„Sir, Kontakt auf Zwo, Entfernung dreihundert.“, plärrte Korporal Jensens Stimme aus Mulligans Kopfhörer. Mit dem routinierten Blick eines Piloten, der über ein Jahrzehnt Erfahrung auf seinem Waffensystem vorzuweisen hatte, überprüfte der Leutnant die Anzeigen seines Sentinels. Die Auspex-Abtastung zeigte nichts.
„Kann Kontakt nicht bestätigen, Korporal.“, antwortete er. „Fahrzeugerkennung negativ.“
„Mündungsfeuer auf Zwo und Elf. Entfernung vierhundert.“, schaltete sich Sergeant Mitchum brummend in ihr Gespräch ein.
Mulligan schwenkte langsam und mit surrenden Servomotoren das Cockpit seines Sentinels, die Rechte bereits am Steuerknüppel der Maschinenkanone. Es dauerte eine Weile, bis auch er die Mündungsblitze zwischen den dichtstehenden Bäumen aufblitzen sah. Besorgt reduzierte er die Intensität des Restlichtverstärkers, um keine Überlastung des Systems zu riskieren.
Das sah übel aus. Offensichtlich beschossen sich zwei oder mehr Trupps mit automatischen Waffen. Auf dem bisherigen Weg der Patrouille hatte er genug gesehen, um sich ernsthaft Sorgen zu machen. Die Überreste einer zerstörten imperialen Fahrzeugkolonne und drei beschädigte und aufgegebene Rhinos der Schwesternschaft jagten selbst einem Mann wie Mulligan, den ein Ausbilder einmal als Draufgänger und Selbstmordkandidaten bezeichnet hatte, einen Schauer über den Rücken.
„Wir sehen uns das an.“, verkündete er seinem Sentinelzug. „Jensen, sie nehmen die Spitze.“
„Bestätige Befehl.“, entgegnete der Korporal. „Volle Kraft voraus und mitten rein.“
Mulligan zog eine Grimasse. Ihm war unwohl dabei, den jungen und unerfahrenen Jensen voran zu schicken, doch der Korporal lenkte den Nahsicherer-Sentinel des Zuges. Sein Enthusiasmus war ebenso gefährlich wie sympathisch.
Ins grün eingefärbte Bild des Restlichtverstärkers schob sich die staksende Silhouette von Mitchums Sentinel. Der Sergeant lenkte ihn in bemerkenswerter Schnelligkeit und unter annähernder Geräuschlosigkeit hinter Jensen her. Die beiden Läufer pirschten wie übergroße Laufvögel zwischen den Bäumen hindurch.
„Passt auf euch auf.“, mahnte Mulligan, während er die Beine seines Läufers mit einem Tritt aufs Steuerungspedal in Bewegung setzte. Das leichte schaukeln des Cockpits auf den gyrostabilisierten Beinen beruhigte seine aufgekratzten nerven für einen Moment. „Ich will keinen von euch in einem Sack sehen, und vor allem will ich keinen von unseren Schleichern mit abgerissenem Bein bei irgendeinem Techpriester abgeben müssen.“
Mitchum bewegte in einer zustimmenden Geste das Cockpit seines Sentinels. „Wenn eine von den Rotkutten rauskriegt, was wir alles mit den Vögeln angestellt haben, brauchen wir sicher keinen Kommissar mehr, um die Gnade des Imperators zu verteilen.“
Mulligan lachte, wurde aber schnell wieder ernst. „Wirklich, Leute, Vorsicht. Für mich sieht’s so aus, als hätte die da vorne genug Feuerkraft, um uns gefährlich zu werden. Wahrscheinlich sind’s unsere Jungs, aber ’ne verirrte Kugel sorgt sich da leider nicht drum.“
„Verstanden, Boss.“, schnarrte Jensen. „Bin jetzt auf etwa hundert dran.“
„Erkennen sie etwas, Korporal?“
„Auf beiden Seiten läuft Infanterie. Die links sind gepanzert, vielleicht Eldar. Sieht mir aber nicht nach Shuriken aus, was die da verschießen.“, meldete Jensen. „Soll ich ein... – Verdammt, das war...“ Der Korparal brach mitten im Satz ab.
„Jensen, was ist passiert?!“, schrie Mulligan. Augenblicklich versetzte er seinen Sentinel in Laufschritt und schloss an Mitchums Seite auf. Parallel dazu ließ er die Munitionszuführung der Maschinenkanone das erste Sprengbrandgeschoss in die Waffe laden.
Endlose Sekunden vergingen, bevor Jensen sich wieder meldete. Aus dem Hintergrund war das Summen einer akustischen Warnung zu hören. „Bin getroffen. Irgendwas hat das rechte Kniegelenk erwischt.“
„Tauchen sie ab, Korporal. Sergeant, geben sie unserem Greenhorn mal ein bisschen Nebel.“
„Roger, Boss.“ Mitchums Sentinel feuerte in schneller Folge drei Nebelgranaten auf jensens Position. Der getroffene Sentinel beugte sich in dem Moment, in dem die Granaten aufschlugen, in Richtung Waldboden. „Junge, du musst echt mehr auf deine Maschine aufpassen.“
„Bleiben sie ruhig und unten, Korporal.“, mahnte Mulligan. „Wir sind gleich da und holen sie raus.“ Nervös leckte sich der Leutnant die Lippen, als er den Sentinel weiter vorwärts trieb. Die Zieloptik seiner Maschinenkanone visierte nach und nach immer mehr immer mehr menschengroße Objekte an.
Sollte er schießen? Es mochten imperiale Truppen sein, die Jensens Sentinel mit einem Spitzohrenläufer verwechselt hatten. Es konnten aber genauso gut Eldar sein. Und wenn es Imperiale waren, warum schossen sie dann aufeinander?
Es gab nur einen Weg, es herauszufinden, der vielleicht nicht in einer Katastrophe enden würde. Mulligan aktivierte den Außenlautsprecher seines Läufers.