Ich nominiere Robbin Cruddace. Und zwar nicht, weil er unbalancierte Codices schreibt, sondern weil er im Fall des Tyranidencodex einen kompletten Regelmechanismus in den Sand gesetzt hat. Das habe ich in dieser Form noch nuie gesehen. Die Rede ist von den Tunnel- oder allgemein den Reserveregeln. Nichts davon funktioniert so, wie es sein sollte, alle sind unspielbar. Mawloc musste erst per FAQ geklärt werden, Lictor Pheromone machen keinen Sinn, wenn sie erst wirken, wenn er auf dem Feld ist, sowohl vom Fluff her als auch von der Einsetzbarkeit. Das gleiche gilt für den Trygon-Tunnel, der ohne die Option Einheiten zurückzuhalten, wertlos ist. Solch ein - dazu noch allzu offensichtlicher - Komplettausfall eines Regelkonstrukts ist ohne Beispiel. Das wiegt für mich schwerer als jeder 0815-Codex oder Balanceschwäche. Es gibt auch andere Designer, die an irgendeiner Stelle gepatzt haben (Jervis und ToS Regeln), aber die haben meistens schon andere Meriten gesammelt (Jervis und Blood Bowl), so dass sie trotz ihrer Fehlleistung nicht in die engere Auswahl kommen.
Trotzdem ist nicht alles schlecht, was Cruddace macht. Der Imp Codex hat trotz der Balanceschwäche sehr viel Flair. Es ist der erste Codex der imperialen Armee, der wieder wild ist und vor frischen Ideen strotzt. Beim Tyranidencodex hat er die Einführung von einzigartigen Monstern sehr gut gemeistert und es allgemein geschafft, die ganzen Biomorphe zu streamlinen ohne allzuviel Tiefgang zu streichen. Auch sind Tyras nach seinem Codex endlich wieder eine Nahkampfarmee. Und der Tervigon ist eine der stimmigsten, coolsten und interessantesten Einheiten der letzten Jahre.
Auch einige andere Designer will ich in Schutz nehmen. Matthew Wards Heldenphantasien (aka Marneus erschlägt Avatar) sind schrecklich, richtig schrecklich. Und evtl. seine etwas einfallslose Namenswahl auch. Aber darüber hinaus schreibt er sehr unterhaltsame Codices. Sein Einfall, die Vetereanen in Sternguard und Vanguard zu teilen, ist einfach genial gewesen. Eine Einheit, die vorher seit der zweiten Edition keinen rechten Sinn hatte, ist auf einmal einsetzbar (bei der Vanguard vielleicht nur bedingt ;P). Er hat ein geniales Händchen dafür, Regeln einzubauen, die beim ersten Ansehen völlig overpowered und damit interessant wirken, diese vermeintliche Stärke dann aber wieder durch die Punktkosten oder die Komposition der Armeeliste einzufangen. Die wahren Stärken des Codex liegen dann meist woanders und sind wesentlich subtiler, anders als z.B. bei Phil Kelly.
Jervis Johnson's DA-Codex war langweilig. Aber man muss ihm hoch anrechnen, dass er sich getraut hat, den Space Marine Spieler ihre heilige Kuh, die 5er Las-Plas-Trupps wegzunehmen und wieder auf mehr Hintergrundtreue bei den Trupps zu setzen. Matt Ward hat das im Codex Space Marines sehr gut fortgesetzt. Auch hat er mit der Kampftrupp Regel einen Trend losgetreten, der bis heute anhält: es werden alte Regeln aus der zweiten Edition wiederbelebt. Außerdem ist der Mann für Blood Bowl verantwortlich und hat damit eines des besten Spiele aller Zeiten geschrieben.
Gav Thorpe schreibt zugegebenermaßen ziemlich blöde Regeln, wenn man sich mal seine Begründung damals ansieht, warum Phantomlords W8 statt 7 haben müssen und warum Eldar keine Verwendung für S9 Waffen haben, weiß man, was ich meine. Andererseits ist der Kerl ein Hintergrundgott. Er hat es immer geschafft den richtigen Ton zu treffen, Inquisitor war eine Offenbarung für alle Fluffbunnys. Und sein Thorianer Quellenbuch ist mMn immer noch der allerbeste Hintergrundtext, den Gw jemals veröffentlicht hat.
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Ich glaub, das Regelteam ist zur Zeit das beste, das GW jemals hatte. Alle Codices sind auf einem konstant hohen Niveau, wenn auch leicht schwankend. Der letzte echte Ausreißer war der Codex Chaos Space Marines und selbst der war nicht so mies wie einige ganz alte Codices (alter imperialer Armee Codex, Codex Weltenschiffe, ...). Auch an der FAQ-Situation sieht man, dass das Regelteam inkl. Tester die Sache im Großen und Ganzen im Griff haben.
Ich denke sowieso, dass hier einige Leute Ansprüche an ein Regelsystem stellen, die unerfüllbar sind. Bei einem solch großen System kann es keine echte Balance geben, wenn man die Regeln nicht laufend anpasst. Das geht aber aus marketingtechnischen Gründen nicht. Unter diesen Bedingungen leisten die Codexschreiber einen bemerkenswert guten Job.