Ich habe mich gefragt, welche Faktoren die Trefferwahrscheinlichkeit im Nahkampf maßgeblich beeinflussen.
Meine Erkenntis war erstmal, dass es deutlich einfacher ist jemand mit einer NKW zu treffen als mit einer FKW.
Selbst wenn jemand noch nie ein Schwert in der Hand gehabt hatte, muss man niemandem erklären wie das Ding funktioniert oder wie man auf jemanden damit treffen kann.
Bei Waffen (selbst Modernen) sieht das schon anders aus.
Das Gegenteil ist der Fall. Das weiß ich nicht nur von der Recherche sondern auch vom Historischen Schwertkampf, den ich eine Weile praktiziert habe.
Erstmal zur Historie:
Massenarmeen wurden auch deswegen möglich, weil es VIEL einfacher ist, Kämpfer an einer Muskete zu trainieren als für den Nahkampf. Letzterer erfordert nicht nur jahrelanges Training, sondern auch eine gewisse Physis und WEIT mehr Mut und Bereitschaft zur Selbstaufgabe. Ein enges Gewimmel im Nahkampf ist, anders als bei Hollywood, durchaus etwas klaustrophibisches, wo "Schwertschwingen" auch erstmal garnicht stattfindet.
Fernkampf ist dagegen fast schon sportlich (übertrieben ausgedrückt), der Horror lauert dort woanders.
Aus eigener Erfahrung im LARP weiß ich zudem, dass der Kampf zwischen Gruppen, Einheiten und Kampflinien sich über sehr viele Stadien unterscheidet. Ein offener Kampf von wenigen Bewaffneten in lockerer Formation ist am ehesten mit Hollywood vergleichbar, wobei es exponentiell schwerer ist, den Gegner zu treffen, da man STÄNDIG auch auf die eigene Verteidigung achten muss.
Je mehr sich der Nahkampf zu Linien verdichtet, desto weniger Treffer kann der einzelne erzielen. Hier ist ALLEINE das Vorgehen der Kampflinie und die Ausrüstung entscheidend. Dabei gehe ich IMMER von trainierten Kämpfern aus.
Studiere mal Römer gegen Barbaren, da sind interessante Erkenntnisse zu gewinnen.
Hier ein Video zur Einstimmung:
https://www.youtube.com/watch?v=d8LiQFnkuJY
Aus Tabletopsicht sollten wir erstmal den Maßstab klären:
Im Skirmish gelten ganz andere Regeln (eher offener Kampf in lockerer Formation) als auf einem Spiel im 40k Maßstab.
Bei letzterem sollte man grundsätzlich erstmal vom geschlossenen Kampf in einer Formation/Reihe ausgehen, auch wenn der Stil und die Artworks eher einen offenen Kampf propagieren.
Hier ist dann entscheidend:
- Nahkampftraining des einzelnen
- Nahkampftraining der Einheit (das sind unterschiedliche Dinge. zB. Barbaren wären eher unorganisiert und das Einzeltraining dominiert, bei den Römern eher das Training der Einheit).
- Art der Bewaffnung: es gibt bei Nahkampfwaffen in der Geschichte eine Art Schere/Stein/Papier der Nahkampfwaffen. Das würde hier jetzt aber zu weit führen.
Grobe Beispiel:
- Lanzen besiegen Speere, Piken besiegen Lanzen, Pistoliere besiegen Piken
- Phalanx besiegt Schildwall, Wurfspeere besiegen Phalanx, Zweihänder besiegen Phalanx (Gassenhauer)
- Lange Waffen gewinnen den Kampf, kurze Waffen gewinnen die Schlacht (Gladius, aber auch Agincourt oder Crecy, gerade nicht mehr sicher welche das war)
Gehen wir mal davon aus, dass der Gegner ein Anfänger im NK und unbewaffnet ist.
Ich habe ein Messer und greife ihn an.
Macht es einen Unterschied ob ich selbst keine Erfahrung habe oder Schwertmeister bin?
Der Unterschied ist gewaltig. In der Praxis wirst du deinen Gegner nur mit Glück überhaupt verletzen, wenn er sich auch nur ein wenig wehrt. Wenn er zum Gegenangriff übergeht bist du genauso gefährdet wie er, das Messer in den Händen eines Noobs bringt kaum einen Nutzen. Natürlich müssten wir jetzt noch drüber reden, wie scharf, lang, hochwertig das Messer ist, aber das würde auch nicht viel ändern.
Wenn ein Anfänger mit dem Katana gegen einen unbewaffneten Anfänger kämpft, hat der unbewaffnete nicht die schlechtesten Karten.
Man muss hier ausblenden, dass wir als Hobbyisten in der Regel VIEL mehr theoretisches Wissen haben als ein normaler Mensch und nicht selten die ein oder andere praktische Erfahrung aus Kampfsport, LARP oder sonstwoher. Daher würde ich eher dabei bleiben "gleicher Skill" der Kämpfer.
Nicht wirklich, die Trefferwahrscheinlichkeit wird bei fast 100% liegen. Wenn ich Schwertmeister bin weiß ich höchstens an welchen Stellen ich mehr Schaden anrichten kann, dass wäre aber "Verwundungswurf".
Das ist so nicht richtig. Ein Schwertmeister trainiert um den Kampf zu gewinnen, nicht den Gegner zu töten. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Ein Verwundungswurf findet in der Realität nicht statt bzw. ist vollkommen irrelevant. Wenn es zur Tötung kommt, dann NACHDEM der Kampf gewonnen wurde. Und dann ist es auch egal, wie widerstandsfähig der Gegner ist, da die Schwachstellen bei allen die gleichen sind.
Selbst die Rüstung ist dann vollkommen irrelevant und nutzlos.
Jetzt ist der Gegner der Experte mit Jahrzentelanger Nahkampferfahrung und wird von einem Anfänger angegriffen: Die Wahrscheinlichkeit zu treffen ist nun extrem gering.
Wenn ein Anfänger mit Messer gegen einen Experten antritt, ist der Anfänger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot, da der Experte ihm jede Waffe spielend abnimmt.
Hier auch nicht die moralische Komponente außer Acht lassen. Zuckt der Experte und der Anfänger kriegt einen Schreck, ist der Kampf vorbei.
Beide Kontrahenten sind Bewaffnet, einmal haben beide keine Erfahrung und einmal sind beide Experten.
Wie sehen nun die Trefferwahrscheinlichkeiten aus?
Die beiden Unerfahrenden werden sich höchstwahrscheinlich gegenseitig treffen, weil sie nicht wissen wie man Messerangriffen ausweicht bzw. diese pariert.
Bei den Experten hingegen würde der Kampf sehr lange dauern (wenn beide auf dem selben Niveau sind), weil beide Wissen wie man Messer optimal einsetzt.
Beide Kämpfe würden potentiell gleich lang dauern. Bei den ANfängern würde aber Glück und Zufall sowie der Mut des jeweiligen Kämpfers einen größeren Einfluss nehmen.
Bei den Experten wären diese Faktoren immer noch da, aber weniger entscheidend als zB. die Geisteshaltung oder die BEreitschaft ein Risiko einzugehen. Ein Anfänger WEISS ja garnicht, wann er ein Risiko eingeht, ein Experte kann dagegen damit kalkulieren und arbeiten.
Das Beispiel würde auch mit beliebigen anderen Nahkampfwaffen funktioneren.
Jain. Es gibt durchaus eine Expertenskalierung bei den Nahkampfwaffen. Zwei Anfänger mit Stöcken und zwei Anfänger mit Langschwertern wäre was anderes. Bei letzteren besteht eine nicht geringe Chance, dass der Anwender sich selbst verletzt, bevor oder während er angreift.
Schau dir mal den Nahkampf bei INFERNO an, da habe ich versucht alle diese Faktoren einzubeziehen und momentan funktioniert es so gut, dass ich das System sogar als Grundlage für eine Fantasy Version verwenden könnte.
Zuerst treffen die Einheiten aufeinander und es wird entschieden, wessen Formation und Mut besser hält /Schockphase. Erst dann kommt es zum "Wirkungsangriff", der dann das Gerangel und Abschlachten darstellt. Hier entscheidet mit, wer die Schockphase besser überstanden hat.
Anhand der 3 Möglichkeiten oben, dies in einem TT darzustellen ist Variante 3) für mich am schlüssigsten, weil es alle Varianten am besten darstellt.
Das einzige Problem was man haben könnte wäre wenn zwei Elite Einheiten gegeneinander kämpfen, dass könnte dann etwas länger dauern, wenn die sich nur auf die 5 oder 6 treffen. Da könnte man gegenhalten, indem man den Nahkampf tödlich genug macht, das selbst das nicht zu lange dauert.
Kämpfe zwischen noobs im Nahkampf sollten bereits beim Zusammenstoß durch einen verpatzten Moraltest entschieden werden. Im Zweifel kann es auch geschehen, dass beide Seiten beim Zusammenstoß aufgerieben werden. Es kommt also schon garnicht zum Kampf. Findet er dennoch statt (Moraltest geschafft), dann kann/sollte er genauso lange dauern wie bei Eliten auch, von der höheren Chance Moraltests zu verpatzen mal abgesehen.
Fazit:
Technisch dauert ein Kampf zwischen Anfängern und zwischen Experten gleich lang.
Moralisch werden Anfänger den Kampf eher abbrechen, also ist die Chance höher, dass der Kampf bereits am Anfang entschieden oder abgebrochen wird, bevor Leute sterben.