Ich wollte mich auch zum Turnier äußern. Zunächst einmal einen herzlichen Dank an die Würfelgötter für das tolle Turnier. Gute Organisation, eine gute Lösung um ausreichend Platz bereit zu stellen. Wie immer gute Verpflegung. Das Turnier war eines Grand Tournaments würdig!
Ich habe am Ende meinen Preis ausgeschlagen und möchte dies erklären. Meine Reaktion sollte in keiner Weise ein Protest gegenüber der Organisation zum Ausdruck bringen. Vielmehr bin ich nicht sicher, ob meine spielerische Leistung den Preis verdient. Aufgrund meines Spiels gegen Fred (dazu im weiteren Verlauf mehr) gab es einiges an Durcheinander. Letztlich wurde Fred im späteren Verlauf des Turniers disqualifiziert und die Wertung des Spiels wurde nachträglich geändert. Dies hat neben viel Frust auf Freds und meiner Seite auch dazu geführt, dass mir im Paaring „vermeintlich“ leichtere Gegner zugewiesen wurden. Es lässt sich nicht rekapitulieren, was für ein Ergebnis im Spiel zwischen Fred und mir „fair“ oder „richtig“ gewesen wäre und auch nicht, wie viele Punkte ich gegen andere Gegner bei einem „entsprechenden“ Paaring geholt hätte. Die Situation fühlt sich für mich allerdings nicht nach einem "fairen Wettkampf" an.
Wahrscheinlich habe ich von der letztlich vorliegenden Situation bzgl. meiner Platzierung profitiert. Sie ist auf jeden Fall nicht ausschließlich auf meine spielerische Leistung zurückzuführen. Ich möchte keine Preise gewinnen, die ich mir nicht verdient habe. Deshalb fand ich es konsequent auf den Preis zu verzichten. Ich hätte dies bereits bei oder im Vorfeld der Siegerehrung kommunizieren sollen.
Zum Spiel gegen Fred.
Im Vorfeld des Turniers habe ich eine Diskussion zum Thema „Zeitspiel“ losgetreten. Ich habe in der Vergangenheit oft (bei mindestens einem Spiel auf 2/3 der letzten Turniere) sehr negative Erfahrungen mit „Zeitspiel“ gemacht. Ohne eine Unterstellung von Absicht ist trotzdem auffällig, dass in diesen Spielen jedes Mal die „langsamen“ Spieler einen Vorteil haben. In extremen Situationen führt das zu Spielen, in denen die zweite Runde nicht korrekt beendet werden kann. Eine Ballerliste schießt zwei Runden und punktet und wenn die Nahkämpfer angekommen sind ist nicht mal Zeit um die Nahkämpfe richtig auszuwürfeln. Das ist doppelt unfair. Zum einen, weil nur 2-3 Runden gespielt werden und Armeen, die auf 5-7 Runden konzipiert sind einfach keine Chance haben ihre Stärke auszuspielen; zum Anderen, weil der Ballerspieler sehr viel Zeit für die richtige Zielauswahl, gutes Stellungsspiel und co. investiert hat und der Nahkämpfer endlich auch am Spiel teilnehmen kann, nun aber so unter Zeitdruck steht, dass er alles "schnell schnell" machen muss und damit viel mehr Fehler macht. Ähnliche Beispiele gibt es mit Feldkontrollarmeen die einfach das Spielfeld besetzen und wegen kurzer Spielzeit (3-4 Runden) nicht die Möglichkeit besteht, die Armee ausreichend zu dezimieren. Populärstes Beispiel war da wohl die Gladius oder aktuell sind es Massenarmeen mit Obsec. Kurz um, Spiele die aus diversen Gründen nicht über die volle Rundenzeit gehen sind unfair. Ich spiele das Hobby, weil ich mich gerne in einem fairen Wettkampf messen will (ich weiß, dass ein Spiel wie 40k nicht die ideale Wahl ist). Deshalb versuche ich faire Bedingungen herzustellen. Mir macht es keine Freude ein Spiel zu gewinnen, weil ich mein Gegner verarscht habe oder ihn psychisch einschüchtere. Beim Zeitspiel kommt man jedoch regelmäßig in die Situation, in der das Spiel nicht fair ist. Man sieht es, merkt es, ist aber hilflos wenn der Gegner es ausnutzt und die Organisatoren nicht pausenlos am Tisch stehen können.
Vor dem Turnier habe ich dann das Thema Schachuhr andiskutiert. Ich will mich einfach nicht lange auf ein Turnier vorbereiten, Figuren kaufen und anmalen, Testspiele machen, hunderte von Kilometern fahren und eine Menge Geld ausgeben um dann verarscht zu werden. Nach der Schachuhrdiskussion hatte ich ein gutes Gefühl, dass mir nicht wieder ein Turnier wegen Zeitspiels versaut wird (weil mich mein Gegner damit unfair um meine Punkte bringt).
Im Spiel gegen Fred gab es dann ein sehr starkes Ungleichgewicht der Spielzeit. Wir waren beide interessiert daran mit einer Schachuhr zu spielen, wir hatten auch beide eine dabei. Allerdings hat Fred sich sehr viel mehr Zeit gelassen. Es ist legitim sich in bestimmten Situationen Zeit zu nehmen, um etwas besonders gut zu stellen oder alle Sichtlinien zu prüfen oder einen zentralen Schritt genau zu durchdenken. Mit einer begrenzten Spielzeit hat man jedoch nur 2-3x die Möglichkeit sich diese Zeit zu nehmen. Entsprechend spielt man unsauber und macht Fehler. Fred hat sich jedoch die Zeit genommen. Bei der Aufstellung, bei jeder Bewegung (es macht einen Unterschied, ob 1 oder 3 Trupps komplett vom Mekschild profitieren; es macht einen Unterschied, ob alle Trupps FnP haben; es macht großen Unterschied, ob man sich mit 170+ Modellen an keiner Stelle den Weg blockiert; es macht einen Unterschied ob jeweils genau die richtige Anzahl an Boys die Zauberer verstärken). Dies führt dazu, dass Fred extrem viel Spielzeit für sich beansprucht. Ich habe im Vergleich dazu mit Blick auf die zur Verfügung stehende Zeit viel weniger Zeit investiert um nachzudenken, jede Sichtlinie zu prüfen (es macht einen Unterschied, ob eine Spitze von einer Figur gesehen wird um den gesamten Trupp zu beschießen) oder ähnliches.
Die Problematik mit der Zeit wurde früh deutlich. Entsprechend habe ich Fred darauf aufmerksam gemacht. Sein Spieltempo hat sich jedoch trotz vieler Hinweise nicht geändert. Auch Hilfestellungen beim schnellen Würfeln hat er abgelehnt. Weil mir deutlich wurde, dass wir das Spiel niemals in der Zeit schaffen werden bin ich zu den Organisatoren gegangen und habe auf das Problem aufmerksam gemacht. Das Organisationsteam steht nun aber in einer blöden Situation. Es gibt keine Regeln, Hinweise und Richtlinien wie man sich in einer solchen Situation verhalten soll. Man möchte keine Spieler verprellen, weil man sie mit Strafen (für langsames spielen) belegt. Auf der anderen Seite möchte man keine unzufriedenen Spieler, die sich verarscht fühlen und im Spiel benachteiligt werden.
Letztlich kam es, wie es kommen musste. Freds Zeit lief in seiner Runde 3 aus. Er spielte einfach weiter und nutze dafür entsprechend meine Spielzeit. Nachdem seine Zeit um 15-20 Minuten überzogen war, hatte ich noch über 35 Minuten auf der Uhr. Leider war die Zeit für das Spiel fast abgelaufen und ich hatte erst 2 Runden gespielt.
An diesem Punkt gibt es keine faire Lösung. Möglichkeit 1: Wird das Spiel in Runde 3 beendet hat Fred trotzdem 30-40 Minuten mehr Spielzeit gehabt. Zudem endet das Spiel in Runde 3. Möglichkeit 2: Spiele nur noch ich, bis meine Zeit abgelaufen ist oder das Spiel vorbei ist, so lösche ich Fred aus und gewinne 20:0 weil er nur noch zuschauen kann. Möglichkeit 3: Spielen wir (weil es das letzte Spiel des Tages war) einfach bis zum Ende und überziehen um mehrere Stunden, dann hat Fred seine ersten Runden viel besser gespielt und ich kann rückwirkend die neue Zeit nicht in die ersten Runden investieren. Das ist wie beim Schach. Wenn ein Spieler 2 Stunden hat und der andere Spieler 1 Stunde. Beide sind dann in Turn 20 und bekommen anschließend 1 Stunde zusätzlich. Der Spieler mit weniger Spielzeit hatte nur halb soviel Zeit seine Züge zu durchdenken und steht einfach schlechter da. Im Fall von 40k hat der Spieler nur halb soviel Zeit die Positionierung, Taktik, Zielauswahl und Sichtlinien zu prüfen bzw. zu optimieren.
Das Organisationsteam fragte uns nach Vorschlägen, wie man mit der Situation umgehen kann. Ich hatte, wie skizziert, keinen guten Vorschlag. Also durfte ich wählen, ob wir 4 Runden spielen sollten oder zuende spielen. Fred bekam zusätzlich die Auflage seine künftigen Züge in maximal 10 Minuten zu spielen. Ich war sehr unglücklich mit der Situation, weil jede Entscheidung unfair war. Ich hatte aber auch keine bessere Idee. Ich bin mit der Hoffnung zum Turnier gekommen, keine weiteren Probleme wegen Zeitspiel zu bekommen und Fred trat meine Hoffnung mit Füßen. Auch in den Folgerunden ließ er sich massiv Zeit, um "alles perfekt zu spielen". Ich war so verärgert, dass ich mich leider dumm verhielt. Ich spielte unkonzentriert, war nur noch genervt und enttäuscht und schenkte Fred schließlich ein 20:0 durch aufgabe, weil ich meine Freunde nicht noch länger gelangweilt rumsitzen und warten lassen wollte. Dieses dumme Verhalten von mir führte zu einer Eskalation der Situation. Ich war so sauer und enttäuscht von Freds Verhalten, dass ich mich entschied das Turnier abzubrechen und noch in der Nacht nach hause zu fahren. Das dies eine dumme Entscheidung ist, muss mir zum jetzigen Zeitpunkt keiner sagen. Meine Teamkameraden und unser Gastgeber Phist bekamen die Situation und meinen Frust natürlich mit. Es folgten mehrere Gespräch mit mir und mit dem Organisationsteam. Schließlich wurde Fred verwarnt und ich bleib Zähneknirschend beim Turnier. (Ich bin auf das Turnier gefahren um, um den Sieg zu spielen. Ein möglicher Sieg war nicht mehr möglich, weil ich durch Freds Zeitspiel "betrogen" wurde.)
In meiner Reihe von dummen Entscheidungen des Abends schrieb ich Fred (den ich eigentlich sehr schätze und dem ich vor dem Turnier noch bei der Optimierung seiner Orkliste geholfen hatte) noch ein paar unreflektierte Nachrichten und warf ihm meine Enttäuschung über sein Verhalten und die fehlenden Konsequenzen an den Kopf. Fred antwortete sehr deeskalierend, schreib aber auch, dass jeder wisse, dass es auf Turnieren keine Konsequenzen gebe. Mit dieser Aussage eskalierte bei mir alles. Gerade weil sie so wahr ist. Fred weiß, dass er in der Zeit nicht fertig wird. Er möchte aber die Vorteile des "perfekten Stellungsspiels", also nimmt er sich die Zeit. Er weiß, dass dies unfair ist aber er nimmt sie sich, weil es eh keine Konsequenzen gibt. Ähnliches gilt für andere Spieler und auch für Themen wie Armeebemalung und Proxxen. Die Turnierorganisatoren werden in sehr unangenehme Situationen gebracht. Man will niemanden bestrafen oder gar disqualifizieren. Diese Zwickmühle der Organisatoren nutzen einige Spieler bewusste zu ihren Vorteil aus.
Um es kurz zu halten. Der Inhalt der Nachricht von Fred fand ihren Weg zum Organisationsteam und Freds nächstes Spiel (gegen Mirko) wurde sehr genau betrachtet. Auch in diesem Spiel war Zeit ein massives Problem. Das Organisationsteam reagierte. Fred wurde disqualifizierte und alle Spiele wurden nachträglich in ein 12:8 Sieg umgewandelt. Ist ein 12:8 ein faires, repräsentatives Ergebnis? Ich kann es nicht sagen, allerdings hat das Turnier und meine Platzierung durch dies alles einen sehr unangenehmen Beigeschmack. Noch einmal an dieser Stelle. Das soll keine Kritik an der Orga sein. Die Orga hat in meinen Augen richtig gehandelt und ein gutes Fingerspitzengefühl bewiesen. Es tut mir sehr leid, dass ich so viel schlechte Stimmung verbreitet habe und durch mein Spiel mit Fred so viel Unruhe entstanden ist. Hätte ich reflekierter gehandelt und das Spiel in Runde 3 beendet, wäre es wahrscheinlich ein knapper Sieg für mich gewesen (vielleicht ein 12:8). Das hätte viel Ärger erspart. Es tut mir auch für Fred leid, den ich sehr schätze. Der auf ein Turnier gefahren ist, sich gefreut und vorbereitet hat und letztlich disqualifiziert wurde. Aber trotzdem finde ich die Disqualifikation angemessen. Ich glaube nicht, dass Fred sein Zeitspiel böse gemeint hat oder gezielt eingesetzt hat. Ich denke Fred hat nie wirklich darüber nachgedacht, wie unfair sein handeln für die Gegner ist. Wie unfair es ist, wenn ein Spieler doppelt so viel Zeit hat um über alles nachzudenken, alles sauber zu positionieren. Fred möchte so gut wie möglich spielen. Wenn er das möchte, kann er das Spiel aber niemals in der Zeit schaffen. Und darin liegt für mich die Berechtigung für die Disqualifikation. Er weiß, dass er es nicht schafft und macht es trotzdem, weil er weiß, dass es nie eine Konsequenz gibt.
So blöd alles gelaufen ist. Ich hoffe, dass wir etwas aus dieser Situation lernen können. Zu aller erst ich, der in einer solchen Situation nicht so an die Decke gehen darf. Aber auch die Spieler. Die Regeln sind klar, reizt doch nicht immer die Grenzen aus und macht den Organisatoren damit die Arbeit so schwer. Die Orga kann nur Lose-Lose Entscheidungen treffen, wenn die Spieler sich nicht an die Absprachen halten. Auf dem Turnier kam die Idee auf, dass über Engelshäubchen und/oder die TTM eine Empfehlung für Turnierorganisatoren entsteht. In dieser Empfehlung werden typisches Fehlverhalten und mögliche, empfohlene Konsequenzen bereitgestellt. Die Spieler wissen dann im Vorfeld, was für eine Konsequenz ihre Verfehlung zu erwarten hat. Gleichzeitig wird der Druck von interessierten Organisatoren genommen eine Entscheidung zu treffen.
Ich überlasse es Engelshäubchen eine Empfehlungliste auszuarbeiten. Nach dieser ausführlichen Stellungsnahme werde ich mich zu dem Thema nicht weiter äußern. Ich werde mir nun eine kleine Auszeit aus dem Hobby nehmen und das ganze Wochenende verarbeiten. Ich hoffe, dass mich die Lust schnell wieder überkommt und ich in ein paar Wochen den Weg zurück auf Turniere finde.