Ich hab den Film heute abend gesehen, und bin sehr, sehr angetan. Ich ging mit Befürchtungen hinein, dass eine schwache Story bzw. ein schwaches Skript in einer Grafikflut ertrinken.
Dem war nicht so. Die Story war natürlich etwas absehbar, aber logisch konstruiert (Heldenqueste und so, wenn auch mit Happy End). Die visuelle Umsetzung war virtuos, und ich bewundere die konsequente Umsetzung der jeweiligen Designkonzepte für das Naturvolk und die Technokraten, einschließlich subtiler Farbnuancen für unterschiedliche "Gefühlswelten".
Der Kulturkonflikt wurde mE durchaus angemessen visualisiert und behandelt, wenn auch der Kürze des Films entsprechend komprimiert. Allerdings waren die "Eingeborenen" ja nicht wirklich fremd, wie das in den zahllosen Behandlungen des Topos in der Scifi-Literatur auch schon besser umgesetzt wurde; die Interpretation des "Weltgeistes" als "hoch- und herunterladbares Netzwerk" ließ mich schon mit den Zähnen knirschen... ansonsten empfand ich den "Pocahontas-Plot" schon als wahrnehmbar, aber wie gesagt, das hab ich schon so oft und so oft so viel schlechter gesehen, dass es hier schön gemacht wurde.
Das Einzige, was mich bis zur Pause wirklich irritierte, war die Tatsache, dass die Na'vi als einzige Spezies der pandoranischen Großfauna nur vier Gliedmaßen aufwiesen (da hab ich mich mit einer Bekannten unterhalten, die mich als Biologin auf verkümmerte Gliedmaßen z.B. bei Walen hinwies, die man äußerlich ja auch nicht mehr sieht).
Ansonsten ist das Konzept als einzige Intelligenzlebensform mit aufrechtem Gang und Werkzeugfähigkeit sehr schön durchgezogen worden, aber mit sechs Gliedmaßen (z.B. zwei zusätzlichen, evtl. rudimentären Armen) hätten sie doch fremdartiger gewirkt (vielleicht zum Besseren; Zuschauerempathie außen vor). Ich denke aber, dass dies (wie zuvor von anderen bemerkt) eine gewollte Entscheidung war, um die Na'vi sowohl dem Publikum als auch den "positiven Menschencharakteren" begreifbar und akzeptabel zu machen; wären die Außerirdischen viel fremdartiger, oder "unbegreifbar" (wie z.B. in diversen Orbit-Hospital-Romanen oder Poul Andersons "Kontakt mit Jupiter"), so wäre man vermutlich gar nicht auf den Gedanken einer Kontaktaufnahme gekommen und hätte sie als "unnatürlich" ausgerottet.
Absolut herausragend fand ich jedoch die Fähigkeit Camerons, die enormen Einzelleistungen zu einem in sich nahezu absolut stimmigen Ganzen, und ich will doch sagen Gesamtkunstwerk zusammenzuführen. Herausragende Einzelvignetten wie die Anfangssequenz bis zum Briefing durch den Oberst, das Mechadesign der Menschen (schöne Selbstzitate und Hommagen an populäre Topoi), die tolle Farbregie für den Dschungel betonen nur, wie gelungen der ganze Film ist, und stechen nicht als wenige traurige Höhepunkte aus einem mediokren Massenprodukt hervor.
Als Fazit: Ja, es ist ansprechende Unterhaltung für ein breites Publikum. Ja, es ist virtuose (vielleicht nicht grandiose) Filmkunst. Ja, der Film hat seine Schwächen. Aber eines ist dieser Film NICHT: stumpfes, vorgekautes Popcornkino. Und das sage ich als sehr wählerischer Filmkonsument, der vielleicht 3x im Jahr ins Kino geht, weil er die überwiegende Mehrzahl des Angebots als unannehmbar ansieht.