So, stellt euch vor, es ist Freitag Nachmittag, ihr kommt von eurem anstrengenden Tagwerk nach Hause und da wartet schon Avenger mit Kaffee und Kuchen auf auch...
Naja, gut, nicht persönlich, Kuchen gibt's nicht und Kaffee müsst ihr selber kochen, aber immerhin gibt's ein neues Stückchen Geschichte.
„Stout kommen.“, murmelte Gorekil in das kleine Mikrofon seines Helmfunkgeräts.
„Stout hört, Sir.“, kam die Antwort ohne Verzögerung. Sergeant William Stout, Truppführer von Gorekils erstem Spezialwaffenteam, war ein Mann, auf den bedingungslos Verlass war.
„Sehen sie gepanzerte Xenos, Entfernung dreihundert?“, fragte Gorekil.
„Bestätige Kontakt, Sir. Entfernung dreihundertfünfzig von meiner Position, Xenos postiert um Warpportal?“
Gorekil nickte unbewusst. Gut. Stout konnte den Feind also sehen und beschießen. „Bestätigt, Sergeant. Auf mein Signal hin mit beiden Plasmawerfern Feuer auf diese Ziele. Falls der Feind abtaucht niederhalten.“ Der Oberst räusperte sich. „Signal ist Funkspruch; dreifache Wiederholung des Wortes ‚Aquila’.“
„Habe verstanden, Sir. Ziele aufgefasst, erwarten Signal. Stout Ende.“
Gorekil wechselte den Kommkanal durch das simple Drehen eines kleinen Schalters, der in seine rechte Unterarmpanzerung eingelassen war. „Gorekil ruft Spezialwaffenteam Zwo. Leutnant Castellan, kommen!“
„Castellan hört, Sir!“, bellte es kurz darauf in Gorekils Ohr. Der Leutnant war gebürtiger Mordianer und hatte die übertriebene Zackigkeit, die beim Militär seines Heimatplaneten üblich war, nie ganz ablegen können, genauso wenig wie den knurrigen Dialekt. Der Junge gab sich alle Mühe, doch durch die Hochleistungsmikrophone der Gardisten wurden selbst seine Versuche, mit gedämpfter Stimme zu sprechen, zu lautem Kasernenhofgebrüll verstärkt.
Gorekil gestattete sich nur kurz, die Miene zu verziehen und den Leutnant wieder einmal zurechtzuweisen. „Brüllen sie nicht so, Leutnant. Sonst laufen uns die Eldar nachher noch davon, weil sie ein ganzes mordianisches Regiment im Anmarsch wähnen.“ Er seufzte. „Also, sehen sie feindliche Waffenstellung, Entfernung vierhundert?“
„Bestätige Kontakt.“, schnarrte Castellan und klang fast ein wenig beleidigt dabei. „Waffenstellung auf Entfernung fünfhundert von meiner Position, Ziel teilweise verdeckt.“
„Harte Deckung?“, fragte Gorekil nach.
„Negativ, ist nur Strauchwerk, Sir. Kein Hindernis für die HEs.“
„Kriegen sie die Bedienungsmannschaft ins Visier, Leutnant?“
Für einen Moment war nur Castellans Atem und ein sehr leises, schnell aufeinander folgendes Klicken zu hören. „Ja.“, flüsterte er schließlich übertrieben leise. „Haben sie im Fadenkreuz. Die Spitzohren waren sogar so freundlich, für uns ihre Helme abzunehmen. Schade ums Makeup.“
„Halten sie sich feuerbereit. Feuer auf mein Signal. Funkspruch dreifache Wiederholung ‚Aquila’.“
„Verstanden, Sir.“
Gorekil unterbrach die Verbindung zu dem Scharfschützen und seinen Männern und wechselte auf den allgemeinen Kanal, um seine regulären Trupps und sein drittes Spezialwaffenteam über seinen Plan zu informieren.
Der Boden erzitterte, als die gepanzerte Landungsfähre auf dem zum Flugfeld umfunktionierten Landeplatz nahe des Klosters aufsetzte. Leutnant Maison von der Flugkontrolle der Imperialen Navy presste die Hände auf den Gehörschutz seines gepolsterten Helms, um seine Ohren gegen den unerträglichen Lärm der Triebwerke abzuschirmen.
Die Fähre hatte keinerlei Bestätigung ihres Landewunsches abgewartet und sich auch nicht eindeutig identifiziert. Wer auch immer dieses Schiff flog, Maison würde ihm nach der Landung das Leben zur Hölle machen. Ungeduldig wartete er nur wenige Meter entfernt von dem brüllenden Giganten darauf, dass der Pilot endlich die Triebwerke deaktivierte und aus der Maison zugewandten Heckluke die ersten Passagiere entstiegen.
Mit einem schier endlosen Jaulen erstarben die Schubtriebwerke. Ihre Auslässe glühten vor Hitze rot in der Nacht, während sich die Positionslichter des Flugfelds auf der schwarzen Hochglanzfläche der Außenhülle der Fähre spiegelten. Für einen Moment war alles ganz still. Maison sah sich zu den beiden Marineinfanteristen um, die ihn begleiteten. Die Gesichter der Männer waren ausdruckslos, ihre Augen hinter verspiegelten Helmvisieren verborgen, doch die klobigen, automatischen Schrotflinten, die sie vor der Brust ihrer grauen Plattenpanzer hielten, sprachen eine Sprache, die jedem noch so aufmüpfigen Piloten Respekt einflößen würde.
Die Laderampe der Fähre glitt endlich, von surrenden Servomotoren angetrieben, herunter. Maison straffte seine Haltung, zog den abgewetzten Monteursanzug über der Brust zurecht und stapfte auf die sich öffnende Luke zu. Niemand landete ohne explizite Erlaubnis auf seinem Flugfeld, und wenn es der Imperator persönlich war.
Eine in eine weite Robe gehüllte Gestalt kam die Laderampe herunter und schlurfte einfach an ihm vorbei, ohne ihm auch nur einen Blick zuzuwerfen. Weitere Männer passierten ihn achtlos, einige von ihnen mit bionischen Prothesen, die alle möglichen Glieder und Sinnesorgane ersetzten. Maison blieb verwirrt mitten auf der Rampe stehen, jetzt endgültig dazu entschlossen, den Nächstbesten aufzuhalten und ihm die Predigt seines Lebens zu halten.
Es sollte nicht dazu kommen. Aus dem Inneren der Fähre erschien ein halbnackter, dunkelhäutiger Riese, der Maison, seinen wütenden Protest ignorierend, hochhob und die Rampe hinab trug. Der Leutnant rief nach den Marineinfanteristen, doch die Männer erkannten mit bemerkenswerter Schnelligkeit, was besser für sie war, als ein in eine goldene Servorüstung gehüllter Mann dem Riesen und dem krakelenden Leutnant die Rampe hinab folgte. Die Flottensoldaten beeilten sich, weg von dem Neuankömmling zu kommen, auf dessen Rüstung unübersehbar das Zeichen der Inquisition prangte.
Gotthardt Franciscus musterte mit Belustigung, wie Sergeant Kroll den Flottenoffizier wie eine Puppe mit sich schleppte. Der ehemalige Dschungelkämpfer war ein Leibwächter von beachtlicher Stärke und mit dem Talent, Schwierigkeiten zu erkennen und aus dem Weg zu räumen, bevor sie seinem Herrn Kummer bereiten konnten. Er sah sich das Schauspiel noch einen Moment lang an, bevor er deutlich hörbar mit seinen gepanzerten Fingern schnippte.
„Lass ihn runter, Kroll.“
Der muskelbepackte Catachaner setzte den nun nicht mehr schreienden, sondern nur noch fassungslos Franciscus anstarrenden Offizier beinahe vorsichtig ab, so als könnte der um mehr als zwei Köpfe kleinere Mann zerbrechen, wenn man ihn zu hart auf dem Boden aufkommen ließ. Kroll trat zwei lange Schritte von der Gestalt des Offiziers zurück und nickte seinem Herrn zu.
Franciscis ging die Rampe betont langsam herunter, den schlotternden Offizier mit stählernem Blick fixierend. Er wusste um die Wirkung seines Auftretens auf gewöhnliche Sterbliche, hatte es jahrzehntelang kultiviert und zu einer Waffe geschliffen, deren Bedrohlichkeit dem Anblick jedes Schwertes und jeder Boltpistole gleichkam. „Leutnant.“, stellte er sachlich und mit dem Unterton eines Richters fest. „Sagen Sie, wo finde ich wohl jemanden, der mir die Lage auf diesem Planeten aus einer höheren Perspektive erklärt?“
Der zitternde Arm des Flottenoffiziers wies auf die dunklen Umrisse des Klosters. „Die…“, stotterte er, „die Kommando… Kommandozentralen… sind in der… der Abtei, Mylord… Mylord Inquisitor.“
„Danke, Leutnant.“, sagte Franciscus und ging ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei. Er brauchte sich nicht einmal umzusehen, um zu wissen, dass Inquisitor Carmine plötzlich wie ein Schatten an seiner Seite aufgetaucht war.
„Es ist ja nun nicht gerade so, dass du eitel wärst, Gotthardt.“, stellte er vor Zynismus triefend fest, als hinter ihnen der bemitleidenswerte Flottenoffizier schluchzend auf die Knie sank. „Sicher gehört es zum normalen Auftreten des Ordo Malleus, sich wie der Imperator selbst gebärdend von Seinen demütigen Dienern empfangen zu lassen.“
Ein ohrenbetäubendes Donnern und ein gleißender Blitz von jenseits des Feldes verschluckten Franciscus Antwort. Carmines Kopf fuhr erschrocken herum. „Was zum…?!“
„Artillerie, Lord Inquisitor.“, bemerkte der getreue Kroll, der bisher stumm geblieben war, ruhig. „Wir sollten besser in eins der Gebäude gehen.“