Das große Potenzial des Systems liegt imao darin, dass sowohl Skirmish als auch Massenschlachten in einem gewissen Rahmen möglich sind und durch den relativ simplen und weitestgehend intuitiven Aufbau durch eigene Sonderregeln (Hausregeln) leicht erweitert werden kann, um die einzelnen Spielweisen in Korrelation zueinander zu setzen. Jetzt kann man fragen: Warum macht das GW nicht selbst und kaut es dem Kunden vor? Darauf kann ich nur antworten: Warum? Es ist so einfach, sich selbst sein Regelwerk zu individualisieren, um es an die jeweiligen Bedürfnisse der Spieler bzw der gespielten Szenarien anzupassen, dass es einfach keinen Sinn macht, das RB noch 100 Seiten länger und es dadurch noch ungemütlicher für Einsteiger zu machen.
1. 40k kann weder Skimrish noch Massenschlacht gut. Es war mal ein Skirmisher der jetzt ein Massenschlachtsystem sein möchte, es dabei aber schafft die inkompatiblen Aspekte beider Skalierungen in sich zu vereinen.
- Für Skirmish sind die Regeln nicht fein genug (z.B. Deckungsregeln, die für Skirmisher essentiell sind, sind totaler Murks). Ich erinner mich da noch an die Demospiele von GW auf der Spielemesse, 2 Trupps Space Marines gegen 3 Trupps Ganten und einen Trupp Symbionten, das war kotzlangweilig. Die AT-43-Demo, jeweils 2 Trupps und ein Läufer pro Seite, hat dagegen richtig Laune gemacht.
- Für Massenschlachten ist das Regelwerk zu behäbig (schon das komplizierte Schadenssystem verträgt sich überhaupt nicht mit Massenschlacht) und viel zu unoptimiert (dass jede zweite Einheit einen Arsch voll Sonderregeln hat verträgt sich nicht mit Massenschlacht).
2. Ein Regelwerk muss nicht lang sein, um gut zu sein. SST und AT-43 haben
zusammen weniger Seiten Regeln als die aktuelle 40k-Edition. Und ich kenne Rollenspielsysteme, die mit 20 Seiten Grundregeln auskommen, ohne dabei ein Pocket-RPG zu sein.
40k dagegen hat über 100 Seiten Regeln von denen man als Anfänger förmlich erschlagen wird, dann nochmal Völkersonderregeln in jedem Codex UND dann hat jede zweite Einheiten nochmal Spezialsonderregeln - insgesamt gibt das bestimmt locker 50 Seiten Sonderregeln, die auf das Grundregelwerk obendrauf kommen. Wie soll man das bitte
noch ungemütlicher für Einsteiger machen?
Im Großen und Ganzen kann ich euch da zustimmen!
Zwar ist der Casual Gamer nicht immer so betroffen, wie Galatea es schildert (mich betrifft es zum Beispiel nicht, da wir über unklare Regeln nicht lange streiten/diskutieren und uns schnell einig werden und auch ein lokales Metagame entsteht, so dass man in der Spielgruppe nicht auf Anti-Listen trifft - ich sehe das Problem das andere Spieler haben schon), aber das Risiko besteht.
Der Casual Gamer hat aber generell weniger Probleme mit unausgeglichenen Regeln. Bei Mortheim oder Necromunda stört es ihn nicht, wenn nach einiger Zeit in einer Kampagne die Kräfteverhältnisse stark voneinander abweichen, ein Turnierspieler, der viel wert auf einen fairen Wettbewerb legt, würde da wohl weniger Spaß dran haben.
Mortheim und Necromunda sind auch eine völlig andere Kategorie - das sind Tabletop-RPG-Hybriden, die eine fortlaufende Geschichte erzählen und bei denen gewissen Absprachen in der Spielgruppe fast schon zwingend notwendig sind, damit die Sache nicht völlig aus dem Ruder läuft (sonst brauchen einige Fraktion im späteren Verlauf garnicht mehr mitspielen).
Ich habe noch nie in einem Laden gespielt. Bin ich damit der Exot?
Im Grunde hat doch jeder von uns seine eigene kleine Spielgruppe von Kumpels, Jugendfreunden, Kommilitonen und alten Schulkameraden. Wenn da was regeltechnisch nicht in den Kram passt, wird's halt geändert und - wie ich schon sagte - an die jeweiligen Bedürfnisse der Gruppe angepasst. Das RB ist halt keine Bibel, sondern ein Sammelwerk von Richtlinien, auf deren Grundlage, man diskutieren bzw entscheiden kann, was eventuell in der speziellen Situation am besten wäre.
Wenn bei uns in einem Spiel eine Unklarheit besteht, spielen wir nicht direkt die Regelanwälte, pausieren das Spiel und konsultieren das Regelbuch, sondern legen einfach was vorläufig fest, was sich in dem Moment am richtigsten anfühlt.
Dass das gegen fremde Spieler nicht funktioniert, die evtl noch einen Flipper bekommen, wenn es für sie mal nich so dolle läuft, sollte klar sein. Aber treffen sich so viele von euch in Läden, um zu zocken? Da hau ich direkt mal eine etwas freche Frage hinterher: Habt ihr keine Freunde?
Natürlich macht jede eingeschworene Spielrunde mit der Zeit ihre eigenen Anpassungen oder definiert zumindest ihr eigenes Meta, was geht und was nicht geht. Das ist aber ebenfalls wesentlich einfacher wenn das vom Hersteller gelieferte Produkt nicht schon von vornherein total vermurkst ist.
Wenn man aber einfach mal mit jemand Unbekanntem spielen will ist das scheiße, weil dann beide die Regel anders auslegen und egal wie man es am Ende auslegt ist es irgendwie nicht wirklich zufriedenstellend. Außerdem hält es das eh schon extrem schneckige Spiel noch zusätzlich auf.
Natürlich müssen gute Regeln nicht lang sein, aber wenn jede einzelne spezielle Ausnahme-Situation beschrieben werden soll, können zwei Sachen passieren:
1) Die Situationen werden so stark vereinheitlich, dass die Regeln zwar kurz und verständlich sind, aber alles andere wird halt auch einheitlicher und dadurch monotoner. Da ist es doch viel interessanter, wenn die Regeln etwas schwammig formuliert sind, dass man sie von Situation zu Situation anders bewerten kann.
2) Das Regelwerk wird so lang, dass sich das keine Sau merken kann und man bei jeder unkonventionellen Situation im Buch rumblättert, um die jeweilige nun greifende Regel herauszufischen.
Dass ein kurzes Regelwerk einheitlich und monoton ist ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Durch geschickte Mechanismen kann man eine Menge Regeltext sparen - lässt man beispielsweise die Spieler in einem RPG ihren Kampfpool frei auf Initiative, Angriff und Parade verteilen spart man sich so ziemlich
alle wertemodifizierenden Kampfmanöver wie defensiver Kampfstil (-Attacke +Parade), offensiver Kampfstil (+Attacke -Parade), Kraftschlag (-Initiative +Attacke) usw.
ohne Flexibilität zu verlieren oder den Kampf monotoner zu machen.
Oder wenn man beim Tabletop einfach Bewegungsweiten als Profilwert angibt spart man sich
sämtliche bewegungsmodifizierenden Sonderregeln* wie "langsam & entschlossen", sprinten, Bestienbewegung, Kavalleriebewegung, langsame Fahrzeuge, schnelle Fahrzeuge usw. usf. - 6" Bewegung für alle wirkt nämlich nur auf den ersten Blick einfach. Sobald man dann bei den Einheitentypen ankommt, die alle verschiedene Spezialsonderregeln für Bewegung haben wird das scheißkompliziert.
Manchmal ist weniger mehr.
* man spart sie sich nicht immer komplett aber sie werden deutlich kürzer und murksen nicht mehr mit den Bewegungsregeln herum - "langsam und entschlossen" würde dann
nur noch sagen, dass die Einheit ihre Waffen auch bei Bewegung abfeuern darf und kann für langsame wie schnell Einheiten verwendet werden (auch wenn man dann wohl einen neuen Namen bräuchte).