Ich kann NightGoblinFanatic voll und ganz verstehen, kann es aber auch nur mit Beispielen erklären:
Der Fußball-Laie sieht ein paar Leute, die hinter einem Ball herjagen und ist der Meinung, dass der, der die besseren Spieler hat wohl auch das Spiel gewinnt. Dem Fußball-Laien zu erklären, dass gerade im Profi-Bereich Taktik gefragt ist, bleibt ein hoffnungsloses Unterfangen.
Schach: Für mich ist Schach ein B&B-Spiel! Warum? Weil ich zu blöd bin beim Schach mehr als 3 Züge voraus zu denken, so schiebe ich ein paar Figuren hin und her, die sich nun auch nicht wesentlich in ihrer Spielmechanik unterscheiden. Ich glaube wir sind uns alle einig, dass Schach doch etwas mit Taktik zu tun hat, auch wenn einem die tiefere Taktik beim Schach als blutiger Anfänger verwehrt bleibt.
Poker: Man möchte meinen, dass einzig die Karten entscheiden, wie gut man abschneidet.... tatsächlich sitzen aber immer die selben Gestalten an den Pokerfinaltischen!
Stein, Schere, Papier: Was sich nach einem dummen Zufallsspiel anhört, beinhalten tatsächlich interessante taktische Aspekte. So gibt es Statistiken, dass unbedarfte Anfänger mit überwältigender Mehrzahl Stein als erste Wahl treffen (Männer), bzw Papier bei Frauen. Schlägt man den Gegner in der ersten Runde muss man abschätzen, wie dominant und zielstrebig sein Gegner ist. So trauen sich wiederum die Spieler mehr oder weniger nochmals die gleiche Figur zu nehmen.....
Ich glaube man weiß, worauf ich hinaus will. Jedes Spiel mit taktischen Potential kann exzessiv betrieben werden und entfalten je nach Intensität das volle taktische Potential. Alle oben genannten Beispiele können auch oberflächlich gespielt werden (was nicht abwertend gemeint ist) und können dann in ihrer taktischen Tiefe verkannt werden.
Warum ist das taktische (Miß-)Urteil nervenraubend? (im Bezug auf WH40k)
Es sind die Schlußfolgerungen, die durch das typische Klischeedenken geprägt sind!
- neuer Codex -> stärkster Codex
- Liste entscheidet über den Erfolg
Beides ist nunmal falsch, insbesondere ältere Regelwerke wie der Eldar-Codex oder auch Dark Eldar werden heute noch erfolgreich gespielt, lediglich die sinnvolle Einheitenvielfalt ist bei neueren Regelwerken höher.
Ebenso wenig werden immer nur neue Modelle mit Regeln gepusht, LR und Bosstruppen der Orks hat es immer schon gegeben und sie waren auch schon immer gut, es ist obendrein keiner gezwungen, seine alten Modelle durch neue zu ersetzen. (wie es immer geschrieben wird)
Das die Liste den Hauptgrund (zusammen mit Würfelglück) für einen Sieg ist, stimmt nunmal auch nicht! Nicht umsonst stehen immer die selben Spieler auf den Topplatzierungen und eben nicht immer die selben Listen. (und so komplex sind die Regeln nicht, dass es daran liegen könnte, dass die Topspieler halt alle Armeen kennen)
- Balance: Man kann es langsam wirklich nicht mehr hören! Wenn jemand meint, WH40k sei nicht taktisch, berücksichtigt alle Völker (inkl. aller Varianz), alle Spieltische, alle Missionen, alle Konstellationen und nicht nur seine 3 Spielerkollegen und seine 2 Turniere, zu denen man fährt, dann würde mich doch stark interessieren, wie man zu diesem finalen Urteil kommen kann!? Für mich hört sich das nach einer Menge Faktoren an, die man so einfach nicht unter einer Skala anordnen kann! Wie so etwas funktioniert sieht man im übrigen in einem anderen Topic, in dem (wieder mal) diskutiert wird, welche die stärkste/schwächste Armee ist. Ein Blick auf die gespielte Armee verrät vieles, die eigene Armee wird nie unter den besten 5 Armeen genannt, Armeen, gegen die die eigene Liste etwas schlechter gestellt ist (und nur gegen diese Liste, nicht prinzipiel) ist unter den Top 5 zu finden!
Es fallen leider viele Spieler dem Trugschluss zum Opfer, dass Armeen, von denen man richtig vermöbelt worden ist, außerhalb der Balance liegen. Geht man dann noch dazu davon aus, dass Taktik keinen Einfluss auf das Spielgeschehen hat, dann dreht sich die Spirale weiter, man verliert, schließt eigenes taktisches Unvermögen aus und weil man nunmal haushoch verloren hat, muss das Balancing schuld sein. (und man hat nun einen vermeintlichen Beweis gefunden)
Würfelglück/- Pech relativiert sich im Laufe vieler Partien. Dies wird oft dadurch forciert, das viele Spieler dazu neigen, die "rundum-sorglos Pakete" wie Bossbiker (RW, DW, Dok, Klauen, guter Beschuss) oder LR (inkl.Termi-Trupp) zu schnüren, welche Schutz bieten, gut austeilen und einen nie enttäuschen! Allein innerhalb der Orks stampfen aber die kaum genutzten Gargbosse die Bossbiker in den Boden, müssen aber mangels Retter mit Bedacht (und Taktik) eingesetzt werden, mit Bossbiker überrumpelt man eher Gegner, die selbst auf der Suche nach Sorglospaketen sind!
Laaaaaange Rede, kurzer Sinn:
Wenn nicht jedesmal die alten Gassenhauer am Ende stehen würden (kein balance, Barteinheiten, keine taktische Tiefe...), die eben schon aus Prinzip genannt werden, könnte man das ja alles stehen lassen. Wenn einer mehr taktischen Tiefgang in anderen Spielen vermutet, sei ihm das gegönnt. Für mich bietet WH40k mehr taktischen Tiefgang wie Schach, nicht weil das Spielsystem darauf mehr ausgerichtet ist, sondern weil ich mich mit Schach nur oberflächlich beschäftige.
Um es nochmals in einem einfachen Beispiel auszudrücken, nervig ist: Du gewinnst ein Spiel, weißt, dass du tolle taktische Manöver hingelegt hast, weißt, dass der Gegner Mist gebaut hat und bekommst als Resonanz... Ja, kann man nix machen, Armee xy hat halt keine Chance gegen Armee xgf, sch...GW, die bekommen nicht einmal ein tolles Regelwerk hin! (natürlich sehr überspitztes Beispiel, nicht dass dies so einer gesagt hätte)
Ich würde mal die These wagen: Wenn GW die perfekte Balance und ein gerechtes Regelwerk hinbekommen würde, dann würde es keiner merken 😀