Vielen Dank für das viele Feedback. Ich fand die Stelle einfach praktisch, etwas in die neuen Waffensysteme einzuführen, um eben später die Geräte im Einsatz nicht so ausführlich behandeln zu müssen. Und es scheinen ja einige der gleichen Meinung zu sein.
Heute kommt erstmal der letzte Abschnitt mit "langweiliger" Story, ab dem nächsten mal geht für die nächsten sechzig Seiten die Action ab. Raumschlachten, Geballer, viel Blut und Lärm. Mit der einen oder anderen Szene bin ich zwar immer noch nicht zufrieden, aber wird es halt tun müssen. Vielen Dank mal wieder an SHOKer für die Korrektur, hab deine Anregungen umgesetzt.
Zurzeit läuft mal wieder der Storywettbewerb
http://www.gw-fanworld.net/forumdisplay.php?f=301
jeder kann abstimmen und die Geschichten bewerten. Sind ein paar nette Geschichten darunter, reinschauen lohnt sich also.
Position:
Segmentum Pacificus
Warpraum auf dem Weg zum Verräterstern
provisorisches Flaggschiff der Konföderation des Lichtes "Blaue Festung"
Zeit: 2 296 996.M41
Person: Gerechter Zorn
Schwester Gerechter Zorn betrachtete ihr Gesicht in der Spiegelung des blank polierten Silbertabletts. Es schien das einer Fremden zu sein oder wie sie vielleicht vor zwanzig oder gar dreißig Jahren ausgesehen haben mochte. Das Grau in ihren Haaren war verschwunden, auch alle Falten des Alterns und Narben ihrer vielen Kämpfe. Ihre Augen sahen beide natürlich aus, auch wenn sie nun beide durch leistungsfähige Sichtsysteme ersetzt worden waren, die es ihr ermöglichten, bei totaler Dunkelheit immer noch gut zu sehen. Eine Operation und ein Woche in einem dieser seltsamen Regenerationstanks hatte ausgereicht, um das aus ihr zu machen. Und die meisten Veränderungen gingen tiefer, verschiedene Implantate waren ihr eingesetzt worden. Sie hatte nun ein Interface, um eine schwere Rüstung direkt steuern zu können. Ein Halsfiltersystem schützte sie vor Giftgas, Blutfilter vor Gift. Im Ohr hatte sie ein kleinen Lautsprecher und im Hals ein Mikrophon, was zu einem kleinen implantierten Funkgerät zusammenlief.
Bekleidet war sie mit einer blauen, reich verzierten, repräsentativen Rüstung. Als Hauptmann der Leibwache der Lichtbringerin musste man wohl optisch etwas hermachen. Kleider machen Leute, hatte ihre Zofe immer gesagt und die hatte durchaus damit rechtgehabt. Gerechter Zorn war vom hohen Adel und man musste auch so aussehen. Trotzdem sehnte sich die Nonne nach einer einfacheren Rüstung, in der sie nicht wie ein wandelnder Kronleuchter aussah.
Sie stellte zwei Teetassen und eine Kanne mit dampfendem Tee auf das Tablett, dazu noch ein Schälchen mit Keksen. Nach der Borduhr war es jetzt nach zwei Uhr nachts, mitten im Schlafzyklus. Aber die Lichtbringerin ruhte noch nicht und Schwester Gerechter Zorn wusste, dass sie solche kleinen Snacks zu schätzen wusste. Eigentlich war es nicht ihre Aufgabe, Tee zu servieren. Aber bei Gavri war das eben etwas ganz Anderes. Die Nonne nahm das Tablett und balancierte es durch den Vorraum von Gabriels Empfangszimmer, Gerechter Zorns eigentlichem Büro und zurzeit ihr primärer Arbeitsbereich. An ihr mussten die ganzen geladenen Gäste vorbei, wenn sie eine Audienz bei der Lichtbringerin hatten. Das machte sie mehr zur Vorzimmerdame als zum Hauptmann der Leibwache der Lichtbringerin. Aber das gehörte nun einmal zu ihren Pflichten, auch wenn sie diese abgrundtief zu hassen gelernt hatte. Es gab einige "Gäste", die sie am liebsten mit ihrer Schwertlanze ausgeweidet hätte, so widerlich und verkommen waren diese Kreaturen. Und nie waren sie zufrieden, wann sie mit der Audienz drankamen und andauernd kamen Lakaien mit kleinen Aufmerksamkeiten oder ganz offenen Bestechungsangeboten, um einen vorgezogenen Termin zu bekommen, da ihr Stand dies einfach verlangte, vor irgendwelches Pack vorgelassen zu werden. Das "Pack" waren meist ganz normale Leute, die aus einem ihr nicht bekannten Grund für Gavris Pläne wichtig waren. Je mehr Gerechter Zorn der Lichtbringerin bei der Arbeit zusah, desto weniger verstand sie. Es war, als hätte sie die Teile aus drei Puzzeln vor sich liegen und keine Ahnung, welche nun welchem Set gehörten, geschweige denn, wie sie zusammenpassten.
Erst vorhin war einer der widerlichsten "Gäste" überhaupt erschienen, um sie ganz persönlich zu nerven. Die Lichtbringerin hatte diesen Versuch vorhergesehen und ihr detailreiche Anweisungen gegeben, wie sie sich gegenüber diesem Fatzke namens Ronald XI von Olayinka zu verhalten hatte. Dieses Schwein erinnerte sie von seiner ganzen Erscheinungsform an ihren Ex-Verlobten, der war auch so eine aufgedunsene fette Qualle gewesen, der sich hauptsächlich mit einem Thron auf einem Schwebefeld fortbewegt hatte. Der Thron von Ronald XI war allerdings aus massivem Gold und wurde von vier Sklavinnen gezogen, die wenig mehr als ein Riemengeschirr trugen. Wie Pferde wurden sie auch behandelt. Die Dynastie von Olayinka war verrufen, nicht nur wegen ihres sprichwörtlichen Reichtums, sondern auch wegen ihrer Dekadenz und Inzucht. Niemand war so reich wie sie im Segmentum Pacificus, deswegen stand jede Familie weit unter ihnen. Manchmal nahmen sie frisches Blut auf, wenn es einen klangvollen altehrwürdigen Namen hatte oder aus politischen Erwägungen heraus. Aber meistens heiratete die Herrscherfamilie von Olayinka unter sich, was ihrem Aussehen und ihrer geistigen Gesundheit nicht gerade entgegenkam. Aber bis jetzt hatte keine imperiale Organisation eingegriffen, Hauptsache der Zehnt wurde entrichtet. Das Olayinka System war eine einzige Festung, manche Spötter behaupteten, selbst die Abwehr von Terra wäre nur eine müde Kopie der Festungen von Olayinka. Die dort diensthabenden Söldnertruppen gehörten zu den bestbezahlten in der ganzen Galaxis.
Die Tür öffnete sich automatisch vor ihr und sie betrat das repräsentative Arbeitszimmer der Lichtbringerin. Die Teppiche waren blau, mit goldenen Fleur-de-Lys, die Wände mit Bannern der Legion, Engelsgarde und Flotte behangen. Die Vorhänge, welche den Raum in zwei Hälften teilten, waren aufgezogen und gaben den Blick auf eine Wand voller Cogitatoren, Terminals und mehreren Holoprojektoren als visuelle Ausgabegeräte frei. Gabriel saß mit dem Rücken zu ihrem einfachen Schreibtisch und beschäftigte sich mit den Plänen der "Werft", wie sie das Großprojekt bescheiden nannte. Jede freie Minute arbeitete Gabriel daran, die Konstruktionspläne für dieses Projekt zu erstellen. Durch ihre Fähigkeiten war sie in der Lage, mehrere Abschnitte zugleich zu bearbeiten. Wie von Geisterhand bewegt, klackten die Tasten mehrere Cogitatoren, die sie mit ihren psionischen Kräften gleichzeitig bediente. Auf mehreren Holos war zu sehen, wie Pläne von etwas, das sie nicht zuordnen konnte, Gestalt annahm.
"Ich habe dir etwas Tee gemacht und ein paar Plätzchen gebracht, Lichtbringerin", sagte sie und stellte das Tablett auf den Tisch. Die Lichtbringerin drehte sich zu ihr um und sah sie mit einem übermüdeten Gesicht an. Morgen würde sie strahlen und makellos sein, aber jetzt sah sie nur aus wie ein Teenager, der gerade von einer ausufernden Party kam und auf dem letzten Drücker noch seine Hausaufgaben erledigen musste.
"Ich danke dir, Gerechter Zorn. Gerade eben dachte ich noch, wie schön jetzt ein warmes Tässchen von deinem wunderbaren Tee wäre." Für einen kurzen Moment überlegte Gerechter Zorn, ob sie vielleicht von Gabriel manipuliert worden war, schob dann den Gedanken wieder zur Seite. Sie schenkte sich beiden eine Tasse ein und setzte sich dann auf einen der bequemen Besucherstühle.
"Kotzbrocken Ronald XI von Olayinka war hier, er hat jetzt den ersten Termin um neun, der eh frei gewesen war. Seine Abscheulichkeit gab mir das hier als Bestechungssumme." Sie zog aus einer Innentasche ihres Wappenrockes ein goldbesticktes samtenes Beutelchen, in dem sich Credits mit einem Nennwert befanden, die sie noch nie vorher gesehen hatte – und sie entstammte einer reichen Adelsfamilie. In dem Beutelchen befand sich der Gegenwert eines Schlachtschiffes. Geld bedeutete für einen Herrscher von Olayinka offenbar nichts. Wer die ergiebigsten Adamantiumminen des Segmentes besaß, verlor wohl das Verhältnis zu jeglichen Relationen und nicht nur, was Geld an sich anbelangte.
"Gut gemacht." Gabriel ließ den Beutel, ohne den Inhalt zu prüfen, in einer der Schubladen ihres Schreibtisches verschwinden. Wahrscheinlich wusste die Lichtbringerin durch ihre Kräfte, was sich darin befand.
"Ich frage mich nur, warum du dich mit diesem Stück, Entschuldigung, aber ich kann kein anderes passendes Wort für ihn finden, Scheiße abgibst. Er behandelt seine Sklavinnen wie Dreck, seine Pagen sind seine Spielzeuge und er ist eine Abscheulichkeit, die kein Recht zu leben hat. Allein schon mit ihm zu reden, befleckt die Seele eines normalen Menschen. Er verdient den Tod!" Gerechter Zorn redete sich ihre Wut vom Leib.
"Den wird er auch bekommen und sein Tod wird lang und äußerst schmerzhaft sein", erklärte Gabriel scheinbar ungerührt. "Aber nicht du wirst sein Tod sein, andere werden das übernehmen."
"Ich verstehe nicht."
"Er ist ein Köder. Ronald XI kann sich fast alles kaufen, nur Unsterblichkeit und einen schönen Körper nicht. Jedenfalls nicht ohne Nebenwirkungen, wie sie ein Pakt mit Dämonen oder Haloartefakten dieser Art so mit sich bringen. Das habe ich ihm angeboten, Unsterblichkeit im ewig jugendlichen Körper eines Gottes ohne so hässliche Nebenwirkungen, sich in ein riesiges Insekt zu verwandeln oder seine Seele einem Dämon zum Fraße vorwerfen zu lassen."
"Das ist Blasphemie!", rief Gerechter Zorn empört.
"Er wird es auch nur scheinbar bekommen. Es wird eine Menge Mühe kosten, ihm seinen Wunsch auch nur scheinbar zu erfüllen, aber für die zwei Jahre, die er noch in Freiheit verbringen wird, reicht es. Und das Adamantium, dass wir dafür bekommen, ist die Mühe mehr als nur wert. Gouverneur Ronald XI spielt in meinen Plänen eine wichtige Rolle, er wird mir eine Flotte von schwarzen Schiffen vom Hals halten, die sich in seinem System austoben wird. Allerdings wird es selbst der Inquisition nicht gelingen, das System im ersten Anlauf zu nehmen. Aber sie werden es mir sturmreif schießen und ich pflücke dann die Früchte ihrer Arbeit." Gabriel lachte leise auf und knabberte dann an einem Keks.
"Ich verstehe immer noch nicht, was du mir nun eigentlich genau erzählt hast.", meinte Gerechter Zorn etwas verwirrt, da sie den Worten der Lichtbringerin nicht wirklich zu folgen vermochte. Schwarze Schiffe? Schiffe der Inquisition? Kamen die Senatshörigen ihnen so schnell auf die Schliche?
"Du musst wissen, in diesem Moment macht Havilah das, was sie am besten kann, nämlich petzen, um es mal wie Gavri auszudrücken. Gerade jetzt steht diese halbwahnsinnige Zelotin im Büro eines Inquisitor des Ordo Hereticus mit dem Namen Herad Tabelmann und präsentiert als Beweis für ihre Erzählung einen Helm der Khorne Berserker, die ich auf dem Schiff getötet haben. Dessen Helmkamera war die ganze Zeit an und hat mein Gespräch mit Prinz Eunice wie auch meine Rede an die Pilger aufgezeichnet. Das wird ihm ziemlich zu denken geben. Und es wird weite Kreise ziehen. Tabelmann wird die Aufnahmen nach Terra schicken, der dortige Chefanalytiker Konstantinus wird mich als primäres Vernichtungsziel empfehlen und der Senat eine Alpha Majoris Terminus Verfügung erlassen. Neun Jagdtrupps werden ausgesandt werden, wie es die Vorschrift bei einem Alpha Majoris Terminus verlangt, um mich zu finden und dann zu töten. Und drei dieser Trupps, geführt von Großinquisitoren, werden bald davon hören, dass der Gouverneur von Olayinka damit prahlt, dank einer gewissen Lichtbringerin unsterblich und mit dem Körper eines Gottes gesegnet zu sein. Diese drei Trupps werden eine Kabale bilden, ihre Ressourcen zusammenlegen, eine imperiale Flotte zusammenziehen und das System stürmen, um Ronald XI zwecks peinlicher Befragung um seine Informationen zu erleichtern und als Warnung an alle, sich mit mir ja nicht einzulassen. Allerdings werden diese Flotten aufgerieben werden, auch wenn sie massiven Schaden an den militärischen Anlagen im System vorher anrichten werden. Wobei es trotzdem einem kleinen Kommando gelingen wird, den Gouverneur gefangen zu nehmen. Das wird den einzigen überlebenden Inquisitor für längere Zeit beschäftigen. Währenddessen nehmen wir das angeschlagene Olayinka System mit minimalen Verlusten ein und bauen das für meine Pläne dringend benötigte Adamantium ab, ohne dafür ein gigantisches Vermögen ausgeben zu müssen."
"Ich verstehe, aber ist das nicht sehr risikoreich? Und sieht diese fette Sau nicht viel zu viel hier? Da sind dann noch andere Inquisitoren hinter dir her."
"Das ist notwendig, um Inquisitor Herad Tabelmann nach Ghersom IV zu bringen. Er wird dort eine wichtige Aufgabe erfüllen, hoffe ich zumindest. Die Ströme der Zeit um Tabelmann sind sehr in Bewegung, aber die Chancen stehen gut, dass er dort letztendlich das tut, was ich von ihm erhoffe. Seine Aktion auf Ghersom IV wird wiederrum einige andere für mich wichtige Ereignisse auslösen. Und eines davon wird wirklich entscheidend sein. Und die anderen Inquisitoren und ihre Jagdtrupps werde ich zu beschäftigen oder auszuschalten wissen. Und manch einer wird mir mit seinen Aktionen in die Hände spielen. Und was Ronald XI Erinnerungen betrifft, die werde ich manipulieren und seinen Geist verschließen. Dadurch werden die verhörenden Explikatoren nicht auf konventionellem Weg an die von ihnen erhofften Informationen herankommen, sondern sind auf Psioniker angewiesen, die meine Manipulation rückgängig machen werden. Dafür werden sie sehr mächtige Psioniker brauchen und die werden schließlich antreten, um meinen Bann zu lösen. Und sobald das geschieht, wird sich der Körper von Ronald XI in etwas verwandeln, was ihnen noch einige Kopfschmerzen verursachen wird." Gerechter Zorn fragte sich, was das wohl sein würde. Aber diese Thematik interessierte sie nur am Rande und sie sprach ihre Bedenken aus.
"Das sind immerhin Inquisitoren, unterschätze so einen Mann nur nicht. Ich habe mal einen gesehen, mit denen ist nicht zu spaßen."
"Ich weiß, aber ich brauche Herad Tabelmann, er ist sehr wichtig, wirklich wichtig, auch über Ghersom IV hinaus. Mit ihm steht und fällt mein primärer Plan, die gesamte Menschheit zu retten. Und Herad Tabelmann ist kein Mann, dem man einfach sagt, was er zu tun hat. Man muss ihn den richtigen Weg selbst finden lassen oder er wird tausend Möglichkeiten finden, einen zu bekämpfen. Ohne ihn werde ich große Abstriche machen müssen. Auch, wenn ich nicht bald die Pläne fertig bekomme." Das war wohl ein deutlicher Hinweis, dass Gerechter Zorn genug Zeit ihrer Heiligkeit in Anspruch genommen hatte. Aber die Schwester war noch nicht fertig, dazu lag ihr noch zu viel auf der Zunge, das gesagt werden musste.
"Manchmal habe ich das Gefühl, das alles ist für dich nur ein großes Spiel und wir nur Figuren auf einem Königsmordbrett, die du beliebig hin und her schiebst."
"Der Vergleich ist durchaus zutreffend. Nur das es nicht ein Brett ist, auf dem ich spiele, sondern simultan mit Millionen von Spielbrettern, die sich teilweise gegenseitig beeinflussen und auf denen ich nur indirekt überhaupt Zugriff habe. Wir sind alle Figuren in einem sehr großen Spiel. Manche sind zum Opfern da, andere zum Schlagen."
"Und was bin ich für dich? Ein Opfer?"
"Nein, Du bist mir wichtig, zum einen weil du Gavri wichtig bist. Du bist so etwas wie ihre Mutter für sie. Ein Halt in dieser Welt, den sie noch dringend benötigt. Und zum anderen, weil ich jemand brauche, der mir ab und zu den Kopf wäscht und mir zeigt, was wesentlich ist und was nicht. Du bist mit etwas gesegnet, was nur wenige haben, einen gesunden Menschenverstand und den Mut zu sagen, was du denkst."
"Gut, dann sage ich dir jetzt, dass du dir öfters mal etwas Schlaf gönnen solltest. Und ab und zu mal eine kleine Unterrichtseinheit einfügen solltest. Gavris Körper ist noch nicht ausgereift, sie braucht den Schlaf. Und sie braucht Training."
"Ich weiß, es tut mir auch Leid, dass ich ihr am Tag nur zwei Stunden Ruhe gönnen kann. Mir ist klar, dass dieser Körper noch sterblich ist und gute Pflege braucht. Aber diese Pläne hier sind essentiell wichtig. Diese Werft muss so schnell wie möglich gebaut werden, jeder Tag Verzögerung wird ungezählte Menschenleben kosten."
"Kann dieser Ostwald das nicht machen?"
"Chefingenieur Ostwald ist ein äußerst kompetenter Mann und ein technisches Genie, aber er ist mit vielen Projekten schon über seine Grenze ausgelastet. Auch ist das, was ich hier plane, noch zu hoch für ihn. Er bräuchte Jahrzehnte, um diese Werft zu konstruieren."
"Woher kennst du dich eigentlich so gut mit Technik aus? Lernt man so etwas an dem Ort, woher du kommst?"
"Nein, mit Technik beschäftigen sich Engel normalerweise wahrlich nicht." Gabriel lachte herzlich in der Art, die sie bei der kleinen Gavri lieben gelernt hatte, und was sie nach dem Tod ihres Vaters nur noch selten gemacht hatte. "Ich wurde darin von Menschen ausgebildet und schließlich habe ich selbst Ingenieure ausgebildet. In meiner ersten Inkarnation habe ich viel gelernt auf dem Schlachtenträger, auf dem ich im Achten Maschinenkrieg auf Gottes Geheiß hin der Menschheit gedient habe. Diese Schiffe waren ausgelegt, autark Jahrzehnte lang zu operieren. Die Familien der Besatzung lebten auf diesen Schiffen, Kinder wurden gezeugt, wuchsen heran und wurden ausgebildet. Es gab sogar Universitäten und Militärakademien auf diesen gewaltigen Schiffen. Und im Laufe der Jahrhunderte meiner Stationierung habe ich jede Ausbildung absolviert, die dort angeboten wurde. Damals war der letzte Höhepunkt des sogenannten dunklen Zeitalters der Technologie. Du glaubst gar nicht, was damals technisch möglich war. Deswegen bin ich auf jedem technischen und medizinischen Fachgebiet mit einem Wissen gesegnet, welches kein menschliches Wesen in dieser Galaxie mehr beherrscht."
"Aha und diese Werft konstruierst du einfach mal so aus dem Ärmel?" Die Lichtbringerin lachte ein weiteres mal herzlich auf.
"Nein, ich habe in Gedanken diese Werft wie auch die Schiffe, die darauf gebaut werden, während meines Jahrtausende währenden Exils konstruiert. Ich hatte ja sonst recht wenig zu tun."
"Tun es die Schiffe, die wir im Verrätersystem erobern werden, nicht auch?"
"Nein, ich brauche einen ganz speziellen Typ von Schiffen, um diese Aufgabe zu erfüllen."
"Nun gut, dann noch etwas Anderes. Ich hasse meine Rüstung, ich sehe darin aus wie ein Kronleuchter. Ich will ein einfaches Aussehen."
"Ich finde die Rüstung schick, aber wenn du ein Neudesign willst, gut, rede mit Ingenieur Dezan, er ist für die Rüstungen zuständig. Entwickle mit ihm zusammen ein neues Muster."
"Das werde ich morgen gleich tun, sobald meine Pflichten es zulassen. Ach ja, die Kinder vermissen Gavri."
"Geht es den zwölf hier nicht viel besser?"
"Sie haben es sicher hier gut, aber sie vermissen ihre Ziehmutter. Gavri war die letzten Jahre ihr einziger Bezugspunkt und sie fragen jeden Tag nach dir, ob du nicht etwas Zeit für sie hättest. Es bricht mir jedes Mal das Herz, sie abwimmeln und auf ein anders Mal zu vertrösten zu müssen." Die Lichtbringerin seufzte und sah auf einmal sehr Milde aus.
"Siehst du, genau deswegen bist du mir so wichtig. Wie kann ich die Menschheit retten, wenn ich nicht mal zwölf unschuldige Kinder trösten kann? Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich Morgen zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr Bordzeit noch einen freien Termin, belege ihn mit den zwölf. Gavri und ihnen wird es gut tun, mal wieder zusammen zu sein."
"Ich werde das veranlassen, Lichtbringerin. Vielen Dank. Und noch etwas. Ich finde das Benehmen von diesem Lino Lope einfach unmöglich. Gestern hat er versucht, mit mir zu flirten! Ich habe gehört, dieser Mann hat einen Harem mit vierzig Frauen, trotzdem flirtet er mit mir!", ereiferte sich Gerechter Zorn leicht empört. Es war lange her, dass ein Mann gewagt hatte, ihr Avancen zu machen. Eigentlich noch nie, seit sie eine Sororitas wurde. Und davor war sie eher ein Mauerblümchen gewesen, dass sich meist bei festlichen Anlässen fehl am Platz gefühlt hatte. Wenn man sie zum Tanz aufgefordert hatte, dann nicht um ihrem selbst willen, sondern um ihrer Familie Respekt zu erweisen. Oder als Strafe, weil ihr Tanzpartner eine Wette verloren hatte. Eine Schönheit war sie wahrlich nicht und ihre Mutter hatte mehrmals angemahnt, sich unter das Messer zu legen, kleinere Nase, weniger Kinn, flachere Wangenknochen und etwas strammere größere Brüste, dann hätte sie auch was her gemacht. Aber dagegen hatte sie sich erfolgreich gewehrt und weil ihr Vater fand, Schönheit käme von innen und nicht durch eine kosmetische Verschandelung. Außerdem würde sie so die ganzen geistlosen Anziehpüppchen ausstechen. Da war ihr Vater leider auf dem Holzweg gewesen. Es war die Verpackung, auf dem die Männer achteten, nicht auf den Inhalt ihres gebildeten und eigensinnigen Köpfchens.
"Eigentlich sind es nur sieben Damen, die er als seine Konkubinen hält. Lope ist ein Mann, der nie mit dem Erreichten zufrieden ist und immer nach neuen Eroberungen ausschauhält. Das ist eine seiner Stärken. Seine größte Schwäche mag das weibliche Geschlecht sein, aber die wenigsten Menschen neigen dazu, wirklich perfekt zu sein." Da war sicherlich was Wahres dran, fand Gerechter Zorn. Besonders Lino Lope neigte dazu, ziemlich unperfekt zu sein.
"Ich finde ihn einfach nur impertinent und peinlich. Da gefällt mir dieser Jäger schon besser, der ist immer so distanziert und doch so freundlich und nett. Außerdem weiß der sich zu benehmen, im Gegensatz zu Lope! Die sind wie Feuer und Wasser." General Jäger war schon eher ein Mann nach ihrem Geschmack. Hätte sie so einen heiraten sollen, sie wäre heute nicht hier.
"Und genau das ist auch Absicht. Durch ihre unterschiedlichen Naturelle und Vorgehensweise ergänzen sie sich, werden sich aber niemals wirklich grün sein."
"Wäre es nicht von Vorteil, wenn die beiden militärischen Oberbefehlshaber miteinander harmonieren würden?" fragte die Nonne überrascht. Zänkereien zwischen verantwortlichen Heerführern hatten das Imperium in seiner Geschichte schon viele Ressourcen gekostet.
"Nein, so verhindere ich, dass sie sich gemeinsam gegen mich stellen."
"Du denkst, das könnte passieren?" Jetzt war Gerechter Zorn wirklich baff.
"Es sind Menschen, im Laufe der Zeit werden einige meiner Entscheidungen ihnen gegen den Strich gehen. Oder sie fühlen sich zurückgesetzt oder nicht oft genug gewürdigt. Ich habe einmal erlebt, wie sich ein zurückgesetzt gefühlter Kriegsmeister gegen seinen Herrn erhoben hat. Ich werde nicht den gleichen Fehler wie der Imperator machen. Diese Doppelspitze hat ihren Sinn und funktioniert in dieser Besetzung hervorragend, da bis jetzt kein Strom der Zeit einen gemeinsamen Verrat zeigt, ebenso wenig wie nur einer allein sich gegen mich stellt. Es war vorherbestimmt, dass diese beiden außergewöhnlichen Männer sich auf Ghersom IV genau zu dem Zeitpunkt aufgehalten haben, als ich endlich einen brauchbaren Wirtskörper bekommen habe. Jetzt ist es aber spät und ich habe wirklich noch viel zu tun. Wir werden dieses Gespräch in einigen Tagen weiterführen. Jetzt muss ich mich um einige technische Details kümmern, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordern."
"Wie du wünscht, Gabriel." Gerechter Zorn spürte, dass die Lichtbringerin ihr heute nichts weiter erzählen würde. Die Informationen, so vage sie teilweise auch waren, musste sie erst einmal verarbeiten.