Wissenschaft und Religion schließen einander grundsätzlich nicht aus. Das wussten schon Newton, Kant und Einstein.
Das ist so falsch.
Und bei aller liebe: Kant und Newton sind große Geister (Newton eigentlich weniger, aber die Anekdote mit dem Apfel war eben einprägsam...) aber keine Wissenschaftler. Vor dem 19. Jahrhundert kann man schwer von Wissenschaft reden. Newton löste sicher in England die naturwissenschaftliche Revolution aus, war aber selber kein wirklicher Vertreter und wird nicht ganz grundlos (er beschäftigte sich auch mit übernatürlichen Phänomenen und Alchemie) als 'letzter Magier' bezeichnet.
Was richtig ist: auch ein Wissenschaftler kann religiös sein, das schließt sich nicht aus.
Man kann sogar einerseits totaler Käse vertreten und anderseits respektabler Wissenschaftler sein. Kary Mullis wäre ein Paradebeispiel: Nobelpreis für die Entdeckung der PCR (deren Wichtigkeit für moderne Biogenetik kann man gar nicht zu überschätzen - es ist so ziemlich die wichtigste einzelne Entdeckung der letzen 40 Jahre) anderseits "glaubt" er nicht an HI-Viren und behauptet ausreichend Vitamin C schützt vor AIDS. Auch der große Sir Karl Raimund Popper ist einem gewissen Altersschwachsinn verfallen und hat am Ende eine etwas obskure metaphysische "Drei Welten Lehre" vertreten.
Auch in der Kreationismus-Debatte taucht sowas öfters auf. Beispielsweise ist Michael Behe ein führender Vertreter eines "intelligent design" (= Kreationismus unter neuem Namen), der argumentativ kein Bein auf den Boden bekommt (jedesmal wenn er meint die Evolution widerlegen zu können, wird ihm in Rekordzeit sein Fehler aufgezeigt - der musste vor Gericht unter Eid sogar zugeben, dass nach seiner Definition von intelligent design als "wissenschaftliche Theorie" auch Astrologie als solche durchgehen würde
😀) anderseits ist er durchaus respektabler Biochemiker und sogar Lehrstuhlinhaber in diesem Fach.
Wissenschaftler sind, wie alle Menschen, subjektiv. Wissenschaftlichkeit ist in aller erster Instanz eine Methode diese Subjektivität aus dem Prozess der Wissensgewinnung zu eliminieren.
Damit ist es die Antithese zu Religiosität, die nur persönlich d.h. subjektiv erfahrbar ist. Es gibt keine "objektive Glaubenswahrheit".
Ein Mensch kann diese Gegensätze durchaus in sich vereinen, er kann einserseits seine subjektiven religiösen Ideen haben, aber anderseits möglichst objektiv wissenschaftlich arbeiten.
Trotzdem bleiben Wissenschaft und Religion ein Widerspruch. Gott kann kein Gegenstand von Wissenschaft sein und Wissenschaft ist keine religiöse Auslegungssache.
Und noch zu Einsteins Ehrenrettung: Dieser wird oft als "religöser Wissenschaftler" angeführt. Allerdings bezeichnete er sich selber als "religiösen Ungläubigen". Einfach weil seine Konzeption von "Gott" die meisten religiösen Menschen mehr als nur irritieren dürfte. Einstein stand dem Gedankengut des Philosophen Baruch Spinoza nahe. Er war davon und versuchte zeitlebens zu beweisen, daß die sich in der Natur manifestierende göttliche Vernunft von logischer Einfachheit sei.
Über die Religionen schreibt er:
„Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger aber reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann (für mich) etwas daran ändern.“
Oder auch:
„Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens. Und das jüdische Volk, zu dem ich gerne gehöre und mit dessen Mentalität ich tief verwachsen bin, hat für mich doch keine andersartige Dignität als alle anderen Völker. Soweit meine Erfahrung reicht ist es auch um nichts besser als andere menschliche Gruppen wenn es auch durch Mangel an Macht gegen die schlimmsten Auswüchse gesichert ist. Sonst kann ich nichts 'Auserwähltes' an ihm wahrnehmen.“
Einsteins "Religiosität" hat, sehr vereinfacht ausgedrückt, einen anderen Aspekt: es ist an sich ein riesengroßer, glücklicher Zufall (an sich genommen ist die Chance auf diesen Zufall so klein, das es eben kein Zufall sein kann, sondern quasi schon Gott
😉) dass sich das Universum nach den Gesetzen der Physik und Mathematik richtet. Dafür gibt es eigentlich keinen Grund, das Universum macht das einfach: es hält sich an mathematische Regeln (der elende Streber...). Und das ist halt schon irgendwie göttlich bzw. kann in einem Menschen eben das staunen ob der göttlichen Perfektion des Universums auslösen. Das Universum als ganzes ist sozusagen Gott. Man kann das vereinfacht Pantheismus nennen, trifft es aber auch nicht so ganz.
Aber man kann das jetzt als eine gewisse Religiosität betrachten. Aber ein allmächtiger Gott der über oder außerhalb des Universums steht hat darin keinen Platz, ebensowenig wie alte Männer mit langen Bärten oder sonstige "primitive Legenden".