40k Stargazer (Abgeschlossen 17.04.2015)

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
7.761
www.fanfiktion.de
Hallo, Liebe Stargazer-Leser,

soooo: Nach einem längeren, durch verschiedene Faktoren bedingten Ausfall ist nun der Endspurt für Stargazer angesagt. Drei neue Kapitel habe ich in Petto. Wie viele danach noch kommen, weiß ich nicht – je nachdem, wie rasant sich alles entwickelt. Es werden aber nicht mehr viele sein. Wir dürfen also gespannt sein, wie die Geschichte endet. Jetzt aber erst einmal Kapitel 42!

Film ab!




42


Der Abend brach an. Zumindest kroch eine unheimliche Dunkelheit aus der Ferne heran und krallte sich mit den düsteren Klauen langer Schatten hinter jeder Erhebung fest, so als würde sie die Kämpfenden daran erinnern wollen, dass ihre Reise in das Herz der Finsternis führen würde. Eine Reise, an deren Ende das Grauen wartete.
Heftiges Flackern brach durch die improvisierten Barrikaden, mit denen die Basteter die zerborstenen Fenster des Beinhauses versperrt hatten und malte fehlfarbene Lichtmuster an die schwach beleuchteten Wände des arkanen Raums.
Schwere Donnerschläge, kaum bis gar nicht gedämpft, echoten durch die kalte Nachtluft, ließen die Kathedrale bis auf die Grundmauern erbeben.
Eigenartiger Weise erinnerte die Lage Ekko an den Tag, an dem die Orks den Angriff auf die Himmelskathedrale begannen. Die Nacht, in der sie den Außenwall beschossen hatten, ohne dass die Imperialen die Möglichkeit gehabt hätten, ihnen gebührend zu antworten.
Dieses Mal gab es allerdings einen kleinen, jedoch entscheidenden Unterschied: der Platz war deutlich weniger geworden.
Hatte sich das Trommelfeuer des Gegners während der ersten Tage noch über eine größere Fläche verteilt, trafen die Geschoss- und Strahlwaffen nun punktiert auf einen begrenzten Bereich der zweiten Schutzmauer. Und wenn er ehrlich sein sollte musste Ekko zugeben, dass im Grunde er die Orks in diesem Gebiet konzentriert hatte.
Aber hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, den Feind zu bekämpfen? Die Chance, all dem zu entgehen, hatten sie längst verspielt.
Er wandte sich um und setzte dort ein, wo er kurz zuvor geendet hatte. »Also, meine Herren, das ist die Situation. Ihre Gedanken dazu?«
Drei Paar Augen blickten ihm mehr oder minder ratlos entgegen.
»Wir müssen sie aufhalten«, brummte Major Carrick, nachdem er eine Weile lang darüber gebrütet hatte, ob er diese Tatsache – offensichtlich für ihr Überleben – wirklich aussprechen, oder sie lieber für sich behalten und etwas anderes, intelligenteres, hätte erwidern sollen.
Ekko schoss ihm einen kurzen Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit auf den neben ihm stehenden Captain Solmaar richtete. Aber der schien so tief über der Karte versunken, dass er den geräuschlosen Seitenhieb seines Vorgesetzten gar nicht bemerkte.
Also blieb es dem Colonel überlassen, die unliebsame Aufgabe der nächsten Worte zu übernehmen. Aber Ekko wäre beileibe nicht Ekko gewesen, wenn er sich so einfach in sein Schicksal ergeben hätte. Stattdessen leistete er hartnäckig Widerstand, wandte sich an den letzten Mann der Runde, und versuchte, die bösen Geister des Imperators an ihn weiterzuleiten.
Gren Krood erwiderte die stumme Aufforderung mit finster zusammengekniffenen Augen. Auch wenn er sich bisher eher vernünftig verhalten hatte, so waren die Taten Colonel Ekkos nicht vergessen. Immerhin hätte der Colonel das gesamte Kasrkin-Kommando um seiner eigenen Leute Willen geopfert.
Und das würde der Elitegrenadier dem Normalen nie vergeben. Dass der Basteter am liebsten selbst bei ihnen geblieben und gestorben wäre, war ihm nicht klar. Vermutlich hätte es ihn auch gar nicht interessiert.
»Ja«, riss Regimentskommandeur die Umstehenden schließlich aus ihren Gedanken. »Wir müssen sie aufhalten. Aber wie?«
Jetzt endlich kam Bewegung in den Körper von Captain Solmaar. Er richtete sich auf, offensichtlich von einem plötzlichen Gedankenblitz getroffen.
Ekko hatte ihn als Berater für seinen neuesten Plan hinzugezogen, um seinen bisherigen Vertrauten nicht weiter zu belasten. Balgors Laune nach zu urteilen würde der nämlich keine weitere Wahnvorstellung seines Vorgesetzten verkraften.
Doch auch der Hüne Solmaar war für seinen scharfsinnigen Verstand und seine treffenden Einwürfe bekannt.
»Wie groß sind denn unsere Verluste?«, erkundigte er sich nun, um die ersten Grenzen des noch Möglichen abzustecken.
Ekko sah zu Carrick, der sich entnervt über die Nase strich. »Wir versuchen noch, die genauen Verlustzahlen festzustellen, aber einer vorsichtigen Schätzung nach würde ich glatt behaupten, dass wir noch so um die neunhundert bis eintausend Mann in der Festung sind – exklusive der Miliz und Zivilisten.«
»Was? Wir haben in einer Nacht fast eintausend Mann verloren?«, brach es aus Solmaar heraus.
»Na ja«, erwiderte Ekko beinahe schon fröhlich. »Nicht ganz verloren, denn eine beträchtliche Streitmacht steht draußen vor dem Tor und begehrt Einlass. Wir hatten ja erst auf etwa fünfhundert gehofft, aber irgendwie werden es immer mehr.«
Der Captain starrte ihn entgeistert an. Carricks Augen hingegen zeigten ganz deutlich, was er in diesem Moment dachte.
Der Colonel ignorierte ihn. »Da wir nicht davon ausgehen können, dass diese Truppen in nächster Zeit für offensive Operationen zur Verfügung stehen, sollten wir uns darauf konzentrieren, mit den verbliebenen Einheiten solange wie möglich Widerstand zu leisten.«
»Wie … wie darf ich das verstehen?«, erkundigte sich der Schrank von einem Captain. »Das Tor wurde geschlossen und wir haben noch Einheiten draußen?«
Jetzt endlich wandte sich Ekko direkt an seinen Stellvertreter. »Major Carrick?«
Der bissige Blick, der ihm antwortete, konnte nur schwerlich falsch verstanden werden. Dennoch besann sich Carrick auf jene Werte, die man ihm als Offizier einst beigebracht hatte und entschied (zum widerholen Male), den Kern der Mission vor seine persönlichen Gefühle zu stellen. »Zu der Zeit, als das Tor geschlossen wurde, befanden sich noch mehrere Kampfgruppen im Kontakt mit dem Feind«, begann er. »Aufgrund des starken Drucks, den diese Truppenverbände erfuhren, war es unmöglich, sie in die laufende Räumungsoperation einzubeziehen. Die Einheiten sind also aufgefordert worden, ihre Stellung zu halten und den Verteidigungsperimeter in diesem Bereich zu erhalten.« Er wies auf die oberste Karte, deren Ausschnitt den Zugang in den zweiten Ring portraitierte und zeichnete die ungefähre Form der neuen, improvisierten Defensive mit den Fingern nach. Einen Halbkreis bildend, zog sie sich über mehrere Gebäudeblöcke hinweg wie eine Beule um das Eingangstor des zweiten Rings. »Aufgrund der Bedrohungslage ist eine Rückführung der Verbände bisher nicht in Betracht gezogen worden.«
»Kurzum: Wir sind im Augenblick zu feige, das Tor aufzumachen«, warf der dunkelhaarige Basteter ein. »Und das wird sich auch nicht ändern, bevor wir keine Möglichkeit gefunden haben, den Druck auf unsere Stellungen zu mindern. Erst, wenn das geschehen ist, können wir eine Repatriierung dieser Einheiten in die Festung in Betracht ziehen.«
»Klingt, als hätten Sie einen Plan«, bemerkte der hochgewachsene Captain das Offensichtliche.
»Richtig.« Ekko löste sich von seinem Platz, nur um die Männer zu umwandern. »Meine Herren, verraten Sie mir eines: was nimmt einem den Halt?«
»Den Halt?«
»Richtig«, widerholte der Colonel. Seine Augen fokussierten jeden den drei Soldaten. »Wenn das, auf das man sich fokussiert, das man gewöhnt ist, dem man vertraut, einfach nicht mehr da ist. Futsch. Wenn man erlebt, wie es vor den eigenen Augen vernichtet wird.«
»Ich … habe keine Ahnung«, stellte Solmaar fest, nachdem er verfolgt hatte, wie Ekko seine erste Runde um den Plottisch beendete und zur zweiten ansetzte. »Worauf wollen Sie hinaus?«
Rastlos wanderte der Colonel umher, holte seine eigenen Gedanken dabei ein und überrundete sie schließlich. »Was hält den Kampfgeist einer Truppe zusammen?«, erkundigte er sich bei seinem Stellvertreter, obwohl ihm die Antwort längst klar war.
Carrick, durchgehend damit beschäftigt, Blickkontakt zu seinem Bonusmeilen sammelnden Vorgesetzten zu halten, überlegte eine Zeit lang. »Die Moral?«
»Richtig«, erhielt er zur Antwort. »Aber auf wen konzentriert sich die Moral?«
»Auf den Anführer?«
»Richtig.« Ekkos Gesicht hellte sich auf, erfreut über den Funken Verständnis, der nun allmählich das Feuer der Strategie in seinen Untergebenen entfachte – ein Feuer, das in seinem Kopf inzwischen alle Barrieren der Vernunft niedergebrannt hatte. »Was passiert, wenn man uns den Anführer wegnimmt?«
»Unsere Kommandokette bricht zusammen«, erklärte der stellvertretende Regimentskommandeur. »Ohne einen Kommandeur ist der Stab weitestgehend handlungsunfähig – sieht man von einzelnen Offizieren ab, die ihre Einheiten mit Elan und Klugheit führen.«
»Genau.« Ekko nickte. »Aber jetzt kommt der Clou. Denn was passiert, wenn man Orks den Anführer wegnimmt?«
Verwirrung stahl sich auf die Gesichter der beiden Offiziere, die seinen Worten bisher aufmerksam gelauscht hatten. Einzig Krood schien zu verstehen (oder zumindest zu vermuten), worauf Ekko anspielte, denn er versteifte sich unmerklich.
Carrick und Solmaar hingegen verstanden immer noch nicht.
»Also?«, wollte der dunkelhaarige Basteter wissen.
»Sie kämpfen darum, wer der neue …«, begann der Major, brach jedoch gleich wieder ab und ließ verstehend die Schultern sinken. »Aber, Colonel! Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
Ekko verzog die Lippen zu einem durchtriebenen Lächeln. »Warum nicht? Krood!«
»Sir!«, sprang der Grenadier an seine Seite.
»Was denken Sie? Machbar?!«
Der Elitesoldat musterte seinen Vorgesetzten mit einem prüfenden Blick, dann griff er nach seiner Seitenwaffe.
Als der Kasrkin-Sergeant die HE-Laserpistole zog, ratschten weitere Holster. Nahezu lautlos richteten sich die Standard-Laserpistolen von Solmaar, Carrick und mehreren anderen Offizieren auf ihn, die bisher abseits der vier um den Plot Stehenden mit der Organisation der Verteidigung der Kathedrale beschäftigt gewesen waren.
Doch zu aller Überraschung versuchte der Grenadier-Sergeant gar nicht, Ekko zu töten. Stattdessen prüfte er seelenruhig den Ladezustand seiner Waffe, bevor er sie mit einer schwungvollen Bewegung zurück ins Holster gleiten ließ.
»Wie sagen Sie immer, Colonel? Tod und Verderben?« Er lächelte finster. »Na dann, lasst sie kommen.«
»Das klingt gut!«, klatschte der Colonel in die Hände. Sein Lächeln verrutschte um keinen Millimeter, auch wenn sich die Gedanken hinter seiner Stirn schlagartig verdüsterten. Er erinnerte sich an eine Situation, deren Basis auf eine ganz ähnliche Weise gelegt worden war – und an deren Ausgang. Denn das letzte Mal, als das jemand zu ihm gesagt hatte, war er kurz danach wirklich tot gewesen.
Schwere Schritte hämmerten auf den kalten Fliesen, die den Fußboden des Hauptgangs vor der Krypta bedeckten, weckten den Colonel aus dem Alptraum der Erinnerung, der sich wie ein Gewitter in seinem Geist zu entladen drohte. Mit einem Rascheln glitt der blickdichte Vorhang des Eingangs zur Seite, entließ einen Neuankömmling in die kühle, vom Summen der Geräte und dem Knistern der Funksprüche erfüllte Luft. Es war Nurin.
»Entschuldigen Sie, dass wir so spät sind, Sir. Es dauerte eine Weile, bis ich die beiden anderen Teilnehmer gefunden hatte.«
Hinter ihm trat Demetrian Gantis durch die unkonventionelle Tür, in seinen olivgrünen, einteiligen Pilotenanzug gehüllt, wich aber postwendend zur Seite aus, um den Weg für einen dritten Neuankömmling Platz zu machen.
»Colonel Ekko?«, röhrte die von Lautsprechern verstärkte Stimme Sergeant Numitors.
Alles wandte sich um. Urplötzlich war es totenstill.
Lediglich die dunkle Stimme Galard Ekkos antwortete, zwar nicht so lautsprecherverstärkt, aber genauso unheimlich wie der Bass des Space Marine. »Schön, dass Sie es einrichten konnten.«
»Es war nicht einfach, den Sergeant zu überzeugen, an dieser Besprechung teilzunehmen«, stellte Nurin sachlich fest.
»Ich bin sowieso überrascht, dass er auf den Herweg nicht einfach durch den Boden gebrochen ist«, bemerkte Ekko trocken.
Während Nurin verwirrt die Augenbrauen zusammenzog und einen Blick zu Carrick warf, der allerdings jeglichen Augenkontakt zu den anderen Anwesenden vermied und Gantis damit beschäftigt war, seine Vorstellungkraft unter Kontrolle zu halten und nicht lauthals loszulachen, schwiegen Krood und Numitor mit ausdruckslosen Gesichtern. Entweder hatten sie entschieden, die Bemerkung zu überhören oder sie einfach nicht verstanden, was aufgrund ihrer stark militärisch-korrekten, teils bereits asozialen Prägung absolut im Bereich des Möglichen lag.
»Also«, kam der Panzerkommandant auf das Thema zu sprechen, wegen dem Ekko sie in die Kommandozentrale bestellt hatte. Er wollte die Situation nicht noch mehr der Lächerlichkeit preisgeben, der sie sowieso schon anheim zu fallen drohte. »Was haben Sie geplant, Colonel?«
Ekko lächelte, nur um zu wiederholen, was er bereits zuvor gesagt hatte. »Oh, Sie werden begeistert sein!«


***

Die Begeisterung hielt nicht lange an.
»Nein«, widersprachen Pilot und Panzerkommandant entschieden im Chor. »Ich fliege Frachttransporter, keine Kampfflugzeuge«, fügte ersterer an.
»Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen würden«, erhielt er zur Antwort. »Leider konnte ich keinen der anderen Piloten überreden, eine derartige Irrsinnsaufgabe zu übernehmen. Daher brauche ich Sie.«
»Sie verlangen von mir, mit einer Walküre den Schutz der Kathedralenstadt zu verlassen und mich direkt zwischen die Orks zu stürzen?«
»Nein, nicht direkt. Eigentlich sollen Sie hinter den Orks landen.«
»Das ist doch Wahnsinn! Das könnte nicht mal ein Fliegerass schaffen!«
»Das ist wirklich nicht, was ich hören will«, schoss der Colonel zurück. »Sie sollten eigentlich sagen: ‚Ich lege mein Wohl in die Hände des Imperators. Halte Er Seine schützende Hand über mich. Und wenn die Maschinengeister gnädig sind, sollte auch die Maschine heilbleiben. Bla bla.«
»Sir, damit kann ich nicht dienen. Meine Maschine ist ein Frachttransporter und trägt zweiundzwanzig Tonnen. Darauf bin ich ausgebildet und das kann ich auch transportieren.«
Dass Ekko über diese Aussage nach wie vor nicht glücklich war, konnte man dem Basteter deutlich ansehen. Dass er diese Tatsache allerdings schließlich auf seine eigene, recht eigensinnige Weise kundtat, davor hätte ein umsichtiger Offizier den Flieger warnen sollen. »Sie machen mir gerade einen ganz großartigen Plan kaputt, Gantis. Ein Plan, über dem ich sehr lange gebrütet habe. Und ich meine: sehr lange. Ich habe diesen Plan so gut geplant, dass ein Trainer des Bloody Bowl neidisch auf mich wäre.« Seine braunen Augen nahmen einen undefinierbaren Ausdruck an, als er sich über den ehemaligen Holoplot lehnte. »Und dass Sie darauf beharren, dass Sie die abgeforderte Leistung nicht erreichen, ist …« – hier zögerte er kurz, um das richtige Wort zu finden – »… doof.«
»Das tut mir sehr leid, Sir«, erwiderte Gantis, als er sich ebenfalls vorlehnte. Piloten konnten stur sein.
Sie konnten sogar sehr stur sein – vor allem, wenn es sich bei ihren Gesprächspartnern oder Diskussionsgegnern um Offiziere der Armee handelte, die ihnen und den ihnen anvertrauten Fluggeräten wahnwitzige, sogar undurchführbare Aufgaben angedachten. »Ich sehe aber keinen Weg, dieses Problem zu lösen.«
»Ja, das ist wirklich doof.« Ekko ließ sich davon nicht beeindrucken. Er beugte sich noch ein wenig weiter vor und senkte seine Stimme verschwörerisch. Die bitterböse Ironie, die in seinem Tonfall mitschwang, hallte wie ein Peitschenschlag durch den Raum. »Doch keine Sorge. Ich habe einen Plan.«
»Wirklich?«, fragte der Pilot in demselben sarkastisch-verschwörerischen Ton zurück, mit dem er angesprochen wurde.
»Ja«, nickte der Colonel. »Und er wird Sie begeistern, Gantis.« Mit diesen Worten richtete er sich auf. »Ich befehle Ihnen das Ganze einfach. Das ist ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können.«
»Und was, wenn ich es doch tue?«
»Das wäre Befehlsverweigerung – darauf steht die Todesstrafe.«
Fassungslosigkeit grassierte. »Warum haben Sie keinem der anderen Piloten befohlen, die Operation auszuführen?«
»Weil ich die anderen Leute nicht kenne. Sie hingegen sind Basteter, daher habe ich eine grobe Ahnung davon, wie weit ich Ihnen vertrauen kann.«
»Das ist verrückt.«
»Nein, verrückt ist es, einem verlorenen Regiment einen eigenen Planeten zu versprechen. Das hier ist höchstens … ambitioniert.«
»Colonel, Sie haben mir gerade befohlen, mich selbst umzubringen!«, brachte der Pilote hervor.
»Nein«, wiederholte Ekko. »Ich habe Ihnen nur befohlen, mit einem Flieger über die Außenmauer der Kathedrale zu fliegen und meinen Auftrag auszuführen. Was Sie danach machen, bleibt Ihnen überlassen.«
»Ich …«, versuchte Gantis zu sagen, brachte jedoch kein weiteres Wort heraus. Dafür war er selbst viel zu perplex.
Ekko, der die Situation des Piloten richtig erkannte, übernahm das freundlicherweise. »Wenn Sie sonst keine Fragen haben, werden Sie jetzt austreten, in die Flugbereitschaft gehen und sich die entsprechenden Anweisungen dort abholen. Das Personal ist instruiert. Sonst noch was? Nein? Dann ‚bzzzt‘!«, scheuchte er den rangniederen Flieger mit hysterischem Winken seiner Hände aus dem Raum, bevor er sich dem nächsten Störenfried zuwandte: Nurin.
»Und was ist Ihr Problem?«, wollte der Basteter von dem vollkommen verblüfften Desposianer wissen, der (genau wie alle anderen Anwesenden) noch zu verdauen versuchte, was er gerade miterlebt hatte.
»Das fragen Sie? Sie wollen, dass ich mich zwischen die Gehöfte stelle und mit meinem Jagdpanzer auf ein Ziel außerhalb der Kathedrale schieße.«, stellte der Mann zögerlich fest. Es klang mehr wie die etwas unsicher vorgetragene Strophe eines alten Gedichts.
»Ja, und?«, wollte der Colonel wissen. »Bis zur Außenmauer sind Sie doch gekommen, also sollten Sie die paar Meter mehr auch schaffen.«
Das brachte den Kampfeswillen des Desposianers zurück. »Aber das waren Panzerfahrzeuge. Das hier hingegen ist doch Wahnsinn! Was, wenn uns das nicht gelingt?«
»Ich verstehe Ihr Problem nicht.«
»Colonel!«, rief Nurin entrüstet. »Sie reden davon, mit meinem Jagdpanzer einen Orkboss zu erschießen!«
»Bezeichnet man die Jagdpanzer nicht als Scharfschützen?«, schoss Ekko zurück. »Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie die Erfolgsaussichten dieser Operation anhand einer Machbarkeitsstudie überprüfen wollen.«
Glücklicherweise war Nurin nicht so dumm, des Colonels Aussage in Zweifel zu ziehen. Eine Diskussion mit einem ranghöheren Offizier war nämlich – zumindest, wenn man von imperialen Offizieren sprach – nicht unbedingt als erfolgsversprechend zu betiteln. Und Machbarkeitsstudien, selbst von gesegneten Maschinen durchgeführt, konnten sehr, sehr lange dauern.
»In Ordnung«, gab der Desposianer daher klugerweise nach. »Und wie soll das Ganze ablaufen? Ich meine – die Orks werden Gantis und Sergeant Kroods Leute nicht einfach aus der Festung herausfliegen lassen.« Er schüttelte den Kopf. »Wie wollen Sie die Truppe aus der Stadt rausbringen?«
»Wir können den Schild nur für eine kurze Zeit senken. Dieses Fenster muss reichen«, erklärte der Colonel. »Ich weiß, es ist wenig, daher wird die Ionenkanone mehrere Schüsse abgeben, um ihren Abflug zu decken.«
»Bitte, was?«, stieg Solmaar in das Gespräch ein. »Eine Ionenkanone?«
»Ich wollte nur sehen, ob Sie es bemerken«, klärte der andere Basteter ihn auf, bevor er seinen Blick zurück auf Nurin richtete. »Wir werden den Schild senken, die Nebelwerfer einsetzen und nicht nur die Front des Gegners treffen, sondern eine mächtige Wolke erzeugen, durch die sie dann die Festung verlassen können.«
»Ihren Wahnsinnplan in allen Ehren, Sir, aber … wie machen wir danach weiter?«
»Wir leiten die nächste Phase ein!«
»Wenn es nach mir ginge, würde ich gerne aussteigen.« Nurin kratzte sich am Kopf. »Aber ich habe wohl keine andere Wahl.«
Ekko nickte, selbst schicksalsergeben. »Ich fürchte, da haben Sie Recht. Krood?«
Der Kasrkin trat zwischen die versammelten Offiziere, beugte sich über die auf dem Plottisch ausgelegten Karten und begann, sie großzügig mit dem Finger zu überfahren. »Nachdem uns die Walküre in der Wüste abgesetzt hat, werden wir uns zum Wegpunkt Null begeben. Hier.« Er wies auf eine Stelle, auf der Karte nicht weit entfernt von der Darstellung der Stadtmauer. »Dort werden wir uns vom Träger lösen und eine Gegenbewegung durchführen. Entlang einer abgesteckten Frontlinie infiltrieren wir das Gelände, um in einer Aufklärungsoperation das Zielobjekt auszumachen. Sobald dies geschehen ist, werden wir das Objekt per Entfernungsmesser designieren. Sobald die Jagdpanzer ihre Sichtgeräte mit dem Designator synchronisiert haben, werden Sie das Ziel auf weite Entfernung neutralisieren. Danach wird die Einsatzgruppe über Wegpunkt Null exfiltrieren. Der Träger wird in der Zeit nahe dem Wegpunkt Null warten.«
»Das verstehe ich«, gab Solmaar zu, bevor er den Blick zu Carrick schweifen ließ. »Aber wofür die Jagdpanzer? Ich meine, birgt es nicht ein Risiko, wenn wir den Feind durch eine Dritt-Erfassung bekämpfen?«
Die Dritt-Erfassung, eigentlich eher im artilleristischen Bereich bekannt, bezeichnete ein Verfahren, bei dem die Zielerfassung durch eine dritte Partei erfolgte. Dabei waren weder der Schütze, noch die Waffe an sich aktiv an der Auswahl eines Ziels beteiligt, sondern wurden durch einen abseits von ihnen stehenden Körper eingewiesen.
Das beste Beispiel dafür waren Luftschläge, bei denen Raketen oder Flugkörper anhand eines vom Boden geführten Laserstrahls ins Ziel gelenkt wurden.
Auf jenen Laserstrahl spielten Ekko und Krood an. Das Auspex des Destroyer-Jagdpanzers war in der Lage, den Strahl zu erfassen und sich mit diesem zu synchronisieren. Auf diese Weise konnte ein Destroyer die Laserentfernungsmesser feindlicher Panzerfahrzeuge anvisieren und auf diesen wie ein Blitz Energie ins gegnerische Ziel leiten – meist mit demselben Ergebnis.
Allerdings hatte noch nie zuvor jemand versucht, einen einzelnen Ork mit einem Laser zu designieren und danach zu bekämpfen.
»Ein Jagdpanzer ist immer gut«, erklärte der Colonel, als sei das selbstverständlich. »Aber abgesehen davon geht es mir darum, dafür zu sorgen, dass der Feind auch wirklich stirbt. Es ist nicht sicher, wie weit sich die Kasrkin an den Feind heranarbeiten können, bevor sie in der Lage sind zu bekämpfen, daher möchte ich auf Nummer sicher gehen.«
»Es ist dennoch sehr risikoreich«, gab Nurin zu verstehen. »Ich meine: wir wissen doch noch nicht einmal, wo sich das Gemüse aufhält. Warum pusten wir die Grünhäute nicht einfach mit einer Atomwaffe in den Äther?«
Ekko schüttelte den Kopf. »Kommt gar nicht in Frage. Ich habe da fast eintausend Mann vor dem Tor.«
»Zehntausende gegen eintausend. Ich denke, da muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, Sir. Dieses Opfer lässt sich nicht verhindern.«
»Und wenn es in die Hose geht, fehlen uns die eintausend Mann.« Erneut schüttelte der Colonel den Kopf. »Denn eine wichtige Sache haben Sie vergessen: Wie bringen wir die Ladung an den Feind? Das steht nämlich offen. Ein geeignetes Transportmittel haben wir nicht.« Er meinte eine Rakete. »Nein. Ich will, dass der Feind abgelenkt ist, damit wir uns etwas Neues ausdenken können.«
»Verstehe«, gab der Panzerkommandant nach. »Und wie geht es dann weiter?«
»Rückzug der Kasrkin und der vor dem Tor befindlichen Einheiten. ‚Fliehe weit und schnell‘, heißt es doch in einem alten Soldatensprichwort.«
»Ja, aber bei dem geht es um Desertation, Sir«, wandte Solmaar ein.
Ekko sah ihn an. »Seien Sie froh, dass unser geliebter Kommissar verschieden ist. Der würde jetzt die Ohren spitzen.«
»Wir werden nicht vollgepanzert vorgehen«, erklärte der Elite-Grenadier und trat damit als Diskussionsfraktion erneut in Erscheinung. »Dadurch werden wir mobiler und können uns schneller bewegen.«
»Aber«, fuhr Ekko fort, »da mir klar ist, dass der Plan gewisse Risiken birgt, habe ich Sergeant Numitor dazu geholt.« Er wandte sich an den ehernen Hünen. »Ich weiß, dass Sie über ein entsprechendes Waffenarsenal verfügen, das der Imperialen Armee nicht zur Verfügung steht. Ich bitte Sie, uns eines Ihrer Scoutgewehre zur Verfügung zu stellen«, bat er den Riesen.
»Ich verstehe«, gab der Golem mit rasselnder Stimme zurück, bevor er verstummte.
»Es wäre eine große Ehre«, versicherte ihm der Colonel, auch wenn er wusste, dass dies den Marines nichts bedeutete. »Und eine große Hilfe.«
Zu seiner Überraschung war die Reaktion recht eindeutig.
»Ich denke, Sie sollten eine leistungsfähigere Waffe mit sich führen«, schlug der Marine vor. »Es wird Ihnen möglich sein, diese auch im ungepanzerten Zustand mit sich zu führen. Aber behalten Sie ihre Schulterplatten an«, riet er. »Sie werden sie brauchen.«
»Ich bin überrascht«, gestand der Colonel. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie einfach zustimmen.«
»Ihre Art zu kämpfen und die Fähigkeiten ihrer Männer sind beeindruckend«, erklärte der Marine. »Es ist in der Tat eine Ehre, Sie bei ihrem Tun zu begleiten und Ihnen die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, Ihre Aufgabe zu erfüllen.«
»Das geht runter wie Promethium«, freute sich der Regimentskommandeur. »Ich wünschte, das Munitorium wäre dermaßen überzeugt von der eigenen Aufgabe. Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Bestimmung gefunden haben?«
Numitor schwieg.
Ekko wartete einen Moment, dann nahm er diese Entwicklung als gegeben hin und wandte sich wieder seinem Stab zu.
»Bestehen noch Fragen? Keine? Na, dann Tod und Verderben.«
Sie trennten sich.
»Denken Sie, dass das eine gute Idee ist, Sir?«, wollte Carrick wissen.
»Haben Sie eine bessere?«, gab sein Vorgesetzter müde zurück. »Ich hatte gehofft, dass unser Entsatz irgendwann eintreffen würde, aber es lässt sich nicht länger leugnen: Uns geht allmählich die Kraft aus. Ginge es nur nach Munition, dann könnten wir vermutlich noch ewig kämpfen. Aber geht es nach Moral und verbliebenem Kampfgeist, dann werden wir bei derzeitigem Stand nicht mehr lange durchhalten.« Er zuckte die Achseln. »Wir brauchen Zeit, um zu verschnaufen.«
Als hätte er lediglich darauf gewartet, sprang einer der Funker auf. »Colonel! Colonel Ekko!«
Es war Gireth. Wie genau er das Massaker in der improvisierten Kommandozentrale überlebt hatte, würde wohl immer ein Rätsel bleiben, aber im Augenblick war er einer der wenigen Anker, an den sich der Basteter ketten konnte.
Im Augenblick allerdings wäre es ihm lieber gewesen, der junge Soldat hätte gar nicht existiert.
»Oh, nein«, grummelte der Basteter und fuhr sich mit den Händen erschöpft über das Gesicht. »Die Stimme des unweigerlichen Endes.«
»Colonel!«, rief der Regimentsfunker atemlos, als er schlitternd neben dem Major und dem Colonel zum Halten kam.
»Wie Sie sehen, Gireth, bin ich hier.«
»Captain Blake für Sie; Sir«, meldete der Untergebene und wies in Richtung seines Platzes.
Der Colonel trat an den Tisch, nahm den Handapparat und hielt ihn sich ans Ohr. »Ja?«
Eine schreiende Stimme, teilweise vom Krachen vieler Waffen und dem Donnern von Explosionen überdeckt, antwortete ihm. »Colonel, wir werden überrannt.«
Der Basteter sah auf, dann wandte er sich um. Major Carrick, der ihm gefolgt war, erkannte den Blick, reichte zum Funkgerät und aktivierte den Lautsprecher. Urplötzlich hallten Waffenlärm und Detonationen im Beinhaus wieder. Sämtliche Bewegungen um die beiden Offiziere erstarben. Hätte man das Funkgerät ausgeschaltet, man hätte die Steine atmen hören können.
»Wiederholen Sie«, ordnete Ekko an.
»Mein Zug hat sich im Minarett dreiundvierzig verschanzt, Sir, aber wir wurden vom Feind eingeschlossen. Uns geht die Munition aus. Wir werden überrannt.«
»Ich werde Ihnen eine Truppe zur Unterstützung schicken!«
Carrick schüttelte den Kopf, als er sich zu seinem Vorgesetzten herunterbeugte. »Sir, wir haben derzeit keine Einheiten in ausreichender Stärke.«
Ekko richtete seine braunen Augen auf den blonden Basteter. Ein Ausdruck der Verlorenheit residierte in ihnen. »Ich weiß.«
Offensichtlich wusste auch Blake, dass Ekkos Versprechen nicht erfüllt werden konnte. Er schien es zumindest zu ahnen.
»Sir«, regte er sich, nachdem eine Weile nur Rauschen aus den Lautsprechern gedrungen war. »Ich bitte Sie: Sprengen Sie, Sir.«
Die Welt atmete vor Schreck ein.
»Das meinen Sie nicht ernst«, platzte es aus Ekko heraus.
Ursprünglich hatten die Basteter Möglichkeiten einkalkuliert, im Falle einer unkontrollierten feindlichen Ausbreitung im ersten Ring der Kathedralenstadt bewegungsregulierende Maßnahmen einzuleiten, um das Einströmen des Gegners in die Verteidigungsanlage wieder unter Kontrolle zu bringen.
Neben Straßensperren und Sprengfallen waren große Gebäude, hauptsächlich Türme und Minarette, Teil dieses Plans gewesen. Man hatte sie mit Detonationsvorrichtungen versehen, mit denen sie ‚gelegt‘ werden konnten, sei es nun kabelgesteuert oder per Fernzündung.
Dieses Legen, also die gerichtete Sprengung zu einer Seite weg hätte in jedem Fall genügend Masse auf die Erde gebracht, um jede vorrückende Armee umzulenken – nahm man einmal außen vor, dass die Armee genügend Pionierpersonal und Zeit aufbringen konnte und wollte, um sich durch den Schutt zu graben.
Doch da die Orks sich freundlicherweise immer direkt den imperialen Truppen entgegengestellt hatten, waren diese Verteidigungsmöglichkeiten nicht genutzt worden.
Dennoch existierten die Sprengkörper und deren Zünder nach wie vor. Und sie waren auch verbunden.
Allerdings hatte Ekko bisher keinen Grund darin gesehen, irgendeine der geplanten Sprengungen durchzuführen.
Immerhin gab es eine Tatsache, die sich beim besten Willen nicht ignorieren ließ: Wenn er die Bewegung des Gegners einschränkte, reduzierte er gleichzeitig die Mobilität der eigenen Truppen. Und Mobilität war eine entscheidende Komponente des Häuserkampfs.
Jetzt allerdings rang, nein, nötigte man ihm eine Entscheidung ab, die er am Liebsten weit von sich gewiesen hätte.
Nicht nur, dass er gezwungen wurde, einen Teil jener Männer zu opfern, die er doch retten wollte. Nein, es geschah nicht einmal auf seinen eigenen Willen hin. Vielmehr opferten sich diese Männer, um ihn zu retten. Um dem größeren Wohl zu dienen. Das konnte er nicht zulassen.
»Ich …«, begann er, um dann zu zögern. Er wusste, dass seine restlichen Soldaten die Entscheidung tragen würden. Sie würden sie vielleicht nicht verstehen oder sie gar befürworten, aber sie würden sie tragen.
Die Frage war: konnte er es ihnen gleich tun?
»Für Bastet. Für unsere Lieben …«, begann er schließlich jenen Vers, der ihnen im Kampf gegen die Feindes des Imperators Wegweiser und Trost zugleich gewesen war.
»… für den Imperator«, beendete Blake die Strophe.
Ekko legte das Handgerät zögerlich auf den Tisch, bevor er aufstand.
»Sprengen Sie das Minarett«, ordnete er leise an, dann wandte er sich ab und verließ den Raum.
»Ja, Sir«, erwiderte Carrick grimmig, bevor er seinerseits den Funker an seiner Seite adressierte. »Befehl an den Sprengtrupp: Minarett vier drei sprengen.«
»Jawohl«, bestätigte Gireth mit brechender Stimme. Man konnte ihm ansehen, dass er die Last der Leben spürte, die nun an den Worten aus seinem Mund hingen.
Als hätten sie jemals eine Chance gehabt.
 

Duniash

Testspieler
10 Februar 2012
173
1
5.966
Jaa es geht weiter..

Ha ha ich liebe Ekkos plan jetzt schon, nur ihm kann so etwas einfallen XD

Puhh die letzten paar Zeilen waren aber sehr düster wenn man sich der Tragweite bewusst ist, bezüglich der Entscheidung des colonels

Wie gesagt mir gefällt sehr gut das die basteter nicht nur eine grüne Welle nach der anderen zusammenstutzen müssen

Ich bin jetzt echt gespannt wie das alles noch ausgeht ^^

MFG

Duniash
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
7.761
www.fanfiktion.de
Hallo, Liebe Stargazer-Leser,

Und weiter geht’s! Kapitel 43 … viel Spaß!



43

Der helle Schein ferner Brände glomm über der Kathedralenstadt, ausgelöst vom Artilleriefeuer der Orks und den von Zeit zu Zeit antwortenden Raketenwerfern der imperialen Streitmacht.
Immer wieder loderten orangefarbene Flammen zwischen den mehrstöckigen Wohnblöcken auf, die den ersten Ring der Festung bildeten, fraßen sich durch das längst verwaiste Interieur aufgegebener Wohnungen, Dienstleistungsräume und Foren.
Es gab keine Feuerwehr, die sie hätte löschen, keine Sicherheitskräfte, die man zur Bekämpfung hätte verpflichten können. Aber wenn man ehrlich sein sollte, wollte man das auch gar nicht.
Die Brände lösten hier und da Sprengfallen aus, ließen Blindgänger aufkochen und brachen von Zeit zu Zeit das Rückgrat der einen oder anderen Konstruktion, woraufhin diese zusammenbrach und ihrem trostlosen Dasein einen letzten, schmucklosen Sinn verliehen. Barrikaden kann man immer gebrauchen.
Kurzum: Die Orks waren beschäftigt, was es Imperialen ermöglichte, ihre Vorbereitungen zu treffen, einen neuen, wahnwitzigen Plan in die Tat umzusetzen.
Das scharfe Heulen von Turbojet-Triebwerken ließ den Boden um die zum Start vorbereitete Walküre vibrieren, als Jaorah Nurin an Ekkos Seite trat.
»Wir sind bereit«, verkündete der Captain mit der Stimme eines Henkers, der gerade den Auftrag erhalten hatte, sich selbst zu richten.
»Gut«, erhielt er zur Antwort. »Krood und seine Leute sollten auch bald da sein.«
Eine Weile lang sprachen sie kein Wort, während die wenig melodische Walküre ihren Todesgesang kreischte und das heftige Artilleriefeuer der Orks gegen den Schild der Kathedrale trommelte.
Es war Nurin, der sich als erster durchrang, das Wort zu ergreifen. »Das ist doch Wahnsinn«, stellte er fest – erneut. »Das ist so unrealistisch, dass nicht einmal ein Chronist oder Televid-Regisseur auf die Idee kommen würde, so etwas zu beschreiben.«
»Und deswegen wird es funktionieren.«
»Das müssen Sie mir erklären«, verlangte der Panzerkommandant. »Was bringt es, meinen riesigen Destroyer per Laserdesignator zu steuern und einen etliche Kilometer entfernten Ork zu erledigen?«
»Eine Rückversicherung.«
»Eine Rückversicherung?« Nurin runzelte die Stirn. »Wofür?«
»Für den Fall, dass Krood daneben schießt«, erklärte Ekko wie selbstverständlich. »Ich traue ihm da nicht so ganz.«
Das machte den Panzerkommandanten sprachlos.
Der Colonel ignorierte die Verwirrung des rangniederen Offiziers. Stattdessen fuhr er im Plauderton fort: »Und wenn der Orkboss tot ist, dann werden Krood und seine Leute die Beine in die Hand nehmen und laufen.« Eine weitreichende Handbewegung begleitete den Satz, der sich irgendwo zwischen Information und Vorschlag einordnen ließ.
Nurin war weiterhin fassungslos. »Was soll das alles?«
»Ich will nicht, dass sie später zu Asche verbrennen.« Ekko zuckte die Achseln und bedachte den Captain mit einem gründlichen Blick.
»Verstehe.« Nach einer kurzen Pause fügte der Panzerkommandant an: »Sie glauben wirklich, dass Sie jeden Ihrer Männer retten können, oder?«
»Nur die wirklich guten.«
»Und deswegen veranstalten Sie eine Selbstmordmission nach der anderen?«
»Ja.«
»Sie sind ein Mistkerl, Colonel Ekko. Mit einem Herz aus Eisen.«
»Daher wundert mich seit jeher, dass mich in der Metallverarbeitungsindustrie niemand haben wollte«, überlegte der Regimentskommandeur, bevor er eilig abwinkte. Fast schon ein wenig zu eilig. »Aber das ist jetzt erst einmal egal. Mir ist nur Ihre Antwort wichtig, Captain.«
»In Ordnung«, gab Nurin auf. »Dann flambieren wir das Gemüse. Und wie geht es danach weiter?«
»Wir hoffen, dass mein Plan funktioniert.«
Nurin seufzte. Es war schwierig zu erkennen, was genau der Colonel vorhatte. Er hielt sich recht bedeckt, was seine langwierigen Pläne anging. Und selbst, wenn er irgendetwas offenbarte, dann auf eine derart absurde Weise, dass man ihm einfach nicht glauben wollte.
»Was haben Sie vor?«, bohrte der Desposianer in dem verzweifelt anmutenden Versuch, dennoch etwas zu erfahren.
Ekko schoss ihm einen amüsierten Blick zu. »Stehen Sie auf Böller?«
»Sir«, erwiderte der Captain, »die ganze Geschichte klingt langsam lächerlich, Sir.«
Schweres Grollen, tief und weitreichend, rollte über die nächtliche Kathedrale hinweg, erschütterte Bau und Menschen in ihren Grundfesten. Sogar das omnipräsente Heulen der Turbojet-Triebwerke schien für einen Augenblick vor dem Lärm zurückzuweichen.
Nurin schob sich die Finger in die Ohren, um das mächtige Röhren von seinen gut geschulten und daher sehr empfindlichen Gehörgängen abzuhalten. Als das Rumoren nachließ, nahm er die Hände wieder runter und fuhr fort: »Ich meine, dann hätten Sie auch meinen Destroyer mit dem Sky Talon vor die Stadt schicken können.«
»Hätte ich«, musste sein Gegenüber zugeben, »aber das würde vom Gewicht her nicht funktionieren.«
»Aber das hier funktioniert auch nicht!«, kam Nurin zu dem Punkt zurück, auf den er eigentlich hatte hinwollen.
»Doch. Es funktioniert«, erhielt er zur Antwort. » Es muss funktionieren Es ist ein guter Plan.«
»Nein«, wiedersprach er. »Das funktioniert niemals!«
»Es wird funktionieren!« Der imperiale Kommandeur blieb unbeeindruckt. »Funktionieren ist sehr viel besser als nicht funktionieren. Ich bin der Colonel! Ich will, dass es funktioniert!«
Mit der Eleganz einer springenden Schallplatte knackte die Stimme seines Gegenübers mehrere Male. Er fand einfache keine Worte, dem Festungskommandanten deutlich zu machen, wie hirnrissig seine Idee im Grunde war.
Aber das war auch nicht mehr wichtig, denn als ihm aufging, dass er keine Antwort auf die Sturheit des Colonels finden würde, befand sich dieser bereits auf dem Weg in Richtung der zum Abflug bereiten Maschine.
Dort waren drei Schatten aufgetaucht, hatten die Kulisse des improvisierten Landeplatzes betreten.
Erst schemenhaft, dann durch aufgestellte Scheinwerfer und das unablässig flackernde Artilleriefeuer stärker kontrastiert, bewegten sich die Gestalten zur Backbordseitentür der Walküre, wo sie von einem Frachtoffizier in Empfang genommen wurden. Es waren Krood und seine Kasrkin, lediglich mit dem Minimum ihrer Ausrüstung beladen,
Keiner von ihnen trug seine Grenadier-Plattenrüstung. Sie trugen nicht einmal Armaplast-Westen.
Stattdessen baumelten Messer, Trinkflasche und ein paar Magazine für die Pistolen an den Gürteln der Männer. Die starken Ausbeulungen der Taschen ihrer Drilliche zeugten davon, dass sie wirklich jede Möglichkeit, Ausrüstung mit sich zu führen, genutzt hatten.
Krood schulterte das schwere Scharfschützengewehr der Marines, während Cedd und Tall ihre Hochenergielasergewehre mit den dazugehörigen Rückentornistern trugen.
Alles in allem wirkten sie so unerhört nackt und verwundbar. Lediglich die Schulterstücke ihrer Kampfrüstung hatten die Männer angelegt, was sie in Ekko Augen umso verletzlicher erscheinen ließ.
Allgemein betrachtet hatten sie kaum noch etwas mit der Elitetruppe gemein, die dem Colonel so widerwilligen Respekt abgerungen hatte.
Unweigerlich musste er an eine der mit Drogen gefügig gemachten Schlägergruppe denke, wie sie für Verbrecherbosse überall in der Galaxis tätig waren: vollgepackt mit Muskeln und willig, jeden Auftrag auszuführen – aber gleichzeitig auch viel zu dumm dafür.
Natürlich riet ihm seine innere Stimme, sich nicht darauf zu verlassen, dass die Grenadiere mit ihren Rüstungen auch ihr Denkvermögen abgelegt hatten, dann aber besann sie sich und überlegte lautstark, ob er es nicht doch riskieren sollte.
»Colonel Ekko«, meldete der Elite-Sergeant die Reste seines Trupps zur Stelle. Deutlich sichtbares Feuer loderte in seinen Augen. Ob es ein Zeichen der Vorfreude war oder sich gegen den Colonel richtete, ließ sich hingegen nicht feststellen.
Ekko nickte ihm zu und wies auf die Waffe, die der Grenadiersergeant schulterte.
»Herr auf dem Thron!«, rief er aus. »Das ist ja ein halbes Geschütz!«
»Eine Leichtigkeit, Sir.«
»Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?«, erkundigte sich der Colonel mit einem süffisanten Lächeln. Er kannte die Antwort bereits.
»Machen Sie Witze?«, gab der Elite-Sergeant zurück.
»Ja. Gelegentlich.« Ekko warf seine Hand nachlässig über die Schulter. »Egal. Motivation wird generell überbewertet.«
»Colonel, Sie sind wahnsinnig«, zischte der Kasrkin. »Solche Missionen werden irgendwann noch einmal unser Tod sein.«
»Krood!« Ekko zeigte sich beeindruckt. »Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Virtuose des Sarkasmus sind!«
»Man lernt einiges, wenn man ein paar Tage mit Ihrer Truppe dient«, erwiderte der Elite-Grenadier mit einem Unterton widerwilligen Respekts.
»Warten Sie mal, was passiert, wenn Sie ein wenig länger bei uns sind.«
»Da würde ich mich lieber erschießen.«
»Das lässt sich arrangieren.« Ekko deutete einladend auf die wütende Orkarmee, die sich anschickte, in den zweiten Ring zu brechen. »Sie haben die freie Kaliberauswahl.«
Kroods Miene verfinsterte sich sichtlich, doch Ekko interessierte sich nicht für das Befinden des Kasrkin.»Und Sie dürfen sich sogar aussuchen, wie viele Brösel man von Ihnen dann noch findet«, fuhr er fort.
Der Elite-Sergeant schnaubte seine Meinung über den imperialen Colonel und dessen Ansichten in die kühle Nachtluft hinaus.
Ekko blieb unbeeindruckt. Stattdessen beobachtete er, wie Techadepten und Soldaten einen schweren Schlauch vom Körper der Walküre lösten und dem stählernen Vogel jede weitere Nahrungsaufnahme verweigerten. Er war auch so schon groß genug.
Die heulenden Triebwerke bliesen Staub und Sand um den Sturmtransporter fort, betäubten Augen, Haut und Ohren der Umstehenden.
Der Einweiser hielt seine Arme zur Ankündigung in die Höhe dann klapperte er mit kurzen Handzeichen die einzelnen Flugbetriebsstationen ab. Der Frachtoffizier signalisierte ihm zu warten.
»Sir«, wandte er sich an Ekko, »wir müssen dann.«
»Ja«, erwiderte der, bevor er seinen Blick auf die Elitesoldaten richtete. »Möge die Heilige Bastet Sie begleiten.«
»Tut mir leid, Sir«, erwiderte Krood mit monoton desinteressierter Stimme, während er den Transporter betrat. »Das sagt mir überhaupt nichts.«
Ekko nickte verstehend, bevor er versuchte, dem Grenadier die Heilige näher zu beschreiben. »Öhm – groß, blaue Augen, blond, vollbusig und mit blütenweißen Engelsflügeln.« Er zuckte die Schultern, als sei es selbstverständlich, dass sich solche Frauen auf Schlachtfeldern herumtrieben. Aus irgendeinem nicht näher definierbaren Grund räkelte sich Leitis Sile in seine Gedanken und begann, sich ganz allmählich aus ihrer Rüstung zu schälen. Unwirsch verscheuchte er die Sororita aus seinem Kopf. »Sie werden die Dame erkennen, wenn Sie sie sehen.«
»Nicht mein Typ«, erklärte der Elite-Sergeant in seiner militärisch pragmatischen Art, das Universum rational zu betrachten. »Ich glaube nicht an irgendwelche Heiligen, Götzen oder Goldene Kälber. Für mich gibt es nur einen Gott – und der residiert auf Terra.«
»Oh, das wird sie aber gar nicht gerne hören.« Ekko überlegte kurz, wobei sich nicht erkennen ließ, ob Krood ihn mit dieser Aussage nur aus seinen Gedanken gebracht oder wirklich gekränkt hatte. »Nein – ganz und gar nicht. Ich glaube sogar, dass sie Sie dafür verprügeln wird.« Er lächelte den Grenadier an. »Jetzt sollten Sie erst recht nach ihr Ausschau halten.« Er grinste und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.« Dann trat der dunkelhaarige Colonel zurück und gab den Sergeant frei, bevor er sich auf den Weg zurück zu Nurin machte.
Jetzt erst bestätigte auch der Frachtoffizier, dass er bereit war.
»Talon 117, report when ready to take off.«
»Talon 117 ready to clear the ground
Seufzend erhöhten die Triebwerke der Walküre ihre Leistung, von der sprichwörtlichen Last ihrer Aufgabe bereits vor dem Start in tiefste Depression getrieben. Offensichtlich glaubten selbst die Maschinengeister, dass dem bevorstehenden Selbstmordkommando kein Erfolg beschieden sein würde.
Aber war das nicht natürlich? An diesem letzten, alles entscheidenden Versuch die Grünhäute zu stoppen (oder zumindest ihren Vormarsch deutlich zu verzögern), hingen die Hoffnungen von gut sechstausend Überlebenden. Gelang es ihnen nicht, den Angriff erneut zu bremsen, dann gab es für sie keine Hoffnung mehr.
»Roger, Talon 117.« Der Einweiser hob die Hände und legte sie über seinem Kopf zum Dreieck zusammen. Demetrian Gantis hatte Startfreigabe. »Clear the ground.«
Mit wilden Handbewegungen scheuchte er das Ungetüm in den Himmel. Und tatsächlich: der Sturmtransporter, von den energischen Abwehrbewegungen des Mannes aufgeschreckt, erhob sich mit wütendem Fauchen in den Himmel
»Talon 117, copied. Now Airborne
»Affirmative. Good luck.«
Zusammen verfolgten Ekko und Nurin, wie die Walküre sich auf ihren Schwingen in Richtung Nachthimmel arbeitete, begleitet vom Keuchen der eigenen Triebwerke. Die Positionslichter blinkten im rhythmischen Tonus asynchron zueinander, als verabschiedeten sie sich voneinander. Dann verlosch das Funkeln der optischen Signale. Lediglich das grelle Leuchten der Triebwerke erhellte die Nacht.
Ekko wandte sich um. »Gireth!«, rief er in die Dunkelheit abseits des beleuchteten Landeplatzes.
Zwischen den Kisten und Containern, die große Teile des belebten Kathedralenvorhofs einnahmen, schepperte es. Sekunden später tauchte der Regimentsfunker aus der Düsternis auf. »J-ja, Sir?«
»Was machen Sie da?«, fragte Ekko, ohne die Antwort wissen zu wollen. »Egal. Geben Sie mir das Funkgerät!«
Eilig löste der junge Basteter das Sprechgerät des Funktornisters von der Halterung an seiner Schulter und reichte es seinem Vorgesetzten.
»Talon 117 ist in der Luft«, informierte der Colonel alle mit dem Gerät verbundenen Stellen. »Feuer freigegeben.«
»Verstanden. Beginnen Feuerschlag«, erklang die Antwort. »Schild aus. Klar bei Batterie in drei, zwei, eins. Feuer
»Bestätigt! Feuer freigegeben!«
Im Bruchteil einer Sekunde flackerte der Schild, der sie vor den einschlagenden Granaten schützte, dann erlosch er.
Wenig später brach im zweiten Ring die Hölle los. Explosionen krachten, mächtige Detonationen, die kiloweise Erde in die Luft warfen. Trümmer und Splitter aus zerschlagenen Gebäuden wirbelten davon, um bis zu hundert Meter entfernt wieder auf die zerschundene Stadt zu regnen. Es gab keine Barriere mehr, die die Orks vom Beschuss der verbliebenen Ringe abgehalten hätte.
Doch die Imperialen ließen sich davon nicht beeindrucken. Kaum, dass das matte, blaue Leuchten des Schutzschilds erloschen war, eröffneten die Salvenraketen der Verteidigung das Feuer auf den Gegner.
Eine riesige Flammenwand erhob sich über der Stadt – fast so, als würde sie den Platz eines Schilds einnehmen wollen.
Ekko schüttelte bewundernd den Kopf. »Jetzt habe ich das 512. neu ausgehoben – und gleich bei seiner ersten Schlacht danach wird es wieder vollkommen vernichtet. Ist das nicht Ironie in reinster Form?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Captain. »Damit kennen Sie sich besser aus, Colonel.«
Sein Gegenüber nickte langsam, bevor er bedächtig die Stirn runzelte. »Nurin, haben Sie gerade versucht, einen intellektuellen Witz zu machen? Das steht Ihnen gar nicht. Bleiben Sie lieber ernst.«

***

Die Motoren von Enforcer eins und zwo grummelten im Leerlauf, als Jaorah Nurin einige Minuten später durch das Kommandantenluk in den Rumpf seines Gefährts abtauchte und zähneknirschend nach seinen Kopfhörern griff.
War das, was er erlebte, wirklich real? Es kam ihm vor wie ein böser Traum, der ihn mit immer neuen Wendungen abartigen Humors in einem unablässigen Griff hielt.
Entkommen konnte er nicht, das wusste er. Also blieb ihm nur, den Wendungen zu folgen und sich eine Ideallinie zu suchen, auf der er sie bestmöglich überstand.
»Kommandant im Funkkreis«, informierte er die Mannschaft des Jagdpanzers über sein Eintreffen.
Redeks Stimme antwortete postwendend: »Laut und klar, Kommandant.«
»Ebenfalls«, schniefte Ves hinterher.
»Verstanden. Enforcer zwo, hier Enforcer eins«, wandte sich der Captain an die Mannschaft des zweiten Destroyers. »Frage: Verständigung?«
»Enforcer zwo hört laut und klar, melden«
»Enforcer eins hört ebenfalls laut und klar. Befehl: Anfahren! melden.«
»Enforcer Zwo hat verstanden, melden
»Enforcer Eins, Ende.« Nurin kippte den Mikrofonschalter auf den internen Betrieb. »Ves, fahren Sie los.«
»Geht klar.« Das Fahrzeugtriebwerk röhrte auf, als Ves ihm mehr Leistung abverlangte. Mit einem Rucken setzte sich der Jagdpanzer in Bewegung.
Konnte all das wirklich sein?, fragte sich Nurin und wusste, dass er sich darauf eigentlich keine Antwort geben wollte.
Dafür war die ganze Lage einfach zu absurd. Hätte er versucht, über den Sinn des Ganzen nachzudenken, ihm wäre vermutlich der Schädel geplatzt. Schon in der Grundausbildung lernte man, nicht zu denken, sondern beflissen zu nicken und sich todesmutig auf den Feind zu stürzen.
Leider war er nicht mehr in der Grundausbildung, sondern inzwischen Panzerkommandant, der nicht nur den Auftrag des Imperators erfüllen musste, sondern auch dafür verantwortlich war, seine wertvollen Panzerjäger bestmöglich gegen den Feind einzusetzen.
Und das, was ihnen Ekko bisher zugemutet hatte, ließ sich mit diesem Grundauftrag einfach nicht richtig vereinen.
Blieb nur zu hoffen, dass sie lebend – und vor allem heil – aus dieser ganzen Sache herauskamen.
Ein rollender Schlag ging durch den Jagdpanzer. Nurin fühlte, wie die Aufhängung bis an die Grenze der Belastbarkeit beansprucht wurde. Dann schlug er sich den Kopf am Sichtperiskop. Schmerz fraß sich in seine Gedanken.
»Also, ganz ehrlich«, verfluchte er das vermaledeite Stück Technik, dass ihm wieder einmal den Schädel demoliert hatte. »Wenn ich den erwische, der diesen Schrott konstruiert hat, dann werde ich ihn überrollen und drei Mal auf der Stelle wenden.« Er betätigte den Mikrofonschalter. »Hier Kommandant. Vorsichtig fahren, Ves!«
»Mach ich ja, Boss. Mach ich ja!«, grunzte Ves durch das Funkgerät. »Aber der Boden hat einiges mitgemacht. Es ist schwer, die ganzen Krater zu erkennen.«
Nurin nickte und ließ es dabei bewenden. Inzwischen begann er wirklich, sich zu fragen ob Colonel Ekko irgendeine Form von Pakt mit einem Dämon oder sogar dem großen Imperator selbst eingegangen war. Seine irrsinnigsten Ideen – Möglichkeiten, die nicht einmal der legendäre Großkastellan Ursarkar E. Creed in Betracht gezogen hätte – kamen in einer Form zur Anwendung, dass sie einfach nicht funktionieren konnten, aber dennoch funktionierten.
Fast so wie in einer dieser wirklich schlecht geschriebenen Geschichten, in denen der eigentlich nur sehr mittelmäßige und vorhersehbare Plot lediglich dazu diente, das großartige Können des Hauptcharakters im bestmöglichen Lichte darzustellen.
Und bei dieser ganz speziellen Geschichte hatte sich der Autor weder beim Plot, noch bei der Charakterentwicklung wirklich große Mühe gegeben.
Colonel Ekko war gewiss nicht die Idealbesetzung für einen Helden. Er war einfach zu unsoldatisch und … unimperial.
Ein Kommissar wie Kijo Nitsch oder Offiziere wie der hochgewachsene blonde Major, der Ekko zur Seite stand, hätten sehr viel bessere Hauptcharaktere für eine Geschichte abgegeben.
Aber eine Eigenschaft musste man Ekko zugestehen, die zumindest Kijo Nitsch nicht hatte geltend machen können: Er hatte Glück, auch wenn das Glück, wie Jaorah Nurin es kannte, nichts mit den Zufälligkeiten zu tun hatte, mit denen es ein Ungläubiger assoziierte.
Glück war das Können, den Imperator von der eigenen Sache zu überzeugen, sodass er seine schützende Hand über einen hielt.
Der interne Funkkreis erwachte zum Leben. »Also, bisher hat der Plan ja ganz gut funktioniert«, schnodderte Ves in altbekannter Manier in sein Mikrofon.
»Wir haben noch nicht mal angefangen«, erwiderte Nurin angegriffen, auch wenn er dem Fahrer bis zu diesem Punkt recht geben musste: soweit hatte der Plan ganz gut funktioniert. Nun lag es an ihnen, und vor allem an den Kasrkin, den restlichen Plan umzusetzen.
Wenigstens war der Colonel nicht auf den Gedanken gekommen, ihn mit den Kasrkin vor die Kathedrale zu schicken, so wie es mancher Chronist chaotisch geschriebener Geschichten getan hätte.
Denn wäre Enforcer eins gezwungen gewesen, über den bisweilen in die ersten Ausläufer feinkörnigen Wüstenbodens übergehenden Boden der Steppe zu agieren, er und seine Mannschaft wären verloren gewesen.
Vor allem, wenn ihnen ein Nahkampf mit Boyz oder Pikk-Ups zugemutet worden wäre.
Dafür war der Destroyer einfach zu ungeschlacht, schwerfällig und gleichzeitig ungestüm in seinen Bewegungen. Er war nun einmal ein Scharfschütze, kein Sturmfahrzeug und vor allem kein Nahkämpfer.
Und überdies waren besonders die mächtigen Körper des Leman-Russ-STK dafür bekannt, sich gegen allzu abartig scharfe Manöver ihrer Besatzungen vehement zu wehren. Den Beweis dafür hatte sein Fahrzeug in der Hochgeschwindigkeitsjagd vor einigen Tagen angetreten.
Nurin lehnte sich vor und warf einen Blick durch das Auspex. Wenigstens konnte er sich auf die Nachtsichtfunktion der Sensoren verlassen.
Sie rollten durch eine der gewaltigen Gartenanlagen, die von ausladenden, teils bereits zerfetzten Hecken durchzogen war. Die einstmals sehr ansehnlichen Anordnungen wartungsintensiver Pflanzen waren dem heftigen Artilleriebeschuss zum Opfer gefallen, der in den kurzen Phasen, die sie ohne Schutzschild agieren mussten, große Flächen des zweiten Rings verwüstet hatte.
Dazwischen zogen sich die Kettenspuren verschiedener Panzertypen durch den aufgerissenen Rasen, Zeugnisse einer sich zurückziehenden Armee, die nun eilig neue Stellungen besetzte.
Infanterielöcher und einige aufgeschichtete Deckungen, aus zerschlagenen Gebäuderesten und umgekippten Bäumen, teilweise mit Erde bedeckt, zogen sich als Netzwerk improvisierter Ausweichpunkte durch das Gelände.
Und dazwischen lagen große Kraterlöcher wie eine unebene Textur auf der Landschaft, zwangen Nurins Jagdpanzer erstaunliche Ausweichmanöver auf, während sie versuchten, die ihnen zugedachte Position zu erreichen. Es fühlte sich fast an, als würden sie auf einem schlecht gemalten Schachbrett navigieren.
Schon rutschte Enforcer eins mit der linken Kette in einen weiteren Granattrichter. Erde schabte geräuschvoll über den Unterboden.
»Ves«, erkundigte sich Nurin. »Was machen Sie da?«
»Panzer fahren«, antwortete der andere Desposianer.
Sie passierten eines der vielen Herrenhäuser des zweiten Rings, inzwischen nicht mehr als eine Ansammlung traurig vor sich hin schwelender Ruinen.
Nurin ließ das Sichtperiskop um den Panzer rotieren. Hinter ihnen rasselte das massige Rumpf von Enforcer zwo, vor ihnen entspann sich die von Feuer und Flammen erhellte Silhouette der ersten Innenmauer, hinter der die überlebenden Imperialen in Stellung gegangen waren.
»In Ordnung«, befahl der Captain. »Wir halten hier.«
Der Panzermotor hinter dem Kampfraum stotterte, dann erstarb er. Der Destroyer rollte langsam aus.
»Und was machen wir jetzt?«, grunzte Ves in den internen Funkkreis.
Nurin betätigte sein Kehlkopfmikrofon. »Wir warten.«

***

Etwa zur gleichen Zeit, da die beiden imperialen Jagdpanzer im zweiten Ring der Kathedralenstadt in Stellung gingen, sank einige Kilometer entfernt der metallene Rumpf von Talon 117 dem nachtschwarzen Erdboden entgegen, von den vor Aufregung zitternden Händen Demetrian Gantis‘ in die Düsternis gelenkt.
Leichte Turbulenzen, durch die in die kühlen Nacht entweichenden Hitze des Tages dicht über dem Steppensand verursacht, ließen die große Maschine bocken, als ihr Pilot versuchte, einen einigermaßen annehmbaren Platz für das Absetzen seiner menschlichen Fracht zu finden.
Es war gar nicht so einfach.
Immer wieder schwenkte er seinen Kopf von einer Seite zur anderen, bemüht, die wenigen Schemen in seinem Nachtsichtgerät zu deuten und gleichzeitig die Kontrolle über seine gefährlich tief über das unebene Gelände rasende Maschine zu behalten. Er hatte nicht vor, als in den Boden gebohrte Skulptur der Schlacht um Agos Virgil in die Chroniken des Imperiums einzugehen.
Hinzu kam: Auch wenn sein Sky Talon und diese Walküre dem gleichen Grundstock entstammten, dem STK Walküre, waren sie, was Flugeigenschaften anging, doch grundverschieden. Allein das Eigengewicht eines vollausgerüsteten Sturmtransporters und seine Form bedingten, dass sein Verhalten sich von dem des im Vergleich schmaleren Fahrzeug- und Materialtransporters unterschied.
Aber vor allem das Arbeiten mit schweren Lasten, für deren Beförderung der Talon gedacht war, verhinderten, dass er sich flog wie die für direkte Sturmangriffe gebaute Walküre.
Glücklicherweise unterschieden sich die Grundelemente der Steuerung dagegen nur unwesentlich.
Das verhinderte zumindest, dass Gantis statt der Schubumleitungsregelung die Scheibenwischer aktivierte.
Aber die wichtigste Eigenschaft, die seinen Sky Talon von diesem Senkrechtstarter trennte, ließ sich leider nicht einfach durch einige Anpassungen der eigenen Fähigkeiten kompensieren: Die Walküre, ebenso wie ihre Schwestern des Vendetta-Typs, waren Zweisitzer, der Talon hingegen lediglich ein Einsitzer.
Und leider fehlte Gantis auf diesem Flug ein Waffensystemoffizier, denn Colonel Ekko hatte keinem der anderen Piloten befohlen, ihm einen für den irrwitzigen Auftrag zur Verfügung zu stellen.
Damit verlor er nicht nur ein zweites Paar Augen, das bei der Beobachtung des umgebenden Luftraums unterstützend wirkte. Auch der Einsatz der verschiedenen Waffensysteme, mit denen die Walküre ausgerüstet war sowie eine helfende Hand bei der Überwachung und Bedienung der Navigationsinstrumente, der Kommunikationsanlagen und der Flugparameter, fielen damit weg.
Im Grunde war der Sturmtransporter jetzt nicht mehr als ein Shuttle, ausgeschickt zum Absetzen eines Kommandotrupps, aber ohne die Möglichkeit, diesem im Notfall Unterstützung zukommen zu lassen.
Gantis warf einen Blick auf den Anzeiger des Trägheitsnavigationssystems, dann konfigurierte er seinen Bildschirm neu und prüfte seine Position.
In einer weiten Kurve waren sie über die Linien der Orks hinweggeflogen, gedeckt vom tobenden Lichterspiel hunderter abgefeuerter Raketen.
Es grenzte an ein Wunder des Imperators, dass man sie weder beschossen hatte, noch ihnen die Aufmerksamkeit schenkte, die einem feindlichen Transportflugzeug in der Hitze einer Schlacht sonst zuteil wurde. Auch, dass sie in dem kurzen Fenster, das ihnen zwischen der Deaktivierung und dem Wiedereinschalten des Schutzschilds blieb, nicht irgendwo abgestürzt und verglüht waren, ließ sich bald schon als Wunder bezeichnen.
Offensichtlich schien der Feind die Triebwerksstrahlen für Raketen gehalten zu haben, die falsch eingestellt worden waren und daher in die Dunkelheit über der Wüste verschwanden.
Vielleicht war der Plan des Colonels doch nicht ganz so abwegig, wie er zu Anfang geklungen haben mochte.
Gantis hielt inne und zog den Steuerhebel langsam zurück, während er die Triebwerksleistung verringerte. Ja, das sah nicht schlecht aus.
Unter dem Senkrechtstarter erstreckte sich eine freie, ebene Fläche, auf der keine der sehr rar gesäten Pflanzen wuchsen, die aber auch kaum durch die Umgebung eingesehen werden konnte.
Zudem war der Platz nicht weit vom designierten Wegpunkt Null entfernt.
»Touchdown in fünfzehn«, informierte er den Frachtoffizier im Truppenraum, der die Information an die Kasrkin weitergab. Dann griff er nach dem Schalter für die Flugstellung und schaltete ihn auf Schwebeflug. Ein Ruck ging durch den Sturmtransporter.
Mit einem kurzen Blick vergewisserte sich der Basteter, dass die seitlich an den Flügeln angebrachten Auslassdüsen auch wirklich die aus den Hauptturbinen abgeleitete Energie abstrahlten, bevor er die Leistung mit den Schubreglern verringerte.
Talon 117 sank der nachtschwarzen Steppe entgegen.
»Touchdown in fünf, vier, drei, zwei …«, begleitete der Pilot den Abstieg, während er mit dem Steuerknüppel und der Schubkontrolle hantierte, »... eins.«
Ein erneuter Stoß ließ die Maschine bocken. Sie waren gelandet.
»Touchdown. Engines idle.«
»Roger.« Glühend weiße Steuerdüsen bliesen Sand in alle Richtung davon, als der Frachtoffizier des großen Sturmtransporters die Backbord-Seitentür öffnete.
Das gedämpfte Heulen der Turbojet-Turbinen explodierte zu einem grellen Kreischen, das in den Truppenraum sprang und sich an den Körper der Maschine klammerte, ihren Passagieren in die Ohren biss.
»Tür auf.«
»Krood hier. Wir steigen aus.«
»Verstanden«, antwortete Gantis, verrenkte sich im Cockpit den Hals und verfolgte, wie die Kasrkin in perfekt synchronisierter Eleganz aus dem Körper des Senkrechtstarters sprangen, um scheinbar mit dem fruchtlosen Sandboden der Steppe zu verschmelzen.
Ähnlich den elysianischen Sprungtruppen, die plötzlich aus dem Himmel fielen oder den Wüstenkriegern von Tallarn waren Kasrkin im Grunde Geister. Es gab unregelmäßige, aber dennoch hartnäckige Gerüchte in den Regimentern der Imperialen Armee, dass diese Männer nicht einmal beim Imperator unterschrieben, sondern lediglich der Tod mit ihnen Abmachungen traf. In wie weit das stimmte, konnte der Captain nicht sagen. Dafür hatte er zu wenig Zeit in Gesellschaft der Elite-Grenadiere verbracht.
Allerdings konnte er sich gut vorstellen, dass an diesen Behauptungen etwas dran war. Und selbst, wenn nicht – abgesehen davon, dass die Gerüchte eine der schwersten Formen der Häresie darstellten – machten sie den Ruf der Kasrkin nicht wirklich weniger unheimlich.
Sie waren fast so etwas wie abgespeckte oder miniaturisierte Space Marines – zumindest, wenn man bereit war, diesen Begriffen etwas überaus Positives abzugewinnen.
Blieb nur zu hoffen, dass die Männer ihrem Ruf entsprachen.
»Tür zu und verriegelt«, meldete der Frachtoffizier. »Klar zum Abflug.«
»Verstanden.« Gantis drückte die Schubregler von sich weg. »Applying thrust.«
Die Walküre schüttelte sich, von der Energie in Aufregung versetzt, mit der sie sich vom ewigwährenden Band der Schwerkraft lösen sollte. Die Leistungsanzeiger der Triebwerke kletterten in die Höhe.
Der Pilot spürte, wie der Körper des metallenen Käfigs um ihn herum leichter zu werden schien.
Der Schub war ausreichend, um einen sicheren Start zu gewährleisten. »Full Throttle«, meldete er sich selbst, während er die Schubregler bis zum Anschlag vordrückte.
Grell kreischend sprang der Sturmtransporter in die Höhe, um sich auf Gantis‘ Befehl hin ins Dunkel der Nacht zu stürzen.
»In Ordnung, ich suche uns dann mal einen Landeplatz, von dem aus wir nicht sofort entdeckt werden«, wandte sich der Flieger an den Frachtoffizier.
»Verstanden«, erhielt er zur Antwort.
Es klang seltsam schicksalsergeben.
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
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Hallo, Liebe Stargazer-Leser,

Und weiter geht’s! Kapitel 44 … viel Spaß!


44

Heftige Explosionen ließen die Himmels-Kathedrale beben, als Haestian Carrick mit Captain Balgor, Sergeant Nedor und zwei Soldaten im Schlepptau, das Hauptschiff des mächtigen Gotteshauses durchschritt.
Bereits kurz nach der letzten Einsatzbesprechung, hatte der Major sich entschieden, seinem Vertrauen in den Colonel dieses Mal nicht die vollständige Kontrolle zu überlassen und stattdessen eigene Nachforschungen anzustellen.
Irgendetwas in der Art seines Vorgesetzten ließ seine Nackenhaare alarmiert aufschnellen. Etwas, das er sich nicht erklären konnte, aber das in den letzten Tagen immer öfter zu Tage getreten war.
Was genau ihn beunruhigte, konnte er sich selbst nicht erklären. Die Art, mit der Ekko seine Pläne gegen sämtliche Widerstände auf schier unmögliche Weise vorwärtspeitschte – auf ungefähr dieselbe Weise wie eine Leman-Russ-Panzerkompanie in Gefechtslinie eine feindliche Stellung niederwalzte – machte ihn stutzig.
Noch funktionierten die abartigen Gedanken, mit denen Ekko seine Männer gegen die Orks ins Feld schickte, während er selbst über neuen Ideen brütete. Doch wie lange das noch anhalten würde, wusste nur der Imperator.
Noch vor wenigen Wochen wäre Carrick seinem Vorgesetzten voran in die Hölle gestürmt, hätten sie dort einmarschieren müssen. Jetzt allerdings relativierte sich dieses bedingungslose Vertrauen, das ihn bis an diesen Ort geführt hatte.
Irgendetwas verbarg der Colonel. Und dass er inzwischen selbst nicht mehr klar genug schien, um die ihm zur Verfügung stehenden taktischen Möglichkeiten zu kalkulieren, sich stattdessen in Mikromanagement erging und den Blick für seine offensichtlichen Aufgaben verlor, ließ deutlich auf seine Verfassung schließen. Der Versuch, seine Männer zu retten, hatte sich zu einer Obsession gesteigert. Zu einem Wahn, der den Basteter berauschte, ihn benebelte wie der Gestank von brennendem Promethium.
Konnte es sein, dass Ekko für seine Zeit in dieser Welt mit seiner Seele und seinem Verstand bezahlt hatte?
»Diese Sache mit den Atombomben, die ist thronverdammter Quatsch«, erklärte der Major seinem rangniederen Begleiter, während sie sich ihren Weg zwischen die zerschlagenen Holzbänke bahnten. Die auf dem darunter liegenden Marmorfußboden aufgemalten Linien der Mosaike und gotischen Mandalas waren bereits mit Staub bedeckt, Nebenwirkungen des pausenlosen Bombardements.
Kleine Splitter und aus dem Dach und den Seitenwänden geplatzter Putz lagen in der gewaltigen Halle verteilt wie die Überreste zerbrochenen Geschirrs.
Einzelne Bruchstücke und der Staub knirschten unter ihren Stiefelsohlen. Heftiges Artilleriefeuer echote wie Gewitterdonner durch die Gewölbe, zeugten von dem unnatürlichen Sturm, der über ihre Stellungen hinweg zog.
»In wie fern?«, fragte der dunkelhaarige Basteter, der, scheinbar unberührt, neben seinem Vorgesetzten her schritt, während die anderen drei Soldaten bei jedem härteren Schlag zusammenzuckten.
Eine neuerliche Explosion schlug Mörtel aus Ritzen an der Decke. Wie Regen nieselte der Baustoff allmählich zu Boden.
»Der Waffeneinsatz hätte bereits erfolgen können – bereits erfolgen müssen!«, stellte der Major fast schon fassungslos fest und hob mahnend die Hand. »Colonel Ekko selbst hat einige Ideen zu dem Thema durchdacht und vorgeschlagen. Lange vor dem Kampf gegen die Orks.«
»Hm«, brummte sein Begleiter, halb verstehend, halb verwundert.
»Niemand muss ein ‚Trägermittel‘ einsetzen, um eine effiziente Bekämpfung des Feindes zu gewährleisten. Die Space Marines haben es bewiesen«, fuhr der Major fort. »Hätten wir die gewonnene Schlagkraft gleichmäßig um die Kathedrale verteilt – so wie ursprünglich geplant – dann wäre uns ein Kampf wie dieser erspart geblieben.«
»Hm«, wiederholte Balgor. Was hätte er auch erwidern sollen? Immerhin wohnte den Worten des blonden Basteters eine gewisse Wahrheit inne. Unter der fachlichen Anleitung von Sprengmeistern des Regiments und des Munitoriums hatten die imperialen Soldaten sämtliche unter der Kathedrale vergrabenen Sprengsätze entschärft und entfernt, um sie – im gesicherten Zustand – in einem dafür präparierten Raum einzulagern. Einem Raum, der in einem Netz unabhängiger Katakomben unter dem gewaltigen Bau der Himmelskathedrale lag.
Dass diese Tatsache den wenigen Offizieren, denen sie bekannt war, einen nahezu durchgängig im Hinterkopf pochenden Schmerz verursachte, hatten sie über das Toben der Schlacht für einige Zeit verdrängt.
Doch jetzt, wo der stetig sinkende Koeffizient des Schlachtenglücks den Graphen der erfolgreichen Gefechtsführung seinem Nullpunkt entgegenstreben ließ, kehrte zumindest bei Haestian Carrick dieser Schmerz zurück. Und sein Pochen war stärker denn je.
Sie bogen in eines der im Vergleich zum Hauptschiff überraschend schmalen Nebenschiffe ab, zwischen dessen gotischen Säulen eine niedrige Tür aus archaischem Holz in die Seitenwand eingelassen war.
Mancher mochte kaum glauben, dass es den Baumeistern gelang, in einem derart gewaltigen Bauwerk dennoch Öffnungen zu schaffen, die ein vollkommen ausgerüsteter Infanterist der imperialen Armee nur mit Mühe durchqueren konnte. Den Beweis dafür erlebten die fünf Männer jedoch am eigenen Leib, als sie gebückt durch den schweren, mit aufwendigen Schnitzereien reich verzierten Eingang traten. Dahinter fiel die Temperatur, die beim Betreten der Himmelskathedrale bereits um einige Grad sank, noch einmal drastisch. Tatsächlich wurde es beinahe schon kalt.
Sie folgten einer engen Wendeltreppe, auf deren abgewetzten, glitschig erscheinenden Stufen ihre Kampfstiefel kaum Halt fanden. Das schwere Krachen der pausenlos auf den Schild prallenden Geschützwaffen vermengte sich zu einem undefinierbaren Hintergrundgrummeln, das sich schließlich ganz in der hallenden Stille verlor.
Am Fuß der Wendeltreppe öffnete sich ein unterirdisches Gewölbe, dessen aus alten Steinquadern bestehende Form an das weit über ihnen residierende Beinhaus erinnerte.
Zwischen romanisch breiten Bögen, welche sich linker und rechter Hand des Weges weit über die Infanteristen entspannen, lagerten abertausende Schädel, formten die Wände eines abartigen Ossuariums.
Kalte Schauer begleiteten die Männer tiefer in das Halbdunkel der Katakomben, echoten im Rhythmus ihrer Schritte bis in die Unendlichkeit.
»Er hält die Nuklearwaffen gewaltsam zurück«, überlegte der blonde Basteter an der Spitze des kleinen Zugs, mehr mit sich selbst sprechend denn irgendwen anderen adressierend. »Aber warum sollte er das tun?«
Balgor zuckte die Achseln. »Vielleicht sucht er nach einer Möglichkeit, wie er spektakulär auf einer der Bomben ins Ziel reiten kann.«
Das Bild dieser Bemerkung, wenn auch eher beiläufig eingeworfen, drängte sich zwischen Carricks Gedanken, ließ die Pyramide seiner Überlegungen einstürzen und ersetzte sie mit einer Darstellung, die sich wohl für immer in das Gedächtnis des stellvertretenden Regimentskommandeurs einbrennen würde: Colonel Ekko, wie er, auf einer Todesstoßrakete sitzend, seine Offiziersmütze schwang und ekstatisch in einer grellen Tonlage schrie, während er direkt auf die dämlich glotzende Fratze des Waaaghbosses zusteuerte.
»Diese Vorstellung ist …« Der Major zögerte, um die richtigen Worte zu finden, »seltsam.«
»Seltsam schon, aber wirklich so abwegig?«, gab sein Gesprächspartner zu bedenken, bevor er die dunkle Stimme seines Vorgesetzten imitierte. »‚Major, wo bleibt Ihr Vertrauen? Lernen Sie, die Bombe zu lieben‘.«
Carrick verzog das Gesicht. »Diese Bemerkung ist nicht wirklich hilfreich. Können Sie nicht woanders blöd sein?«, fragte er direkt heraus.
Balgor nahm Haltung an, was im Gehen äußerst eigenartig anmutete. »Woanders blöd sein – zu Befehl!«
Er hörte nicht, wie der hochgewachsene Basteter leise anfügte: »Aber Sie haben recht. Das liegt tatsächlich im Bereich des Möglichen.«
Sie folgten dem langen, höhlenartigen Gang, der sich alsbald in ein Labyrinth ähnliches Konstrukt verzweigte.
»Wie kommen wir bloß an einen solch faszinierenden Ort?«, überlegte Balgor und drehte sich um. »Da kommt ja richtig Stimmung auf.«
»Was denn für Stimmung?«, wollte Carrick wissen, den dieser plötzliche Themenwechsel aus seinen Gedanken riss.
»Gruselstimmung. Sie wissen schon. Wie in diesen Televidfilmen, in denen unachtsame imperiale Bürger ein Weltraummonster befreien, das dann von Space Marines fachgerecht filetiert wird.« Auf den entrüsteten Blick seines Vorgesetzten fügte er an: »Eben jene Stimmung, bei der man sich als weiblicher Zuschauer einen starken Charakter an der eigenen Seite wünscht. So jemanden wie … mich.«
»Oh, ja. Ich bin auch sehr froh, dass Sie mich begleiten.« Die Aussage war deutlich sarkastisch über Carricks Lippen gekommen, doch in Wahrheit empfand der stellvertretende Regimentskommandeur Erleichterung bei dem Wissen, einen kampferprobten Veteranen an seiner Seite zu haben – auch wenn seine Dankbarkeit sich nicht ganz mit der Vorstellung deckte, die ein weiblicher Mitbürger im Beisein eines Veteranen entwickelte.
Er wollte sich nicht auf starken Händen aus den Katakomben tragen lassen. Nein. Beileibe nicht. Aber dennoch musste er sich eingestehen: allein hätte er sein Vorhaben nicht einmal in Angriff nehmen können.
Tatsächlich war es kaum zu fassen, dass Balgor, dessen verbittert umherstreifende Gestalt Carrick vor der Kathedrale getroffen hatte, sich aus freien Stücken dazu bereit erklärte, den stellvertretenden Regimentskommandeur auf seinem ‚Weg zur Wahrheit‘ zu begleiten. Eine beachtliche Entscheidung, bedeutete sie doch so etwas wie einen latenten Verrat seiner Freundschaft zu Ekko, der überdies auch noch ihrer beider Vorgesetzter war. Und nicht nur das – er hatte sogar noch einige Infanteristen zu ihrer Unterstützung befohlen.
Beachtlich, wenn auch gefährlich.
Aber wie sagte man so schön? Die Liebe zum Imperator überdauert alles Weltliche. Und Freundschaft gehörte zu den weltlichen Werten, die man besitzen konnte, aber die im Angesicht imperialer Größe zur Seite treten mussten.
Zielsicher führte der Major die kleine Truppe den rapide kälter werdenden Gang entlang, lauschte dem sie begleitenden Echo ihrer auf den Stein schlagenden Stiefel.
Scharfe Schatten, von schwachen, künstlichen Lichtern geworfen, zeichneten seltsame Muster auf die Wände und den Boden. Seltsam verzerrte Figuren, die ihren Weg ans Ende des Ganges tanzten.
Dort warteten zwei Soldaten im bastetischen Steppentarn, bewachten eine schmiedeeiserne Tür, die wirkte, als könnte man mit ihr einen Squiggofanten erschlagen.
Schwere Nieten, wie Totenschädel geformt, musterten die Ankömmlinge mit abartigem Vergnügen. Ein großer Türring umrahmte ein breites, von reichen Verzierungen umgebenes Schlüsselloch.
Als die kleine Gruppe näher trat, versteiften sich die beiden Männer und umfassten die vor die Körper gehaltenen Lasergewehre fester. »Sir, Sie dürfen diesen Raum nicht betreten.«
»Ich bin der stellvertretende Kommandeur dieses Regiments«, erboste sich Carrick.
»Ich weiß, Sir«, erkannte der Wachsoldat seinen Vorgesetzten an. »Und es tut mir wirklich leid. Aber Colonel Ekko hat uns eindeutige Befehle gegeben.« Er blickte zu seinem Kameraden.
Der Major ließ sich abweisen. »Wie können Sie es wagen?!«, verlangte er zu wissen und machte ein paar weitere Schritte.
Derweil rückte Balgor bedrohlich an den zweiten Infanteristen heran und baute sich vor ihm auf, auch wenn man bei seiner Größe nicht unbedingt von einem Aufbauen sprechen konnte.
Das Ganze besaß wohl denselben Effekt wie ein gewisser imperialer Colonel, der sich vor einer gewissen Sororita aufbaute, die in einer mit Blut bespritzten Servorüstung steckte. Irgendwie gefährlich, aber irgendwie auch albern.
Daher machte der zweite Soldat auch keinen Platz, sondern verfolgte die Bewegungen des hochgewachsenen, blonden Basteters, der im Augenblick die größere (wenn auch eher autoritäre) Gefahr darstellte.
Als dieser einen weiteren Schritt tat, hob er plötzlich sein Gewehr. »Sir, treten Sie bitte zurück. Machen Sie Platz.«
Carrick stoppte, verdutzt die Hände in die Luft haltend. Er wusste nicht, was er hätte sagen sollen.
»Nein! Jetzt macht ihr Platz«, ordnete Balgor stattdessen an, zog seine Pistole und hielt sie dem Wachtposten an den Hals. Der wich ein paar Schritte zurück.
Der Captain setzte nach, presste sich regelrecht in die Seite des Mannes und griff an dessen Kehle.
Jetzt lehnten sie an der kalten, steinernen Wand, ohne den Platz, den jeweils anderen in einen Nahkampf zu verwickeln und zu entwaffnen.
Ersatzweise hob der andere Soldat sein Gewehr an die Schulter. »Sir, nehmen Sie die Waffe runter«, forderte er Balgor auf.
Nedor und seine Männer reagierten. Ziele wechselten die Priorität. Laserwaffen wurden aufeinander gerichtet.
»Na, na!«, rief der Major aus, während er dem Captain bedeutete, ruhig zu bleiben und keine falschen Entscheidungen zu treffen. »Keine dummen Sachen machen.«
Man konnte es nicht exakt als Patt bezeichnen, denn die numerische Überlegenheit der Ankömmlinge stand klar im Raum. Allerdings zwang der recht beengte Gang sie dazu, die Verletzung eigenen Personals in Kauf zu nehmen.
Immerhin standen Balgor und der eine Wachsoldat auf Nahkampfentfernung beieinander, ersterer die Laserpistole und den Hals des Zweiten gedrückt, welcher sein Lasergewehr auf Sergeant Nedor richtete, während dieser mit der Pistole auf den zweiten Wachsoldaten zielte, der wiederrum auf Major Carrick angelegt hatte, die beiden anderen Soldaten aus Nedors Trupp sich nicht entscheiden konnten, wer nun ihr eigentliches Ziel sein sollte und Carrick es nicht wagte, an sein Holster zu greifen.
Psychologisch gesehen allerdings lag die Sache deutlich anders.
Die beiden Wachsoldaten, denen offensichtlich aufgetragen worden war, die hinter ihnen liegende Tür des Raumes mit dem eigenen Leben zu verteidigen, schienen auch bereit zu sein, ihre Befehle auszuführen.
Wenn sie sich allerdings töten ließen, wurde dadurch der Auftrag hinfällig, was ihn wiederum sinnlos erscheinen ließ.
Währenddessen mussten sich Carrick und Balgor mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie durch Waffen der Imperialen Armee bedroht wurden, was aufgrund des Verhaltens ihres Kommandeurs eigentlich schon als Rebellion bezeichnet werden konnte, während ihre eigenen Pläne auch eine Form von Widerstand gegen den obersten Herren des Imperiums auf dieser Welt darstellten.
Außerdem wollten sie niemanden töten. Gewiss nicht. Wenn sie es taten, war ihr Leben verwirkt.
Hinzu kam das Wissen, dass zumindest einer von ihnen, wenn nicht sogar beide, möglicherweise durch ein entstehendes Feuergefecht getötet werden würden – in der Aufregung vermutlich sogar noch durch Eigenbeschuss.
Und was Sergeant Nedor betraf: Er folgte lediglich den Befehlen seiner Vorgesetzten, die ihm aufgetragen hatten, sie zu begleiten und abzusichern. Würden diese jedoch sterben, dann hatte er seinen Auftrag zwar nicht erfüllt, aber ohne die dann zwangsläufig zusammenbrechende Befehlskette bestand für ihn auch keine Veranlassung, weiter in Richtung des ominösen Raums zu bohren, deren Öffnung sie zu erzwingen versuchten.
In diesem Sinne ließ sich also doch von einem Patt sprechen.
Ein schwerer Schlag erschütterte die Katakomben um sie herum, erinnerte daran, dass die Schlacht über ihnen weitertobte.
»Entwaffnet sie«, ordnete der Sergeant an.
Erneut hielt die Welt den Atem an. Im Gang schien es noch einmal deutlich kälter zu werden.
Eine, vielleicht zwei Sekunden verstrichen – in den Augen der Betroffenen eine Ewigkeit, bevor sich die beiden Angesprochenen in Bewegung setzten.
Mit kurzen, sicheren Schritten passierten sie Nedor und Carrick, die Waffen fest auf ihre Kameraden gerichtet.
Anspannung und Todesangst ritten auf kondensierten Wölkchen weißen Wasserdampfs aus ihren Mündern, vereinigten sich mit der Luft und lösten sich langsam auf, flüsternde Worte in den stillen Gang rufend. »Macht jetzt ja keinen Fehler.«
Hände hängten sich die eigenen Lasergewehre über die Schulter, griffen nach denen der Kontrahenten.
Blicke rangen miteinander, versuchten die Kontrolle über die Situation zu erstreiten.
»Wir stehen alle auf derselben Seite«, redete Carrick auf die Wachsoldaten ein. »Wir werden das hier zu Ende bringen und es dann einfach vergessen.« Er kam sich dabei vor wie ein Lügner.
Aber was hätte er anderes sagen sollen? ‚Männer – ich weiß, das ist schwer zu glauben, aber Colonel Ekko ist total verrückt geworden. Er stellt eine Gefahr für uns alle dar‘. Ja, vielleicht wäre das eine Möglichkeit gewesen.
Aber jetzt blieb ihm keine andere Chance, als auf die Vernunft der beiden Infanteristen zu hoffen. Befehle geben konnte er ihnen, aber sie würden nicht darauf hören.
Und eine Schießerei im körperlichen Nahbereich, selbst mit Laserwaffen, konnte schrecklich schief gehen.
Glücklicherweise schienen die Wachen ihr eigenes Leben deutlich mehr zu schätzen als ihren Befehl, denn schließlich gaben sie nach. Die Lasergewehre wechselten den Besitzer.
Der Major wandte sich an den Captain, der einen der Wachmänner nach wie vor festhielt. »Als ich vorhin meinte, dass wir uns unter allen Umständen durchsetzen müssen, hatte ich nicht gemeint, dass Sie gleich mit der Waffe rumfuchteln sollen.«
»Ich weiß«, gab der Angesprochene zurück. »Und ich habe mich ja bemüht, aber irgendwie blieb mir keine Wahl.«
»Herr auf dem Thron.« Carrick seufzte, indem er sich am Kopf kratzte. »Und jetzt will ich sehen, was der Colonel vor seinen eigenen Leuten zu verbergen hat. Aufmachen«, wies er die Wächter an.
Die beiden Männer, nicht nur in der Unterzahl, sondern auch noch unbewaffnet, kamen der Aufforderung nach.
Vorsicht griff der erste in seine Hosentasche und zog einen alten, rostigen Schlüssel hervor, der zu dem breiten Schlüsselloch in der schweren, schmiedeeisernen Tür passte. Mit einiger Mühe steckte er das Werkzeug in das Schloss und drehte es. Die anderen Soldaten beobachteten ihn aufmerksam dabei.
Mit einem harten Klicken rastete der Schlossriegel aus. Die Tür war entsperrt.
»Wirklich gut gesichert«, kommentierte Balgor das Geschehen. Carrick warf ihm einen bösen Blick zu.
Markerschütternd quietschend wehrte sich die Tür gegen den Versuch, sie aufzuziehen, sodass Balgor gezwungen war, den zweiten Wächter freizugeben, damit dieser seinem Kameraden half, an dem großen Türring zu ziehen, mit dem sich das Verließ öffnen ließ.
Es bedurfte einigen Aufwandes, bevor die Pforte nachgab und aufschwang.
Dahinter lauerte gähnende Schwärze wie das Maul eines Raubtieres, bereit, sie alle zu verschlingen.
Im Gegensatz zum Gang war der Raum nicht beleuchtet.
»Lampe!«, ordnete der Major an, während er vortrat und trotzig den ersten Fuß in das Dunkel setzte. Seine Stimme hallte in die Unendlichkeit fort.
Schritte echoten hinter ihm, bezeugten die Ausführung des Auftrags. Eine militärische Winkellampe tauchte in seinem Blickwinkel auf, gereicht von einem der imperialen Soldaten.
Der blonde Basteter nahm das gereichte Beleuchtungsmittel und drückte den Schiebeschalter nach oben, bevor er die grell strahlende Lampe auf die Finsternis vor sich richtete. Er hätte es besser nicht getan.
»Was soll das?«, sprach der stellvertretende Regimentskommandeur aus, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Er spürte, wie seine Erwartungen fassungslos in sich zusammensackten.
»Wie bitte?« Balgor schloss auf. Auch über sein Gesicht huschte der Schatten der Verwirrung, als er in den geöffneten Raum blickte, verflog jedoch recht schnell und wich einer situationsbezogenen Resignation. »Was haben Sie erwartet?«, erkundigte er sich schließlich. »Immerhin sprechen wir von Colonel Ekko.«
Haestian Carrick antwortete nicht. Vielleicht war die Frage zu rhetorisch gestellt, vielleicht auch zu provokant.
Auf jeden Fall sah sich der Captain gezwungen, nach einiger Zeit selbst einen Gegenbemerkung in den Raum zu werfen. »Besser, als sie irgendwo herumfliegen zu lassen. Sonst spielt noch jemand Bloody Bowl damit.«
Der bastetische Major äußerte sich nach wie vor nicht. In seinen Ohren rauschte es. Hätte es einen Satz oder ein Wort gegeben, das er in diesem Moment hätte sagen können, es wäre in der lärmenden Stille untergegangen, die in seinem Kopf grassierte.
Was hatte er übersehen? Wo war er von Ekko überlistet worden?
Nun stand er hier, inmitten der tobenden Schlacht, kämpfte um sein Leben und das seiner Leute, doch das Mittel, mit dem er sie hätte retten können, gab es nicht mehr.
Der Major fühlte sich, als habe er die Kontrolle über seine Aufgabe verloren. Sein Kopf war plötzlich leer.
Der Lagerraum war es auch.


***

Drei Schatten glitten in perfekter Synchronisation über die in tiefste Dunkelheit getauchte Ebene, halb verschmolzen mit dem Sand der Ödnis.
Gren Krood und seine Kasrkin hatten in der letzten Stunde gut drei Kilometer zurückgelegt, auch wenn sie sich nur kriechend und vorsichtig bewegten, um den Xeno-Mob nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Ohne die Restlichtsichtfunktion ihrer Grenadierhelme war es schwierig, ihre Position in der Finsternis der Nacht nur ein Stückchen weit zu ermitteln. Doch wo andere Soldaten rettungslos verloren gewesen wären, beriefen sich die Elitesoldaten auf ihre Ausbildung und ihre Erfahrung.
Geräuschlos folgten sie dem flackernden Lichtschein, der sie zurückführte zu der brutalen Schlacht um die Himmelskathedrale, maßen ihre Entfernung zum Lärm des Kampfes und schlossen daraus, in welche Richtung sie sich bewegen mussten, um ihr Ziel in möglichst kurzer Zeit und ohne Feindkontakt zu erreichen.
Vor wenigen Minuten war das schwache Leuchten der Turbojets weit hinter ihnen in der Dunkelheit verloschen, deren Reflektion man am Nachthimmel hatte gut erkennen können. Blieb nur zu hoffen, dass niemand sonst das unnatürliche Licht bemerkt hatte. Wenn doch, dann änderte sich natürlich die gesamte Situation. Zum einen würden die Orks, sobald einige von ihnen auf den einsamen Sturmtransporter in ihrem Rücken aufmerksam wurden, zur Jagd auf das imperiale Fahrzeug blasen.
Zum anderen würden sie sich dann sicherlich die Frage stellen, woher dieser einsame Flieger gekommen war und ihren Rücken absuchen. Es war höchst unwahrscheinlich, dass er und seine Männer sich gegen einen anstürmenden Mob aus Orks behaupten konnten, der sie von allen Seiten aus einkreiste.
Nun war die Devise, schnell zu sein und ihren Auftrag ohne Verzögerung auszuführen, auch wenn Krood ernsthaft bezweifelte, dass es überhaupt einen Auftrag gab. Colonel Ekko sah Gespenster, von denen er sich verfolgt fühlte, weil seine Armee es nicht schaffte, die Himmelskathedrale für den Imperator zu halten.
Thronverdammter Mistkerl! Schmerzlich an die vertane Chance erinnert, dem Colonel die Gnade des Imperators zu gewähren, verfluchte sich Krood in Gedanken. Wieso nur hatte er sich von seinem Vorhaben abbringen lassen? Wenigstens wäre ihm dann ein ehrenhafter Tod beschienen worden.
Nun hingegen schoben sie sich im trockenen, leblosen Sand der Steppe von Agos Virgil vorwärts, ohne eine genaue Vorstellung von dem, was sie noch erwartete, während ihnen der Tod hämisch in den Nacken atmete. Wie konnte ihnen der Imperator nur so etwas antun? Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hatte. Sie alle waren nur einfache Diener des Imperators – und ihr Tod würde dem Imperium ein weiteres Stück seiner Größe geben. Allerdings – und das hatte Gren Krood inzwischen verstanden – gab es einen Unterschied, ob man für den Imperator fiel oder in Konsequenz einer über alle Maßen inkompetenten Führung. Spätestens, wenn man sich vor dem Imperator rechtfertigen musste, weshalb man glaubte, seiner Armee der Ewigkeiten dienen zu können, würde die Wahrheit offenbart werden. Und das war eine Tatsache, die Gren Krood mehr fürchtete, als den stets präsenten Schreckensapparat des Kommissariats.
Urplötzlich, ohne einen erkennbaren Grund, hielt Tall inne und hob kaum sichtbar die Hand. Krood und Cedd verstanden das Signal und glitten an die Seite des Grenadiers.
Vor ihnen fiel das Gelände auf einer Höhe von vielleicht fünfzig oder hundert Metern steil in die Tiefe. Überrascht sah sich Krood um. Ohne es zu bemerken, hatten sie sich eine Erhöhung hinaufgearbeitet, von der aus sich das komplette Umfeld der Himmelskathedrale einsehen ließ.
Die Ebene vor ihnen brannte lichterloh. Lange, kohärente Lanzen aus blitzfarbenem Feuer strahlten in die Tiefe der Nacht hinaus, glommen wie Glühdrähte vor der schemenhaften Kulisse des entzündeten Ekklesiarchiepalastes.
Helle, nebelhafte Lichtexplosionen huschten in den Himmel, lösten sich mitten in der Luft wie erlöschende Kerzenflammen auf.
Heftige Detonationen flackerten kaskadierend als breite Front über die Ebene. Immer wieder tanzten rauchende Feuerschweife in die Dunkelheit hinauf und stürzten sich, stur ihrer Flugbahn folgend, nur einige hundert Meter entfernt auf die feindlichen Massen, um dort in grellem Schein zu detonieren. Donnerschläge erschütterten den Erdboden.
Krood ließ das überwältigende Spektakel einige Sekunden auf sich wirken und versuchte alle ihm durch die unregelmäßige Beleuchtung sichtbaren Details zu erfassen, ehe er sich abwandte und in die Brusttasche seines Drillichs griff.
Eine alte, zerschlissene Karte kam zum Vorschein, die der Elite-Sergeant umgehend vor sich auf dem sandigen Boden ausbreitete. Schnell, und dank des spärlichen Lichtes ohne Zuhilfenahme künstlicher Beleuchtungsmittel, fuhr er die aufgedruckten Linien mit seinen Fingern nach, nur um bestätigt zu sehen, was er bereits vermutete: diese Erhöhung war auf den Karten des Geländes nicht eingezeichnet. Höchstwahrscheinlich war sie in den letzten Wochen oder Monaten entstanden und, zumindest der ebenmäßigen Schärfe der Bruchkante nach zu urteilen, auch nicht auf natürlichem Wege.
Wären sie nur ein wenig weitergerobbt, hätten sie hier bereits ein vorzeitiges, unrühmliches Ende genommen. Der Imperator beschützte!
»In Ordnung.« Noch während er die Karte verstaute, baute sich in Kroods Kopf ein aktualisiertes Lagebild auf, formte sich ein neuer, der Situation angepasster Plan. »Vergesst Wegpunkt Eins. Beginnt hier mit der Suche.«
Fast geräuschlos machte er sich daran, das Scharfschützengewehr und ihr mitgebrachtes Equipment aufzustellen, während seine beiden Grenadiere die Umgebung mit leistungsfähigen Elektrofeldstechern absuchten.
Es dauerte nicht lange, bis sich der Grund ihres Hierseins zeigte.
»Zielkontakt«, flüsterte Cedd. »Wir haben ihn.«
Überrascht sah der Sergeant auf. Tatsächlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie wirklich auf einen Waaaghboss treffen würde. Für ihn war dieser Xeno-Oberkommandierende bisher ein Hirngespinst des irren Colonels gewesen. Eine Entschuldigung für die nicht ausreichend vorbereitete und dilettantisch durchgeführte Verteidigung der Kathedralenstadt.
Er sah sich eines Besseren belehrt.
»Wo?«, fragte er kurz angebunden und klemmte sich hinter das aufgestellte Scharfschützengewehr.
Cedd robbte an seine Seite und deutete in die Richtung, in der er ihren Feind ausgemacht hatte. Die ausgestreckte Hand des Grenadiers ließ sich im schützenden Halbdunkel des fernen Feuerscheins nur schwerlich erkennen, doch es reichte, damit sich Krood mit der Waffe nach der Bestie ausrichten konnte, auf die sie Jagd machten.
Also gut. Nun würde sich zeigen, ob das, was der Colonel prophezeit und Cedd zu sehen geglaubt hatte, wirklich stimmte.
Krood hob das Scharfschützengewehr an die Schulter. Es war schwer, verdammt schwer.
Ohne Frage war es für die genetisch überlegenen Riesen gebaut worden, die zusätzlich von ihren Servorüstungen unterstützt wurden.
Der Kasrkin konnte sich gut vorstellen, welche Macht diese Waffe besaß. Langsam dämmerte ihm, weshalb der Marine ihm empfohlen hatte, die Schulterpads seiner Plattenpanzerung angelegt zu lassen, gefolgt von der unwillkürlichen Frage, ob dieser Schutz überhaupt ausreichend war.
Krood wischte den Gedanken zur Seite. Selbst wenn der Schutz sich als nicht ausreichend herausstellte, so war es nun zu spät, um daran noch irgendetwas zu ändern. Sich mit der Frage nach dem ‚Ob‘ zu belasten, würde in seiner Situation lediglich hinderlich sein und gehörte daher genauso schnell und tiefgehend eliminiert wie der vor ihnen nach Menschenblut geifernde Xeno-Abschaum.
Der Sergeant korrigierte den Sitz der Infanteriewaffe auf seiner Schulterplatte, bevor er einen ersten, prüfenden Blick durch das Zielfernrohr warf.
Der Waaaghboss tobte als von Fackeln erleuchtetes Xeno-Monster unheimlich und unverwüstlich vor dem Fadenkreuz und brüllte seine Untergebenen an.
Beim Goldenen Thron von Terra! Das konnte doch nicht wahr sein!
»Herr auf dem Thron«, murmelte der Cadianer fast unhörbar. »Ich muss total verrückt sein.«
»Sergeant?«, hakte der Grenadier an seiner Seite nach.
»Also gut«, sagte Krood, nun etwas lauter. »Fangen wir an.«
»Verstanden. Tall?« Weitere Worte waren nicht notwendig.
Tall, selbst ausgebildeter Scharfschütze und Beobachter, übernahm Cedds Position an der Seite seines Unteroffiziers.
Anders als das Gros der imperialen Regimenter wurden die Trupps und Züge der Kasrkin aus unterschiedlichen Individuen zusammengestellt, von denen jeder auf seinem Gebiet ein Experte war. Während ihnen allen dieselbe Ausbildung in Bezug auf den ewigen Krieg und ihre besonderen Aufgaben, wie etwa die Infiltration, zu Teil wurde, besaß jeder von ihnen noch zusätzliche Spezialisierungen. Während beispielsweise Cedd als Waffenexperte mit sämtlichen leichten und schweren Infanteriewaffen des Imperiums umgehen konnte, war Tall darauf spezialisiert, an jedem Ort zu jeder Zeit auf jede Entfernung zu töten – ohne die dafür notwendigen Berechnungen und Kenntnisse abrufen zu müssen. Nein, er lebte sie. Sie waren in seinem Fleisch, in seinem Blut. Als würde er sie über seinen Kontakt mit dem Erdboden gleich Nährstoffen aufnehmen. Und das machte ihn für einen Schützen wie Krood zu einem unverzichtbaren Unterstützer.
»Übergebe Ziel«, murmelte Cedd, bevor er sich von den beiden anderen Grenadieren löste und zu einem Schatten verschwamm, der sie vor bösen Überraschungen im Rücken schützen sollte.
»Ziel übernommen.« In dem Augenblick, da Tall hinter seinen Feldstecher tauchte, verschmolz der Kasrkin mit dem Herzschlag der sterbenden Welt. »Sergeant?«, erkundigte er sich nach der Feuerbereitschaft seines Vorgesetzten.
»Ziel erfasst«, antwortete der mit apathisch anmutender Konzentration. »Kann losgehen. Rückendeckung, Cedd.«
Stoff kratzte über den Boden hinter ihnen. »Geht klar, Boss.«
»Wir könnten ihn von hier aus ganz einfach erledigen«, gab Kroods Beobachter zu bedenken.
»Ja, ich weiß«, antwortete der Grenadier-Sergeant. »Wir haben unsere Befehle.«
Ein leises Grummeln antwortete ihm. »Verstanden. Ich designiere jetzt.«
Jeder Auspex-Elektrofeldstecher der Imperialen Armee war mit einem eingebauten Laserentfernungsmesser versehen, der es einem Beobachter ermöglichen sollte, sein Ziel nicht nur zu beobachten, sondern auch die eigene Entfernung zum Ziel zu bestimmen. Tatsächlich jedoch konnte man den Strahl durch ein kleines Rädchen so remodulieren, dass seine Energie ausreichte, um vom Ziel in alle Richtungen verstreut und so etwa von einer Bombe oder einem Flugkörper aufgefasst zu werden.
»In Ordnung«, bestätigte Krood, während er die Infrarotblende seines Zielvisiers herunterklappte. »Ich sehe den Laser. Pfeil, hier Nadel«, brummte er, nachdem er auf den externen Kanal gewechselt hatte. »Faden ist eingefädelt. Sie können stricken.«
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
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Hallo, liebe Stargazer-Leser!

Hier kommt das neue Kapitel.


Viel Spaß beim Lesen!


45

»Sie können stricken
Jaorah Nurin sah überrascht auf. »Oh«, stellte er fest.
»Hm?«, fragte Redek von seinem Platz neben dem Kommandanten und sah zu ihm auf.
»Offensichtlich haben sie was entdeckt«, erklärte der Desposianer. Er klemmte sich hinter das Auspex, schaltete auf Infrarotansicht und begann, die elektrooptische Vergrößerung einzustellen.
»Bisher noch nichts optisch.«
Diese Aussage, wenn auch taktisch vollkommen richtig, untertrieb das, was Nurin wirklich sah, vollkommen.
Tatsächlich leuchteten Stadt und Himmel im Zielgebiet in fehlfarbenen Kompositionen. Grelle Reflexe, in Helligkeit und Intensität einem direkten Blick in die Sonne gleich, platzten wie Flakwolken aus dem Nichts in Nurins Blickbereich, sprenkelten den Bildausschnitt des Auspex mit grellen Ausbrüchen.
Dahinter loderten Flammen. Weniger starke, an Frequenzwellen erinnernde Schauer aus elektronisch umgewandelten Restlichteffekten, aus denen sich lediglich erahnen ließ, wie stark der erste Ring der Kathedralenstadt unter dem tagelangen Dauerfeuer beider Kriegsparteien gelitten hatte.
Der Anblick, gefüllt mit weißen, roten und gelben Farben, erinnerte an eine fremde Welt, und Nurin fragte sich unwillkürlich, ob man einen ähnlichen Eindruck gewann, wenn man vom Festungsplaneten Cadia aus hinauf in das Tor des Chaos blickte.
Den Laserstrahl in dieser recht eigenwilligen Symphonie aus Farben zu entdecken, geschweige denn anzuvisieren, ließ sich mit den Fähigkeiten des menschlichen Geistes schon nicht mehr bewerkstelligen.
Zu stark die Eindrücke, zu eindringlich und überwältigend die Kraft der Geschehnisse.
Ihnen blieb nur, sich auf den Laserwarnempfänger zu verlassen, der als passiver Sensor eventuell auf das Fahrzeug gerichtete Ziellaser empfangen und ihre Peilung feststellen konnte.
Nurin ließ seine Hand zu den Kontrollen des Sichtperiskops gleiten, um eine langsame Linksrotation einzuleiten. Er hatte die ersten Zentimeter zurückgelegt, als sich ein Streifen aus schwachem Grün in sein Sichtfeld schob. In der rechten unteren Ecke des Bildes erschien in weiß umrahmten Lettern die Abkürzung REFLEX, eine visualisierte Einschätzung des Maschinengeists über die Herkunft des sie bestrahlenden Lasers. Weitere Anzeigen, die Darstellungen der Peilung, Entfernung, Elevation, mögliche Art der Reflektion, leuchteten auf. Das Ziel war organischer Natur, lag gut zwölf Grad links ihrer Position, vier Komma neun drei Kilometer entfernt bei dreizehn Grad negativer Elevation. Viel zu weit abseits und vor allem deutlich zu tief für Enforcer eins, das Objekt mit seinem Geschütz zu bekämpfen.
»Habe jetzt eine visuelle Erfassung«, berichtete der Captain seinen beiden Besatzungsmitgliedern. »Motor an.«
Der Panzer schüttelte sich, als der hinter der Besatzung liegende Motor aufbrüllte. »Läuft«
Nurin presste angespannt Luft zwischen den Zähnen hervor. Das Zielen auf einen kleinen Punkt jenseits ihres standardisierten Erfassungsraums machte es nicht unbedingt einfacher, das im Vergleich zu ihrer sonstigen Beute eher winzige Ziel zu bekämpften. Eine genaue Ausrichtung war vonnöten, um sie in die richtige Position für einen perfekten Schuss zu bringen. »In Ordnung. Langsam vorwärts.«
»Verstanden.«
Ves kuppelte den neuen Gang ein und ließ das Fahrzeug anrollen.
Folgsam kam der Destroyer dem Zug seines Motors nach und setzte sich unter markerschütterndem Röhren und mit quietschenden Ketten in Bewegung. Schwarze Wolken qualmten aus den Auspufftöpfen in die tiefdunkle Nacht.
»In Ordnung«, begann der Captain seinen Fahrer anzuweisen, das Periskop weiter auf das Ziel gerichtet. »Fünf links.«
»Fünf links«, wiederholte der Fahrer, stoppte die Backbordkette und ließ das Fahrzeug eine angedeutete Linksdrehung vollführen.
»Gut so.«
Sie rasselten langsam über die aufgerissene Erde.
»Zwo rechts.«
»Zwo rechts. Verstanden.«
Sie ruckten die die entgegensetzte Richtung.
»Hier halten«, wies der Kommandant an.
Quietschend kam der Jagdpanzer zum Halten.
Nurin blickte durch das Sichtperiskop, prüfte ihre Ausrichtung zum designierten Ziel. Drei Grad positive horizontale Ausrichtung. Noch innerhalb der Toleranz. »In Ordnung. Sieht gut aus. Redek?«
»Ich visiere an«, erklang die Stimme des Richtschützen im Funk, bald schon apathisch ob der Konzentration. Leises Summen begleitete das Senken des Geschützrohres, abrupt von einem harten, metallenen Geräusch durchbrochen. Es klang, als würde man einen schweren Hammer auf einem mit Stoff bedeckten Amboss schlagen.
Wieder summten die Servomotoren, versuchten das Geschütz in der Vertikalen auszurichten. Erneut rollte ein dumpfer Schlag durch den Panzer.
»Ich komme nicht so weit runter«, meldete Redek. »Wir müssen weiter vor.«
»In Ordnung«, bestätigte der Kommandant. »Dann weiter vor. Ves?«
»Wir rollen.« Ruckend setzte sich Enforcer eins in Bewegung, rollte langsam weiter vor.
Nurin verfolgte, wie der Laserstrahl im Sichtfeld langsam nach rechts wanderte. »Zwo mehr rechts.«
»Zwo mehr.«
Wieder ruckte der Panzer zur Seite. Nurin blickte auf den Laserstrahl, der sich deutlich im Auspex abzeichnete.
»Noch immer zu hoch«, meldete Redek.
»Weiter vor.«
Es war ein Moment voller Konzentration, geprägt vom heißen Atem der Anspannung und dem unbedingten Wunsch, das Unmögliche möglich zu machen.
Mit einem Jagdpanzer einen Orkboss töten. Ha! Nichts leichter als das.
»Stopp!«, schrie Lieutenant Rands Stimme in Nurins Kopf.
»Bitte, was?!«
»Stopp! Stopp! Stopp!«, wiederholte der Kommandant von Enforcer zwo. Seine Stimme klang seltsam alarmiert und eindringlich.
»Halten!«, befahl der Captain, bevor er seinen Mikrofonschalter auf extern kippte. »Was?!«, fragte er ungehalten.
»Sie fallen gleich von der Terrasse«, meldete der andere Panzerkommandant.
Nurin blickte auf. Er sah zu Redek, der den Blick seines Kommandanten verwundert erwiderte, dann erhob er sich und schob sich aus seiner Luke.
Im Flackern ferner Explosionen sah er, worauf der andere Offizier ihn hingewiesen hatte: Enforcer eins stand am Rand der Terrasse, die sie als ihren Standort bestimmt hatten. Tatsächlich hing bereits ein gutes Stück der Fahrzeugfront über einer fast zehn Meter in die Tiefe fallenden Steinmauer. Wären sie weiter vorgerollt, ihnen wäre ein sehr unrühmliches Ende beschienen gewesen.
»Ah«, erkannte Nurin das Problem, dem sie gegenüber standen und kippte den Mikrofonschalter auf intern. »Zurück. Langsam zurück.«
Knirschend löste sich der eingelegte Gang, sprang das Getriebe auf eine andere Übersetzung. Der Motor heulte auf. Mit einem deutlichen Ruck setzten sie zurück, Kettenglied für Kettenglied. Das Fahrzeug schaukelte bedrohlich.
»Pass auf!«, warnte der Desposianer seinen Fahrer eindringlich.
Ein einzelner Stein bröckelte aus der Mauer, von den schweren Gleisketten regelrecht aus seiner Position gerissen. Gegen den Lärm des dröhnenden Motors regelrecht lautlos polterte er in die Tiefe.
»Okay, wir sind frei«, informierte der Kommandant die Besatzung, während er sich weit aus seinem Luk lehnte, um ihre Spur nachzuvollziehen. »Weiter zurück. Ja, gut so.«
Irgendwie mussten sie einen anderen Weg finden, um das Fahrzeug weit genug zu ‚kippen‘, damit sie den Feind ordentlich anvisieren konnten. Und am besten war es, wenn sie dabei nicht von der Terrasse stürzten.
Vielleicht gab es in der Nähe eine andere Position, von der aus sich das Ziel besser erfassen ließ.
»In Ordnung, Ves. Das reicht. Wieder anfahren, dann neunzig links.«
Erneut knirschte das Getriebe, wechselte der Gang. Der Motor heulte auf, trieb schwarze Rauchwolken in die Nacht.
Nurin atmete erschöpft aus und ließ sich zurück in seinen Sitz fallen. Wenigstens das war geschafft.
Er hätte sich nicht so deutlich entspannen sollen.
Urplötzlich entschied sich ihr Panzer anders und begann, fürchterlich zu husten. Wie von einem schweren Anfall gebeutelt, schüttelte sich Enforcer eins heftig, bevor er unvermittelt erstarb.
Er hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt dafür aussuchen können.
Jeder imperiale Bürger, der schon einmal unter Druck einen bestimmten Ort erreichen musste, freute sich ungemein, wenn der Maschinengeist des Verkehrsmittels, mit dem er diesen Ort erreichen wollte (sei es nun privater oder öffentlicher Natur) das nicht so sah.
Beim Militär hingegen lag die Problematik ein wenig tiefer. Zusätzlich zu den bereits aus dem zivilen Sektor bekannten Sorgen kam erschwerend hinzu, dass die Besatzung meist nicht nur auf dem Weg irgendwo hin war, sondern gleichzeitig auch noch irgendetwas ausweichen wollte – waren es nun Raketengeschosse, Artilleriegranaten oder wild aus Schützenlöchern sprießende Infanteristen, die mit aerodynamisch optimierten Haftladungen um sich warfen.
Verweigerte der Maschinengeist in einem solchen Moment die Mitarbeit – und gelang es der Besatzung in der Folge nicht, das Fahrzeug wieder in Gang zu setzen – dann kamen die Soldaten nicht nur unweigerlich zu spät zu ihrem Auftrag oder Treffpunkt, sondern vor allem auch recht schnell ins Elysium des Imperators.
Dass das die Schuld des Maschinengeistes war, interessierte hinterher niemanden. Ob sich die glorifizierte Seele von Enforcer eins dieser Tatsache entweder nicht bewusst war oder ihre Rolle als graue Eminenz der Jagdpanzerbesatzung einfach nicht akzeptieren wollte, ließ sich leider nicht klären.
Ein menschlicher Soldat wäre für solch ein Verhalten erschossen worden.
Noch bevor Nurin reagieren konnte, den Schreck über die urplötzliche Aufsässigkeit des Kampffahrzeugs überwunden hatte, war Ves bereits dazu übergegangen, das schwere Panzertriebwerk neu zu starten. »Geist der Maschine, thronverdammt, beweg dich!«
Das dröhnende Wummern von Fehlzündungen brach durch die nach Metall, Ozon und Promethium stinkende Luft im Innern des Jagdpanzers. Mechanisches Wimmern ließ das Fahrzeug zittern, wehleidiges Klagen, mit dem der Motor die Stille zu überbrücken versuchte, bevor er schließlich vollständig verstummte – und auch nicht wieder einsetzte.
Redek löste sich von seinem Beobachtungsperiskop, hinter dem er die gesamte Fahrt über regelrecht geklebt hatte, nur um aufmerksam in die hallende Stille zu lauschen. Schließlich wandte er sich seinem Kommandanten zu. »Das ist jetzt nicht wahr, oder?«
Ohne das jaulende Dröhnen des Panzertriebwerks und der vielfältigen Geräusche, die ein Kampffahrzeug während der Fahrt produzierte, klang die Stimme ungewöhnlich laut, ja fast schmerzhaft.
Nurin ließ einen flüchtigen Blick zu seinem Stellvertreter gleiten, dann richtete sich seine Aufmerksamkeit auf den Mann, der am Ehesten verstanden hätte, was den Maschinengeist des Jagdpanzers berührte.
»Kommandant an …« Nurin hatte gerade damit begonnen, seinen Spruch ins Funkgerät abzusetzen, da ging ihm auf, dass ohne Motor auch kein Strom für die interne Kommunikation zur Verfügung stand. Allerdings machte das im Augenblick auch keinen Unterschied. Die Stille in dem Panzer griff so verzweifelt nach jedem Wort, dass man sich fühlte, als würde jeder einzelne Satz in die Stratosphäre des Planeten geschleudert und über sämtliche Kontinente verteilt. Wütend riss sich der Panzerkommandant die Kopfhörer vom Haupt. »Thronverdammt, Ves, was ist los?«
»Tut mir leid, Sir«; erhielt er zur Antwort. »Vorerst fahren wir nirgendwo mehr hin.«
Die Platzverhältnisse im Fahrzeug und die Sitzpositionen der Mannschaft ließen die Worte des Panzerfahrers dumpf und leicht verzerrt klingen.
»Das habe ich gemerkt«, stellte Nurin gestresst fest. » Aber aus welchem Grund?«
»Wenn ich den wüsste, hätte ich etwas dagegen getan.«
Nurin schürzte die Lippen, wenig angetan von der Antwort des Fahrers. »Redek, bitte treten Sie einmal nach Ves«, gab er die Anweisung und deutete in Richtung des Fahrersitzes, dessen Rückenlehne durch die zwei Millimeter dicken Schirmwände des komplizierten Richt- und Schwenksystems der Hauptwaffe für die die Stiefel des Kommandanten unerreichbar wurde.
Er selbst hätte sich aufschwingen und aus dem Fahrzeug steigen müssen, um über eine der seitlichen Ausstiegsluken wieder ins Fahrzeug zu klettern und so seinem Fahrer direkt ins Gesicht zu langen.
Er brauchte nicht zu erwähnen, dass dafür im Augenblick weder die Zeit, noch die Möglichkeit zur Verfügung stand.
Allerdings, das ging ihm beinahe zeitgleich auf, erging es dem Richtschützen nicht besser. Er hätte wie eine Schlange nach vorne aus seinem Sitz gleiten, sich einen schmalen Zwischenraum neben dem Generator entlangzwängen und schließlich über eine noch schmalere Lücke unter dem Geschütz auf Ves‘ Seite wechseln müssen. Dann noch den Fuß zu heben, dem Fahrer in die Seite zu treten und sich auf den Rückweg machen, das wollte Nurin dem Richtschützen doch nicht zumuten.
Redek indes dachte bereits weiter. »Ich würde ja gerne«, gab er leise zu verstehen.
Sein Kommandant nickte gutheißend. »Vergessen Sie es einfach.«
»Das war’s«, gab der Fahrer vor ihnen mit beinahe Stolz anmutender Stimme bekannt, »Enforcer eins macht jetzt Pause.«
Redek sah zu seinem Kommandanten. »Bitte sagen Sie mir, dass wir nicht ausbooten müssen.«
Mit einem Wink gebot Nurin dem zweiten Mann der Besatzung, still zu sein und abzuwarten. Er lehnte sich vor. »Können Sie es wieder hinbiegen?«
»Wenn es ein kleines Problem ist, ja. Aber wenn ich an die Staubfilter muss oder der Motor ausgesetzt hat, nein. Das müssten Maschinenseher erledigen.«
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, das Fahrzeug zumindest zeitweise wieder in Betrieb zu nehmen?«, wollte Nurin, in dessen Kopf das warnende Gesicht Colonel Ekkos aufbegehrte, wissen.
Ves schwieg eine Weile. Als er schließlich antwortete, klang in seiner seltsam tonlosen Stimme echte Ratlosigkeit mit. »Hat jemand geweihtes Maschinenöl dabei?«
Deses Mal erhielt der Panzerkommandant keine Möglichkeit, seinen Fahrer für die Bemerkung zu schelten. Der Richtschütze war schneller. »Natürlich«, zischte Redek. »In meiner rechten Drillichtasche. Beim Thron, Ves, was denken Sie eigentlich?«
»Tja, was soll ich machen?«, schnodderte der andere Desposianer. »Wenn Sie meinen, dass Sie den Maschinengeist widererweckt kriegen, dann können wir ja die Plätze tauschen.«
»Regen Sie sich ab, Ves«, schoss Nurin dazwischen. »Das bringt uns auch nicht weiter.«
Er lehnte sich in seinem Sitz zurück und kniff sich in den Nasenrücken. Das Leder des Sitzes knirschte.
»Hm«, brummte der Richtschütze. »Und was machen wir nun?«
Es war Ves, der nach einer Weile des Schweigens darauf antwortete. »Hat jemand Karten?«
Die Anspannung löste sich ein wenig. Tatsächlich begannen erst Redek, dann auch Nurin und Ves über die Bemerkung des Fahrers zu lachen. Eine absurde Situation, wenn nicht sogar lächerlich. Ein Jagdpanzer, der Scharfschütze unter den imperialen Kettenfahrzeugen, bewegungsunfähig in einer der wohl denkbar ungünstigsten Positionen, gut sichtbar über den eigenen Reihen, aber unfähig, die denkbar notwenige Unterstützung für die verbündeten Truppen im feindlichen Hinterland zu leisten. Der Gedanke war fast so entsetzlich wie ein Nah- und Kurvenkampf mit orkischen Pikk-Ups, eben jener Art von Gefährten, denen ein turmloser Kasemattpanzer besser nicht zu nahe kam.
Es wirkte wie ein böser Traum, klang wie ein schlechter Witz und war dennoch nicht weniger als bittere Wahrheit.
Draußen erklang das scharfe Jaulen des Triebwerks von Enforcer zwo.
Nurin seufzte, dann hob er sich erneut, die Kopfhörer lediglich um den Hals gelegt.
Als er aus seiner Luke glitt, stand Enforcer zwo bereits neben ihnen. Lieutenant Rand blickte recht interessiert zu dem ausgefallenen Kampffahrzeug herüber.
Sein Vorgesetzter deutete einen durchgeschnittenen Hals an, machte ihm klar, dass sie zum Kommunizieren vollkommene Ruhe benötigten.
Rand verstand. Mit einem kurzen Befehl in sein Kehlkopfmikrofon ordnete er das Abschalten des Triebwerks an.
Würgend erstarb der Motor des zweiten Destroyers.
»Ein ganz tolles Feuerwerk, das Sie da veranstaltet haben, Boss«, stellte der Lieutenant fest. »Das gibt bestimmt Maschinengeist am Spieß.«
»Ach, thronverdammt«, zischte der Kommandant und warf einen Blick auf den hinter ihm liegenden Motor. Es ließ sich in der Dunkelheit nichts erkennen. »Dass uns das Ding gerade jetzt im Stich lassen muss.« Er meinte den Maschinengeist.
»Die Temperaturen und das Einsatzpensum bei gleichzeitig ungenügender Wartung fordern nun einmal ihren Tribut, Boss«, erinnerte der andere Desposianer ihn. Nurin fühlte sich auf seltsame Weise belehrt.
»Ja, das ist wohl wahr«, erwiderte er, bevor er zum eigentlichen Punkt kam, den es zu besprechen galt. »Hören Sie zu, Rand: Aus dieser Position ist das Ziel nicht zu erfassen. Wir sind dafür zu hoch. Das Geschütz lässt sich nicht tiefer richten.«
»Und näher an die Begrenzung der Terrasse zu fahren, ist auch keine Option«, gab der Lieutenant zu bedenken.
»Stimmt. Ich glaube nicht, dass die Wand zweiundfünfzig Tonnen für lange Zeit aushält«, stimmte Nurin zu.
»Und wie verfahren wir jetzt?«, erkundigte sich Rand.
Sein Vorgesetzter seufzte und kratzte sich am Kopf. Im Stillen verfluchte er sich. Er hätte von Anfang an auf seine Intuition hören sollen, anstatt Colonel Ekkos wilden Phantasien zu lauschen. Das war eine Aufgabe für einen Infanteristen, nicht für einen Panzer. Enforcer eins war tot. Zumindest vorerst. Gelang es nicht, das Triebwerk wieder in Gang zu setzen, würden sie die Maschine vermutlich sprengen müssen. Eine Aussicht, die Nurin nicht nur nicht behagte. Nein. Sie bereitete ihm schreckliche Schmerzen. Enforcer eins zu verlieren, das bedeutete nicht einfach den Verlust eines Fahrzeugs. Es war mehr, als würde er seine Heimat verlieren. Alles, was ihn an Desposia erinnerte. All das, was ihm noch blieb.
Und dann auch noch Enforcer zwo riskieren, das würde er sich und seinen Männern nicht zumuten. Wem hätte er das erklären sollen? Der Destroyer stellte eine zu wertvolle Ressource dar.
Nein. Das ergab keinen Sinn.
»Wir brechen das hier ab«, entschied er. »Das hat keinen Sinn. Soll die Infanterie das erledigen. Melden Sie die Entscheidung sobald möglich weiter, sodass die Kasrkin informiert sind. Danach gehen Sie zurück in die Ausgangsstellung.«
»Ja, verstanden.« Rand dachte kurz nach. »Und was machen Sie jetzt?«
Nurin stieß entnervt Luft aus. »Wir? Wir werden jetzt hier sitzen bleiben und warten, dass wir von irgendwem Almosen erhalten.«
»Ein Krüppel steht am Wegesrand …«, begann der Lieutenant ein altes Gedicht zu zitieren, das auf Desposia sehr bekannt war.
»Wenigstens haben wir ein Dach über dem Kopf«, unterbrach ihn Nurin, bereits ins Innere seines Gefährts abtauchend. Kurz stockte er, zog sich erneut in die Höhe und rief dem Lieutenant noch einen letzten Auftrag zu, bevor sie durch das Dröhnen des zweiten Jagdpanzers wie durch eine atmosphärische Störung getrennt wurden:
»Und informieren Sie bitte die Maschinenseher. Wir könnten hier etwas Hilfe gebrauchen.«


***

Sekunden der Anspannung kamen … und gingen vorüber. Kein Licht strahlte wie der Zorn des Imperators kerzengerade aus dem Nichts in die Reihen des Orks. Kein sattes Krachen erschütterte die Umwelt, begleitete das unrühmliche Ende des gegnerischen Armeeführers zu etwas, das man wohl am ehesten mit dem Ergebnis schlechter Kochkünste gleichsetzen konnte.
Die Welt um sie herum verharrte in Stille.
»Ich sehe nichts«, merkte Tall unnötigerweise an. »Haben sie bereits geschossen?«
Krood neben ihm schoss ihm einen knappen Blick zu. »Sinken Sie nicht auf das Niveau der Normalen herab, Tall. Natürlich haben die noch nicht geschossen.«
»Aber worauf warten die dann?«, wollte der Beobachter wissen.
Die Antwort auf diese Frage kam von Cedd, der hinter ihnen lag und ihren Rücken deckte. »Es sind Normale, Tall. Die sind immer etwas langsamer.«
»Aber er hat schon recht«, muss ihr Truppführer zugeben. »Sie lassen sich wirklich viel Zeit.«
Er zögerte kurz, dachte über seine nächsten Schritte nach. Wenn er sich dazu hinreißen ließ, eine erneute Kommunikation mit der Gegensprechstelle aufzubauen, bestand die Chance, dass man ihn anpeilen konnte.
Zwar schien es unwahrscheinlich, dass die Orks über die Fähigkeit zur Kreuzpeilung von Funksprüchen verfügten, aber ganz sicher konnte sich Krood dabei nicht sein. Allerdings sah er keine andere Möglichkeit, den Ablauf der Aktion zu verifizieren.
Kurzentschloss aktivierte er das Sprechgerät an seiner Panzerung. »Äh … Pfeil, hier Nadel. Bestätigten Sie eingefädelten Faden und einsatzbereites Spinnrad, kommen.«
Die Antwort ließ einen Moment auf sich warten. »Negativ. Spinnrad defekt«, erklang eine Stimme, von atmosphärischem Knistern teilweise überlagert, in Gren Kroods Kopfhörern. »Können nicht stricken
Im stroboskopartigen Flackern der fernen Explosionen sah der Elite-Sergeant ein langgezogenes, weißes Dampfwölkchen neben sich aufsteigen. Es war Tall, der genau wie Cedd den Funkverkehr verfolgte und der sich gerade seine eigenen Gedanken zur Situation machte.
»Ich wiederhole: Wir können nicht stricken. Ihr Auftritt, Nadel. Stechen Sie zu
Die Worte klangen recht vorsichtig vorgetragen, als würde der Sprecher peinlich genau darauf achten, dass den taktischen Sprechregeln ausbildungsgetreue Gewissenhaftigkeit beigemessen wurde. Als wenn irgendein Ork jemals verstanden hätte, worüber sie eigentlich sprachen.
Cedd hinter ihnen ließ ein schwaches Grunzen ertönen. »Das ist Wahnsinn.«
»Tz«, antwortete der Kasrkin-Sergeant. »Wahnsinn?« Er grinste freundlos. »Das ist Ekko.«
Thronverdammte Vollidioten. Hätte der Colonel nicht auf dieser Idiotie bestanden, dann wäre der Auftrag längst erledigt gewesen. Das Risiko eines Zielverlustes hätte minimiert werden können und der bisher geheimgehaltene, wenn auch sehr gepriesene zweite Teil von Ekkos Plan befände sich bereits in der Umsetzung. Eine unnötige und gefährliche Verzögerung. Hoffentlich waren die Verantwortlichen einen Berghang herabgestürzt. Am liebsten hätte er sie die Klippe vor sich heruntergetreten – so, wie es einem wahren Krieger gebührte.
»Nun gut«, brummte er stattdessen und ließ seine Augen zum Nebenmann schweifen. »Dann also nach Plan B.« Plan B wie … Beschuss mit einem Scharfschützengewehr.
Tall erwiderte den Blick, bevor er die Schultern zuckte.
Für einige Sekunden lang schwiegen sie, bereiteten sich mental auf die Abarbeitung der Kontrollliste vor, die ihnen vor Abgabe des ersten Schusses bevorstand.
Krood korrigierte den Sitz der Waffe in seiner Schulter.
Jeder Scharfschütze lernte in seiner Schießausbildung nicht nur den Treffer in das richtige Ziel am Feind zu setzen, sondern auch die fundamentalen Elemente der Schießtechnik und Schießlehre. Wie atme ich richtig? Wie ziele ich richtig? Welche natürlichen Einflüsse muss ich bedenken? Wie erkenne und schätze ich sie richtig ein? All diese Punkte flossen in eine Kontrollliste ein, die der Scharfschütze während seiner Ausbildung verinnerlichte.
Die meisten Scharfschützen, die vor allem gleichzeitig auch Beobachter sein konnten, wurden darauf trainiert, jedes Elemente dieser »Pre-Fire-Checklist« so gut und schnell wie möglich in jeder Situation zitieren zu können, damit auch zwischen einander unbekannten Einheiten keine größeren Schwierigkeiten auftraten.
Krood veränderte schweigend den Sitz der Waffe auf seiner Schulterpanzerung, stemmte sich ein wenig stärker in das großkalibrige Gewehr und justierte die Auflösung des Zielfernrohrs nach.
Zeit, um zu beginnen.
»Entfernung?«
»Zwei Komma fünf Kilometer«, meldete Tall, nachdem er die Distanz mit seinem Entfernungsmesser kontrolliert hatte. Natürlich hatte der Elitesoldat die Distanz bereits auf gut anderthalb Meter genau geschätzt, doch in diesem Fall bot ihm die Technik den nicht zu verleugnenden Vorteil elektronischer Präzision.
»Wind?«
»West-Nordwest, Geschwindigkeit dreizehn pro Stunde.«
»Verstanden«, murmelte Krood abwesend. Wind war bei der Schussabgabe von Projektilwaffen grundsätzlich ein nicht zu unterschätzender Faktor, der (besonders auf weite Entfernungen) gerne die Flugbahn des Geschosses verschob, sodass der Treffer irgendwo neben dem Ziel saß.
Um diese Widrigkeit zu korrigieren, musste man einige grundlegende Faktoren wie Windrichtung und Windgeschwindigkeit beachten.
»Luftfeuchtigkeit und Temperatur?«
»Eins Komma acht Prozent bei drei Grad.«
Auch wenn es den meisten Soldaten nicht bewusst war, selbst Luftfeuchtigkeit und Temperatur gehörten zu den Größen, die eine Geschossflugbahn (besonders auf dermaßen weite Distanzen) beeinflussen konnten.
Besonders auf solche große Reichweiten waren sie ausschlaggebend, Distanzschüssen über immense Entfernungen. Durch die nächtliche Abkühlung der Luft und die dadurch zwischen Wüste und Himmel zirkulierenden Windströmungen konnte die Kugel auf Reibungswiderstände treffen, die ihre Geschwindigkeit negativ beeinflussten. Dadurch wiederrum – und in Verbindung mit anderen Einflussfaktoren – konnte sich unter anderem ihre Flugbahn destabilisieren, was einen gezielten Treffer schwierig werden ließ.
»Ballistische Kurve?«
Wie sich der Mann und die Frau gegenseitig anzogen, zogen sich auch nichtlebende Körper an. Und wie sämtliche nicht gelenkte Geschosse – seien es nun Gegenstände, Projektile oder Raketen – unterlag auch die Munition eines Scharfschützengewehrs dieser galaktischen Konstante, die sich nicht negieren ließ: der Schwerkraft.
Warum das so war, konnte sich Krood nicht erklären. Er wusste es nicht. Doch das war auch nicht wichtig. Wichtig war lediglich zu wissen, dass das Projektil nach einer bestimmten Flugzeit beginnen würde, seine Bahn zu krümmen. Man nannte das ballistische Flugbahn. Um trotz dieser Flugbahn ein bestimmtes Ziel zu treffen, musste man den Abschusswinkel des Geschosses vorberechnen.
Scharfschützen lernten diese Faktoren und ihre Berechnungen bereits auf den PVS-Basislehrgängen für Präzisionsschützen, selbst wenn die Grundlagen in der Realität kaum noch angewandt wurden, geschuldet der Tatsache, dass die meisten imperialen Präzisionsschützen auf Lasertechnologie basierende Gewehre einsetzten. Ein Laser ließ sich nicht krümmen – zumindest nicht auf einem Planeten.
Heutzutage konnte eben jeder wildgewordene imperiale Infanterist ein mit einem Zielfernrohr modifiziertes Lasergewehr in die Hand nehmen und abdrücken.
»Eins Komma acht vier«, riss ihn Tall aus seinen Gedanken.
Krood nickte zur Bestätigung. Langsam ergab sich aus den gesammelten Informationen ein Bild. Schnell rechnete er die Werte im Kopf um, bevor er die Nachjustierung an der Waffe vornahm. »Im Ziel. Vorhalt vier.«
»Im Ziel. Vorhalt vier«, wiederholte der Beobachter. »Feuerfreigabe.«
Feuerfreigabe bestätigt. Die Worte hallten durch Kroods Geist, als er ein letztes Mal das Ziel überprüfte.
Entfernung, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Ballistische Kurve, Vorhalt. Das alles stimmte. Also gut. Er hatte diesen einen Schuss. Vielleicht noch einen zweiten – mit viel Glück – aber mehr auch nicht.
Es hing viel von der Genauigkeit der Messgeräte ab, noch mehr von seinem Können und der Rest von der Gnade des Imperators. Keine wirklich guten Aussichten.
Oh, großer Imperator der Menschheit,
Richte Deinen gütigen Blick auf mich,
Leite meinen Körper als Dein Visier
Und führe meine Kugel,
Auf dass sie die Rüstung Deiner Feinde durchschlage
Und ihre Seelen in die Dunkelheit des Warpraums zurückschleudert.
Amen.
»Feuer. Feuer. Feuer.« Er atmete die Worte aus, hielt für einen Augenblick die Luft an und zog dann den Abzug durch.
Im Bruchteil einer Sekunde flackerte eine neue Sonne in der unwirtlichen Steppe Agos Virgils auf und ließ die drei Kasrkin dabei als hell erleuchtete Schatten auf dem Wüstenboden sichtbar werden. Krachender Donner brach in den Gefechtslärm, der die umkämpfte Kathedrale wie ein Schild bedeckte und hallte in die Unendlichkeit fort.
Glücklicherweise war es Nacht, denn am Tag hätte man die Stellung noch länger kilometerweit gesehen, als das Scharfschützengewehr die riesige Patrone ausspie und die Schützen in einer sich explosionsartig ausbreitende Staubwolke zurückließ.
Mit einem gewaltigen Satz sprang die Waffe zurück, zerbarst Kroods Schulterplatte und brach dem Kasrkin die Schulter.
Schmerzerfüllt zuckte er zusammen, zerdrückte einen Schrei der Wut zwischen seinen Zähnen und rollte sich weg.
Während dieser Zeit hatte das Geschoss, das in seiner Form eher an eine mit Stummelflügeln versehene Rakete erinnerte, bereits die Distanz zwischen dem Schützen und seinem Ziel überbrückt.
Genau vier Komma sechs neun Sekunden nach dem Abfeuern, also genau in dem Moment, da Sergeant Krood mit schmerzverzerrtem Gesicht auf seinem Rücken zum Liegen kam, traf die Patrone den Körper von Waaaghboss Grozkaz oberhalb des linken Schlüsselbeins.
Mit ungebändigter Energie durchdrang das Geschoss die grüne Haut des Orkbosses, zertrennte Muskeln und Fleisch, bevor es die Wirbelknochen erreichte.
Die Kraft des Sprengkopfes war eigentlich dafür gedacht, leichter gepanzerte Fahrzeuge mit nur einem Schuss auszuschalten und demnach hätte es der Waffe gereicht, die Grünhaut einfach nur zu durchschlagen.
Aber wie bei vielen brachialen Gefechtswaffen gaben sich die Details nicht mit dem Grundkonzept zufrieden.
So kam es, dass der Aufschlagzünder beim Kontakt mit den harten Knochen des Xeno für den Bruchteil eines Augenblicks so stark belastet wurde, dass er die im Sprengkopf befindliche Zündkapsel auslöste.
Einen hundertstel Herzschlag später zerplatzte der oberere Rumpf des Waaaghbosses in einer mächtigen Fontäne grünlichen Orkbluts wie eine überreife Wassermelone und versprühte stinkende Innereien in einem Umkreis von gut zwanzig Metern auf die umstehenden Orks.
»Volltreffer«, rief Tall aus.
Cedd, der das Scharfschützengewehr von seinem Sergeant übernommen hatte und die nun folgende Szenerie beobachten konnte, lächelte dünn. »Guter Schuss. Der ist hin.«
Krood nickte schmerzerfüllt, während er sich den zerstörten Arm hielt. »Das sollte uns etwas Zeit geben.« Direkt an seine Grenadiere gerichtet fuhr er fort: »Bereitmachen zum Abmarsch. Wollen wir hoffen, dass noch jemand da ist, um uns in Empfang zu nehmen.«
 

es_war_einmal

Testspieler
23 November 2010
123
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6.511
Nürnberg
Wie jetzt?
Die Normalen sind ja soooo langsam und so doof .... etc und dann nicht mal Headshot?
Jedenfalls klingt die Beschreibung des Gewehrs nach der idealen Goblin-Waffe. Viel Dakka Dakka und natürliche Auslese der Schützen - Egal ob man trifft oder nicht.

Lösungsvorschlag zum "Der Lauf meines Panzers ist zu hoch"
1. Tieferlegen
2. mit Panzer 2 die Terrasse wegschießen :) Quasi Ekko-Style
3. "Sie haben Probleme mit der Positionierung ihres Laufs? Verwenden sie ihren MakeupSpiegel um den Laser umzulenken!" :) Ekko Eingebung
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
7.761
www.fanfiktion.de
Wie jetzt?
Die Normalen sind ja soooo langsam und so doof .... etc und dann nicht mal Headshot?
Jedenfalls klingt die Beschreibung des Gewehrs nach der idealen Goblin-Waffe. Viel Dakka Dakka und natürliche Auslese der Schützen - Egal ob man trifft oder nicht.

Lösungsvorschlag zum "Der Lauf meines Panzers ist zu hoch"
1. Tieferlegen
2. mit Panzer 2 die Terrasse wegschießen :) Quasi Ekko-Style
3. "Sie haben Probleme mit der Positionierung ihres Laufs? Verwenden sie ihren MakeupSpiegel um den Laser umzulenken!" :) Ekko Eingebung

Hoi Hoi,

Na ja - das ist ungefähr so, als wenn du mit einem .50ger Kaliber versuchen würdest, auf ein Ziel von der Größe einer Melone anzulegen - ab 1200 Meter wird das auch schwierig. Es ist nun einmal nach wie vor ein Geschoss, kein Laser (ja, auch flügelstabilisierte Geschosse bleiben Geschosse). Das Geschoss wird durch verschiedene Bedingungen beeinflusst. Und auf 2,5 Km hämmerst du (vor allem bei einem solch großen Kaliber), am ehesten auf den Körper der Bestie. Geschoss und Wucht sind groß genug, um den Feind zu durchschlagen. Von daher würde ich nicht unbedingt sagen, dass die Zielanweisung, statt dem Kopf den Hals zu durchschlagen, im Gegensatz zur Effizienz der Kasrkin steht.
Sie belegt sie in meinen Augen eher, da sie kein Risiko bei der Eliminierung des Gegners eingehen, sondern ihn klar und zielgerichtet ausschalten.

Zum Panzer: Tieferlegen? Hui - das wird schwierig. Die Kiste hat nur 45 cm Bodenfreiheit. Vermutlich wäre es klüger, einen hydralisch verschiebbaren Rumpf zu erstellen, den man nach Belieben heben und senken kann. Auch die Terrasse wegzuschießen ist keine Lösung - wir reden hier nicht von der üblichen Wohnungsterrasse, sondern eher einem Gelände, das an Weinanbauterrassen erinnert - nur noch größer.

Die Sache mit dem Spiegel allerdings - haha - die gefällt mir. Das wäre echt mal ein cooler Schachzug gewesen.


Liebe Grüße:

Sista
 

Duniash

Testspieler
10 Februar 2012
173
1
5.966
Salve Sister

Freue mich das es weiter geht mit ekkos plan :)

Ich dachte mir bei der kalibrierung des jagdpanzers: trifft er oder nicht? Oder wird er noch zerstört oder geht die mühle einfach ein?? Als es dann passierte war ich dennoch überrascht, mir ist quasi das herz in die hose gerutscht, ich sah die Kaserkrin schon fersengeld geben XD

Aja und wo verdammt sind die A-Bomben hin? Habe ich was überlesen bzw vergessen?

Haha ich bin ganz aus dem häuschen XD

Schöne zwei teile, das carrick immer mehr daran zweifelt ob sein colonel noch ganz erleuchtet ist hat mich auch überrascht

Mfg

Duniash
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
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www.fanfiktion.de
Hallo, Liebe Stargazer-Leser,

Ho ho ho! Ja, Sista, die alte Hex‘ hat nichts zu Weihnachten verschickt. Tja, es gibt Leute, die auch an Weihnachten arbeiten. Colonel Ekko zum Beispiel.

Ich hoffe, ihr hattet dennoch ein schönes Fest!

Na ja, hier mein verspätetes Weihnachtspräsent: Kapitel 46!

Viel Spaß beim Lesen.


46
Die Anzahl der auf den glühenden Schutzschild trommelnden Geschosse hatte merklich abgenommen, als Carrick mit seinen Begleitern auf den Vorhof der Kathedrale trat.
Aus dem konstanten Hintergrunddröhnen, deren einzelne Salven sich lediglich durch auf- und abschwellendes Wummern voneinander unterscheiden ließen, war wieder ein unregelmäßiger Beschuss geworden, dessen Granaten teilweise durch das Geräusch ihres Heranrauschens lokalisiert werden konnten.
Verwirrte Soldaten und Zivilisten blickten auf und starrten in den Himmel. Sie waren inzwischen zu apathisch, um ihrer Verwunderung auf andere Weise Ausdruck zu verleihen.
Aber war das wirklich nötig?
Die Erleichterung darüber, dass der tödliche Regen aus Stahl nachließ, lag in der Luft wie ein süßlicher, Ruhe verheißender Duft.
Auch Carrick konnte nicht umhin, von der Welle plötzlicher Entspannung zu trinken, tief einzuatmen und den über der Kathedralenstadt wabernden Mix aus Fyzelen, Kordit und Promethium auf sich wirken zu lassen, ohne ihm die Bedeutung zuzumessen, die ihm eigentlich gebührte.
Dafür gab es eine Sache, die ihm deutlich zu sehr stank. Wobei der Begriff »Stinken« in diesem Zusammenhang wohl noch eine maßlose Untertreibung darstellte und wohl eher für dieses Odeur der Schlacht hätte Verwendung finden sollen.
Das Thema, das ihn beschäftigte, gehörte einer vollkommen anderen Kategorie an.
»Mistkerl«, zischte er in Balgors Richtung, als der ihm nach auf aus dem gewaltigen Bau der Himmels-Kathedrale trat. »Dieser elende Mistkerl. Was denkt er, wer er ist?«
»Wir reden immer noch von Colonel Ekko«, erinnerte der Captain ihn. »Ich denke, damit erübrigt sich jede Frage in diese Richtung, oder?«
»Verarschen Sie mich nicht!«, schoss der Zeigefinger des hochgewachsenen Majors in Richtung des rangniederen Offiziers. »Ich lasse nicht mit mir spielen. Und mit meinen Truppen gewiss auch nicht. Selbst von einem Vorgesetzten nicht.«
»Ich widerspreche ungern, Sir. Ich stimme Ihnen voll und ganz zu«, bestätigte der dunkelhaarige Basteter die Aussage des stellvertretenden Regimentskommandeurs. »Aber ich denke nicht, dass das für Colonel Ekko ein Spiel ist. Er hat einen Plan, Sir.«
»Colonel Ekko und seine Pläne!«, zischte der Major, bevor er sich Nedor zuwandte, der erwartungsvoll an ihre Seite getreten war. »Was?!«, herrschte er den Unteroffizier an.
Der versteifte sich merklich. »Benötigen Sie meine Soldaten und mich noch, Sir?«
Carrick starrte ihn verständnislos an. Seine sorgsam ausgearbeitete Gedankenkette aus Aktionen und Reaktionen der Wut, durchstoßen von der vollkommen dem Konzept entfallenen Frage, begann zu bröckeln.
Balgor übernahm die Antwort, wenn auch nicht weniger harsch. »Nein. Gute Arbeit.« Mit einem Wink verscheuchte der Captain den Untergebenen. Der versteifte sich noch ein Stück mehr, dann nickte er und wandte sich ab, seinen Soldaten signalisierend, ihm zu folgen.
Einen militärischen Salut unterließ er. Es hätte in diesem Augenblick eh niemanden interessiert.
»Was machen wir jetzt?«, fragte der dunkelhaarige Captain und strich sich durch seinen Bart, während er den Abzug Nedors und seiner Soldaten verfolgte.
»Colonel Ekko zur Rede stellen«, entschied Carrick. »Folgen Sie mir.« Dann wandte er sich ab und marschierte schnellen Schrittes in Richtung des improvisierten Landeplatzes vor dem Gemäuer der Kathedrale.
Balgor, der hinter ihm herging, bemerkte überrascht, dass er dabei eine Aura verströmte, die sämtliche auf dem Vorplatz der Kathedrale befindlichen Personen – Militärs, Administraten und Zivilisten – aus seinem Weg weichen ließ.
Verstohlene Blicke folgten den beiden Männern, Überraschung ob der sichtlich zur Schau getragenen Wut, die sich ihren Weg durch die Erleichterung bahnte.
Jedoch gab es ein Wesen in diesem Chaos, das sich vollkommen unbeeindruckt von der aggressiven Energie des großen Basteters zeigte: Die Walküre, die sie eigentlich zurück auf das Dach der Himmels-Kathedrale hätte bringen sollen.
Adepten und Maschinenseher umringten den metallenen Vogel, kletterten auf seinem ehernen Körper umher und summten Litaneien der Technik.
Die beiden Piloten des Sturmtransporters saßen auf einer Munitionskiste nicht weit entfernt des improvisierten Landeplatzes und beobachteten das Treiben, selbst ein wenig ratlos.
»Hey!«, fuhr Carrick sie an, während er auf sie zustürmte. »Was soll das?!« Ein Satz, welcher sich in letzter Zeit verdächtig oft über seine Lippen stahl.
Die Männer sprangen auf.
»Tut mir leid, Sir«, erklärte der Pilot und wies auf seine flügellahme Maschine. »Der Maschinengeist verweigert die Funktion.«
»Was ist los?«, bellte Carrick ihn an.
Der Pilot sah seinen WSO hilfesuchend an. Doch der konnte auch nicht mehr, als seinem sich gerade in Rage laufenden Vorgesetzten entgegenzutreten. »Wir haben einen … Triebwerksschaden.«
»Was soll das bedeuten?«
»Wir …« Wieder versuchte der Pilot, dem Major die Lage zu erklären, wurde jedoch sofort unterbrochen.
»Soll das heißen, ich sitze hier am Boden fest, während der Krieg da draußen weiterläuft?! Während da oben der Wahnsinn grassiert?« Carrick deutete auf die Spitze des sie weit überragenden Kathedralenturms. »Was glauben Sie, wer Sie sind?!«
»Ich …«
»Major«, warf Balgor ein, nur um den Zorn des anderen Basteters auf sich zu ziehen.
»Was?!« Carrick setzte gerade an, den Captain unter ein verbales Artilleriebombardement zu nehmen, vor dem selbst ein Ork überrascht zurückgewichen wäre, wurde jedoch noch vor der Initiation von diesem mit einer ruhigen Geste an einen Neunankömmling verwiesen, dessen bodenlange Robe einen nur noch halbmenschlichen Körper verbarg.
Atem rasselte metallisch durch ein Gitter, das seinen Mund ersetzte. »Gibt es einen Grund, dass Sie sich auf derartige Weise erregen?«, wollte der Ankömmling wissen.
»Ja, in der Tat«, gab der blonde Mann zurück, dessen sonst sehr angenehme Stimme überhaupt nicht mehr angenehm klang. »Ich habe einen Auftrag, und den kann ich nicht erfüllen, wenn Sie meine Maschine besetzen.«
»Major«, berichtigte ihn den Techpriester und hob beschwichtigend die mit einem goldenen Saum versehenen Ärmel seines langen Gewands, »diese Walküre gehört dem Adeptus Mechanicus, verliehen an das Administratum Munitorium. Weder Sie, noch irgendjemand sonst, hat das Recht, dieses Wunderwerk des Maschinengottes als sein Eigen zu betrachten.«
Zu Stahl verhärtete Augen wurden aufgerissen, ein Mund öffnete sich zu einer wilden Erwiderung, konnte jedoch keine Worte hervorbringen.
»Daher ist es auch gar nicht nötig, sich mit verbalen Ausbrüchen gegenüber dem Geist der Maschine zu äußern. Das beunruhigt und verstimmt ihn nur«, fuhr der Halbmensch erklärend fort.
»Wann?«, wollte Carrick, den dieses ruhige, rationale Niederschmettern seiner Überlegenheit vollkommen perplex zurückließ.
»Nur der Omnissiah weiß, wann der Maschinengeist zu neuem Leben erweckt wird.«
Ein Augenblick seltsamer Ruhe folgte. Auf dem Schild der Kathedrale kochten zerplatzende Artilleriegeschosse, in seinem Innern Major Carrick.
»Gut«, zischte er schließlich. »Wir sprechen uns noch.«
Der Maschinenseher, offensichtlich vollkommen immun gegenüber Drohung, neigte seinen Kopf in einer respektvollen Geste. »Ich würde mich freuen, Major.«
Eine häretische Verwünschung von Seiten des Basteters folgte, glücklicherweise so gemurmelt, dass ihm niemand einen Strick daraus drehen konnte, dann wandte er sich ab. »Kommen Sie mit«, befahl er, an Balgor gerichtet.
Mit derselben Geschwindigkeit, mit der sie die Walküre angesteuert hatten, marschierten sie zurück in Richtung der gewaltigen Kathedrale.
»Sie könnten auch einfach das nächste Funkgerät verwenden«, schlug der Captain vor. Damit lag er gar nicht so falsch. Mit einem der Funkgeräte hätte der stellvertretende Regimentskommandeur in Windeseile eine Verbindung zu seinem Vorgesetzten aufbauen können, ohne sich irgendwelchen Strapazen aussetzen zu müssen.
Der Major jedoch hatte anderes im Sinn.
»Nein«, widersprach er kurz angebunden. »Ich werde ihm keine Bühne bereiten, auf der er sich öffentlich profilieren kann. Das hier soll er mir persönlich sagen. Ins Gesicht.«
»Was haben Sie jetzt vor?«, erkundigte sich Balgor, der bereits nach kurzer Zeit in einen leichten Trab verfallen musste, um mit dem anderen Offizier mitzuhalten.
Carrick wandte sich um, fixierte den Captain, dann wies er auf die sie hoch überragende Felsnadel, die von einer geschlossenen Treppe umlaufen wurde. »Die Walküre kann nicht fliegen? Also gut. Dann eben zu Fuß.«
»Da hoch?« Balgor lehnte sich weit zurück und blickte die Fassade der gewaltigen Kathedrale hinauf. »Aaaah, nein«, entschied er, als sein Rückgrat der Belastung zum Opfer zu fallen drohte.
Carrick wandte sich um. »Bitte, was?, fragte er mit mühsam zurückgehaltener Aggression in der Stimme.
»Ich bin zwar wütend«, erklärte der dunkelhaarige Basteter. »Aber so wütend dann doch nicht. Ich warte auf den Aufzug.«
Da war er wieder, dieser seltsame Moment der Stille, den lediglich das dröhnende Krachen explodierender Granaten auf dem Schutzschild füllte.
Die beiden Männer maßen ihre Blicke, rangen stumm um die Vorherrschaft ihrer Vorhaben, was natürlich der Stellung nach zu keiner Diskussion hätte führen dürfen.
Doch irgendwie ging keinem von beiden auf, dass die ganze Angelegenheit durch einen einfachen Abgleich ihrer Ränge geklärt gewesen wäre.
Stattdessen starrten sie einander an, unwillig, auch nur einen Zentimeter von ihrem Standpunkt abzurücken.
Über ihnen explodierten Artilleriegeschosse, ließen den Schutzschild der Kathedrale in seltsamen Farben aufleuchten. Der Boden bebte.
»Schön«, erwiderte Carrick, dessen Geduld mit fortschreitendem Zeitbedarf des Duells schließlich zuerst zur Neige ging. »Machen Sie, was Sie wollen.« Er wandte sich ab, eilte in das Hauptschiff der Kathedrale zurück.
Der Captain blieb zurück und steckte die Hände in die Taschen. Seine Augen blitzten auf. »Verstanden. Ich gehe dann mal an die Front.«
Es klang seltsam demotiviert.


***

Weit über ihren Köpfen grassierte eine warnende Furcht, das Vorzeichen einer drohenden Apokalypse, das man zwar spürte, aber irgendwie nicht richtig zuordnen konnte.
Angestrengte Ruhe, durchbrochen von den Meldungen der Gefechtsbeobachter, Befehlen der Zugführer und kurzem Informationsaustausch, beherrschte die Kommandozentrale.
Ein Offizier nahm Eintragungen an einer der Karten vor, die auf dem Projektionstisch des ehemaligen Holoplots lagen.
Ekko lehnte an einer naheliegenden Säule und beobachtete ihn dabei.
Sein Ziel, einen möglichst unspektakulären Tod zu sterben, hatte sich im Laufe der Schlacht auf seltsame Weise gewandelt. Wie bei einem schwindenden Kopfschmerz, von dem man nur noch wusste, dass er einst existierte hatte, schien auch seine Todessehnsucht nur noch ein leises Hintergrundrauschen vor der Hoffnung zu sein, die Überlebenden der Schlacht von Agos Virgil von diesem Planeten zu schaffen.
Sterben konnte er später immer noch. Seine vordringlichste Aufgabe war es nun, seinen Männern das Überleben zu ermöglichen.
Eigentlich hatte er sich einen vollkommen anderen Plan für das Ende dieses Kampfes zurechtgelegt, aber inzwischen war er sich nicht mehr so sicher, ob er diesen Plan überhaupt noch ausführen wollte, ihn ausführen konnte.
Zumindest seit der recht undeutlichen, aber dennoch alles sagenden Meldung Gren Kroods, schien ihm seine bisherige Gedankengrundlage wie ein Verrat seiner eigenen Prinzipien. Haben zugestochen. Schneewittchen schläft jetzt.
Ein professioneller Märchenerzähler hätte sie für die sehr eigenwillige Vermischung zweier Traumgeschichten zum eigenen Zwecke ausgelacht.
Aber wie dem auch war. Nun zählten nur noch die vergifteten Äpfel, die Ekko aus dem Korb seiner Strategie geholt und den Orks vor die Füße geworfen hatte. Äpfel, von denen er hoffte, dass nicht er sie schließlich selbst zu schlucken haben würde.
»Colonel?«, sprach ihn jemand von der Seite an. Es war Gireth.
Überrascht davon, dass er in seinen Gedanken gestört wurde, sah Ekko auf. Seine Überlegungen flatterten davon wie ein Vogel, dessen Käfig gerade zertrümmert worden war. »Was gibt es?«
Der dunkelhäutige Regimentsfunker hielt ein Blatt mit einer selbstgekritzelten Notiz in die Höhe. Im verhältnismäßig schwachen, künstlichen Licht der Kommandozentrale schienen die Buchstaben durch das weiße Papier wie Hieroglyphen, mystische Zeichen auf einem Ring der Verheißung. Ein hallender Schlug erschütterte das Beinhaus; der rollender Donner eines auf dem Schild detonierenden Artilleriegeschosses.
»Meldung der Gefechtsbeobachter: Feindlicher Artilleriebeschuss lässt nach. Druck auf verbliebene Stellungen dislozierter Einheiten hat abgenommen. Kampfmoral der Angreifer scheint zu brechen. Feind löst sich einheitenweise aus der Hauptkampflinie. Grund dafür: Mögliche Dysfunktion der Kommandokette.«
»Sehr gut.« Ekko lächelte nachdenklich.
Gireth sah zu ihm auf. »Sir, was … was bedeutet das alles? Werden wir jetzt sterben?«
»Keine Sorge, Gireth«, versicherte der Colonel »Wir werden nicht sterben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe das Script gelesen.«
»Das Script?«
»Ja. Ich bin fast durch – oder was dachten Sie, weshalb ich in meinem Lieblingsroman über die Imperiale Armee erst auf Seite fünfunddreißig bin?« Er meinte die Tactica Imperialis.
»Ich …« Gireth starrte seinen Vorgesetzen entgeistert an. Er wusste beim besten Willen nicht, was er darauf noch hätte erwidern sollen.
Ekko indes stieß sich locker von seiner Säule ab und schlenderte zum Taktikplot, um einen Blick auf die neuesten Eintragungen zu werfen.
Die Bewegung, welche dadurch im Augenwinkel des am Holotisch stehenden Offiziers entstand, ließ diesen kurz aufblicken. Ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten, machte er ein paar kurze Schritte seitwärts, damit der Festungskommandant über genügend Platz verfügte, seine strategische Ideen über dem Kartenmaterial auszubreiten.
Wortlos dankend nahm der dunkelhaarige Basteter diese Möglichkeit wahr, trat an den Projektionstisch und lehnte sich fast schon müde auf dessen Projektionsfläche. Seine Gedanken hingegen rasten weiterhin wild im Raum umher.
Noch stand eine Mauer zwischen ihm und dem Feind, ein Bollwerk, das zu durchbrechen die Grünhäute einige Zeit in Anspruch nehmen würde.
Man konnte nicht behaupten, dass diese Gnadenfrist ihren zermarterten Seelen genügend Ruhe verschaffen würde, um sich für die letzte Phase der Schlacht entsprechend zu wappnen.
Sie würde lediglich als bedrohliches Schwert über ihnen hängen. Das tiefe Luftholen vor dem Sprung, dessen Zug jeder der Überlebenden im Rücken spürte.
Es stellte lediglich eine Verlängerung ihres Todeskampfes dar. Eine Spanne von Ungewissheit, welche ihn wieder einmal mit den Dämonen seines Gewissens würde kämpfen lassen. Längst waren einige seiner stärksten Prinzipien in den Hintergrund getreten, blockierten seine Entscheidungsfindung und verlangten von ihm, Alternativen zu suchen, wo eine gepflasterte Straße eine sichere Reise verhieß.
Eine Reise zwar, an deren Ende unweigerlich das Elysium des Imperators wartete, aber dennoch eine Reise mit einem erreichbaren Ziel.
Wer wollte schon ewig leben?
Den Tod zu finden, das hatten ihm der Gott-Imperator und seines engste Verbündete, das mächtige Universum, bisher nicht gegönnt. Aber was bedeutete das schon im Angesicht der Qualen, die sie ihm bisher angedeihen ließen?
Es bestand kein Zweifel: Trotz all seiner Versuche, die Kontrolle über die Situation zu behalten, entglitt ihm beides ganz allmählich. Er kam sich vor wie ein Mann, der versuchte, mit einem Besenstiel ein Tor zu versperren, gegen das der Fuß eines Warhound-Titanen trommelte.
Nein, es war schlimmer. Es kam der Lage eines jungen Piloten gleich, der versuchte, seine beschädigte Walküre ohne Schubkontrolle durch einen Gewittersturm auf eine Landeplattform zu navigieren, und dem ganz allmählich aufging, dass sein Landeanflug längst keiner mehr war.
Dass ihn dieser Gedanke erneut den einen oder anderen Flug an Bord imperialer Walküren erleben ließ, deren Flugverhalten bisweilen seiner Lage auf bemerkenswerte Weise ähnelte, half auch nicht gerade dabei, seine Überlegungen zu fokussieren.
Er hatte geglaubt, einen für seine Verhältnisse perfekten Plan in der Hinterhand zu haben und im Fall der Fälle darauf zurückgreifen zu können. Dass ihn den Gott-Imperator gerade jetzt nötigte, Skrupel zu entwickeln, die ihn seine eigenen Prinzipien verraten ließen, kam ihm nicht gerade gelegen.
Der große Plan des Omnissiah sah offensichtlich eine andere Rolle für ihn vor als die des hingebungsvollen Märtyrers.
Also blieb ihm nur, sich irgendwie gegen die Vorhaben des Gott-Imperators aufzulehnen, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Leider ließ sich der große Herr aller Menschen nicht so leicht überraschen wie etwa die Flut von Grünlingen, die draußen vor dem Tor stand.
Nun konnte man auch von Orks nicht behaupten, dass sie allzu leicht zu überrumpeln waren. Wie Wasser nahmen sie jede noch so kleine Hinderung ihres Weges wahr, nur um diese aus dem Weg zu räumen oder sie zu umgehen. Meistens geschah ersteres. Aber das war nicht der Punkt.
Der Punkt war, dass ihm jetzt nur noch ein kleines Zeitfenster blieb, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er musste es so perfekt treffen wie Krood den Boss der Orks erledigt hatte. Ein kurzer, sauberer Schnitt. Ja, so musste es laufen.
Wenn er den Moment verpasste, ihn zu früh kalkulierte oder zu spät, war sein Plan gescheitert. Dann konnten sie nur noch das Haupttor öffnen, vor das Bollwerk ihrer Verteidigung stürmen und hoffen, dass es ihnen gelang, den Feind schneller zu töten, er sich regenerieren konnte. Sie würden alles vernichten müssen. Die ganze Stadt.
Zu groß die Verseuchung durch den Feind. Zu stark die Kontamination mit dessen Überresten.
Er hatte nicht vor, den Xenos diese Möglichkeit zum Sieg zu gewähren, noch dem Gott-Imperator die diebische Freude einzuräumen, sein ganz spezielles Lieblingsopfer bis ans Ende seiner Tage zu quälen.
Er würde sein eigenes kleines Vorhaben durchführen. Eine fast unsichtbare Gemeinheit, deren Wahnsinn methodisch war und die es ihm erlauben würden, den Gott-Imperator zumindest für eine Weile auf seine Seite zu ziehen, um ihren gemeinsamen Feind zu besiegen.
»Sind das die Rückzugsrouten des Feindes?«, erkundigte er sich bei dem anderen Offizier, einem Lieutenant mit brünetten Haaren und einen weich geschnittenen Gesicht.
»Ja, Sir«, erwiderte dieser und deutete mit seinem Finger auf einen Bezirk des ersten Rings, auf dem verschiedene taktische Symbole prangten. »Erkannte Bewegungen des Gegners, festgestellt und gemeldet durch vorgeschobene Beobachter auf dem Schutzwall und verbliebene Einheiten der dislozierten Kampfverbände.«
Natürlich stellten diese Informationen lediglich Papierwerk dar und entsprachen den Geschehnissen der Realität nur in Teilen. Es gab wohl kaum einen imperialen Soldaten, der im Angesicht des Feindes auch nur einen Deut auf das Wissen gegeben hätte, das Ekko geradewegs aus der Karte heraus in die Augen stach.
Selbst das vor den verrammelten Fenstern wütende Artilleriefeuer stellte einen deutlich besseren Indikator der aktuellen Geschehnisse dar als die taktischen Symbole, die Ekko unter anderem zeigten, dass sich eine Xenos-Horde auf dem Rückzug durch den nordwestlichen Stadtsektor befand und offensichtlich noch zwei Züge der vor dem Tor verbliebenen Einheiten aktiv in Kampfhandlungen verwickelt waren.
»M-hm«, brummte der Colonel, kratzte sich am Kopf und musterte die dargestellten Zeichen, die ihm eine ungefähre Feindlage präsentierte. Der holografische Projektor, auf den sie sich vor kurzem noch hatten verlassen können, wäre natürlich deutlich aktueller und vor allem leistungsfähiger gewesen. Aber so wie es aussah, war der Geist des Kommando- und Kontrollgeräts bereits vor geraumer Zeit desertiert und hatte seiner Nutzer ihrem Schicksal überlassen.
Dass er selbst eine Mitschuld an der überstürzten Flucht der Maschinenseele trug, blendete Ekko recht erfolgreich aus. Es hätte ihn sowieso nicht interessiert.
»Gireth«, rief er dem nach wie vor perplexen Funker zu. »Kommen Sie her.«
»Sir?«, eilte dieser an seine Seite.
»Wir haben also noch Trupps vor dem Tor?«
»Ja, Sir. Ein paar wenige Einheiten sind noch aktiv an Kampfhandlungen beteiligt.«
»Haben Sie Papier und Stift?«, erkundigte sich der Colonel, verfolgte, wie sein Untergebener beides aus seiner Drillichtasche zog und schreibbereit auf den Tisch legte, bevor er damit fortfuhr, seine Gedanken zu diktieren.
»Gut«, stelle der Colonel fest. »Schreiben Sie mit: Befehl an alle Zugkommandeure: Kampfaufnahme wenn nötig, Kampfvermeidung wenn möglich. Sobald es die Lage zulässt, sollen sich die Einheiten einen guten Schutz suchen. Keine hohen Gebäude. Am besten etwas sehr Stabiles und gut abgeschirmt. Einen Kellerraum vielleicht oder ein Erdgeschoss. Etwas, von dem aus sie ein hervorragendes Schussfeld haben, sowie eine verlässliche Deckung.«
Eilig kritzelte der dunkelhäutige Funker die Informationen mit einem abgewetzten Bleistift auf seinen kleinen Block, bevor er stirnrunzelnd aufsah. »Und wenn sie fragen, warum?«
Ekko zuckte die Schultern. »Sie werden es brauchen.
»Was haben Sie vor, Colonel?«, fragte der Regimentsfunker. In seiner leicht zitternden Stimme schwang erneut die Frage mit, ob sie nun bald sterben würden.
Zeit für Ekko, wieder auf seinen Wahnsinn zu vertrauen. »Ich will, dass sich die Grünen erst einmal voll und ganz auf sich selbst konzentrieren«, erklärte er mit freudiger Stimme, unterstrich die Worte mit einem kehligen Lachen.
Dass dabei nicht nur Gireth ein eisiger Schauer über den Rücken lief, konnte er nicht sehen. Es hätte ihn aber auch nicht wirklich interessiert.
Mit einem knappen Wink der Hand entließ er den Funker, wies ihn an, die erteilte Aufgabe auszuführen.
Während Gireth sichtlich verunsichert an seinen Platz zurückkehrte, ließ Ekko seinen Blick über das Kartenmaterial schweifen, sah schließlich auf und starrte direkt in das von Boltergeschossen und Laserstrahlen zerfetzte Gesicht einer einstmals steinernen Fratze, die ihn aufmerksam von einer der umliegenden Säulen musterte. Fast schien es, als würde ihn der Gott-Imperator durch die Reste ihrer fein geschlagener Augen ansehen, seinen Blick mit ihm messen und versuchen, in seinen Gedanken zu lesen. Er ließ es nicht zu.
»Jetzt habe ich dich, du Mistkerl«, zischte er dem entstellten Abbild stattdessen entgegen. Wen er wirklich meinte, blieb ungewiss. Vermutlich konnte er es selbst nicht erklären.

****

Ein kräftiger Donnerschlag ließ das Notlazarett erbeben. Im ersten Augenblick fühlte es sich an, als habe das sie umgebende Gemäuer der alten Priorei einen Volltreffer erhalten.
Deutliches Knirschen der steinernen Fassaden war zu vernehmen. Abplatzender Putz rieselte von der Decke.
Für einen Augenblick gingen sogar das Summen der medizinischen Geräte und das Stöhnen der Verwundeten im Hämmern des Echos unter, das durch den großen Raum hallte.
Die Erschöpfung in Marith Calgrows Geist hingegen sorgte dafür, dass die Regimentsärztin erst auf den Knall reagierte, als dieser den Raum bereits durch die leicht geöffnete Tür verlassen hatte und durch die Wandelhalle sowie die anschließenden Teile des Gebäudes tobte.
Apathisch starrte sie von den Krankenblättern auf, über denen sie gerade gebrütet hatte, nur um festzustellen, dass sie die gerade erst gelesenen Worte mit dieser Bewegung aus ihrem Kopf geschüttelt hatte, und diese dem Dröhnen der Explosion nach durch die Tür aus dem Herz der Priorei geeilt waren.
Höchstwahrscheinlich würden sie sich auf dem schnellsten Weg in das mächtige Hauptschiff der Kathedrale begeben, um dort für ihr Seelenheil zu beten.
Für einen Augenblick lang reifte in Marith Calgrows Geist die Vorstellung eines in sauberer Handschrift zu Papier gebrachten Wundbrands, der vor dem ausladenden Hauptaltar der Himmels-Kathedrale auf seine nicht vorhandenen Knie fiel und den Imperator anflehte, ihnen leben zu lassen.
Diese Überlegungen für sich allein genommen konnte bereits als perverse Fantasie eines überreizten Geistes wahrgenommen werden. Doch als die Ärztin bemerkte, wie sie dem Gedanken mit einem deutlich hörbaren: »Nein, du stirbst jetzt!«, antwortete, entschied sie, dass es Zeit war, dem für sie nicht mehr wahrnehmbaren Gestank aus Tod und Verwundung zumindest für eine Weile zu entgehen.
Wortlos erhob sie sich von ihrem kleinen Sitzplatz in der abgeschotteten Nische des Lazaretts, wo vor einigen Tagen noch Colonel Ekko über den Tod dreier Infanteristen gewettert hatte und trat durch den blickdichten Vorhang aus grünen Laken, der leise raschelnd wieder hinter ihr zu schwang.
»Ich werde kurz Luft holen«, wandte sie sich an einen Sanitäter, der gerade damit beschäftigt war, versiegelte Spritzen aus einem Karton in mehrere Bereitschaftsschalen umzuverteilen. In der bürokratischen Manier aller Administrationen, die auch das Officio Medicae von seinen Angestellten verlangte, notierte er dabei jede entnommene Spritze und deren Schicksal auf einem bereitliegenden Vordruck, welcher später seinen Weg in die düsteren Archive eines Medicae-Subsektorhauptquartiers finden würde – vorausgesetzt natürlich, er verbrannte nicht bei der Vernichtung des provisorischen Lazaretts oder teilte ein anderes, für ein Stück Papier schreckliches Schicksal mit den hunderten seiner Leidensgenossen, die sie seit ihrem Eintreffen auf Agos Virgil ausgefüllt hatten.
Der Mann nickte abwesend, bevor er der ersten Karton achtlos vom Tisch wischte, nur um einen neuen aus der Ablage darunter hervorzuholen.
Calgrow nahm die kurze Geste des Mannes als eine Form der Bestätigung und ließ ihn seine Arbeit tun, während sie sich ihren Weg durch das Lazarett bahnte, die Wandelhalle durchquerte und schließlich durch das hölzerne Portal an die frische Luft trat.
Das Grauen im Innern des Lazaretts stellte für sie inzwischen längst nicht mehr da als ein Beiwerk ihrer Arbeit, kaum beachtenswert und dennoch irgendwie stets präsent.
Es ermüdete sie, ließ sie nachts nur schwerlich Schlaf finden und tagsüber erschöpft zum Dienst antreten. Kurzum: Doktor Calgrow erlebte ein Phänomen, das ihr als Kommissarin sicherlich früher oder später den Tod gebracht hätte.
Hätte sie diese Entwicklung während ihrer aktiven Zeit im Kommissariat bei jemand anderen festgestellt, sie hätte ihm die Gnade des Imperators gewährt – sie ihm gewähren müssen. Doch wer erschoss sich schon gerne selbst?
Vor einiger Zeit noch hatte sie dieses Verhalten bei Soldat Rahael beobachtet, jedoch auf das Betreiben von Colonel Ekko nichts gegen den Jungen unternommen. Auf eine nicht näher zu definierende Weise war sie dankbar dafür. Wäre sie in dem Fall konsequent gewesen, man hätte ihr nun Feigheit vorwerfen können. Es wäre nicht einmal gelogen. Und leider kannte Marith Calgrow eine ganz bestimmte Person, die sofort unter diese Kante ihrer Persönlichkeit haken würde. Sie war nicht gewillt, dieser bestimmten Person die Genugtuung zu gönnen, sich ihr gegenüber überlegen zu geben.
Abgespannt trat sie zwischen den hohen Säulen hervor, welche die Priorei umgaben und ließ sich auf eine der aufgeschichteten Sandsackbarrieren sinken, nur um erschrocken aufzufahren.
Eine andere einzelne Person saß, teilweise in Bandagen gehüllt, als schwacher Schemen in der nächtlichen Finsternis vor der provisorischen Schutzmauer, ein glimmendes Lho-Stäbchen im Mundwinkel.
»Lenhim?«, sprach sie den Mann an, als sie näher an ihn herangerückt war und im Licht des umfunktionierten Vorplatzes der Kathedrale sehen konnte, wer dort in Gedanken versunken in den dunklen Himmel hinaufstarrte. »Was machen Sie da?«
»Ich rauche und warte auf den Morgen«, erwiderte der Sergeant mit abwesender Stimme. Seine Hand hob sich wie ein von scharfen Linien umrissener Schatten, deutete auf den von Artillerieexplosionen beleuchteten Schild, der sich weit über ihren Köpfen erhob.
Erste, violette Streifen eines nahenden Tages zogen am Horizont auf, kündeten vom baldigen Ende der ‚langen‘ kurzen Nacht.
Calgrow verstand. Mit einem unterdrückten Ächzen nahm sie an der Seite des Infanteristen Platz.
»Wie geht es Ihrem Trupp?«, fragte sie, nachdem eine Weile lang die Stille um sie herumgetanzt war.
»Das weiß ich nicht, Ma’am. Ich habe lange nichts mehr von ihnen gehört.« Lenhim versuchte gar nicht erst, seine geschädigten Schultern zu zucken. Nur der Imperator wusste, wie es ihm gelang, sich trotz seiner Verwundungen nach wie vor einigermaßen gut bewegen zu können. Seine Schmerzen mussten trotz der fürsorglichen Behandlung überwältigend sein. »Das Letzte, was ich weiß ist, dass sie am Rückzugsgefecht in den zweiten Ring beteiligt waren. Danach verliert sich ihre Spur.«
»Denken Sie, dass sie tot sind?«, erkundigte sich Calgrow und genoss die kalte, von Kordit, Fyzelen und Promethium geschwängerte Luft. Auch wenn es nach wie vor nach dem Toben einer Schlacht stank, so bot ihr der kühlende Luftzug eine willkommene Abwechslung zum Parfüm der Verwesung, das sie seit dem Eintreffen der ersten Sterbenden im Lazarett umwaberte.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte der Sergeant, bevor er sich einen weiteren Zug von seinem Sargnagel genehmigte.
»Und wie geht es Ihnen?«, bohrte die Ärztin weiter.
»Ich werde überleben«, lautete die lakonische Antwort.
Eine schnelle Abfolge hell blitzender Lichter ließ das ganz allmählich heraufziehende Farbenspiel des anstehenden Tages verblassen, floh vor einer Reihe kräftiger Schläge, die über das Umfeld der Kathedrale hinwegtrommelten.
Unwillkürlich zuckte Calgrow zusammen, von den sich langsam regenerierenden Nerven ihres überreizten Körpers vor dem plötzlichen Lärm gewarnt.
Lenhim hingegen schien das farbenprächtige Spektakel auf sich wirken zu lassen. Er zog die Energie, die er zum Wachbleiben benötigte, aus dem Krachen und Donnern, das unablässig versuchte, die Barriere um das menschliche Bauwerk mit seinem überwältigen Schall zu zerschlagen.
»Hätten Sie … hätten Sie vielleicht auch eines für mich?«, fragte die Ärztin und deutete auf das Lho-Stäbchen, das aus seinem Mundwinkel hing und geräuschlos Kringel in die Luft malte.
»Tut mir leid. Das ist mein letztes«, gab er zurück.
»Ich verstehe.«
Über ihnen zerplatzten Artilleriegeschosse. Um sie herum tönte das dumpfe Wummern der Kanonen und Maschinenwaffen, mit denen die Orks die Mauer des zweiten Rings bearbeiteten, sowie das Schreien und Rufen der Soldaten, welche die nicht weit entfernt stehenden Raketenwerfer für eine weitere Salve luden.
Urplötzlich griff Calgrows Sitznachbar nach dem Genussstängel, zog ihn aus seinem Mundwinkel und hielt ihn der Ärztin hin.
Zögernd nahm die Cadianerin den dargebotenen Sargnagel an, fast als fürchte sie, sie könne sich bei einer Berührung mit einer unheilbaren Krankheit infizieren, bevor sie ihn langsam an ihre Lippen führte und einen tiefen Zug nahm.
Es war lange her, dass sie das letzte Mal geraucht hatte, doch sobald sie den ersten, nach geklärter Asche schmeckenden Rauch des Lho-Stäbchens im Mund fühlte, sich seine leicht raue, benebelnde Wirkung in ihrem Rachenraum ausbreitete und sich anschickte, auch den Rest ihres Kopfes zu überfluten, fühlte sie es plötzlich wieder. Ein Gefühl des Glücks und der Erleichterung. Es war nicht so angenehm wie das gewaltige, ekstatische Rauschen, mit dem ihr Geist in der Gefahr höchster Not überflutet wurde, aber dennoch befriedigte es sie. Entspannt blies sie den überflüssigen Rauch durch die Nase aus.
»So macht das nur eine richtige Kennerin«, stellte Lenhim unumwunden fest, während er sie beobachtete.
»Ich weiß«, reichte ihm Calgrow das Mittel ihres Genusses zurück.
Für eine Weile ließen die beiden Sitzenden die Szenerie auf sich wirken, lauschten dem Krachen der Granatexplosionen und beobachteten, wie der Schild immer wieder von zerplatzender Artilleriemunition erleuchtet wurde.
Von Zeit zu Zeit wechselte das Lho-Stäbchen den Besitzer, malte weiterhin fröhliche Kringel in die Luft. Offensichtlich war es sich der Lage nicht bewusst, in der seine Raucher – und es selbst – steckten.
Es war Lenhim, der schließlich das Wort ergriff. Wie hätte er auch wissen sollen, worüber das Lho-Stäbchen mit seinem rapide kleiner werdenden Denkapparat nachgrübelte? »Und, Doktor, was glauben Sie? Werden wir sterben?«
Nachdenklich lehnte sich die Ärztin zurück. »Ist das wichtig?«, fragte sie.
»Nein, nicht wirklich.« Das Lho-Stäbchen wechselte den Besitzer. »Mich interessierte nur, was Sie als Expertin vermuten.«
»Wie großzügig von Ihnen.« Die Ärztin ließ den benebelnden Geschmack des Stäbchens auf sich wirken. »Aber was wollen Sie von mir hören?«
Er seufzte. »Ein ‚Alles wird gut, Lenhim‘ würde mir schon reichen.«
Calgrow schnaubte missmutig. Es sah aus, als würde ein Drache einen warnenden Stoß durch seine Nüstern ausblasen. »Damit kann ich nicht dienen. Ich glaube nämlich, dass Colonel Ekko wieder einmal einen Plan hat. Und wenn uns die Orks nicht in die Luft jagen – er wird es tun.«
 

Duniash

Testspieler
10 Februar 2012
173
1
5.966
Salve Sister,

Der Major hat mich zu Beginn des Kapitels sehr überrascht, so eine Wut habe ich ihm gar nicht angesehen, muss wohl an den A-Bomben liegen und irgendwie vermute ich das er "Angst" hat das Ekko sie einfach in die Luft jagen will.

Sorry für die seltsamen Worte ich bin noch im Halbschlaf ^^
Aber hey die Geschichte ist Klasse und ich hoffe es finden sich wieder ein paar bekannte Namen hier ein
 

Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
7.761
www.fanfiktion.de
Hallo Duniash,


Hat es dich wirklich so überrascht? Ich meine, dass Carrick von Zeit zu Zeit ein wenig cholerisch werden kann, vor allem, wenn er sich verar**** vorkommt, ist ja schon länger bekannt. Ich möchte da jetzt nicht zu viel verraten, aber mit deiner Überlegung liegst du ... leicht daneben. Der Grund ist ein etwas anderer, auch wenn er schon in die richtige Richtung geht.


Liebe Grüße

Sista
 

Duniash

Testspieler
10 Februar 2012
173
1
5.966
Salve Sister,

allerdings hat mich die Intensität etwas überrumpelt, schließlich hätte die Situation durchaus in einem Handgemenge oder wohl eher in einer Schießerei enden können und währe ein Kommissar in diesem Moment eingetroffen, es hätte eine spontane Verteilung der Gnade des Imperators gegeben ^^. Andererseits was auch immer Ekko mit den Bomben getan hat macht selbst mich leicht nervös von daher kann ich den major schon verstehen, wie gesagt dadurch das er als so vorbildlicher Offizier gilt hat mich seine tat doch überrascht.

Es freut mich immer hier etwas lesen zu dürfen oder einen kleinen plausch mit dem Autor halten zu können.

MFG

Duniash