Damit sollte man meiner Meinung nach nicht um sich werfen wie ein Fischverkäufer, der "noch einen Backfisch oben drauf legt".
Ich habe ja nun nicht dazu aufgerufen, künstliche Empörung auch beim belanglosesten Vorkommnis "obendraufzulegen", sondern sich von seinem Ethos leiten zu lassen, was einem eklatträchtig scheint und was nicht. Ich zumindest meine, dass als familienfreundlich verbrämtes national(sozial)istisches Gedankengut (mitsamt der "Sodom-und-Gomorrha"-Eschatologie), offenkundig eugenisches Vokabular und grobe Fehlverhalten eines Ministers es wert sind, dass darüber ausführlich berichtet wird.
Was ich in solchen Debatten vermisse, ist die Sachlichkeit. Vermutlich ist es illusorisch, eine Solche zu fordern, aber meiner Meinung nach haben weder eine Eva Herman, noch ein Thilo Sarrazin noch ein DJ KTzG eine wochenlange Präsenz in den Schlagzeilen verdient.
Wie hängen denn die beiden Sätze zusammen? Es kann doch auch in aller Sachlichkeit über neuralgische Ereignisse des Innenpolitischen oder Innerkulturellen berichtet werden. Um bei Deinen Fällen zu bleiben: Herman hat zumindest in den seriöseren Journaillen nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit erfahren, Sarrazin erst, als das Buch zum Politikum geworden ist und höchste Stellen der Bundesregierung dieses kritisierten, bei Guttenberg lag nun einmal ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust eines Ministers vor. Du kannst gleichwohl der Auffassung sein, dass alles das nicht den Platz verbrauchen sollte, der nun einmal in Anspruch genommen wird, aber die Empfehlung, nur noch den "richtigen" Themen Raum zu dedizieren, ruft ein sonderbares Geschmäckle hervor und kommt gewissen Schalthebeln nur recht, um "angemessene Berichterstattung" zu fordern oder gesetzlich vorzuschreiben.
Außerdem: nach wie vor wird über umspannendere Ereignisse wie die o.g. "Arabellion" berichtet, teilweise in schier ermüdender Präzision. Es ist auch ein Zuschnitt an das Publikum, das größtenteils gar nicht ein halbes Jahr lang extensiv über Umschwünge in nordafrikanischen Staaten unterrichtet werden möchte. Zumal auch andere, aktuellere Themen leiden, wenn der immergleiche Themenkomplex in den Fokus gerät, die gewaltige Informationsmenge macht einen stetigen Wechsel nötig. Vergiss bei allem historischen Geist bitte auch nicht, dass ein Großteil der Bürger vornehmlich ein Interesse an innerdeutschen Ereignissen hat, hat es doch mit ungleich höherer Wahrscheinlichkeit direkte Auswirkungen auf ihr Leben, da ist es nur angemessen, das zu berücksichtigen.
Nachtrag:
Warum kann ein Mann wie Guttenberg nicht einfach mit kalter Verachtung gestraft werden?
Weil Stillstand die Folge wäre, Verfehlungen keine Konsequenzen nach sich zögen und falsch handelnde Mitglieder aus Parteien sich einzig über Glanzgewitter und Medienarbeit profilierten. Volksvertreter stehen aus gutem Grunde unter besonderer Beobachtung der Medien, Machtpotential braucht Kontrolle.