Der Geburtenrückgang hat viele Ursachen, die sich gegenseitig Ergänzen. Dauernde Belastung (physisch als auch psychisch), Gifte in Konsumgütern, finanzielle Aspekte, sozialer Status oder Ansehen.
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Vergleichen wirs doch einfach mal mit den geburtenstarken Jahrgängen, oder auch Jahrhunderten. Also gern das 19 und frühe 20 Jahrhundert, bis in die 60er.
-Die physische Belastung ist deutlich zurückgegangen, die gesamte Erwerbsstruktur sieht anders aus. Angefangen bei der Waschmaschine, bis rüber zur Büroarbeit, die Freizeit, die Wochenarbeitszeit, die Lebenserwartung, you name it; da gibts nix zu diskutieren.
-Die Gifte haben keinen Einfluss auf den "Zeugungswillen", sondern auf das Zeugungsvermögen, und da gibt es heute Mittel und Wege.
Die wesentlichen, die Fertilität beeinflussenden Gifte sind übrigends der gute alte Alk, und die akute Bleivergiftung (früher sehr viel häufiger als heute, da Wasserleitungen noch aus Blei waren, und man um den Zusammenhang nicht wusste). Beide sind einfach individuell vermeidbar.
Der Grund für den Geburtenrückgang war nie mangelnde mittlere Zeugungsfähigkeit in der Bevölkerung (das sind Einzelfälle, um dies hier nicht geht), sondern der Wille, ein Kind zu bekommen.
Probleme für die Fruchtbarkeit ergeben sich heute - und bevor mir wieder einer kommt, das weiss ich aus der gyn Praxis in der meine Mutti arbeitet - daher, dass einerseits Frauen hier und da in einem Alter einen Kinderwunsch entwickeln, in dem das die Natur schon nicht mehr vorsieht, andererseits aus der Tatsache, dass heute so gut wie jede Frau ihr ganzes Leben lang schwangerschaftsunterdrückende Hormone nimmt, sprich die Pille. Die Rückumstellung, also nach dem Absetzen zum schwanger werden, geht nicht in allen Fällen auf Knopfdruck.
-Die finanziellen Aspekte kann ich noch viel weniger gelten lassen. Ja, Kinder sind teuer. Früher waren sie aber im Verhältnis zum Einkommen und zum Volkswohlfahrsniveau viel teurer. Vor den 30ern gabs auch kein Kindergeld, kein Ehegattensplitting, keinen Steuerfreibetrag - ihr werdet es kaum glauben - die Finanzierung von Kindern war Privatsache.
Windeln wurden von Hand gewaschen, Breichen gabs auch nicht zu kaufen. Könnte man heute freilich auch, will nur keiner.
Will man natürlich weiterleben wie als zusammengezogenes Päärchen ohne Kinder, dann wirds kompliziert.
- Dass zwei Kinder in ner Familie nen negativen Einfluss auf Status oder Ansehen haben, wage ich zu bezweifeln.
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Ich bleibe dabei, und beziehe das durchaus auch auf persönliche Erfahrungen:
Kinder machen Arbeit, Kinder stören in der Karriereplanung, Kinder sind unbequem, Kinder können nerven, Kinder ändern das Leben.
Also wird der Wunsch verschoben und verschoben, und manchmal fällt er eben hinten runter.
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Ums nochmal auszumalen, hier die Geburtenentwicklung. Die Pille kam in der breiten Masse um 1965. Das statistische Phänomen nennt sich der Pillenknick.
Wie man dann im Ernst die Pille nicht als wesentlichsten Faktor nennen kann...
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Nun zum Vergleich mit den Nachbarländern, mit durchaus ähnlichen Lebensbedingungen wie hier.
Polen; das europäische Land mit der stärksten katholischen Prägung in der Breite; liegt bei den Geburten noch hinter uns.
Frankreich; traditionell im Schnitt wenig konfessionell gebunden; schaffts auf knapp über 2 Kinder pro Frau, Spitzenplatz in Europa. Ähnlich sieht es in skandinavischen Ländern aus.
Die sind nicht wirklich reicher, nicht weniger belastet, die haben nicht weniger Gift, und die haben auch nicht weniger Auge auf ihr persönliches Ansehen, möchte ich meinen.
Woran kann das folglich liegen?
Der Kinderbetreuung.
In Deutschland gibt es für Kinder bis 3 Jahre nur Plätze für 5% der Kinder, die sind auch gern noch teuer. Quelle; Stat. Bundesamt
In Frankreich für 100%.
DAS ist die staatlich beeinflussbare Größe. Die hälfe nebenher auch noch bei ein paar andren Problemen, wie ihr sicher wisst, aber das soll hier Nebensache sein.
Es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass gerade junge Familien auf zwei arbeitende Elternteile bauen, und damit auf Betreuungsplätze angewiesen sind. Wer will und wer kann 3-5 Jahre 'Pause' machen mim arbeiten?
Oft geht das garnicht, weil das Einkommen gebraucht wird, oft geht das garnicht, weil der Beruf das nicht sinnvoll erscheinen lässt, und man gewissermaßen den Anschluss verliert.
Ich zitiere die ZEIT:
Während in Deutschland die Herdprämie diskutiert wird, sagt der französische Familienminister Philippe Bas provokant "Kinder sind erfolgreicher, wenn die Mutter arbeitet". Zumindest zeigen vom französischen Familienministerium in Auftrag gegebene Studien, dass die Berufstätigkeit der Mütter kein Handicap für den Erfolg der Kinder in der Schule ist.
Und hierzulande wird tatsächlich noch kolpotiert, eine arbeitende Mutter sei doch ei wenig eine Rabenmutter; das Kind entwickle sich besser, wenn die Mutti den ganzen Tag zuhause ist, usw.
Das Gegenteil scheint angezeigt.
Und zuletzt noch eine simple Sache: In der Schule wird gross und breit über Verhütung unterrichtet, richtigerweise versteht sich. Unerwähnt bleibt meistens, dass die weibliche Fertilität bereits ab 30 deutlich sinkt, ab 35 noch mehr.
Meine Mutter erwähnt immer mal die verwunderten 'aber ich bin doch erst 40' Gesichter, denen das offenbar nie klar war.
Denkt ruhig mal zurück an Schulzeiten, wie explit euch das vermittelt wurde.
Dazu auch eindrucksvoll und einfach zu lesen:
So, hammer nun noch Fragen?