40k Das Wort des Propheten!

Ich denke, ich muss mich erklären:

Wie einigen bekannt, studiere ich jetzt. Der Arbeitsaufwand fällt doch höher aus, als ich ihn zunächst eingeschätzt habe, und deshalb war es mir nicht möglich, an der Geschichte weiterzuarbeiten. Dazu kommt, dass ich im Moment sehr schwerwiegende private Probleme habe, die mich emotional mitgenommen haben und meine Konzentrationsfähigkeit sehr einschränken. Ich kann nicht behaupten, über diesen Umstand eine Woche vor den Semesterabschlussklausuren sonderlich glücklich zu sein.

Es wird definitiv weitere Episoden geben, und das auch wieder in regelmäßigen Abständen. In zwei Wochen sind Semesterferien, mit hoffentlich mehr Zeit und einem einigermaßen wieder eingerenkten Privatleben. Ich bitte solange um eure Geduld.
 
@Avenger was auch immer du für private Probleme hast da schaffst du es sicher drüber hinwegzukommen. Falls es dir hilft: Als ich wirklich schwerwiegende Probleme hatte hab ich mich an dem Abend mit deiner Krüger Geschichte abgelenkt. Geholfen hat es zwar nicht aber an dem abend musste ich wenigstens über nichts nachdenken sondern war vertieft in deine Erzählung, was mir sicher geholfen hat.... egal ob das jetzt schmalzig klingt oder nicht.
 
So, endlich Semesterferien und endlich zeit für eine neue Episode. ich hoffe darauf, in den nächsten Wochen wieder zu einem regelmäßigen Rhythmus zurückfinden zu können und in der Erzählung dieser geschichte ein gutes Stück voran zu kommen. Ich bedanke mich jedenfalls für eure geduld und eure aufmunternden und unterstützenden Worte. Das hat mir wirklich viel bedeutet, auch wenn sich meine persönliche Situation nicht gebessert hat. Ich war einige Wochen lang emotional zu sehr mitgenommen, um mich auf die Geschichte konzentrieren zu können, und da mein Anspruch ist, meinen Lesern, die ihre Zeit und ihre Anteilnahme in diese Geschichte investieren, dafür ein möglichst qualitativ hochwertiges Vergnügen zu liefern, habe ich von weiteren Episoden vorerst Abstand genommen. Ab heute aber möchte ich meine Rückkehr in den kreis der aktiven Forumsautoren verkünden, und bis auf weiteres sehe ich nichts, was mich in der nächsten zeit vom Schreiben abhalten könnte.

Lange Rede, kurzer Sinn - die neue Episode:

„Wir werden euch hier herausbringen, Schwester Calponia.“, murmelte Haller so überzeugend und beruhigend wie er konnte. „Beim Kloster wird man sich um euch kümmern können, und sicher werden eure Schwestern dort auf euch warten.“ Haller hob den Blick zu dem Sanitäter, der ihm gegenüber kniend damit beschäftigt war, die furchtbare Bauchverletzung der Sororitas zu untersuchen. Haller hatte auf den Schlachtfeldern der Galaxis genug Bauchschüsse gesehen, um zu wissen, dass das hier eine wahrscheinlich tödliche Wunde war, und der hilflose Blick des Sanitäters tat dieser Diagnose keinen Abbruch.
„Bleibt bei mir, Leutnant...“, wimmerte Calponia und hielt seine bionische Hand fest, sodass er keinen Zentimeter von ihrer Seite weichen konnte, selbst wenn er es denn gewollt hätte.
„Wir müssen sie hier weg bringen, Sir.“ stellte der Sanitäter tonlos fest. „Hier draußen kann ich nichts für sie tun.“
Haller nickte. Er wartete nur darauf, dass Kruppkes Funker zurückkehrte und berichtete, was das Regimentshauptquartier zu sagen hatte. Er hatte den Mann zurück zu ihrem Lagerplatz geschickt, weil hier keine Verbindung zu bekommen war. Es mochte an dem heraufziehenden Sturm liegen, den der Wetterbericht des Oberkommandos angekündigt hatte. Tatsächlich fielen bereits erste Schneeflocken, und der Wind heulte zwischen den Bäumen.
Das Warten war eine Pein. Calponias Servohandschuh lag wie ein Schraubstock um seine Hand, der Griff ihrer zitternden Finger von der Servomotorik ihrer Rüstung zu einem Pressen verstärkt, das Haller wahrscheinlich sämtliche Handknochen gebrochen hätte, wäre nicht die bionische Prothese gewesen. Die Augen der jungen Sororitas starrten blutunterlaufen und mit schimmernden Tränen gefüllt aus ihrem vor Schock bleichen Gesicht, und ihren bebenden Lippen entrang sich ein monotones, apathisches Stöhnen, das ebenso sehr in Hallers Herz stach wie ihre peinerfüllten Schreie. Alle geflüsterten Worte halfen nichts, und erst als er sie mit den Fingern der Linken sanft an der Wange berührte, beruhigte sich Calponia etwas. Haller hingegen erschauderte bei der Berührung: Ihre Haut war eiskalt.
Der Funker kam im Laufschritt zurück und ließ sich neben Haller auf die Knie fallen, trotz des Trupps Soldaten, der um sie herum mit angelegeten Lasergewehren sicherte, den Blick zunächst in alle Richtungen werfend. Man sah dem jungen Soldaten an, dass er sich im Niemandsland nicht wohl fühlte.
Haller hätte ähnlich gedacht, unter anderen Umständen. Jetzt überlagerte seine Sorge um Calponia die Sorge um einen Hinterhalt der Xenos. „Machen sie Meldung, Stollwerck.“, befahl er, ohne auch nur von der verwundeten Sororitas aufzusehen.
Stollwerck war außer Atem. Es dauerte eine Weile, bis er die wenigen Worte seiner Meldung zwischen Keuchen und Schnaufen hervorgebracht hatte: „Keine... Keine... Verbindung... Sir. Alle... Frequenzen tot.“
„Na, großartig!“, fluchte Haller und rief Kruppke heran. Der Sergeant näherte sich gebeugt, das Lasergewehr vor der Brust, und hockte neben seinem Leutnant ab. „Kruppke“, erklärte Haller, „wir müssen die Schwester von hier wegbringen, erst mal bis zurück zu unserem Lazarett. Das Hauptquartier scheint bis auf weiteres wegen des Sturms nicht erreichbar zu sein.“
Kruppke nickte und bedachte die ausgestreckte Gestalt der Verwundeten mit einem langen, skeptischen Blick. „Diese Rüstung wiegt wahrscheinlich zwei Zentner.“, gab er zu bedenken. „Wenn nicht mehr.“
„Wir tragen sie zu dritt.“, entschied Haller. Ich nehme ihre Beine, sie und Stollwerck die Arme. Der Rest des Trupps fällt abwechselnd zurück.“
Kruppke eilte davon, um jeden seiner Männer von ihrem Vorgehen in Kenntnis zu setzen und die beiden Gruppen einzuteilen, die abwechselnd den Rückzug decken würden. Stollwerck blieb bei Haller zurück und sah den Leutnant schweigend aus unsicheren Augen an.
„Es wird besser sein, wenn wir ihre Gürteltaschen ausleeren.“, sagte Haller mehr zu sich selbst als zu dem Gefreiten, doch Stollwerck nestelte bereits an den Verschlüssen der Taschen, bevor Haller auch nur die Hand von Calponias Wange genommen hatte. Er legte die Hand zurück auf Calponais alabasterweißes Gesicht, als er bemerkte, dass der Blick der Schwester wieder in nackter Panik zu ertrinken drohte, als sie seine Finger nicht mehr spürte, und ließ den jungen Funker, der froh zu sein schien, etwas zu haben, mit dem er seine Hände beschäftigen konnte, den Gürtel allein von unnützem Ballast befreien.
„Es wird alles wieder gut.“, flüsterte Haller und glaubte schon selbst nicht mehr daran.


Abgesehen davon beabsichtige ich, dieses Jahr zum zweiten Mal in meinem Leben den Games Day zu besuchen. Vielleicht trifft man sich ja dort.
 
Grüße!

Okay, das hat jetzt länger gedauert, als ich ursprünglich geplant hatte, aber das Forum scheint in den letzten Tagen auch noc etwas rumgezickt zu haben, jedenfalls hatte ich mit langen Ladezeiten oder Serverausfällen zu kämpfen. Jetzt gibt's hier aber schleunigst ein Update.

Mit einem Ruck setzte die Valkyrie auf dem improvisierten Flugfeld auf. Die Triebwerke der Transportmaschine stellten mit einem langgezogenen, leiser werdenden Heulen ihren betrieb ein, und Antiochia war aus der Maschine, noch bevor sie vollständig verstummt waren. Bonifatia folgte ihr, den Rest der Schwestern aus dem Laderaum winkend.
Antiochia bedachte die qualmende Tragfläche der Valkyrie mit keinem Blick.
Zwei schwere Jetbikes der Eldar hatten sie auf dem Flug zum Kloster angegriffen, waren mit aufblitzenden Lasern aus dem Dunkel des Waldes unter ihnen aufgetaucht und hatten mit bemerkenswerter Wendigkeit die Verfolgung der Valkyrie aufgenommen. Sie hätten es beinahe geschafft, de vergleichsweise schwerfällige Transportmaschine abzuschießen, wären nicht die Flugkünste des Piloten und die bemerkenswerte Treffsicherheit von Prioris Bonifatia gewesen, die aus der geöffneten Seitenluke heraus mit dem dort montierten schweren Bolter das Feuer erwidert und einen der Angreifer abgeschossen hatte. Der andere Xenos hatte daraufhin beigedreht, in seiner außerirdischen Feigheit mehr um sein eigenes Leben als um die Vernichtung seiner Feinde besorgt.
Sie waren dem Tod entronnen. Knapp.
Antiochia wusste, dass sie auch hierfür die Verantwortung trug. Sie hatte den Lufttransport angefordert, und sie hatte auch darauf bestanden, noch abzuwarten, in der Hoffnung, Calponia könnte sich noch zu ihnen gesellen. Ein Start einige Sekunden eher, und sie wären den Eldargleitern vielleicht nie begegnet.
Sie begann Fehler zu machen. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste Antiochia nicht mehr, was sie tun sollte, war nicht mehr sicher, dass ihre Taten das Richtige und vom Imperator Gewollte waren.
Ein untersetzter Mann in einem schlecht sitzenden Overall stand plötzlich vor ihr, und Antiochia wäre fast gestolpert, als sie mitten im Schritt innehielt, um ihn nicht einfach zu überlaufen. Der Mann salutierte mit einer behandschuhten Hand, unter den nicht erhobenen Arm ein Klemmbrett mit einer handschriftlich ergänzten, ausgedruckten Liste geklemmt. Klobige Kopfhörer, die fest in einen gepolsterten Helm integriert waren, verliehen ihm trotz der militärischen Rangabzeichen auf der Brust seines Anzugs das Aussehen eines Mannes, der nie in seinem Leben ein Schlachtfeld aus der Nähe sehen würde.
„Lady Prioris, Leutnant Maison von der Flugkontrolle der Imperialen Navy.“, stellte er sich vor. „Mylady, ich hoffe, dass ihr und eure Schwestern wohlbehalten angekommen seid. Der Pilot meldete beim Anflug einen Zwischenfall.“
Antiochia ging links an ihm vorbei, wurde aber langsamer, damit er mit ihr Schritt halten konnte. „Die Xenos haben versucht, uns aufzuhalten. Sie haben ihre Strafe dafür erhalten.“, murmelte sie knapp.
„Gelobt sei der Imperator!“, sagte Maison. Er war hörbar nervös.
„Gelobt sei der Imperator.“, pflichtete Antiochia ihm bei und blieb so plötzlich stehen, dass der Leutnant noch zwei weitere Schritte machte, bevor er sich mit dem Gesichtsausdruck des Dummkopfes, der er war, zu Antiochia umdrehte.
„Leutnant“, fragte sie, „gibt es etwas Wichtiges, was sie mir sagen wollen, oder haben sie vor, meine Zeit weiterhin mit Höflichkeiten zu verschwenden?“ Ihre Hand glitt zum Schwertknauf, ohne dass sie es wirklich gewollt hätte.
Maison starrte sie an, bevor er endlich den Mund öffnete. „Ein Inquisitor ist eingetroffen, Mylady, und er ist zum Hauptquartier gegangen.“, sprudelte es aus ihm hervor, als hätte Antiochia mit ihren Worten ein Loch in die Umhüllung des Hohlraums in seinem Kopf gestochen. „Er hat ein großes Gefolge bei sich, und er scheint in wichtiger Angelegenheit unterwegs zu sein. Ich dachte, Mylady, dass ihr das wissen solltet.“
Antiochia nickte langsam, und Maison entfernte sich so schnell er konnte. Nach einigen Schritten schien ihm einzufallen, dass er nicht salutiert hatte, und er holte es im laufen nach, bevor er endgültig in Richtung eines kastenförmigen Gebäudes verschwand.
„Ein Inquisitor?“, bemerkte Prioris Bonifatia und trat neben Antiochia. Erst jetzt wurde Antiochia bewusst, dass ihre Schwester die ganze Zeit hinter ihr gewesen sein musste. „Weißt du etwas von Aktivitäten der Inquisition auf diesem Planeten, Schwester-Prioris?“
„Ich hatte bis jetzt keine Ahnung, Bonifatia.“, antwortete Antiochia nach einem kurzen Moment wahrheitsgemäß. Ein Inquisitor auf Orellion änderte einiges. Sie würde mit ihm reden, und vielleicht würde ein so treuer Diener des Imperators wie ein Inquisitor Antiochia in ihrer Not helfen können.
„Wirst du dich bei ihm melden, Antiochia?“
„Das werde ich.“

Kälte.
Kälte war das erste, was Calponia wahrnahm. Kälte, die ihren ganzen Körper durchdrang, die sie zittern und ihre Zähne klappern ließ, die wie tausend Nadeln in ihrer Haut stach und sie dazu brachte, ihre Beine an die Brust zu ziehen, sich in embryonaler Haltung zusammenzukauern in dem Versuch, etwas Wärme zu finden. Es nutzte nichts.
Sie öffnete die Augen, und was sie sah, war ebenso irrsinnig wie vertraut: Es war der Innenraum der Kathedrale der Klosterfestung auf Phalanspor.
Sie saß auf dem dunklen Steinboden, direkt vor dem gewaltigen Altar, über dem sich ein goldenes Standbild des Imperators fünfzehn Meter in den Raum erhob, die Rechte zum Segen ausgestreckt und die Linke um den Knauf des Schwertes an seinem Gürtel gelegt. Zu seinen Füßen, auf dem gewaltigen, marmornen Altartisch, ruhten dutzende heiliger Bücher, an den dem imperailen Kalender entsprechenden Stellen aufgeschlagen. Hunderte Kerzen brannten links und rechts, und Calponia saß inmitten all der Lichter und zitterte vor Kälte.
Sie trug nichts außer einem einfachen Kittel aus grobem Leinen, der die übliche Bekleidung für Novizinnen war, der sie Demut, Bescheidenheit und ein Leben in Gleichheit lehren sollte.
Mein Imperator, dachte sie, wie bin ich hierher gekommen? Ihre letzte Erinnerung war, dass sie an Bord der ‚Hammer der Gerechtigkeit’ zu Bett gegangen war, einen langen Tag des Betens und der Meditation in der Schiffskappelle hinter sich
Sie stand auf, sprang fast auf die Beine in der Hoffnung, der Kälte des Bodens zu entkommen. Nun berührten nur noch ihre bloßen Füße den grob behauenen Stein.
Ein Traum, dachte sie. Sicher würde sie bald erwachen.
Sie machte trotzdem das Zeichen des Aquila vor der Brust, so wie es der Ritus vorschrieb. Schon in jungen Jahren hatte man sie gelehrt, dass ihr Dienst und ihre Pflichten auch im Schlaf nicht endeten, und dass Glaube in jedem Aspekt ihres Lebens das Wichtigste war. Auch im Traum durfte sie ihre Pflichten dem Imperator gegenüber nicht vernachlässigen. Sie wandte sich um, um die Kathedrale durch das Haupttor zu verlassen –
und erstarrte.
Die Sitzreihen aus kunstvoll gearbeiteten Holzbänken, die die Kathedrale auf einer Länge von mehr als zweihundert Metern vom Altar bis zum Ausgang säumten, waren bis auf den letzten Platz mit ihren Schwestern gefüllt. Doch trotz ihrer knienden Haltung, ihrer gefalteten Hände und der geneigten Köpfe wusste Calponia sofort, dass sie nicht zum Beten gekommen waren.
Viele der Frauen waren nackt, andere trugen ihre Kittel oder Roben in einer Weise, die nur zu deutlich ihre Körper erkennen ließ, so als wollten sie durch ihre Verhüllung das, was unter dem Stoff lag, nur noch mehr zur Geltung bringen. Calponia wusste, dass Nacktheit nichts Schlimmes war, dass der reine und verletzliche Urzustand auch in den Augen des Imperators keine Sünde war, doch die Nacktheit ihrer Schwestern hatte nichts mit Reinheit und Demut zu tun. Die lodernden Blicke, die in Anspannung halb geöffneten Lippen und das keuchende, mühevolle und angespannte Atmen verriet nur zu sehr, was der wahre Grund für all das hier war.
Eine Hand wurde nach Calponia ausgestreckt, dann noch eine und noch eine. Zungen fuhren in sinnlichen Versprechungen über Lippen, unruhige Hände glitten über nackte Haut und vor Schweiss feuchten Stoff. „Komm!“, wisperten Stimmen aus der Masse ihrer Schwestern heraus. „Komm, Calponia!“
„Komm, Calponia!“, sagte eine klare, befehlsgewohnte Stimme. Prioris Antiochia stand mit einem Mal nur wenige Zentimeter vor ihr, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Das Gesicht der Prioris war wieder intakt, das Antlitz einer schönen Frau am Ende ihrer Jugend, nicht die Fratze aus glänzendem Adamantium und knotigem Narbengewebe, zu dem es auf Festinion geworden war. Sie lächelte auf eine Weise, wie Calponia sie noch nie in ihrem Leben hatte lächeln sehen – einladend und verlangend. Sie streckte die Arme aus, um Calponia an sich zu ziehen, und die junge Schwester fiel, als sie vor ihr zurückweichen wollte. Ihr Kopf schlug hart auf den Steinboden. Sie spürte den Schmerz, spürte den metallischen Geschmack von Blut in ihrem Mund.
„Armes Ding.“, sagte Antiochia und beugte sich über sie. Ihr schwerer Mantel, der bis jetzt ihre Gestalt umhüllt hatte, öffnete sich an der Front einen Spalt breit und enthüllte die Rundung ihres makellosen, albasterfarbenen Busens.
Calponia schrie.
 
Die Sanitäter brachen Calponias Brustpanzer unter lauten Flüchen mithilfe eines Hammers, eines Stemmeisens und eines Schneidbrenners auf. Das Krachen, mit dem die Ceramitplatten schließlich nachgaben, erinnerte Haller an das Geräusch, das das Aufknacken eines Krustentiers bei einem Festessen begleitete.
Ziemke trug Mundschutz und eine einstmals weiße Schürze, die vom Blut der verwundeten auf seinem Operationstisch schon lange in unterschiedlichen Abstufungen von Rot und Braun gefärbt worden war. Seine Augen waren schmal und dunkel umrandet von zuwenig Schlaf und zuviel Arbeit, aber er schien entschlossen, auch diese Operation schnellstmöglichst vorzunehmen. Die Einweghandschuhe an den Handgelenken straff ziehend beugte er sich über den nun offen daliegenden Körper der jungen Schwester.
„Gütiger Imperator!“, hörte Haller, gedrängt in eine Ecke des Lazarettzelts und bemüht, niemandem im Weg zu stehen, ihn flüstern.
Er wusste nur zu gut, was der Regimentsarzt meinte: Die Wunde war gewaltig, ein faustgroßes, ausgefranstes Loch in dem schlanken Leib der Sororitas, das nur deshalb nicht in Blut schwamm, weil Calponia kaum noch Blut im Körper hatte. Sie war ohne Bewusstsein, aber es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebte.
Ziemkes chirurgisches Besteck blitzte auf. Haller hatte die Instrumente gesehen, als einer der Sanitäter sie zurecht gelegt hatte. Sie waren zerkreatzt und matt, abgenutzt vom vielen gebrauch, aber zumindest waren sie sauber. Ziemke war niemand, der vor Überarbeitung nachlässig wurde, und er erwartete dasselbe von seinen Sanitätern. Jetzt machte er sich mit ruhigen, geübten Bewegungen a die Arbeit, sein anfängliches Entsetzen über die Wunde ebenso ausblendend wie Haller im Gefecht seine Gedanken und Emotionen ausblendete.
Manche Soldaten spotteten über das medizinische Personal, warfen ihnen vor, keine echten Soldaten zu sein und sich vor dem Kampf zu drücken, um in der Etappe ein ruhiges Leben zu genießen. Haller war schon immer anderer Meinung gewesen, aber nun begriff er erst wirklich, dass die Leistung von Ziemke und seinen Leuten den Heldentaten der Frontkämpfer in nichts nachstand.
„Ich finde das Projektil nicht.“, sagte Ziemke zu einem seiner Assistenten. „Es ist nicht da.“
„Schneiden sie tiefer.“, entgegnete der Angesprochene. „Vielleicht ist es durch den Transport ins Gewebe gedrückt worden.“
„Wir verlieren sie, wenn wir tiefer schneiden.“, stellte Ziemke fest. Er zögerte einen Moment, und Haller sah, das seine Arme sich nicht bewegten. „Wir verschließen diesen Teil der Wunde. Holen sie mir eine Klammer und Verbandszeug.“, entschied er schließlich.
Der Sanitäter wandte sich vom Operationstisch ab und kam in Hallers Richtung. Sein Blick über dem Mundschutz war missbilligend. „Sie gehen besser, Leutnant.“, murmelte er. „Hier gibt es für sie nichts zu tun und nichts zu sehen.“
Haller machte keine Anstalten, seiner Aufforderung Folge zu leisten, aber Ziemke schien etwas davon mitbekommen zu haben und wandte den Kopf. „Tun sie, was Sanitäter Hofen sagt, Leutnant. Das hier kann lange dauern, und sie sind keine Hilfe.“, sagte er über die Schulter.
Haller zuckte mit den Achseln und ging. Seine Sorge um Calponia lag ihm wie ein Stein im Magen, drückte schmerzhaft seine Eingeweide zusammen, aber letztlich hatte der Doktor recht. Er konnte nichts tun. Die olivgrüne Plane zurückschlagend verließ er das Lazarettzelt.
Draußen stand Bahrenberg, sein Lasergewehr lässig an ein Bein gelehnt und in demonstrativer Erwartung eine Zigarette rauchend.
„Was tun sie hier?“, fragte Haller. Bahrenberg war sein Stellvertreter als momentaner Befehlshaber der Kompanie. Es widersprach allen Vorschriften, dass sie beide gleichzeitig die Männer an ihrem Platz in der Frontlinie zurückließen und sich von ihnen entfernten, um das Lazarett zu besuchen.
„Ich wollte einige Dinge mit ihnen klären, Haller.“, entgegnete er und warf die heruntergebrannte Zigarette zu Boden, um sie mit der Spitze eines Reitstiefels aus teuer wirkendem Leder auszutreten. „Ihre Männer sind bei Sergeant Gutjohn besser aufgehoben, als sie es bei mir je sein könnten.“
„Sie wissen, dass das nicht der Punkt ist, Bahrenberg. Die Vorschriften...“
Bahrenberg winkte ab, mit seiner großen Hand eine Bewegung machend, als wollte er den Vorwurf zusammenknüllen und in einen imaginären Abfalleimer werfen. „Erzählen sie mir nichts von den Vorschriften, Haller.“, sagte er säuerlich und tippte mit dem Zeigefinger an die Seiten seiner Hosenbeine, an denen sich rote Streifen hinaufzogen; ein Kennzeichen für Stabsoffiziere. Offenbar hatte Bahrenberg noch keine Gelegenheit gehabt, seine Bekleidung vollends den Frontgegebenheiten anzupassen. „Hier draußen“, sagte er knapp und hob mit der anderen Hand das Lasergewehr an, „ist das die einzige Vorschrift, und sie wissen das genauso gut wie ich.“
„Wollen sie mir drohen, Bahrenberg?“, fragte Haller. Seine organische Hand glitt zum Holster an seinem Gürtel und öffnete den Knopf, während seine Rechte sich mit dem Surren von Servomotoren und dem Klicken von Metall auf Metall zur Faust ballte. Er war überrascht, verwirrt und zornig, und mit jedem Augenblick, den Bahrenberg vor ihm stand, seine Waffe halb erhoben, gewann der Zorn die Oberhand.
„Aber nein, Haller.“, sagte Bahrenberg in beinahe versöhnlichem Ton, senkte die Waffe aber nicht wieder. „Ich will sie warnen, weil ich sie für einen guten Soldaten und einen brauchbaren Offizier halte. Bleiben sie mir aus dem Weg, wenn es um meine persönlichen Angelegenheiten geht, dann verspreche ich ihnen, dass auch sie aus dieser Angelegenheit einen Vorteil ziehen werden. Ich habe Freunde und Verbündete im Stab, müssen sie wissen. Sie könnten bald Hauptmann sein, Haller, mit ihren Verdiensten...“
„Und wenn nicht, Bahrenberg, was dann? Erschießen sie mich dann?“ Haller versuchte, es spöttisch klingen zu lassen, aber die Tatsache, dass sich im selben Moment seine Hand um den Griff der Laserpistole schloss, ließ es wenig überzeugend erscheinen.
Bahrenberg schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Aber ich kenne die Vorschriften so gut wie sie, Haller, und wir beide wissen, dass sie gegen genug davon verstoßen haben, indem sie rausgegangen sind, um diese Schwester zu retten. Sie haben sogar gegen noch mehr verstoßen, indem sie sie hierher brachten, anstatt sie zum Kloster zu schaffen.“
„Sie wäre sonst gestorben.“
„Ja.“, sagte Bahrenberg und nickte. „Aber das interessiert weiter oben niemanden. Sie ist kein Mitglied der Imperialen Armee, sondern Dienerin der Ekklesiarchie, und die Kirche kann strikt sein, was den Umgang ihrer Diener mit... Außenstehenden angeht. Sie sind ein schwarzes Schaf, Haller. Ich kann sie reinwaschen wie einen Engel... Aber ich kann auch der sein, der die Wölfe auf sie hetzt, bis ihre Karriere in Scherben liegt.“
„Meine Karriere bedeutet mir nichts.“, log Haller. Es war weit davon entfernt, wahr zu sein, aber er würde sich auch nicht von einem dahergelaufenen Adligen aus dem Stab erpressen lassen, der mit nichts außer seinen mächtigen Verbündeten drohte. Strauß hatte häufig genug ähnliches versucht.
Bahrenberg schnaufte. „Dann sind sie dümmer, als ich es angenommen hätte, Haller.“ Er stellte das Gewehr wieder neben seinem Bein ab. „Überlegen sie es sich, Leutnant. Sie müssen nur einen Moment lang nicht hinsehen, wenn geschieht, was geschehen muss, und danach den Mund halten. Ich könnte ihnen den Weg ebnen... oder verbauen, wenn sie darauf bestehen, sich mir in den Weg zu stellen.“
Haller wollte noch etwas sagen, aber Bahrenberg ging davon, das Lasergewehr über die Schulter gelegt wie ein Mann, der zur Sonntagsjagd aufbricht. Haller fluchte und verschloss sein Holster.
 
Ahh ich war leider nich da als du wieder angefangen hast zu schreiben.
Aber nu geb ich auch mal meinen Kommentar ab.

Erstmal schön das du wieder schreibst 🙂 und natürlich viel glück beim lösen deiner Probleme, welcher Art sie auch sind.

und zur Geschichte, gewohnte qualität, schön zu lesen.
Die darstellung der Besessenheit gefällt mir, :slaanesh:
und mir gefällt es auch gut das sich die fehde zwischen den Leutnants weiterentwickelt,
bin gespannt was Krüger dazu sagt wenn er eintrifft.


und noch etwas,

Willkommen im Aktiven Dienst, Herr Schreiberling. :kommissar: 😀

mfg Scroll
 
Es war nicht schwer, den Inquisitor zu finden. Antiochia begegnete ihm vor der Abtei des Klosters, wo er ins Gespräch mit einem Offizier der Imperialen Armee vertieft stand. Antiochia erkannte den Offizier als Oberst Kaltenbrunn, den kommandierenden Offizier von Krügers Regiment.
„Mylord Inquisitor.“, machte sie sich höflich bemerkbar und sank auf die Knie, als der Inquisitor ihr den Blick zuwandte. Seine schwere Servorüstung trug die Insignien des Ordo Malleus, und obwohl die Schwesternschaft diesem Zweig der Inquisition nicht unmittelbar zum Dienst verpflichtet war, so war er doch eine Autorität, der sie Ehrerbietung und Demut schuldete. „Ich bin Prioris Antiochia vom Orden der Heiligen Märtyrerin des Adeptus Sororitas, von seiner Eminenz Kardinal Ingerimm zum Schutze unserer heiligen Stätten nach Orellion befohlen. Meine Schwestern und ich wurden von den Xenos mehrmals angegriffen. Unsere Kampfkraft hat gelitten, aber wir bieten euch in Demut unsere Dienste an, Mylord.“
„Schwester Prioris, erhebt euch.“, bat der Inquisitor mit sanfter Stimme. Er legte die Hände vor der Brust zusammen und deutete eine Verbeugung an. „Wir reden später weiter, Oberst.“, entließ er Kaltenbrunn, um sich dann Antiochia vorzustellen: „Schwester Prioris, ich bin Inquisitor Gotthardt Franciscus, ergebener Diener des Imperators in seinem heiligen Ordo Malleus. Ich bin anch Orellion gekommen, um Vorfälle zu prüfen, die die Aufmerksamkeit der heiligen Ordos auf sich gezogen haben. Ich bin dankbar für euer Angebot, doch befindet sich in meiner Begleitung mein geschätzter Kollege Inquisitor Carmine vom Ordo Hereticus, der für euch sicherlich eine weitaus größere Autorität darstellt, als ich es könnte. Ich würde vorschlagen, dass ihr euch mit ihm besprecht.“
Antiochia war für einen Moment wie erstarrt, sah Franciscus nur an und sagte nichts. Er stand vor ihr, ein alter, aber würdevoller und ehrfurchtgebietender Mann in einer glänzend polierten, goldenen Servorüstung, lächelte ein hintergründiges Lächeln und sah ihr frei heraus in die Augen, mit einem Blick, als sei er die höchste Autorität auf dem gesamten Planeten, und trotzdem erklärte er ihr, dass sie sich an jemand anderen wenden sollte? „Ein... ein zweiter Inquisitor, Mylord?“, brachte sie schließlich heraus.
Es war nicht so, dass die Begegnung mit Inquisitoren etwas Neues für Antiochia war. In ihrer Zeit als Hochwürden Ingerimms Leibwächterin ahtte sie mehr als einen hexenjäger gesehen, den der Kardinal zur Audienz empfangen hatte. Sie selbst hatte mit dreißig ihrer Schwestern unter dem Befehl eines noch sehr jungen Inquisitors des Ordo Hereticus einen Makropolbezirk von abscheulichen Mutanten gereinigt. Vor sehr langer Zeit, noch als einfache Schwester, war sie Teil einer Ehrengarde für ein Konzil des Ordo Hereticus auf Jallantine gewesen. Aber nie in ihrem ganzen Leben hatte sie davon gehört oder gar erlebt, dass zwei Inquisitoren, noch dazu aus unterschiedlichen Ordos, gemeinsam Untersuchungen anstellten. Die Lords und Ladys der imperialen Inquisition waren auf ihre Art trotz all ihrer Würde und ihrer Ergebenheit im Dienste am Imperator eigenbrötlerische und einzelgängerische Wesen, die ihren Dienst fast schon mit der Mentalität von Raubtieren versahen, die ihre Jagdreviere eifersüchtig bewachten.
„Ja, Lady Prioris.“, sagte Franciscus ruhig und nickte das geduldige Nicken eines alten Lehrers, der es gewohnt war, dass seine jungen Schüler nur langsam und schwerfällig seine Lehren begriffen. „Lord Inquisitor Carmine ist mein Bundesgenosse in dieser Angelegenheit. Ich werde nach ihm schicken lassen, wenn ihr es wünscht.“ Er sah ihr tief in die Augen, scheinbar nicht einmal irritiert durch die Zieloptik, die ihr halbes Gesicht ersetzte. „Keine Sorge, Prioris, er ist beinahe umgänglich. Ihr werdet gut mit ihm auskommen.“
„Natürlich, Mylord.“, beeilte sich Antiochia zu versichern und senkte den Blick.

„Augusto Carmine!“, hallte es in seinem Kopf wieder, so plötzlich und so laut, dass er von dem einfachen Lager aus halbfeuchtem Stroh und billigem Leinen hochschreckte und dabei den Krug mit Wasser umriss, den Sylvana neben ihnen bereitgestellt hatte.
Sie war ebenfalls aufgewacht, nicht durch den telepathischen Ruf, sondern durch seine plötzliche Bewegung, durch sein erschrockenes Keuchen und durch den kalten Hauch, der über ihre nackte Haut wehte, sobald er die Decke weggerissen hatte. Ihre Arme legten sich sanft um seine Schultern. Sie küsste seinen Nacken. „Augusto, was ist los?“, flüsterte ihre Stimme in seinem Kopf.
„Franciscus Astropath ruft nach mir.“, erklärte er ihr. „Ich habe ihm beigebracht, es so zu tun, dass nur ich es wahrnehmen kann. Offenbar braucht mein alter Freund mich schon wieder.“
„Du bist sein Kollege, Augusto, nicht sein Diener oder gar sein Schoßhund.“, tadelte sie. „Du musst nicht immer sofort kommen, wenn er nach dir rufen lässt.“
Er sandte eine kurze Bestätigung, ein knappes, gedankliches „Ja“ an den Astropathen, dann stand er auf, um sich anzuziehen. „Es ist nicht so einfach, wie du denkst, Sylvana. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich etwas umsehe, dass ich einen Spaziergang mache. Warum sollte er mich nicht rufen, wenn es ihm passt? Warum sollte ich nicht sofort auf den Ruf reagieren? Er würde misstrauisch werden, wenn ich es nicht täte.“ Er zog umständlich seine Hose über die Beine, die Kälte innerhalb des Zeltes verfluchend.
Sie lächelte im Dunkel, er sah es am Aufblitzen ihrer elfenbeinfarbenen Zähne. „Du klingst wie ein Getriebener, Augusto. Man könnte meinen, du wärst selbst ein Ketzer, und gar kein Ketzerverbrenner.“
„Ihr seid euch so verdammt ähnlich, du und Franciscus.“ Er schnaubte. „Derselbe Spott, dieselbe kleinmütige, selbstorientierte Sicht auf die Dinge.“
Sie zog die Knie an die Brust, spielte die Beleidigte. „Das klingt weder, als wärst du sein freund, noch als wärst du mein Liebhaber, Augusto. Ich bin das Versteckspiel leid. Vielleicht sollte ich selber zu ihm gehen und ihm alles erzählen. Vielleicht sollte ich ihm beibringen, dass sein Freund und Kollege Augusto Carmine, der einsame Hexenjäger und die Geißel der Ketzer, Mutanten und Psioniker, auch eine andere Seite hat, dass auch der große, schwarze Mann zuweilen ein ganz gewöhnlicher Mensch ist. Wenn er mir so ähnlich ist, werden wir uns sicher prächtig verstehen.“
„Das wirst du nicht!“, dachte Carmine, schärfer als er es gewollt hatte. Er stampfte geräuschvoll auf, um den schweren Lederstiefel über den Fuß zu bekommen. „Ich mag dein Liebhaber sein, Sylvana, aber du solltest nicht vergessen, dass ich auch dein Mentor und Herr bin. Solange du dich nicht selbst Lady Inquisitor nennen darfst bin ich für dich verantwortlich, und du wirst tun, was ich dir sage. Franciscus wird von uns erfahren, wenn ich es für richtig halte.“
Er setzte den breitkrempigen Hut auf, gürtete seine Waffen und legte den Mantel an. Er spürte ihren Blick in seinem Rücken, drehte sich aber nicht mehr um. „Halte dich bereit. Es mag sein, dass wir bald handeln müssen.“
„Da hast Angst vor ihm, Angst vor dem, was er dir sagen wird.“, hörte er ihre Stimme in ihrem Kopf, als er hinausging.
„Nein.“, dachte er, dann ganz für sich selbst: „Doch.“
 
Calponia versuchte zu schreien, doch Antiochias Hand lag fest auf ihren Mund gepresst, zwang sie den leichten, süßen Duft der Haut der Prioris durch die Nase einzuatmen. Andere Schwestern hielten sie gewaltsam am Boden, drückten ihre strampelnden Arme und Beine nieder und sahen sie dabei mit vor Erregung glühenden Augen an, während Antiochia auf ihrem Bauch saß, ihr Becken vor und zurück bewegend. Calponia biss in Antiochias Hand, schmeckte Blut in ihrem Mund, doch die Prioris warf nur mit einem Stöhnen den Kopf in den Nacken. Ihr Mantel öffnete sich durch die plötzliche Bewegung, enthüllte ihren nackten Leib. Antiochias freie Hand glitt von ihrer Kehle hinab über die alabasterfarbene Haut ihres Busens, passierte die flache Ebene ihres Bauchs, um schließlich in ihrem Schoß zur Ruhe zu kommen, dort, wo ihre Haut nur durch das dünne Untergewand getrennt an Calponias Haut rieb.
„Gefällt es dir?“, fragte sie und verstärkte den Druck ihrer Schenkel in Calponias Seiten. „Gefällt dir das, meine Schwester?“
Calponia schüttelte den Kopf vor Entsetzen, doch Antiochias Hand verwehrte ihr selbst diese Bewegung. Die Schwestern um sie herum lachten. Hände wurden ausgestreckt, um ihren Körper zu berühren, ihr Fleisch zu streicheln und zu kneten.
„Du wirst noch mehr bekommen, mein Kind...“, flüsterte Antiochia. „Viel mehr, wenn Ys’ijan’khar erst hier ist, um mit dir zu spielen. Wir alle werden viel Spaß haben.“
Ys’ijan’khar... Calponia erschauderte bei der Nennung des Namens, ohne auch nur zu wissen, warum. Sie keuchte, wand sich auf dem groben Steinboden im Griff ihrer Schwestern, hoffte vergeblich, sich aus diesem Alptraum zu befreien. Ein Fingernagel riss einen blutigen Kratzer in die Haut ihres rechten Arms, und sofort stürzten mehrere Frauen unter gierigen Schreien darauf, um das aus der Wunde strömende Blut zu lecken.
„Ah...“, machte Antiochia, stöhnte es herauf aus dem tiefsten ihrer Kehle. „Ys’ijan’khar... Ys’ijank’har kommt...“ Der Körper der Prioris verströmte eine glühende, unmenschliche Hitze, mehr wie die Wärme im Feuer erhitzten Eisens denn wie die Wärme eines menschlichen Körpers. Sie zitterte. Schweissperlen standen in ihrem Gesicht, liefen über ihre flatternden Augenlider und die bebenden, viel zu roten Lippen. Ein Blutstropfen rann aus ihrem Mundwinkel herab, vermischte sich mit dem Schweiss und tropfte auf Calponias Brust. Weitere Tropfen folgten ihm, wurden schließlich zu einem steten Rinnsaal. „Ys’ijan’khar...“
Bilder stiegen in Calponias Geist auf, warfen ihren Kopf unter Krämpfen mehrmals gegen den Steinboden, bis sie selbst das Blut fühlte, das ihre Haare durchtränkte. Eine Wesenheit, dunkel und unglaublich mächtig, war in ihrem Kopf, lauerte auf einen Moment der Schwäche, einen Moment der Unachtsamkeit, so wie ein Hai im Dunkel des Meeres auf ein Opfer lauerte.
„Ys’ijan’khar ist nicht in deinem Kopf!“, keuchte Antiochia, beugte sich herab und küsste Calponia auf die Stirn. Wo ihre Lippen ihre Haut trafen, brannte der mit Blut vermischte Speichel wie Säure. „Ys’ijan’khar ist hier!“
Die schweren Torflügel des Haupteingangs der Kathedrale wurden mit einem Knall aufgestoßen, und donnernde Schritte hallten im Innenraum wieder. Antiochias Körper, jetzt schweißglänzend im Kerzenschein, versperrte Calponia die Sicht, doch allein der stetig näherkommende, lange Schatten auf dem Boden und das laute Aufstampfen von Hufen ließ keinen Zweifel, welcher Art der Ankömmling war.
„Mein Meister!“, hauchte Antiochia und wandte den Blick zu der Gestalt, die nun neben ihr aufragte, ein fellbedeckter Gigant mit sehnigen Muskeln unter den langen Gliedern, obszön langen, klauenartigen Fingernägeln und dem Kopf eines Ziegenbocks. Unter dem Seidentuch, das die Kreatur um ihre Lenden geschürzt trug, zeichnete sich ein ellenlanger, armdicker Umriss ab, an dessen Spitze das feine Tuch feucht befleckt war. Der süße Geruch von Antiochias Haut wurde überlagert von einem viehischen, die Sinne halb betäubenden Gestank.
Calponia wusste nur zu gut, was es bedeutete. Sie hatte ein Leben in Keuschheit geführt, aber sie war kein einfältiges Kind, und Predigten, das Studium religiöser Schriften und das jährliche Führen der Deckhengste zum Gestüt des Klosters hatten ihr eine profunde Kenntnis von der Sünde vermittelt. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie wusste nur zu gut, wem die Erregung der Kreatur galt.
Antiochia legte ohne Scham ihre Hand auf die wachsende Beule unter dem Seidentuch. „Ys’ijan’khar, dein Spielzeug ist bereit für dich.“
„Ich grüße dich, Calponia.“, grollte Ys’ijan’khar. Seine Stimme war wie das Brüllen eines Stiers, wie das Schnaubern und Wiehern eines Hengstes, rau wie ein Kampfschrei und gleichzeitig nicht ausgestoßen in der Absicht zu töten, sondern zu erobern, in Besitz zu nehmen und sich an der Beute zu erfreuen. Die spitzen Reißzähne in Ys’ijan’khars Schnauze formten ein Grinsen. „Ich hatte nicht erwartet, dich so wieder zu sehen. Mir scheint, dass deine Seele verdorbener ist, als ich dachte.“