass via sogenannter Sozialpartnerschaft vorgegaukelt wird, dass am Ende Kapital und Arbeit ja doch irgendwie ganz dicke Kumpels sind. Sie sind Antagonisten und die Tarifverhandlungen sind nicht etwa eine sachorientierte Lösung, sondern schlicht der Kompromiss, zwischen zwei Parteien, die genau das anerkennen, was sie anerkennen müssen. So sollte es zumindest sein. Faktisch vertreten die Gewerkschaften ihre Klientel aber nicht ausreichend. Man brauch sich nur mal anschauen, wie gegen die GDL gehetzt wird. Das ist eine Gewerkschaft, wo die Stimmung der Basis noch Leitlinie ist. Deswegen sind die so kämpferisch.

Aber ich bin sicher, das wird sich entwickeln. Der Gewerkschaftsgedanke dürfte über kurz oder lang eine Renaissance in Form kampfwilliger und gut organisierter Spartengewerkschaften erleben. Denn gerade die letzten Verdistreiks haben gezeigt, dass das Mobilisierungspotential recht hoch ist. Der Fisch stinkt vom Kopf her, wenn sich die Verhandler der Gewerkschaften über die Stimmung der Basis hinwegsetzen und Abschlüsse tätigen, mit denen die Basis nicht zufrieden ist UND dies obwohl deren Kampfwille noch ungebrochen ist.
 
Eine Alten-WG mit den best Buddies aus Jugendtagen

Das klingt ganz cool, bis man merkt, dass man aus dem WG-Alter irgendwann rauswächst. Ich würde mich heute lieber schlagen lassen, als nochmal in ne WG zu ziehen. Ja, die Zeit war cool, jetzt reicht's aber. Und dann stelle man sich das mit nem Haufen sturer Alter vor ^^. Es ist ja auch so, dass im Alter die Unterschiede zwischen den Menschen größer sind als zu jeder anderen Zeit, einfach aufgrund der Fähigkeiten oder deren Fehlen.

als ein doofes Altenheim, in dem letzten Endes die Leute eh nur zum Warten aufs Sterben geparkt werden.

Naja, das wird auch bei betreutem Wohnen die Endstation sein. Wir leben einfach zu lange und werden zu lange am Leben gehalten, wenn mal was passiert, was früher schlagartig das Ende gewesen wäre. Ganz ehrlich, mit 90, dement und drei Schlaganfällen im Bett liegen wäre für mich der Horror schlechthin, da würde ich mir wünschen, dass mich keiner früh genug findet, um den Arzt zu holen.
 
Wegen "Alter/Rentner":

Also das Modell betreutes Wohnen hat was für sich. Wenn schon Kinder oder Enkel nicht da sein können, dann sollen Menschen unter sich sein, die eventuell gemeinsame Interessen haben. Das muss nichtmal hochoffiziell sein. Ein befreundetes Pärchen (97/85+) wohnt mit einer Freundin der beiden (70+) in einem schönen großen Haus. Den Keller haben sie vermietet (junges Pärchen, 2 Katzen), meine Frau und ich sind öfters zum Tee, unsere Kleine ist für die drei auch was schönes (man will halt auch mal Kinder um sich haben).

Ein Arzt ist Luftlinie 100 Meter weg, Einkaufsmöglichkeiten ca 200 Meter, größere Besorgungen machen die drei mit nem kleinen Auto oder dem Bus im nahegelegenen Einkaufszentrum (ca 1km). Die Leute sind glücklich, haben alles ABER sind noch immer unabhängig. Thomas, so sein Name, ist der Meinung das Familien wieder zusammenleben sollten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, das dies für beide Seiten oft Stress ist aber: Was bin ich froh wenn jemand bekantes die Kleine aus der Schule abholt statt sie in After School Care zu stecken. Was freut sich ein älterer Mensch, wenn er noch gebraucht wird.

Wegen Witschaftssystem:

Ohne weit auszuholen einfach mal die Maxime von de Levis anführen. Steht in ähnlicher Form auch im Grundgesetz. Es geht um gewisse moralische Grundsätze, die einfach einzuhalten sind. Arbeitet nun jemand aktiv entgegen dem Gemeinwohl, so muß Sanktionierung erfolgen. Erfolgt diese nicht, so macht das Beispiel erst im gleichen Kreis, dann gesellschaftlich Schule.
 
ist der Meinung das Familien wieder zusammenleben sollten

Sehe ich auch so, kann man aber heute in die Tonne kloppen, jedenfalls ab einem gewissen Ausbildungsniveau. Wie soll das gehen? Ich wohne mittlerweile 800km von zuhause weg, weil meine Frau hier Arbeit gefunden hat (mein Job kann mit umziehen, ich Glücklicher). Der Vertrag läuft in 2 Jahren aus, wo es dann hingeht? Keine Ahnung. Ist nicht absehbar. Können wir in drei Jahren bauen oder kommt der nächste befristete Vertrag? Müssen wir in den nächsten 10 Jahren dreimal umziehen? Wird's mal entfristet? Wir wissen es nicht. Es ist halt nicht mehr wie früher, wo Opa groß genug für 6 Personen gebaut hat und die nächsten 2 Generationen mit drin wohnten, ihren Job machten und das Häuschen übernahmen. Mit dem Haus meiner Eltern könnte ich frühestens als Rentner selber was anfangen...

Man kann ja auch die Eltern nicht hinterherschleifen durch die halbe Republik. Das ist auch einfach ungesund. Außerdem: Die haben ein Haus, was soll man damit anstellen? Verkaufen? Ist auf dem Land, ist nicht viel wert. Was dann machen, damit man zusammen wohnen kann, ohne sich auf den Keks zu gehen (meine Oma sagte immer: Man wohnt erst weit genug auseinander, wenn man für einen Besuch Mantel und Hut anziehen muss)? Haus kaufen und dann nach drei Jahren wieder losschlagen? 2 Wohnungen mieten? Ne riesige Wohnung mieten in einem Ballungsgebiet - so viel Rente kriegen die Eltern gar nicht... Das ist das Problem, das ist finanziell nicht leistbar, weil man auf dem Weg ständig Geld verliert, das man später auch noch für die eigene Versorgung brauchen würde.

(man will halt auch mal Kinder um sich haben)

Geschmackssache 😉.

Ihr plädiert also für eine TT-Alten-WG?

Ich hätte gern den Neopope dabei, dann könnten wir uns mit den Stöcken vorm Gesicht rumfuchteln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das klingt ganz cool, bis man merkt, dass man aus dem WG-Alter irgendwann rauswächst. Ich würde mich heute lieber schlagen lassen, als nochmal in ne WG zu ziehen.

Um die konkrete Ausgestaltung geht es mir jetzt erstmal gar nicht, das wäre in diesem Thread auch arg OT (wobei... sind wir ja eh schon 😀). Meine Kernaussage in diesem Zusammenhang ist, dass die Altenpflege ein Bereich ist, in dem künftig ein hoher Bedarf liegt, viele Jobs gebraucht werden und in den es als Staat sinnvoll ist, zu investieren. Und zwar jetzt, nicht erst dann, wenn´s zu spät ist.

Also darf ich als Arbeitsloser andere Leute ausrauben? Ich tue ja nur was für mich das beste ist. Wenn ich kein Geld für Essen oder Miete habe, dann nehme ich es eben denen die es haben. Ich handle nur in meinem eigenen Interesse. So wie du gesagt hast. Die Frau dieses Kerls gefällt mir, also, weg mit ihm. Ich handle in meinem eigenen Interesse. Das Kind meines Nachbarn ist besser in der Schule als meines, ich sorge dafür das die Noten dieses Kindes schlechter werden, gut, das ist dann nicht direkt mein Interesse, aber mein Kind zählt dann als klüger als das andere, und somit bin ich der besser Vater.

Zekatar hat im Prinzip schon alles gesagt, aber trotzdem nochmal kurz, weil dieser Punkt sehr relevant ist...
Was erwartet ihr denn von den BMW´s und Lufthansas dieser Welt? Das sind keine karitativen Einrichtungen, sondern sie wirtschaften so, wie es für sie selbst am Besten ist. Du wirst ein Unternehmen nicht dazu bekommen, sich anders, als zum eigenen Vorteil zu verhalten.

Es ist eines der absoluten Grundprobleme im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt, dass zu häufig von falschen Voraussetzungen ausgegangen wird. BMW will Autos verkaufen und damit Geld verdienen. Im Zuge dessen werden selbige Autos produziert und vermarktet und für Beides braucht es Personal. Grundsätzlich erst einmal ist es auch durchaus im Interesse des Unternehmens, dass das Personal, welches diese Autos produziert und vermarktet auf der Arbeit zufrieden ist, denn zufriedene Mitarbeiter arbeiten besser. Letzteres ist aber der entscheidende Punkt. Ab einer gewissen Unternehmesgröße kennt dein Chef dich nicht persönlich und es ist ihm scheißegal ob du glücklich bist. Im besten Fall weiß er aber, dass zufriedene Mitarbeiter besser arbeiten und kümmert sich aus diesem Grund um die Mitarbeiterzufriedenheit. Und zwar wirklich nur aus diesem einen.

Es ist vollkommen illusorisch anzunehmen, dass ein Staat etwas anderes als Rahmenbedingungen schaffen kann. Mehr ist nicht drin. Und auch diese Rahmenbedingungen können im Falle eines Arbeitslosen nur die Form bestmöglicher Hilfe zur Selbsthilfe haben.

Hierzu ein kurzer Exkurs: Entwicklungshilfe
Da sprechen wir vom besten Beispiel dafür, dass "gut gemeint" nicht zwangsläufig auch "gut gemacht" ist. Sehr viele Entwicklungshilfeprogramme sind im besten Falle im Sande verlaufen und haben im schlimmsten Falle mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Modernere Programme wie z.B. Mikrokredite leisten hier eher Hilfe zur Selbsthilfe und berücksichtigen von Anfang an die Gesetze der Marktwirtschaft und der menschlichen Motivation. Denn erst, wenn du jemandem dabei hilfst, selbst etwas aufzubauen, lernt er das auch schätzen.

Zurück vom Exkurs zum Arbeitsmarkt
Die schlimmste Form des Konjunkturprogamms ist, im ersten Quartal ein Rudel Hilfsarbeiter zu beschäftigen um ein Loch auszuheben und im zweiten Quartal ein anderes Rudel Hilfsarbeiter selbige Grube wieder zuschaufeln zu lassen. Mit anderen Worten: Arbeit um der Arbeit willen. Was in diesem Beispiel vielleicht etwas überspitzt ist, findet im kleineren Rahmen durchaus statt. So etwas ist jedoch keine sinnstiftende Tätigkeit und wird langfristig gar nichts lösen.

Ihr plädiert also für eine TT-Alten-WG? Wir müssen dann nur vorsichtig sein, dass wir mit unseren arthritischen Fingern nicht die Figuren zerquetschen, wenn wir sie auf dem Spielfeld bewegen wollen 😎.

Yeah, geiler Shit :-D
 
Mit anderen Worten: Arbeit um der Arbeit willen

Das aber ist genau das Dogma. Wir leben in einer hoch produktiven Gesellschaft, in der immer weniger Anteile der erwerbsfähigen Bevölkerung dazu benötigt werden, die zu erledigende Arbeit zu abzuarbeiten. Dennoch wird das Postulat hochgehalten, dass nur der voll partizipieren kann, der auch am Arbeitsprozess teilnimmt. Will man also, wenn man schon fordert, das Jeder auch arbeiten soll, fairerweise auch Arbeitsplätze bereitstellen, läuft es darauf hinaus, das dies Arbeiten um der Arbeiten willen sind.
 
Das aber ist genau das Dogma. Wir leben in einer hoch produktiven Gesellschaft, in der immer weniger Anteile der erwerbsfähigen Bevölkerung dazu benötigt werden, die zu erledigende Arbeit zu abzuarbeiten. Dennoch wird das Postulat hochgehalten, dass nur der voll partizipieren kann, der auch am Arbeitsprozess teilnimmt. Will man also, wenn man schon fordert, das Jeder auch arbeiten soll, fairerweise auch Arbeitsplätze bereitstellen, läuft es darauf hinaus, das dies Arbeiten um der Arbeiten willen sind.

Arbeit um der Arbeit willen kann niemals funktionieren. Wenn keine Wertschöpfung stattfindet (egal ob materiell oder immateriell) hat eben auch die Arbeit keinen Wert und dann sind wir wieder in der Lohndebatte. Aber ist es denn wirklich so, dass die 10% von denen wir hier reden, keinen Job finden, weil es keine Jobs gibt? In diesem Falle wären wir bei einer neuen Form der Umverteilung angelangt und müssten über ein bedingungsloses Grundeinkommen reden. Wie so etwas in der Praxis aussieht, kann man allerdings in Katar beobachten. Du hast eine Bevölkerung mit bedingungslosem Grundeinkommen, schottest dich strikt vor Einwanderung in dieses System ab und hältst dir einen Bodensatz von ausländischen Quasi-Sklavenarbeitern für die Arbeiten, die keiner mehr machen will, wenn er ein Grundeinkommen hat. Ob das der Weisheit letzter Schluss ist?
 
Ich halte vom bedingungslosen Grundeinkommen eigentlich nicht viel. Weil notwendigerweise die Güter des täglichen Bedarfs erst mal erwirtschaftet werden müssen. Ebenso wie es eine Frage der gerechten Verteilung der erzeugten Güter gibt, gibt es aber auch eine Frage nach der gerechten Verteilung der notwendigen Arbeit. Wenn die insgesamt benötigte Arbeit geringer wird, sollte die Frage diskutiert werden, wie sich diese auf einen möglichst großen Teil der Gesellschaft verteilt. Und da ein Großteil der Bevölkerung lohnabhängig ist, lässt sich dies nicht ohne die Verteilung des Wohlstandes diskutieren.

Wir erleben aber ein völlig irrationales Phänomen. Dass nämlich diejenigen, die noch in Lohn und Brot sind, ein immer größeres Arbeitspensum zu bewältigen haben und immer weniger Freizeit haben, wohingegen die Abgehängten dieser Gesellschaft mit rein willkürlichem Druck in einer andersartigen Stresssituation gefangen gehalten werden.
 
Bei meinem ersten wichtigen Bewerbungsgespräch 1997 sollten wir in einer Gruppenarbeit eine Lösung dafür finden, dass die produktive Arbeit immer weiter von Maschinen bzw. Computern übernommen wird, immer weniger Hochqualifizierte nötig sind bei gleichzeitigem Anstieg der Mittel- und Geringqqualifizierten, die aber kaum gebraucht werden. War ein mittelständisches Unternehmen mit ca. 300 Angestellten wo mit Familien insgesamt 1.000 Leute dranhingen. Patriarchalisch geführt, kein Betriebsrat (illegalerweise) und auch keine Gewerkschaften.

Die Musterlösung sah so aus, dass er wollte, dass seine Mitarbeiter alle von 40 auf 30 Stunden reduzieren, dafür natürlich auch 25% weniger Lohn kriegen. Von dem eingesparten Geld wollte er weitere 100 Leute einstellen, um die in Lohn und Brot zu kriegen.

Er hat gesagt, man müsste weg davon kommen, dass Konsum das Wichtigste ist und wieder mehr Zeit für Ehe und Familie anzustreben sei, das ginge auch mit weniger Geld.

Mit 18 fand ich das illusorisch und total realitätsfern.

Inzwischen denke ich das immer noch, halte es aber paradoxerweise für eine mögliche Entwicklung.

Ohne Wertung, ob ich persönlich das gut, neutral oder schlecht finde.


Gruß
General Grundmann
 
Total nette Idee, wenn die Mieten und Energiekosten auch um 25% sinken (kein Problem, da könnte man zB mal an der Steuerschraube drehen....aber geht ja nicht, dass ein Liter Super für eigentlich 50 Cent weniger als 88 Cent Steuern enthält...oder Grundsteuer, Müllgebühren, der ganze Schmonzes, der gerne auch mal doppelt besteuert wird). Der Mensch braucht gar nicht so viel Geld, das ist wahr. Aber der Sockelbetrag, den das Leben nun mal kostet, das ist der Teil, den man am Gehalt nicht wegkürzen kann. Es gäbe bestimmt einen Haufen Leute, die ein solches Angebot annehmen würden, aber sich die 75%-Stelle einfach nicht leisten können. In den Niederlanden zB wird sehr viel Teilzeit gearbeitet, aber bei denen stimmen dann die Löhne auch bei 30 Stunden immer noch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist der Punkt! Und dafür haben wir einen Gesetzgeber, der eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vorgeben kann, einen Mindestlohn, gesetzliche Mietpreisbegrenzung, die Grundversorgung wieder verstaatlicht und lediglich kostendeckend arbeitet, nicht gewinnorientiert. Ja, ein Traum. Aber so "könnte" es gehen.


Gruß
General Grundmann
 
Inzwischen denke ich das immer noch, halte es aber paradoxerweise für eine mögliche Entwicklung.

Ohne Wertung, ob ich persönlich das gut, neutral oder schlecht finde.

Einen wesentlichen Punkt hat der gute Mann tatsächlich erfasst. Die Arbeit auf mehr Leute verteilen. Typisch patriarchalisch und betriebswirtschaftlich gedacht ist das mit dem weniger Geld. Volkswirtschaftlich würde er auf dem Ast sägen, auf dem er sitzt. Wenn das nämlich allgemein so gemacht würde, würden ihm über kurz oder lang auch die Aufträge ausgehen. Je nach dem in welcher Sparte er tätig ist. Ist halt das typisch angebotsorientierte Denken, dass Arbeit nur billig genug sein muss, damit auch Nachfrage entsteht.

Und typisch patriarchalisch ist auch, dass er der Patriarch sich anmaßt, was sich der Knecht leisten darf und was nicht. Dafür gibt es auch kein objektives Maß. Es ein Kompromiss über die Verteilung von Wohlstand.
Letztlich zeigt der Unternehmer ein typisch herrschaftliches Denken, das bestrebt ist, die Ressourcen unter Kontrolle zu haben und zu bündeln. Das ist per se weder gut noch schlecht. Denn eine Konzentration der Mittel ist effektiver, als wenn jeder für sich wurschtelt. Wenn die Konzentration aber so weit geht, das sie dysfunktional wird, Ist der Bogen überspannt. Das kann der Unternehmer aber nicht so ohne Weiteres erkennen. Sondern nur nur, wenn für die Belegschaft das Maß des Erträglichen überschritten ist.
 
gesetzliche Mietpreisbegrenzu

Ist natürlich gefährlich, weil man damit die Privaten aus dem Mietgeschäft rauskegelt, wenn sich das nicht mehr lohnt außer im Wohnblock mit möglichst wenig Grundstück. Platte sehe ich hier genug, wollte ich nicht drin abgemalt sein...
Unsere Mietpreisbremse hingegen war mal wieder ein Flop, da die IIRC nur für Neuvermietungen gilt, bringt also eigentlich nix. Ist so ein bisschen wie beim Wechselkennzeichen für mehrere Kfz, wo Schäuble dem Ramsauer reingegrätscht hat, weil er die Steuer für jedes Auto haben wollte (was damit das ganze Unterfangen sinnlos macht. Dann kann ich auch 2 Autos so anmelden), anstatt einfach zB die Mehrwertsteuer für den Pflegekram und so einzusacken. Ich hätte ja 2 Youngtimer, wenn die nicht so hohe laufende Kosten verursachen würden, während sie rumstehen...so hab ich nur einen, und der ist im Moment nicht angemeldet *lol*.
 
@Knight-Pilgrim
Ja, etwas Gutsherren-Denken schwankte da mit. Um deutlich zu machen, dass der Herr aber wirklich an das glaubte, was er sagte: Einer der damals älteren Arbeitnehmer (60+) hatte einen mental gehandicapten Sohn, damals Mitte vierzig. Seit über dreißig Jahre machte dieser Sohn nichts Anderes, als den Hof und die Werkstätten zu fegen. Dafür bekam er eine Entlohnung, von der er selbstständig leben konnte und die deutlich über dem damaligen Arbeitslosengeld lag. Eine Kehrmaschine wäre deutlich kosteneffektiver gewesen, hätte diesen benachteiligten Mann aber um seine Arbeitsstelle gebracht. Andere Angestellte hatten sich auch beim Chef beschwert, dass sie ja irgendwie auch diesen Mitarbeiter subventionieren würden. Der Chef entgegnete, er wisse das und so soll das auch sein. Tja...

@Bloodknight
Eigentum verpflichtet dem Gemeinwohl damit zu dienen, eine der meiner Meinung nach wichtigstens Passagen aus dem Grundgesetz. Wo wenn nicht gerade bei etwas gesellschaftlich so essentiell wichtigem wie Wohnraum soll das zur Anwendung kommen? Natürlich erwartet niemand, dass Wohnraum ergebnisneutral vermietet werden muss, also Einnahmen = Ausgaben. Aber wozu haben wir denn einen Mitpreisspiegel, wenn sich keiner dran hält?

Auch da gibt's mal ein Nebendrama,dass gerade in den touristisch beliebten deutschen Großstädten Vermieter massiv dazu übergehen, Wohnungen über AirBnB und andere Portale lieber für 4 Wochenenden zu 500 Euro vermieten als einen Stammieter zu haben, mit dem man eben nur 700 Euro im Monat verdient.


Gruß
General Grundmann
 
Die Musterlösung sah so aus, dass er wollte, dass seine Mitarbeiter alle von 40 auf 30 Stunden reduzieren, dafür natürlich auch 25% weniger Lohn kriegen. Von dem eingesparten Geld wollte er weitere 100 Leute einstellen, um die in Lohn und Brot zu kriegen.

Grundsätzlich durchaus ein fairer Ansatz, der natürlich nur funktioniert, wenn die 75% Gehalt immer noch ausreichen, um gut über die Runden zu kommen. Ich finde den Grundansatz aber sehr gut und er geht in die Richtung einer möglichen Rahmenbedingung, die der Staat fördern könnte. Aber dazu hast du ja auch schon was geschrieben. 🙂

Und typisch patriarchalisch ist auch, dass er der Patriarch sich anmaßt, was sich der Knecht leisten darf und was nicht. Dafür gibt es auch kein objektives Maß. Es ein Kompromiss über die Verteilung von Wohlstand.
Letztlich zeigt der Unternehmer ein typisch herrschaftliches Denken, das bestrebt ist, die Ressourcen unter Kontrolle zu haben und zu bündeln. Das ist per se weder gut noch schlecht. Denn eine Konzentration der Mittel ist effektiver, als wenn jeder für sich wurschtelt. Wenn die Konzentration aber so weit geht, das sie dysfunktional wird, Ist der Bogen überspannt. Das kann der Unternehmer aber nicht so ohne Weiteres erkennen. Sondern nur nur, wenn für die Belegschaft das Maß des Erträglichen überschritten ist.

Es ist leider wirklich schwierig.
Unternehmen funktionieren nicht besonders gut als Demokratie. Es gibt Experimente, das anders zu lösen, aber man zahlt den Preis dafür, indem der Aufwand für die Selbstverwaltung eines Unternehmens eklatant ansteigt. In dem verlinkten Beispiel funktioniert das glaube ich überhaupt nur ansatzweise, weil die Mitarbeiterstruktur in einem reinen Dienstleistungsunternehmen recht homogen und die Firma an sich recht überschaubar ist. Mit einem Unternehmen jenseits der 100 Mitarbeiter ist sowas nicht zu machen. Man fällt also relativ schnell wieder zurück in ein Muster mit wenigen Entscheidern, einfach weil es effizient ist. Und dann bist du natürlich auch immer dabei, dass einige wenige über die Verteilung der Ressourcen bestimmen. Das ist in der Theorie in Ordnung, wenn sich der Vorstand nicht zu sehr in die eigene Tasche wirtschaftet, in der Praxis passiert aber natürlich genau das. Aber mach mal was dagegen in einer globalisierten Welt. Wenn wir die Auflagen in Deutschland zu hoch schrauben, gehen die Unternehmen halt einfach weg.
 
Man fällt also relativ schnell wieder zurück in ein Muster mit wenigen Entscheidern, einfach weil es effizient ist.

Richtig. Blöd ist nur, wenn man nur einen Entscheider hat und der den Schuss nicht gehört hat. Ein bekanntes Beispiel aus Deutschland ist der Bremer Autohersteller Borgward (heute würde man sagen Premium, schöne Fahrzeuge jedenfalls, waren damals unter Mercedes, aber über BMW positioniert, Audi gab's ja noch nicht), der in den 60ern pleite ging, weil der Chef voller teurer und blöder Ideen steckte und sich absolut nichts sagen ließ (Die Marke kommt demnächst als China-SUV wieder *seufz*). Bei einer Firma hier in der Gegend hat letztens der Chef einen der Seniors vor versammelter Mannschaft gefeuert, weil der ihm im Meeting widersprochen hat. Das Arbeitsgericht freut sich schon *lol*.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist in der Theorie in Ordnung, wenn sich der Vorstand nicht zu sehr in die eigene Tasche wirtschaftet, in der Praxis passiert aber natürlich genau das. Aber mach mal was dagegen in einer globalisierten Welt. Wenn wir die Auflagen in Deutschland zu hoch schrauben, gehen die Unternehmen halt einfach weg.
Es ist nicht unvernünftig Entscheidungen an eine höhere Ebene zu delegieren. Wenn alle immer über alles mitbestimmen wollen oder gar müssen, kämen sie nicht zu ihren eigentlichen Aufgaben. Damit Entscheidung oder Herrschaft funktioniert, müssen deren Träger auch darauf achten, die Kontrolle über Ressourcen an sich zu binden. Denn nur so haben sie die Macht, Dinge durchzusetzen. Es ist also eine conditio sine qua non von Herrschaft jeglicher Form. Die Frage, wie weit Herrschaftsträger dabei gehen, hängt davon ab, inwieweit ihre Herrschaftssubjekte bereit sind ihnen eine derartige Konzentration zu ermöglichen. Das ist in der Politik nicht anders als in der Wirtschaft.

Blackorc hat noch etwas angesprochen. Homogenität in Entscheidungsgremien. Es liegt in der Natur der Sache, dass Entscheidungsgremien sich Leute ins Boot holen, die mit ihnen einen Grundkonsens teilen. Und Eliten jeglicher Art ergänzen sich durch Kooptation und nicht durch Wahl. Das führt aber zu einer gewissen Betriebsblindheit. Meinungspluralität mit z.T. fundamental anderen Ansichten verhindert schnelle Entschlüsse. Ermöglicht aber Multiperspektivität.
 
..., gehen die Unternehmen halt einfach weg.

und kommen zurück vom China Abenteuer sobald dort alle Patente geklaut wurden.

Quelle: Erfahrung.

Da ich auch "mit China" Geschäfte mache muß man sich gewisse Dinge vor Augen halten.

Wenn ich nen Porsche will, muß ich auch Porsche Preise zahlen. Will sagen, gewisse Qualitätsstandards kriegste halt nur in Deutschland/Europa. Die Chinesen machen das genau richtig, kommt eine "Langnase" und will schnell den Reibach machen, wird er ausgenommen und zurückgeschickt und das mit Recht! Die von Knight angesprochene multiplen Perspektiven und Ansichten sind auch hier wichtig. Ein Konsenz sollte soweit tragbar sein, dass niemand dagegen offen opponiert. Widerspruch erfolgt (meistens) nicht aus Prinzip sondern aufgrund anderer Perspektive.

Daher offen miteinander umgehen, dem anderen aber auch klarmachen, daß man sich nicht besch... lässt. Nennt sich open Kimono bei den Japanern und funktioniert recht gut. Muß auch nicht zwangsläufig dazu führen das nichts mehr entschieden wird. Will jetzt nicht "der Pate" und seinen Consiglieri anführen aber denke das Beispiel passt gut.