Wir basteln uns einen römischen Reiter – ein "Tutorial"
Für das etwas spezielle Thema waren Umbauten schon zu Beginn besetzt. Das ist meine ganz persönliche Herausforderung. Denn ich mag einen übergroßen Fundus haben, aber nur sehr wenig Übung in Kitbashes. Hier also mein Erfahrungsbericht am Beispiel eines römischen Reiters, von den Bits bis zur Bemalung.
Schritt 1 – Bitsauswahl
Aus dem Römerset von
Wargames Atlantic sind Helm, Gurtzeug und Schwertscheide sehr typisch fürs 3. Jahrhundert, damit als Grundlage gesetzt. – Von
Victrix kommt das meiste: Ein passendes Pferd spendieren die Gallier, weil die Römer fast alles Kavalleristische, einschließlich Zierrat, von den Kelten übernommen haben. Schilde gibt's zu hier interessierenden Zeit in allen Varianten; warum ich mich für einen flachen Ovalschild (aus einem Daker-Gussrahmen) entschieden habe, zeigt sich weiter unten. Für das Beinpaar habe ich mich bei den republikanischen Römern bedient; passt nicht ganz, weil Reiter späterhin meist lange Hosen trugen (wonder why…), lässt sich aber sehr einfach retuschieren, wie unten gezeigt. Aus demselben Set kommt der Helmbusch; entsprechende Tüllen haben fast alle gefundenen Helme der Zeit. – Zum Kaschieren ungünstiger "Nähte" bietet sich diverses Kleinzeug an; hier die Tasche eines spätrepublikanischen Römers von
Warlord.
Schritt 2 – Vivisektion
Die eigentliche Operation ist etwas mühsam, aber sehr simpel: Ober- und Unterkörper werden jeweils unter dem Hüftgürtel abgeschnitten.
Schritt 3 – Verfüllung
Die Plastikspäne, die beim Glätten der Teile entstehen, kann man mit Plastikleber "einschmelzen" und mit dieser zähen Masse Nähte mit zu viel Spaltmaß leicht verfüllen. Weil ich das Zeug nicht auf Vorrat angesetzt habe, musste ich schnell arbeiten und habe erst wieder die fast fertig gebaute Figur fotografiert.
Hier sieht man auch ein Problem des
Wargames-Atlantic-Sets: Die Schwertscheide ist irgendwie falsch dimensioniert und lässt sich kaum vernünftig platzieren. (Korrekt wäre eine fast senkrechte Hängung hinter dem Bein, wobei der Schwertknauf auf der Brust auf Höhe der Achsel liegt.)
Schritt 4 – Details
Den seitlichen Versatz zwischen Ober- und Unterkörper retuschiere ich mit der besagten Tasche. Außerdem hatte ich hier zu viel vom Gürtel weggeschnitten. Überdeckt habe ich das mit einem "Halbschwert" bzw. einer
semispatha (aus dem Set der republikanischen Römer von
Agema), wie sie im 3. Jahrhundert manchmal als Zweitwaffe getragen wurde. Die Form passt nicht ganz zu den gefundenen Stücken, aber ist für so ein Kleinteil nah genug dran.
Schritt 5 – Grundieren
Ich grundiere seit Langem von Hand. Das dauert etwas länger, ist aber deutlich weniger fehleranfällig als die Sprühdose. Zumal für historische Figuren hat sich Braun bewährt, weil es an schlecht erreichbaren oder übersehenen Stellen nicht heraussticht und dem Auge als Leder, Fell oder Stoff erscheint.
Schritt 6 – Basisfarben
Hier lege ich das Farbschema fest. Das Gute: Echte Uniformität gab's bei den Römern nicht. Trotzdem verwende ich für die Kleidung meist Rot- und Brauntöne, ab und zu auch Weiß. Diese Varianten sind durch bildliche Darstellungen belegt. Der Helmbusch in Gelb für Reiter kommt ebenfalls in Bild- und Schriftquellen aus dem 2. und 3. Jahrhundert vor. Der Rest darf durchaus bunt sein. – Ein großer Pferdenarr bin ich nicht, weiß also nur so ungefähr, welche Rassen es zur Römerzeit gab. Für die Bemalung halte ich mich an Leute, die sich auskennen (z. B.
diesen Vortrag eines Spielkumpels).
Schritt 7 – Ab in die Washmachine
Bemalt wird jeder Bereich ganz klassisch mit drei Farben, also Schatten, Fläche und Akzent. Die Schattenfarbe ersetze ich aber fast immer dadurch, dass die Flächenfarbe dunkler gewasht oder gefiltert und dann wieder mit Grundfarbe und Akzent hochgezogen wird. – Hier zu erkennen ist außerdem, dass ich dem Reiter nur durch Bemalung eine Hose anziehe. Das passt auch soweit, weil Darstellungen (z. B. auf
Soldatengrabsteinen) und einige erhaltene Stücke (wie die
Thorsberg-Hose) auf ziemlich hautengen Schnitt hinweisen.
Schritt 9 – Finale!
Letztes optisches Highlight setzt der farbenfrohe Speer. Auch wenn die genaue Farbgebung spekulativ ist, hat das einen ganz praktischen Sinn: Zum einen greift man sich, wenn's mal schnell gehen muss, nicht aus Versehen fremde Ausrüstung. Zum anderen war jede Art von Metall ziemlich wertvoll und nach Wurfübungen oder erfolgreichem Handgemenge leichter aufzulesen. Außerdem sieht's einfach netter aus! – Farblich abgesetzte Streifen auf der Oberbekleidung waren dagegen in der Zeit nachweislich beliebt. Allerdings bei Soldaten und Zivilisten gleichermaßen, sodass es sich nicht um Rangabzeichen gehandelt haben kann. Die pinke Hauptfarbe der Klamotte ist übrigens wirklich Absicht und von
weiter oben inspiriert.
Schritt 10 – Transferleistung
Bis hierher fehlt der Schild. Weil ich noch ein paar Abziehbildchen von Little Big Men im Vorrat hatte, habe ich die ungefähr passend zurechtgeschnitten und, etwas anders als bei Decals von GW, auf die weiß grundierte Oberfläche aufgerubbelt. Wo's nicht hingehaut, helfen ein paar Tupfer Farbe. Dafür war's hier aber noch zu nass.
Die fertige Mini erscheint dann allernächst im Gruppenfoto.
PS: Es wird zwar kaum sonst jemand so einen Quatsch zusammenbasteln. Aber bevor ihr's tut: Vor ein paar Tagen hat
Victrix die ersten
spätrömischen Reiter gezeigt. Die ließen sich natürlich um einiges leichter zu auch hier passenden Modellen umwidmen. Für dieses Projekt kommen sie aber sicher zu spät – zumindest red ich's mir so schön ?