Puhhh, hier bin ich glaube ich "der Böse".
Bevor ich also anfange, möchte ich zunächst betonen, dass sich niemand angegriffen fühlen sollte, da ich hier lediglich meine "Erklärung" zur Diskussion in den Raum stellen möchte.
Hier also meine Arbeitshypothese:
Ich glaube nicht, dass die 9. per se kompliziert ist, ich glaube wir sind einfach nur geistig müde geworden.
Also erstmal bist du hier nicht der "Böse", sondern berichtest einfach deine Sicht der Dinge
🙂.
Ich glaube, kompliziert ist auch nicht der richtige Begriff, ich würde sagen komplex.
Zum einen behaupte ich mal, dass das ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist, da ein Großteil der Hobbyisten einfach älter werden mag. Hierfür würde mich mal eine Demographie des Warhammer-Hobbies interessieren - leider in einem Forum, also einem ebenfalls alterndem Medium schlecht möglich. Altern mag heißen, dass ich zwar Warhammer bezahlen kann, aber neben Job und ggf. Familie eben auch weniger Zeit habe, mich mit Regelsystemen zu befassen. Ich glaube daher kommt irgendwann diese Transformation zum historischen Tabletopper. In der Schlacht um Wien ist eben nicht zu erwarten, dass eine Horde Primaris-Spacemarines plötzlich erscheint und das Meta umwirft.
Du sprichst da zwei Sachen an. Erstmal das "geistig müde" und dann das Thema weniger Zeit fürs Hobby durch geänderte Lebensumstände.
Erstmal vorab, W40k hatte schon immer eine lange Lernkurve (bedeutet man braucht relativ lange, um das Spiel zu verstehen und dann spielen zu können). Hätte ich nicht Menschen gehabt, die mir das Spiel erklärt hätten, ich hätte nicht von selber zu dem Regelbuch gegriffen.
Bezüglich der Lernkurve gibt es jetzt einen Unterschied z. B. zur 6 Edition. Wenn ich in der 6. Edition die Regeln verstanden hatte, musste ich natürlich mir dennoch meinen Codex anschauen und lernen, wie ich die Armee spiele, aber grundsätzlich waren mir alle Regeln bekannt und die Zusatzregeln waren bereits im Hauptregelwerk erklärt.
Wir hatten also eine lange Lernkurve für die Regeln und eine relativ kurze Lernkurve für den Codex.
Jetzt aber hat sich das geändert.
Wir haben eine relativ kurze Lernkurve für die Regeln, die ja recht überschaubar sind.
Jetzt haben wir aber eine lange Lernkurve für den Codex... für JEDEN Codex.
Und dann muss man noch lernen, wie man mit der Armee spielt.
Die Lernkurve für den Codex wurden in der 9. Edition länger. Und somit braucht man mehr Zeit als früher, um einfach loszuspielen.
Gleichzeitig ist die Anstrengungsbereitschaft der jüngeren Generation etwas gesunken. Ja, auf die "Jugend von Heute" abzuhassen ist schon ein vorchristliches Phänomen (wirklich! 😀). Dennoch sieht man an der Spielkultur (z.B. PC-Games), dass die Spiele von heute schon mehr gestreamlined sind. Während man damals eben 20 Level "trainieren" musste, um den Boss zu schaffen, sind diese "Grinding"-Episoden heute eben eher selten geworden. Ich meine, selbst bei Pokemon habe ich mittlerweile ein Vieh in wenigen Tagen auf Level 100 - das habe ich zu Schulzeiten in Wochen gemacht ? Klar spielt da natürlich auch der persönliche Bias mit hinein, dass ich heute bei einem PC-Spiel das Internet habe, um zu wissen wo ich hin muss und eben Erfahrung darin habe, solche Spiele zu spielen, anders als als Kind.
Dennoch glaube ich, dass man "damals" einfach noch eine gewisse Akzeptanz für unrundes Gamedesign hatte.
Ich würde das anders formulieren und nicht nur auf die Jugend beschränken. Durch die Komplexität unserer Gesellschaft und auch der EDV-Arbeitsmittel, die man ggf. nutzt, ist die Bereitschaft sich mit hohen Einstiegshürden abzugeben, gesunken. Ich hatte beruflich jetzt genug damit zu tun, neue EDV bei wirklich vielen Menschen einzuführen. Und das waren ganz unterschiedliche Menschen, aber eins war immer klar: Es sollte alles möglichst selbsterklärend sein und einfach zu bedienen.
Auch wenn ich über W40k geschrieben habe, dass es so komplex ist und auch Zeit braucht, von der Tiefe her und von dem, was es bietet, ist es schon krass. Das finde ich auch cool und - wenn ich Zeit habe - macht es Spaß, sich damit zu beschäftigen. Aber ich weiß nicht, ob ich mir das nochmal antun würde und ein anderes, einfacheres System aussuchen würde. (Aber jetzt ist es zu spät, W40k find ich einfach cool).
Heute ist das nicht mehr der Fall, wir haben die Auswahl verschiedenster Spiele - und diverse Firmen, wie Corvus Belli (Infinity) und GW haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, ihre Spiele zu streamlinen und die Grundregeln zu entschlacken, um Kunden zu gewinnen. Gleichzeitig wird eine gewisse Komplexität eben auch nachgefragt.
Ich bin beispielsweise der Meinung, dass es diese Kampagnen-DLCs nicht braucht. Anscheinend wollen aber genug Leute, dass es sie gibt, dass sie eben auf Turnieren (auch außerhalb GWs) gespielt werden.
Naja, das ist so ne Sache. GW hätte das Spiel weiter so strukturieren können, dass man auch ein "einfaches Spiellevel" hätte spielen können, nach dem Motto: Level 1: Grundregeln und nur Datasheets. Level 2: Grundregeln, Datasheets und Missionen aus dem Buch X usw.
Natürlich könnten wir Spieler auch selbst auf die Idee kommen ;-).
Ich finde die neuen Kodizes allesamt gut - die offensichtlichen Dummheiten mal ausgenommen (Balistarii, Raider, Pteraxii-Stratagem). Und ich persönlich liebe auch die Auswahl, das basteln an meiner Admech-Armee, das Kombinieren. Ich habe das hundert mal lieber in meiner Fraktion, als in den Grundregeln und ich möchte auch, dass sich meine Armee unterscheidet - auf der Platte, durch meinen Spielstil, meine Missionen und Stratageme und eben vor dem Spiel, von anderen Fraktionen beispielsweise.
BTW: Das TTactics anfangs noch mit auf den Zug "Beste Edition ever" aufgesprungen ist, macht das Video bisschen "scheinheilig".
Ach ich weiß nicht, die neue Edition gefällt mir ja auch, aber jetzt, wo sich herausstellt wie komplexer das Spiel geworden ist das zu kritisieren, finde ich okay ;-).
Ich persönlich finde die Systematiken nicht zu schwer verständlich, aber durch die Menge an Armeen und die dadurch bedingte Fülle an Regeln die ähnlich funktionieren aber im Detail anders sind, wird es kompliziert sobald man mehrere Armeen spielt und gegen mehrere Armeen spielt, die man selber nicht spielt.
Das sehe ich genauso. Ich werde maximal zwei Armeen spielen, auch wenn ich mehr hätte, aber mehr ist derzeit einfach nicht drin und auch schon jetzt etwas zeitkritisch ;-).
Ich denke GW muss da immer wieder eine schwere Gratwanderung machen, um den Kunden eine Herausforderung zu bieten ohne sie zu überfrachten. Aktuell sind sie über den Grat hinaus und ich schätze das die 10 Edition das ganze wieder beschneiden wird. Mit Inspiration von der Reaktion auf solche Sachen wie Kill Team oder Apokalypse oder auch den anderen kleinen Spielen die in letzter Zeit auf den Markt geworfen werden.
Naja, GW könnte relativ einfach dem Spiel eine "wählbare" Tiefe verpassen. ich persönlich hoffe, die 10. Edition lässt sich etwas Zeit ;-).