Wie angebracht ist Religion/Glauben heutzutage noch?

Randnoten zum Thema PID:
Die juristisch interessante Frage hierbei ist, welche Art von "Menschenwürde" einem Embryo zukommt, wann dieser als Individuum gilt und ob die potentiale Menschbildung ähnlichen Schutzmaßnahmen unterliegt.
Zunächst einmal gelten für unbefruchtete Eizellen und Spermien vor der Befruchtung keine vom Grundrecht zugesicherten Rechte, die grundlegende Potentialität wird also nicht für schützenswürdig erachtet. PID-Gegner bringen nun vor, dass diese Konstellation nicht mit der Kernverschmelzung vergleichbar sei, die dann eine Kontinuität und Reifung menschlichen Lebens vorbringt. Allein: in den ersten beiden Wochen der Kernverschmelzung ist keine Individuation zu erwarten, eine Mehrlingsbildung ist möglich. Erst die Nidation reift ein vollständig individuiertes Lebewesen heraus, für das im Sinne des Grundgesetzes auch Rechte beansprucht werden können. Die pränidative Phase bringt zweifellos ein gattungsspezifisches menschliches Leben voran, aber kein sich individuierendes menschliches Leben resp. Wesen.
Das aber anzuführen ist relevant: wer jegliche Potentialität des menschlichen Wesens für schützenswert erachtet, muss es für die o.g. unbefruchteten Eizellen auch tun (und es ist durchaus unüblich, unbefruchteten Eizellen oder Spermien in diesem Stadium den vollwerten Status eines Grundrechts zuzuschreiben), wer allerdings im tradierten Sinne individuelles Leben mit Rechten versieht, wird die pränidative Phase aus biologischen Fakten nicht relevant erklären können. Abgesehen davon: bei der natürlichen Zeugung einer Frau wandern gleichsam zwei Drittel der befruchteten Eizellen im Zuge der Monatsblutung ab, nur ein Drittel nistet sich in der Gebärmutterschleimhaut ein. Das machte eine jede Frau unwillentlich zu einem Akteur gegen das Menschenrecht, immerhin hätte jede dieser Eizellen grundrechtlichen Belang.
Ferner fällt es bei gebührender Betrachtung der Graduierung menschlichen Lebens schwer, die klaren Grenzen zu ziehen, die dafür nötig wären, ganz im Sinne des altgriechischen Sandhaufenparadoxons (das wievielte Sandkorn gibt den Ausschlag dafür, dass wir von einem Sandhaufen sprechen und nicht nur von einer Ansammlung des Sandes?): Es ist selbstredend sehr wohl möglich, einen Fötus in der 16. von einem Fötus in der 24. Schwangerschaftswoche phänotypisch zu unterscheiden, einen angenommenen Zeitpunkt, ab wann ihm allerdings ein gesondertes Menschwerdungsattribut zusteht, wird derzeit keiner hinreichend beantworten können. Diese Ausführung ist für dezidierte Standpunkte womöglich nicht ganz so relevant, sollte aber auch noch Denkanstoß geben, die menschliche Individuierung nicht allzu dogmatisch aufzufassen.

Eines allerdings ist klar: die Zulassung der PID stellt eine Zäsur zum bisherigen Recht dar, wenn es historisiert als Kontinuum aufgenommen wird. Die zweite Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht zur Abtreibung im Jahr 1993 spricht der "Leibesfrucht" ein Recht auf grundgesetzlichen Schutz i.S. der Menschenwürde zu, unter anderem hergeleitet aus dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (!). Da allerdings, wie wir wissen, die Pränataldiagnostik und die Abtreibung rechtens sind, ist es zweifelhaft, ob die juridische Stringenz sich dann auf die PID erstrecken kann oder sollte. Selektionsvorwürfe als moralische Größe sind bislang keine rechtliche Größe und nicht anzubringen, es bleibt also nur das kodifizerte Recht nach GG Artikel 1 Absatz 1 sowie GG Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 - mit, wie wir gesehen haben, zumindest zweifelhaftem Anwendungscharakter in Bezug auf die Einzigartigkeit des heranreifenden Lebens. Für mich ist die PID weder ein Bruch mit der bisherigen Rechtssprechung noch ethisch verwerflich - es wird nicht gegen den verbrieften Schutz individuellen Lebens verstoßen, Selektionsvorwürfe sind insoweit weltfremd, als es heute überhaupt nicht möglich ist, komplexe genetische Merkmale wie Körpergröße, Haarfarbe und Intelligenz zu beeinflussen, einigermaßen zynisch, als Eltern beschuldigt werden, die ein sehr aufwendiges und für die Mutter unangenehmes Verfahren auf sich nehmen, Selektion zu betreiben, wie auch belanglos, da sie juristisch nicht behandelt werden können.

Meines Wissens ist die evangelische Kirche in der Frage aber gespalten, jedenfalls gibt es keine offizielle Stellungnahme zu dem Thema - es gibt durchaus klerikale Kräfte, die positiv oder zumindest neutral dem Topos gegenüberstehen, bei den Katholiken freilich sieht's anders aus.
 
Bei dem Argument mit dem Genom bist du dann aber gar nicht so weit von dem Argument der Kirche entfernt, dass Verhütung auch negativ ist, denn in jeder Eizelle und Samenzelle liegt theoretisch die Anlage einen Menschen entstehen zu lassen, warum haben wir da ein Recht einzugreifen, aber nicht wenn sich diese beiden schon vereinigt haben? Ist es da dann nicht genau so falsch dies künstlich aufzuhalten? Welchen besonderen Schutz genießt ein mit einem bestimmten Genom ausgestatteter Zellhaufen und warum wird ihm dieser Schutz gewährt?

Andersrum hast du aber das ähnliche Problem. Wieso wird dem weiterentwickelten Zellhaufen eine Würde zugesprochen? An Bewusstsein und Wahrnehmung das ganze koppeln ist genauso schwierig bzw. willkürlich.
Mit der Eizelle/Spermazelle könnte man dann noch argumentieren, dass diese zwar die Potenz in sich halten, für sich aber kein menschliches Leben hervorbringen (selbst wenn du es schaffst eine unbefruchtete Eizelle einzupflanzen, wird daraus kein Mensch). Die Verhütung verhindert zwar die Entstehung, aber sie vernichtet nicht die Würde etwas schon Bestehenden. (Das ist was mir mal so spontan eingefallen ist, wie man argumentieren kann.) Dagegen anführen könnte man, dass aus den nicht implantierten Zellhaufen auch kein Leben entsteht, weil sie nicht eingeplanzt werden, aber das Problem dabei ist der Grund warum sie nicht eingepflanzt werden meines Erachtens.
Ich gebe zu, dass bei genauerer Betrachtung das Argument mit der Tötung von Menschen vielleicht zu viel ist. Dennoch bleibt für mich das Problem mit dem Menschenbild, welches einfach hinter PID steckt, die die Würde nur gesunden Menschen zuspricht.

Wie gesagt, die Frage nach dem Menschen ist eine schwierige und wo man die Grenze setzt scheint erstmal willkürlich (nicht umsonst kloppen sich da teilweise die Wissenschaften schon seit Jahren).
 
Dennoch bleibt für mich das Problem mit dem Menschenbild, welches einfach hinter PID steckt, die die Würde nur gesunden Menschen zuspricht.
Ich denke nicht, dass die PID die Würde nur dem gesunden Menschen zuspricht, das ist eine Fehlinterpretation deinerseits. Die PID ist ein neutrales Werkzeug, es kann von Menschen missbraucht werden, kann aber auch Leid vermeiden. Aber nur weil etwas ausgenutzt werden kann, was man zudem noch mit Gesetzen verhindern/einschränken kann, sollte man nicht den anderen, die es nicht ausnutzen, dieses Werkzeug verwehren.
 
Ich denke nicht, dass die PID die Würde nur dem gesunden Menschen zuspricht, das ist eine Fehlinterpretation deinerseits. Die PID ist ein neutrales Werkzeug, es kann von Menschen missbraucht werden, kann aber auch Leid vermeiden. Aber nur weil etwas ausgenutzt werden kann, was man zudem noch mit Gesetzen verhindern/einschränken kann, sollte man nicht den anderen, die es nicht ausnutzen, dieses Werkzeug verwehren.

Ich denken die meisten werden den Kopf schütteln, wenn eine Mutter sagt: "Setzen sie mir den Zellhaufen mit dem defekten Genom ein."
 
Was hat das jetzt bitte mit NGFs Beitrag zu tun?

Welchen Sinn macht PID, wenn ich die Erkenntnisse nicht nutze?
Wenn PID gemacht wird, mit dem Ziel Krankheiten auszuschalten, die zum Tode führen, dann spreche ich dem Menschen erst einmal ab krank zu sein. Ein Mensch wird dann erst Würde zugesprochen, wenn es gesichert ist, lange und gesund zu leben.

Es ging mir nicht darum, dass ggf. diese Sache ausgenutzt wird um Eugenik zu betreiben, was ja durch Gesetzgebung verhindert werden kann - da hat NGF durchaus recht -, sondern dass das generelle Menschenbild dahinter schon den Menschen in eine Funktion stellt (Sei gesund und leb lange) und nicht den Menschen als Wert an sich sieht.
 
Was NGF sagen wollte ist, das die Methodik der PID neutral ist. Du führst die
Methodik durch, und das Ergebniss sagt dir, das der Embryo Anlage A hat
oder eben nicht, ganz so als ob du feststellen willst, ob der Lichtschalter an
ist oder aus.

Was aus dem Ergebnissen gemacht wird, also ob das Licht an sein darf oder
aus sein soll, das ist widerum die Frage, die erst einmal jeder für sich selber
ausmachen muss. Es steht schließlich jedem frei, ob er die PID überhaupt
nutzt und ob er sich trotz PID ein Embryo mit oder ohne Anlage A einpflanzen
lässt, man muss jedoch jedem Menschen zugestehen, diese Wahl für sich treffen
zu können.

Wenn man gegen die PID ist, so nutzt man sie halt nicht, aber anderen diese
Wahl zu nehmen, nur weil sie die eigene Meinung nicht teilen, ist ebenso falsch.

Ich für meinen Teil halte die aktuelle Rechtssprechung bezüglich der PID für
angemessen. Sie gibt jedem der über entsprechende Erbanlagen verfügt die
Möglichkeit, die Vorteile der PID zu nutzen, ohne dabei die negativen Aspekte
der PID (Designerbaby) zu erlauben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man gegen die PID ist, so nutzt man sie halt nicht, aber andere diese
Wahl zu nehmen, nur weil sie die eigene Meinung nicht teilen, ist ebenso falsch.

Dann ist man aber doch beim kompletten Werterelativismus angelangt und ob nun etwas falsch oder richtig ist, ist dann nicht mehr auszusagen. Somit wäre dann Lebensverlängernde Maßnahmen genauso gut/schlecht wie die systematische Tötung von Menschen zu Versuchszwecken (wenn die Gesetzesgebung es denn in machbaren Bahnen lenkt, wäre es ja kein Problem)
Und dann sind wir wieder beim Ausgangspunkt anbelangt, ob eine wissenschaftliche, pragmatische Weltsicht wirklich zu einer besseren Welt führt oder ob man doch soetwas wie das Gute ansetzen muss.
Beim Werterelativismus kann man sich dann eigentlich jede moralische Debatte sparen, da eh alles prinzipiell erlaubt ist.
 
Welchen Sinn macht PID, wenn ich die Erkenntnisse nicht nutze?
Wenn PID gemacht wird, mit dem Ziel Krankheiten auszuschalten, die zum Tode führen, dann spreche ich dem Menschen erst einmal ab krank zu sein. Ein Mensch wird dann erst Würde zugesprochen, wenn es gesichert ist, lange und gesund zu leben.

Du kriegst dabei doch eigentlich nur das gleiche Kopfschütteln wie wenn du deinem Kind Penicillin, eine Tetanusimpfung oder eine Brille vorenthälst. Eigentlich *wünscht* man sich für seine Kinder doch das beste und gute Gesundheit ist dabei eines der höheren Güter. Wenn die Eltern darauf bestehen einen wie du es nennst "defekten Zellhaufen" einzusetzen ist das deren Entscheidung und Sie sowie das Kind müssen damit leben (ist ja auch schon vorgekommen, afaik).

-----Red Dox
 
@ Red Dox: Ganz im Ernst, dein Beitrag trifft es auf den Kopf. Bravo !!! Ich bin ebenfalls der Meinung, dass verantwortungsvolle Eltern PID benutzen dürfen. Man wünscht sich ja schließlich nur das Beste, wie du gesagt hast, für sein Kind.

Off-Topic. Hat nicht ein gewisser Papst bei einem Afrika-Besuch gemeint, dass sich Aids bekämpfen lässt indem man kein Kondom benutzt sonder enthaltsam lebt? Nur Peinlich.
 
Du meinst also, dass z.B. die katholische Kirche in ihrer Haltung Leben zu schützen so unkorrumpierbar ist, dass sich niemals Priester in größerem Ausmaß an Kinder vergehen würde und die Kirche dies vor allem niemals systematisch vertuschen würde?
Warum sollten Kirchen weniger korrumpierbar sein als andere Machtträger?

Bitte beachte den Teufel im Detail in meiner Formulierung:

Der Vorteil ist auch, dass nach vorherrschender Meinung die Kirche im Gegensatz zu Parteien in solchen Grundsatzfragen nicht korrumpierbar ist.

Mein letzter Beitrag ist insgesamt etwas satirisch, ich hoffe das hat sich heraus lesen lassen. Generell ist es aber doch so, dass der Kirche oder dem Priesteramt allgemein viel stärker vertraut wird, als dies beispielsweise bei einem Politiker der Fall ist. Die Kirche ist da auch viel "verlässlicher". Bei einem Politiker weiß ich, dass er seine Meinung wenn es sein muss dreimal am Tag ändern kann, beim Papst weiß ich, dass er bestimmte Positionen eisern vertritt. Dass ich persönlich diese Positionen nicht für richtig halte steht auf einem ganz anderen Blatt, das wollte ich mit meinem Post aber ja auch gar nicht ausdrücken. 😉

Warum braucht man dazu wieder eine Institution? Warum nicht pluaristisch denken, dass jeder sein eigenes Wertekonstrukt hat und sich auf demokratischen Wege an der Gesellschaft beteiligt.

Das ist etwas schwierig. Ich bin der Idee grundsätzlich gar nicht abgeneigt, aber um mal ein Extrembeispiel zu formulieren: Dieser verrückte Typ in Oslo hat während seines Massakers nach seinem eigenen Wertekonstrukt vollkommen richtig gehandelt und ist sich evtl. gar keiner Schuld bewusst.
Das ist natürlich wie gesagt ein Extrembeispiel, aber es illustriert die Probleme, die auch im kleineren Rahmen bei einem gänzlich pluralistischen System auftreten können. Eine gewisse Institutionalisierung braucht es da imho schon und ich halte den Gesetzgeber bzw. die jeweils aktuelle Regierungspartei als wertgebende Instanz da nicht für ausreichend.
 
Was NGF sagen wollte ist, das die Methodik der PID neutral ist.[...]
Danke, du hast gut ausgeführt was ich meinte!

Dann ist man aber doch beim kompletten Werterelativismus angelangt und ob nun etwas falsch oder richtig ist, ist dann nicht mehr auszusagen. Somit wäre dann Lebensverlängernde Maßnahmen genauso gut/schlecht wie die systematische Tötung von Menschen zu Versuchszwecken (wenn die Gesetzesgebung es denn in machbaren Bahnen lenkt, wäre es ja kein Problem)
Und dann sind wir wieder beim Ausgangspunkt anbelangt, ob eine wissenschaftliche, pragmatische Weltsicht wirklich zu einer besseren Welt führt oder ob man doch soetwas wie das Gute ansetzen muss.
Beim Werterelativismus kann man sich dann eigentlich jede moralische Debatte sparen, da eh alles prinzipiell erlaubt ist.
Das ist aber auch die möglichst negative Sicht auf unser Problem. Ich selbst stehe da etwas zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite möchte ich nicht die nackten Fakten der Wissenschaft für alle Lösungen heran ziehen, aber auch die Religion alleine ist nicht das Ideal. Man braucht einfach ein gesundes Bauchgefühl um zu sagen, was man als "gut und richtig" empfindet.
 
Das ist aber auch die möglichst negative Sicht auf unser Problem. Ich selbst stehe da etwas zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite möchte ich nicht die nackten Fakten der Wissenschaft für alle Lösungen heran ziehen, aber auch die Religion alleine ist nicht das Ideal. Man braucht einfach ein gesundes Bauchgefühl um zu sagen, was man als "gut und richtig" empfindet.

Beim letzten Satz treffen wir uns ja dann doch ein wenig. Auch ich wollte nicht einseitig pro Religion argumentieren, wobei zu sagen, dass man nur aus religiöser Sicht gegen PID sein kann, ist einfach falsch. Ich persönlich kenne Philosophen die der PID kritisch gegenüber stehen und die alles andere als "religiös" sind.
Manchen Möglichkeiten, die die Wissenschaft bietet muss man aus bestimmten Prämissen einfach kritisch gegenüber stehen. Und wenn ich annehme, dass die befruchtete Eizelle ein Mensch ist, kann ich aus bestimmten ethischen Prinzipien nicht dafür sein, egal wie neutral es erstmal scheint. Alles andere wäre eine Doppelmoral.
Dass wir nicht unbedingt immer nach unseren eigenen ethischen Prinzipien handeln, ist mir auch bewusst und ich würde Eltern aus Anstand da auch keine Vorwürfe machen, wenn ich aber die Möglichkeit habe meine Meinung abzugeben, dann gebe ich sie ab. Da kann das Gesetz auch tausendmal eine Regelung finden, die extreme Auswüchse verhindern mag, das Gesetz ist nicht per se moralisch gut.
 
Dass wir nicht unbedingt immer nach unseren eigenen ethischen Prinzipien handeln, ist mir auch bewusst und ich würde Eltern aus Anstand da auch keine Vorwürfe machen, wenn ich aber die Möglichkeit habe meine Meinung abzugeben, dann gebe ich sie ab.
Ich denke dies ist der springende Punkt. Ich selbst würde auch niemals die Entscheidung gegen ein Kind fällen, wenn dies eine Behinderung hätte. Ich würde aber auch niemals denjenigen verurteilen der es tut. Letzteres kann derjenige aber nur tun, wenn so etwas wie die PID erlaubt ist und deshalb bin ich selbst für die PID. Ich mag mir das harte Leben mit einem schwerst behinderten Kind zutrauen, aber es gibt Menschen, die werden damit nicht fertig, daran geht dann auch ihre Beziehung kaputt und sie selbst werden ihr Leben lang nicht mehr glücklich. Diesen Menschen sollte im Vorfeld diese Entscheidung ermöglicht werden.

Es gibt dabei übrigens einen weiteren interessanten Punkt. Jemand schrieb in diesem Thread, dass Romantik und Liebe eigentlich nur chemische Prozesse in unseren Körpern sind. Das trifft auch auf die Wahl des Partners, oder der Partnerin zu. Dann muss man auch ganz klar und ehrlich sagen, dass es ein chemischer Fehler ist, wenn jemand einen Partner wählt, mit dem er gemeinsam eine 80% Chance auf ein behindertes Kind hat (Edit: dass das Kind eine Erbkrankheit hat), da hat dann die Selektion der Biochemie versagt, eigentlich sollten sich diese Menschen nicht ineinander verlieben.
 
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Ich frage mich wie man überhaupt gegen PID sein kann.
Geistig behinderte können nicht, das ihnen entgangen mentale Potential erfassen, wenn sie es könnten, wäre sie verdammt sauer und würden es ihren Eltern und ihrer Gesellschaft vorwerfen.

Vielleicht sollten sich Philosophen einmal mit diesem Gedankengang befassen.

Im Endeffekt wurde PID erlaubt in einem sinnvollen Rahmen, "wer trotzdem mehr will", der kann immer noch ins Ausland, das ist dann aber auch deren Entscheidung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Geistig behinderte können nicht, das ihnen entgangen mentale Potential erfassen, wenn sie es könnten, wäre sie verdammt sauer und würden es ihren Eltern und ihrer Gesellschaft vorwerfen.

Denkst du? Die Alternative wäre ja gar nicht erst geboren zu werden und ich glaube hier spielt deine eigene Sicht eher rein als deren. Du würdest so nicht leben wollen, aber sie tun es und sind häufig glücklich damit.

Jemand schrieb in diesem Thread, dass Romantik und Liebe eigentlich nur chemische Prozesse in unseren Körpern sind.

Wobei ich hier denke, dass eine Verkürzung des Begriffs Liebe stattfindet. Klar ist Liebe mit den chemischen Prozessen verbunden, die Schmetterlinge im Bauch auslösen und natürlich auch die Weltsicht ändern. Aber wenn man Liebe darauf verkürzt, beschneidet man den Liebesbegriff. Es fehlt das komplette Vertrauen auf den Gegenüber, das positiv hingewendet Sein auf den Gegenüber. (Hier kommt wohlgemerkt meine theologische Bildung ein bisschen durch, bitte das zu entschuldigen😉)
Ich will hiermit gar nicht die chemischen Prozesse als untergeordnet deklarieren, sie spielen beim Sexualverhalten eine wichtige Rolle, aber der Begriff Liebe hat einfach einen höheren Bedeutungsumfang als nur diese chemischen Prozesse.
Deswegen würde ich dem User auch sagen, dass er "Ich liebe dich" ruhig sagen könne, da es nicht nur ein Sammelbegriff für bestimmte chemische Prozesse sei.
 
@Rattenfresser: Moment du kennst das 1x1 des Selbst?, bist damit vertraut, wie das Ich empfinden nur ein Überlebensmotor im darwinistischen Sinne ist?
Höhlengleichnis, wie Perspektive Realität erschafft, wenn das Licht hinter sich nicht wahrnimmt?

Ich und du wir bilden uns beide ein "Ich" zu haben(?)
Da Ich lange genug mein eigenes Handeln beobachtet habe kann Ich für mich festhalten, das es eine Illusion ist. Eine Gute die mich jeden Tag mit Leichtigkeit erneut einlult.

Da kommt das mit der Liebe doch auch ganz zufällig. 😉

Das Thema ist sticky, das Emotionsargument, "aber sie sind doch glücklich"
Natürlich sind sie das weil auch sie über ein "Ich" als s.o. "Überlebensmotor" verfügen.
Aber eine Illusion ist eine Illusion auch wenn der "adulte Zellhaufen" vor dir behauptet ein Mensch zu sein unabhängig davon ob er nun behindert ist oder nicht.

Wir haben die Verantwortung für die Behinderten in unsere Mitte zu sorgen, aber nur weil sie uns nicht anklagen für unser Nichtstun in Sachen PID dürfen wir als Gesellschaft nicht unseren Auftrag vergessen für kommende Generationen zu sorgen und ihnen so viele Möglichkeiten zu gestatten wie möglich.


und um zur Religion zurückzukommen:

Wer glaubt an Gott erliegt nur eine ähnlichen Illusion wie der Illusion des Selbst, zum Glück ist der Teelöffel meines Gehirns, der bei den meisten Menschen für Religiosität nach jetzigen Wissenstand signifikant verantwortlich ist, einen anderem geistigen Prozess zugeordnet*;
und daher ist Gott 404 bei mir**.

*Wer sich jetzt bemüßigt fühlt zu sagen: "Ausdruck kann es nicht sein" berechtigter Einwand 😛
** "FunFact" 😉 , Appels stimulieren dieses Zentrum durch elektromagnetische Bestrahlung, deshalb finden Appel Menschen ihre Kisten auch so toll und halten Steve Jobs für ihren Gott. :lol:



Und rein hypothetisch: Wer mir soweit gefolgt ist, stellt euch vor ihr hättet eine Frucht der Erkenntnis oder eine Frucht des "größtenteils glücklich Seins"

Welche würdet ihr essen? : Die der Erkenntnis um zu erfahren was euch entgeht und Hader, Selbstzweifel, Wut ertragen?
Oder jene die einen Geistes Zustand von Geborgenheit und Glück verspricht, einen aber Blind macht für Probleme und sich Selbst?

Und welche würdet ihr einem geistig behinderten Menschen geben.
 
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Wir haben die Verantwortung für die Behinderten in unsere Mitte zu sorgen, aber nur weil sie uns nicht anklagen für unser Nichtstun in Sachen PID dürfen wir als Gesellschaft nicht unseren Auftrag vergessen für kommende Generationen zu sorgen und ihnen so viele Möglichkeiten zu gestatten wie möglich.

Ist das aber nicht auch eine Illussion zu glauben, dass die größtmöglichste Ermöglichung etwas besseres ist?

Zudem wird hier der Punkt angesprochen, den ich gerade kritisiere (und hier geht es tatsächlich nicht um die Methodik der PID, sondern ihrer Anwendung)
Die Menschheit wird nicht mehr als Zweck an sich selber, sondern als Zweck der Verbesserung angesehen. Daraus folgt dann, dass einzelne Menschen nur noch als Mittel angesehen werden einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Der Mensch besitzt dann keine Würde, sondern ist nur noch unter bestimmten Umständen wertvoll für die "Entwicklung".

Ich und du wir bilden uns beide ein "Ich" zu haben(?)

Selbst wenn das Ich als konkret gefasstes vielleicht illusiorisch ist, kann man aber nicht verneinen, dass es etwas gibt, was denkt und das dieses Denkende sich unterschiedlich in unseren beiden Personen manifestiert, wenn es nicht sogar unterschiedliches Denkendes ist.
Dass das Selbst ein Konstrukt ist, was sich verändert und das Mensch versucht aufrechtzuerhalten, ist auch mir bekannt, aber dann von Illussion zu sprechen ist so skeptisch, dass du eigentlich dann auch deine Wahrnehmung so kritisieren müsstest, dass man am Ende fragt: Gibt es überhaupt Behinderte? (Von empirischen Erkenntnissen ganz zu schweigen.)
 
Bisher habe ich in diesem Thread hier überwiegend Fragen gestellt und provokante Thesen in den Raum geworfen, die nicht unbedingt meiner Meinung entsprechen müssen, aber da das Thema wohl gerade nicht tot zu kriegen ist hier mal meine persönliche Ansicht zum Thema Präimplantationsdiagnostik:

Vorweg möchte ich sagen, dass ich 2 Jahre meines Lebens (sehr gerne) in einem Behindertenwohnheim gearbeitet habe.
Die Bewohner in der Gruppe in der ich gearbeitet habe, sind sowohl geistig als auch körperlich behindert aber im Gesamtvergleich relativ fit und ich denke, man kann auch wenn man es ganz neutral und nüchtern betrachtet sagen, dass sie doch ein ziemlich "lebenswertes" Leben führen. Klar, das kostet den Staat / die Gesellschaft ein bißchen was, aber das ist nun einmal das Prinzip unserer sozialen Marktwirtschaft sowie der Grundausrichtung eines demokratischen Staates. Hinzu fügen möchte ich, dass sowohl geistige als auch körperliche Behinderungen keineswegs angeboren sein müssen sondern auch durch Unfälle oder schwere Traumata im Laufe des Lebens entstehen können. Es wäre also eine Illusion zu glauben, wir könnten uns dank PID solche Institutionen sparen.

Aber ich habe auch Einblick in andere Bereiche und Gruppen bis hin zu schwerst Behinderten bekommen und muss feststellen, dass es Menschen mit derart schwer wiegenden Beeinträchtigungen gibt, dass man wirklich die Frage stellen kann, ob es überhaupt möglich ist, ihnen ein schönes Leben zu ermöglichen. Es gibt einfach auch derart gravierende Fälle, dass bei manchem schwerst Behinderten der Eindruck entsteht, dass seine blanke Existenz beim Betroffenen eher Leid verursacht, spätestens wenn sich dies in autoagressivem Verhalten äußert, wie zum Beispiel mit dem eigenen Kopf an die Wand zu schlagen. Auch die Betreuung solcher Menschen ist wirklich harter Tobak und es gibt auch viele Leute, die das nicht lange durchhalten.

Für mich ist nichts Falsches dabei, ein derart qualvolles Leben von vorne herein auszuschließen. Man tut dem Betroffenen wirklich keinen Gefallen damit, es zu ermöglichen. Natürlich stellt sich immer die Frage, wo man eine Grenze zieht. Ist zum Beispiel das Risiko von Blindheit bereits ein Ausschlusskriterium oder nicht? Und wenn ja, ab welcher Eintrittswahrscheinlichkeit? Aber da halte ich es tatsächlich nicht für das Schlechteste, diese Entscheidung in die Hände der Eltern zu legen. Und wenn diese es sich partout nicht zutrauen, mit einem behinderten Kind klar zu kommen (das ist übrigens auch eine finanzielle Frage) dann sollte man ihnen vielleicht auch die Möglichkeit geben, die Wahrscheinlichkeit dafür zu minimieren. Wohlgemerkt: Wenn ein Mensch erst einmal auf der Welt ist, sieht die Sache ganz anders aus. Aber einen "Zellhaufen" halte ich persönlich noch nicht für besonders schützenswert. KOG hat das ja schon ganz gut dargelegt, schwangere Frauen stoßen genügend von den Dingern ab, das scheint die Natur so vorgesehen zu haben.
 
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