40k Der letzte Mann

Im selben Moment, in dem Hauptmann Graf Marcks Kommissar Villar fallen sah, war ihm klar, dass dieses Gefecht nicht mehr gewonnen werden konnte. Kommissare waren zwingend notwendig, um die entweder phlegmatischen oder widerwilligen zwangsrekrutierten Gotfrieder Soldaten bei der Stange zu halten. Ohne den ersten Politoffizier der Kompanie würde es schwierig werden, sie unter Kontrolle zu halten.
Doch darüber konnte sich der Kompanieführer jetzt keine Gedanken machen. Eine weitere Gruppe der fremdartigen Aliens fiel über ihn und seine Begleiter her. Es war schier unglaublich, wie behände sich die großen, langgliedrigen Feinde bewegen konnten. Sie setzten mit langen Sätzen und mörderischer Geschwindigkeit über Trümmer und andere Hindernisse, die den Weg zu ihren Gegnern versperrten, hinweg.
Marcks ließ seine Laserpistole einfach fallen. Er glaubte nicht, dass er noch genügend Zeit haben würde, sie in sein Brusthalfter zu stecken. Hastig riss er sein Schwert aus der Scheide. Er wollte den Befehl geben, sich durch die Ruinen abzusetzen, um sich neu formieren zu können, doch er war zu langsam.
„Beim Goldenen Thron, nieder mit dieser Xeno-Brut!“, erscholl ein lauter Ruf neben und hinter ihm. Die Stimme vibrierte vor Fanatismus und wilder, furchtloser Entschlossenheit. Praktisch im selben Moment stürmte Kleriker Fajder an seinem Hauptmann vorbei, seine lange braune Robe im Laufen flatternd und das riesige zweihändige Kettenschwert über den Kopf erhoben. Die Pergamentstreifen der überall an der Waffe befestigten Reinheitssiegel wehten wie kleine Fahnen. Ohne sich auch nur umzusehen, ob ihm jemand folgte, hielt der Prediger geradewegs auf den sich schnell nähernden Feind zu, den fassungslosen Soldaten unablässig aus vollem Halse Anfeuerungen zubrüllend.
Sein todesverachtendes Beispiel riss die überrumpelten imperialen Infanteristen mit, die ihm ohne nachzudenken folgten. Plötzlich sah sich Graf Marcks von voranstürmenden Männern umringt, die ihn nicht einmal beachteten und sich von ihm entfernten. Er sah sogar einen Soldaten, der sich seines schweren Bolters entledigte, um dem Angriff folgen zu können. Mit untrüglicher Sicherheit ging ihm auf, dass er in Kürze alleine an dieser Häuserecke stehen würde, wenn er seinen Soldaten nicht folgte. Ruppig stieß er seinen Leibwächter an, der reglos neben ihm verharrte. „Folgen Sie mir!“
Der Hauptmann hetzte im hinteren Feld des improvisierten Sturmlaufs mit. Das schnelle Laufen war mit dem immensen Gewicht der Plattenrüstung und des Energiegenerators beschwerlich. Für gewöhnlich nahmen höhere Gotfrieder Offiziere an solchen Angriffen nicht teil, dementsprechend war ihre Ausrüstung darauf ausgelegt, optimalen Schutz zu bieten, nicht, möglichst leicht zu sein. Sein Atem dröhnte, durch den Topfhelm verstärkt, stoßweise in seinen Ohren.
Dann trafen die beiden Linien im Schutt eines vollständig zusammengestürzten Gebäudes mit einem mörderischen Krachen aufeinander. Graf Marcks konnte durch den engen Sichtschlitz seines Helms nur Fetzen der sich vor ihm abspielenden Szenerie wahrnehmen. Hier sah er einen Landsknecht, der im Laufen von einem brutalen Hieb durch die Luft geschleudert wurde, dort einen der Aliens, der von zwei Imperialen zugleich mit Mühe überwältigt wurde. Dann taumelten mehrere in einem Handgemenge auf Leben und Tod verstrickte Kämpfer vor ihm vorüber. Unvermittelt hatte das Kampfgeschehen ihn erreicht. Einer der dürftig mit Lederbändern bekleideten Feinde sprang ihn, einen kehligen Kampfschrei ausstoßend, an. Der Hauptmann riss reflexartig seinen Schockschild in die Höhe. Der gnadenlose beidhändig geführte Schlag schmetterte in das Schutzfeld, das sich funkenstiebend kräuselte, aber glücklicherweise standhielt. Die Aufprallwucht fuhr schmerzvoll durch Marcks Arm und ließ ihn aufkeuchen. Er taumelte rückwärts, verlängerte die Bewegung absichtlich und brachte es durch den gewonnen Abstand fertig, seine Klinge nach vorn zu bringen.
Er nahm eine gebräuchliche Ausgangsstellung ein, um auf den nächsten Angriff vorbereitet zu sein. Auf Gotfried lernten Adlige schon von Kindesbeinen an die Kunst des Fechtens, was sie zu regelrechten Meistern machte, wenn sie den Dienst in der Armee antraten. Der Graf musste jedoch feststellen, dass ihm sein Unterricht hier wenig nützte. Sein Gegner griff mit einem tiefen Schwung an, der sich auf rohe Kraft verließ. Davon schienen diese grauhäutigen Xenos im Übermaß zu verfügen. Die sorgfältig austarierte Parade des Kompanieführers wurde einfach beiseite gefegt, und er war gezwungen, sich mit dem Schlag zu drehen, um sein Schwert nicht zu verlieren. Er setzte die Bewegung fort und schaffte es gerade noch, seinen Schild zwischen sich und den Rückschwung zu bringen. Wieder knisterte das Schutzfeld unter der Beanspruchung. Er stieß mit seiner Klinge zu, ein verzweifeltes Manöver, dem sein Kontrahent fast spielerisch auswich.
Doch jetzt hatte der Nahkampf Graf Marcks Verstand nahezu ausgeschaltet. Er kämpfte nicht mehr nach Schema, sondern instinktiv. Eine leichte Schwäche seines Feindes witternd führte er einen Ausfallschritt aus und drosch ihm den Schockschild wuchtig ins Gesicht. Das Energiefeld kollidierte dem Schnabel, der den Großteil des Kopfes des Xenos einnahm, und krachte laut, während es Funken schlug. Schwarze Brandspuren zeigten sich im Gesicht seines Gegners, der aufschrie und das Gleichgewicht verlor. Der Hauptmann dachte nicht daran, es ihn wiederfinden zu lassen. Er hieb nach den Beinen des Aliens und sein Schwert drang tief in dessen rechten Oberschenkel ein. Dunkelrotes Blut schoss aus der Wunde. Der Feind knickte ein, doch bevor er sich wieder fangen oder sonst handeln konnte, durchbohrte der Gotfrieder Offizier ihm mit einem perfekten Stoß die Brust.
Nun musste Graf Marcks ein weiteres Mal feststellen, dass dieses Gefecht nicht auf einem Übungsplatz stattfand. Noch während sein voriger Kontrahent gurgelnd zusammensackte, sprang ihn ein weiterer von der Seite an, um seine augenblickliche Gebundenheit auszunutzen. Der Kompanieführer versuchte verzweifelt, seine Klinge freizubekommen, aber das tote Gewicht am anderen Ende zog sie ihm unerbittlich aus der Hand. Er ließ die Waffe fahren, um seinen Schild zwischen sich und den Angreifer bringen zu können. Die mit dem Schwung des Ansturms geführte Attacke krachte auf das Schutzfeld, das sie zwar abwehrte, dabei aber protestierend knackte und dann erlosch. Der Hauptmann wurde zurückgestoßen, ruderte mit den Armen, glitt auf den Trümmern aus und fiel hintenüber, vom Gewicht seines Rückentornisters nach unten gezogen. Panisch riss er an der Brustspange der Träger, die den Generator auf seinem Rücken hielten, während der Xeno wieder auf ihn losging. Der Verschluss schnappte auf und Marcks wälzte sich zur Seite. Der klingenbewehrte Lauf des feindlichen Gewehrs bohrte sich in den kastenförmigen Tornister und blieb stecken, während kleine blau-weiße Blitze um das Loch spielten. Der Besitzer der Waffe riss an ihrem Kolben, konnte sie jedoch nicht befreien. Grunzend ließ er sie los und zog stattdessen zwei gekrümmte Messer, die neben allerlei Knochen und anderen Trophäen in seiner Lederkluft steckten.
Unterdessen war der Graf auf allen Vieren von ihm weggekrochen. Seine Hände ertasteten etwas Rundes, hartes, das sich als ein abgebrochenes Stück Metallrohr herausstellte. Er packte es, drehte sich um und konnte sich gerade noch vor einem heranzuckenden Messer ducken. Er hob das Rohr zur Abwehr, bekam es jedoch von der zweiten Klinge des Aliens aus der Hand geschlagen. Völlig entwaffnet, ging Hauptmann Graf Marcks langsam rückwärts. Alles schien in Zeitlupe abzulaufen. Er konnte sämtliche Details überdeutlich erkennen. Die schemenhaften, im Nahkampf miteinander ringenden Gestalten, den wallenden Staub, die sich klar abzeichnenden Muskeln seines Gegners, der sich zum Sprung spannte.
Plötzlich richtete sich der Xeno kerzengerade auf und seinem weit aufgerissen Schnabel entrang sich ein unterdrücktes Krächzen. Die Spitze eines Schwertes trat aus seinem Brustkorb aus. Der Feind kippte zur Seite weg. Zum Vorschein kam der Leibwächter des Hauptmanns. Der massige Soldat trat auf seinen Offizier zu und half ihm auf. Der fand kurz Zeit, sich umzusehen. Es lief nicht besonders gut. Obwohl anfänglich in der Unterzahl, hatte der Gegner in dem wilden Handgemenge langsam aber sicher die Oberhand gewonnen. Die Gotfrieder wurden zurück zu ihrer Ausgangsposition gedrängt, wobei sie gleichzeitig eingekreist wurden. Kleriker Fajder schien als einziger nicht auf verlorenem Posten zu stehen. Um ihn herum lagen die verstümmelten Körper von Aliens, und er schwang seinen Zweihänder in weiten Bögen, um sich die noch stehenden vom Hals zu halten. Jedoch war ersichtlich, dass ihn die mit diesem Kampfstil verbundene Anstrengung unausweichlich erschöpfte.
Graf Marcks wandte sich an seinen Leibwächter: „Wir müssen uns zurückfallen lassen! Holen Sie alle nicht direkt im Kampf gebundenen Männer raus, der Rest bleibt hier und wird den Feind aufhalten. Und schnappen sie sich Fajder, wir brauchen ihn!“
„Ja, Hauptmann!“
Marcks schlug seinem Untergebenen auf die Schulter, als der sich in Bewegung setzte, dann zog er sich zu ihrer vorherigen Stellung zurück. Einige abgekämpfte Soldaten, die die Anweisung schon mitbekommen hatten, folgten ihm. Dennoch war unvermindert Kampflärm zu hören. Er zog eine Straßenkarte aus seinem Mantel und warf einen schnellen Blick darauf. Hier konnten sie nicht bleiben. Die feindliche Infanterie, mit der sie sich zuvor ein Feuergefecht geliefert hatten, würde nun vorrücken, wo sie durch den überraschenden Angriff gebunden waren.
Der Hauptmann machte zwei Querstraßen weiter die Position aus, an der sich die Mörserabteilung der Roten Kompanie befinden sollte. Das würde reichen. Er schnappte sich einen Soldaten mit Funkgerät, der erschöpft in seiner Nähe kauerte.
„Rufen Sie die Mörserabteilung!“
Der Mann nickte, stellte die Verbindung her und reichte seinem Offizier das Sprechgerät. Marcks riss es an sich.
„Mörserabteilung Rot, hören Sie mich? Hier ist Hauptmann Graf Marcks.“
Zwischen statischen Rauschen und Krachen war relativ deutlich die Antwort zu vernehmen.
„Wir hören Sie, Hauptmann.“
„Legen Sie Sperrfeuer auf Wegmarke 6-11. Sofort!“
„Nach meiner Kenntnis befinden sich dort eigene Truppen.“
„Das ist mir egal!“, platzte es aus dem Grafen heraus. „Ich bin jetzt nicht in der Stimmung für Befehlsverweigerungen! Feuer, auf der Stelle!“
„Jawohl, Hauptmann.“
Marcks warf dem Soldaten wieder das Sprechgerät zu und fuhr herum, als er hinter sich Bewegungen wahrnahm. Sein Leibwächter kam in Begleitung einiger Soldaten aus dem Rauch gewankt. Er stützte Fajder, der sein Kettenschwert nur noch hinter sich herzog.
Weiter entfernt war das trockene Krachen der Mörser zu hören. Die Einschläge folgten kurz darauf. Einige Männer drehten sich in die Richtung um, aus der sie sich gerade zurückgezogen hatten, wohl wissend, dass dort noch einige ihrer Kameraden gekämpft hatten. Andere starrten einfach blicklos vor sich hin.
Der Kompanieführer musterte den abgerissenen Haufen verächtlich. Wie sollte er mit ihnen diese Schlacht gewinnen? Naja, er musste mit dem arbeiten, was er hatte. Er hatte vielleicht dieses Gefecht und ein paar Männer verloren, aber der Kampf war noch lange nicht vorbei. Ärgerlicher war der Verlust seines Schwertes, der Pistole und seines Schildes.
Er gab ein ruckartiges Zeichen mit der Hand, und die geschlagenen Überreste des ersten Zuges zogen sich die Straße hinunter in Richtung der Mörserstellungen zurück.
 
Oh ha, ich komm wohl ein wenig zu spät. Na egal, schön, dass es weitergeht.

Der blaue wabernde Schild
"blaue, wabernde" oder "blau wabernde"

die Imperialen Bemühungen
imperialen klein.

brutale laufmontierte Klinge
"brutale, laufmontierte Klinge..."

Zeit zu reagieren blieb
"Zeit zum Reagieren" wäre besser

um sich die noch stehenden vom Hals zu halten.
Stehenden

Wider sehr schöne Teile, bin begeistert, da nun endlich richtige Aktion in die Story kommt. Festgefahrene Feuergefechte sind einfach nicht das wahre. aber diese Nahkämpfe...weiter, mehr, Fortsetzung!
 
wieder ein sehr cooler teil!

Er sah sogar einen Soldaten, der sich seines schweren Bolters entledigte, um dem Angriff folgen zu können.

das ist sogar regelgetreu! nach den regeln zählen Trupps die einen Prediger angeschlossen haben immer als bewegt, und können somit ja nicht ihre s .Waffe abfeuern, weil der prediger sie immer so anstachelt! 😀
 
@ Oberst Kessen: Ja, ich kenne die Regel (spiele selbst Imps) und habe mich eigentlich immer gefragt, wie sowas "in natura" aussehen könnte 😉

@all: Danke für die positive Kritik! Heute mal etwas früher der nächste Teil.


Die 6. Kompanie der 9. Taloner Sprungtruppen arbeitete sich so schnell wie möglich über die Verbindungswege zwischen den beiden Hauptgräben zum Niemandsland vor. Von der verschleierten Stadt vor ihnen hallten unaufhörlich Schüsse und Explosionsdonner herüber, die sich zu einem beständigen Grollen vermischten.
Oberst Harden stand hoch aufgerichtet in seinem Kommandofahrzeug, das zwischen den Kolonnen der Männer fuhr. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was jetzt gerade in der Kampfzone vor sich ging. Doch es war einfach nicht möglich, den Vormarsch weiter zu beschleunigen, nicht bei diesen Geländeverhältnissen.
Während er sich umsah, fiel Harden plötzlich eine große, mit Tarnnetzen abgedeckte Grube auf, deren befestigte Ausfahrt auf die Straße mündete, auf der die Sprungtruppen marschierten. Unter dem Stoff waren die Silhouetten abgestellter Fahrzeuge zu erkennen.
Der Offizier schlug auf das Dach der Fahrerkabine des Salamander. „Anhalten!“
Das Vehikel kam ruckend zum Stillstand. Harden musste sich an der gepanzerten Bordwand festklammern, um nicht umzufallen. Seinem Funker gelang das Kunststück nicht und der Mann kippte mit den Armen rudernd nach vorn.
„Verdammt noch mal!“, fluchte der Kompanieführer. „Wo haben die Jungs bloß fahren gelernt?“
Er stieß seinen Komsoldaten mit dem Fuß an und half ihm auf die Füße. „Folgen Sie mir.“
Der Taloner sprang von der Ladefläche des Salamanders und marschierte geradewegs die Auffahrt der Grube hinunter. Unter den Tarnnetzen herrschte ein dämmriges Zwielicht, das durch die engen Maschen filterte. Der aufdringliche Gestank von Schmiermittel und Promethium wehte ihm entgegen.
Die von außen undeutlich erkennbaren Fahrzeuge stellten sich bei näherer Betrachtung als hochbordige, offene Maschinen von der Größe einer Chimäre heraus. In der schwer gepanzerten Front war eine breite Rampe eingelassen, die links und rechts von einem schwenkbaren Flammenwerfer flankiert wurde. Am Heck befand sich eine Aussparung, die offensichtlich dazu diente den Fahrer aufzunehmen, und daneben eine weitere Position, an der eine langläufige automatische Waffe montiert war. Die Ketten des Fahrzeuges waren mit zusätzlichen Widerhaken versehen, die sie besonders für zerklüftetes Gelände geeignet machten. Sämtliche der eigentümlichen Konstruktionen waren in dem verdreckten, scheckigen Tarnmuster der Feudalweltler lackiert.
Die hintere Luke des Vehikels, das Harden und der Rampe am nächsten geparkt war, stand offen. Halb in der Öffnung verschwunden kniete ein Soldat im typischen blaugrauen Gotfrieder Mantel.
Der Oberst räusperte sich lautstark. Der Mann zuckte erschrocken zurück und stieß sich den Kopf ebenso geräuschvoll an der Fahrzeugwandung an, wie er anschließend fluchte. Als er sich, den Kopf reibend, umwandte und aufrichtete, weiteten sich seine Augen erstaunt. Hinter dem Panzer kamen noch vier andere Soldaten zum Vorschein, sämtlich mit hochgekrempelten Ärmeln und ölverschmiert.
„Also...“, begann Willbur Harden im Plauderton, während er von den Fersen auf die Zehenspitzen und wieder zurück wippte. „wer von euch hat hier so was wie das Sagen?“
Ein schmächtiger Bursche mit schwarz verschmutztem Gesicht trat die Hand hebend nach vorne. „Ich, mein Herr.“
„Ach, nennen sie mich doch Oberst. Und sagen Sie, was sind das für wundervolle Gefährte, die Sie hier haben?“
„Jawohl, Oberst. Das sind unsere Sturmtransporter.“
„Sturmtransporter?“
„Ja.“, bestätigte sein Gesprächspartner mit einem Anflug von Stolz. „Wir setzen sie bei Angriffen auf feindliche Stellungen ein. Wie so eine Art Landungsboot.“
„Ah ja, ich verstehe.“, erwiderte der Taloner immer noch in einem Tonfall, als unterhalte er sich nur aus Interesse. „Und warum sind sie nicht an dem Angriff beteiligt?“
Der Andere zuckte die Achseln. „Hauptmann Graf Marcks war der Meinung, sie seien bei diesem Angriff nicht erforderlich.“
„Also werden sie gar nicht gebraucht?“
„Im Moment jedenfalls nicht, Oberst.“
„Sehr gut.“, stellte der Offizier zufrieden fest. „Hervorragende Fahrzeuge. Ich nehme alle.“
„Jaw- wie bitte?“
„Habe ich mich so unklar ausgedrückt? Ich nehme Ihre Sturmtransporter. Alle. Jetzt.“
„Aber, aber...“, stammelte der Gotfrieder, offenbar völlig überfordert. „Ich kann Ihnen nicht einfach Fahrzeuge der Roten Kompanie übergeben!“
Harden überlegte kurz. „Völlig richtig. Meine Männer wüssten ja gar nicht, wie sie sie bedienen sollten. Ich brauche Sie und Ihre Mannschaft ebenfalls.“
Sein Gegenüber zog verzweifelt die Augenbrauen hoch. „Ich kann das nicht tun, Oberst.“
„Hören Sie. Meine Männer und ich sind gerade auf dem Weg, um Ihren Kameraden zu Hilfe zu kommen. Wir kommen nicht besonders schnell voran. Mit diesen Dingern hier wäre das anders.“
„Ich kann nicht.“, jammerte der Soldat. „Wenn wir mit Ihnen kommen, werden wir alle erschossen, weil wir unsere Posten verlassen und Kriegsmaterial entführt haben.“
Der Oberst wurde der Konversation überdrüssig. Er trat auf den kleineren Mann zu, bis seine breite Brust diesem beinahe an die Nase stieß. Der Blick des bedauernswerten Landsknechts wanderte nach oben.
„Also gut.“, grollte der Sprungtruppler. Aus seiner Stimme war jede Spur der Freundlichkeit gewichen. „Ich will diese Transporter. Ich brauche sie. Sie können hier bleiben und behaupten, ich hätte sie Ihnen mit Gewalt abgenommen. Das wäre nicht einmal gelogen, wenn Sie nicht mitkommen. Natürlich würde ich es bevorzugen, wenn Sie mich begleiteten, damit erfahrene Männer diese Fahrzeuge steuern.“
Sein Gesprächspartner schluckte schwer, während er seine Möglichkeiten durchging. Er hatte nicht das geringste Bedürfnis, sich mit diesem entschlossenen Offizier anzulegen. Wenn er es jedoch nicht tat, würde der nächstbeste Kommissar ihn exekutieren. Allerdings lehrte die gängige Praxis der Gotfrieder Armee auch, dass man ihn auf jeden Fall erschießen würde, ganz gleich, mit was für einer Geschichte er das hier zu erklären versuchte.
Oberst Harden wurde etwas milder, als er den unentschiedenen Gewissenskonflikt seines Gegenübers bemerkte. „In Ordnung. Wenn Sie mitkommen, werde ich Sie zunächst bei meinem Haufen behalten und dafür sorgen, dass Sie nicht hingerichtet werden.“
Das entschied die Sache. Es war die beste Chance, die dem gepeinigten Landsknecht noch blieb. Auch, wenn er dem Fremdweltler nicht so recht traute. Er sah sich fragend zu seinen Kameraden um, die stumm nickten. Leutnant Baron von Ruthenberg, der Panzerkommandant, war im Feld und sein Politoffizier war bei ihm. Eigentlich hatte es nie eine bessere Gelegenheit gegeben, sich von der Truppe abzusetzen.
„Wir brauchen zehn Minuten, um die Transporter zum Laufen zu bringen.“, nickte er dem Offizier zu.
Der strahlte. „Hervorragend! Ich erwarte Sie oben an der Rampe. Und beeilen sie sich!“
„Jawohl, Oberst.“. Der Gotfrieder wandte sich um und schickte einen der anderen los, um den Rest der Mannschaft zusammen zu trommeln.
Harden machte auf dem Absatz kehrt und marschierte die Rampe wieder hinauf. Unterwegs stieß er seinen Funker an. „Rufen Sie durch, dass die Männer warten sollen. Ab sofort sind wir motorisiert.“
„Halten Sie das wirklich für eine gute Idee, Sir?“, wagte der Soldat sich zu erkundigen. „Ich meine, das wird sicher eine Menge Ärger geben und das sind nur fünf oder sechs Fahrzeuge. Das reicht nie für uns alle.“
„Das mit dem Ärger lassen Sie mal meine Sorge sein. Und wenn wir uns schlank machen, passen wir vielleicht sogar alle rein. Und wenn nicht, müssen wir wenigstens die schwere Ausrüstung nicht mehr tragen. Und jetzt setzen Sie den Funkspruch ab.“
„Ja, Sir.“
Der Kompanieführer blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Sein Begleiter wäre ums Haar auf ihn aufgelaufen. Er sah seinen Offizier an, bemerkte dessen starren Blick und folgte ihm.
Neben dem Kommando-Salamander stand ein mittelgroßer, stämmiger Mann mit einem schwarzen, verwegenen Kinnbart, der sein wahres Alter kaschierte. Sein Haupthaar wurde durch einen breitkrempigen, schwarzen Hut verborgen. Sein grimmiges Aussehen wurde von einem schlichten langen, schwarzen Mantel mit roter Innenseite noch betont. Die behandschuhten Hände hatte er in die Hüften gestützt, und zwar so, dass der offene Mantel von ihnen zurückgeschlagen wurde. Dadurch kamen ein auf Hochglanz polierter silberner Brustharnisch und ein Waffengurt, aus dessen Holstern die verzierten Kolben zweier Pistolenwaffen ragten, zum Vorschein.
Die imposante Gestalt wurde von zwei ihn weit überragenden, bedrohlichen Leibwächtern in schwarz glänzender Vollrüstung mit einigen goldenen Insignien flankiert.
Oberst Harden fielen sofort die Reinheitssiegel auf, die sowohl am Gürtel des Anführers als auch an der Rüstung seiner Begleiter befestigt waren.
Er brachte nur einen einzigen Satz heraus: „Ach du Scheiße.“
 
Ich gehör zwar nicht zum Lehrpersonal, aber natürlich werde ich diese Aufgabe wie immer wahrnehmen. Obwohl das in letzter Zeit kaum noch nötig ist.

Der Taloner sprang
kein Fehler, aber ich musste das mehrmals lesen, bevor ich begriff, dass wohl der Kommandant gemeint ist. Ich habe erst vermutet, es wäre der Funker.

die offensichtlich dazu diente den Fahrer aufzunehmen
"dazu diente, den Fahrer..."

Und beeilen sie sich!“
Sie

toller Teil. Ich finde den Harden viel sympatischer, weil nachsichter, als den Graf Marcks. Die Beschreibung des Kommissars (soll doch einer sein?) ist sehr gelungen. Ich will die Fortsetzung.
 
Juhu, wieder neue Leser! Ich freue mich über jeden, der dazu stößt.

@Calgar: Das nenne ich wirklich einen echten Fan! Ich fphle mich geehrt und ich bin sicher, der Graf wüsste den hohen Sympathiewert, den er bei dir hat, zu schätzen.

Heute poste ich ausnahmsweise noch einen kleinen Teil, weil der so schön nochmal die Spannung und die Freude auf den nächsten Teil erhöht (wahrscheinlich werdet ihr mich dafür hassen 😉 )

Sergeant Rickers kleiner Trupp bewegte sich durch die Ruinen langsam neben der Straße vorwärts, immer so dicht am Boden wie möglich. Lantz machte den Anfang, um ihnen, wenn nötig, den Weg frei brennen zu können, dann folgte Rickers selbst und den Abschluss bildeten
ihre drei Begleiter. Der Truppführer sah sich immer wieder zu den nervösen jungen Soldaten um, um sich zu überzeugen, dass sie nicht den Anschluss verloren oder sich zu weit aus der Deckung erhoben. Seit seinem Ausraster waren sie noch unsicherer als zuvor, und er verfluchte sich dafür, die Beherrschung verloren zu haben. Das hätte ihm niemals passieren dürfen, schon gar nicht in einer so heiklen Situation.
Der Veteranensergeant zupfte seinen Vordermann an dessen Mantel und ließ anhalten. Vorsichtig hob er den Kopf für höchstens eine Sekunde über einen niedrigen Mauerrest. Seinem geübten Blick blieb damit reichlich Zeit, die Lage jenseits ihrer Deckung zu erfassen.
Das Feuergefecht, das auf der Straße tobte, hatte an Intensität noch zugenommen. Die blauen Energiebolzen der feindlichen Handfeuerwaffen und die grellroten Laserstrahlen imperialer Gewehre zuckten scheinbar willkürlich hin und her, wobei sich ein nahezu undurchdringliches Gitter bildete. Nicht zu sehen waren die panzerbrechenden Geschosse der schweren Maschinenkanonen, doch das unverkennbare, wuchtige Hämmern der Unterstützungswaffen ließ keinen Zweifel an ihrem Vorhandensein.
Rickers riskierte noch einen zweiten Blick und sah seine Vermutung bestätigt. Offenbar gelang es den außerirdischen Verteidigern, sich innerhalb ihrer Deckung so zu bewegen, dass sie noch immer ein vernichtendes Gegenfeuer aufrechterhalten konnten.
Dem Sergeant war klar, dass die Xenos nicht einfach sitzen bleiben und aushalten würden, bis ihr Gegner sie schließlich doch niederschießen würde. Entweder planten sie, sich abzusetzen oder sie erwarteten Unterstützung und wollten die Imperialen bis zu deren Eintreffen festnageln.
Was auch immer es war, Eiken Rickers hatte nicht vor, sie gewähren zu lassen. Er winkte seine Begleiter zu sich heran.
„In Ordnung Leute, hört mal her. Die Kerle sitzen noch immer in ihrer Häuserruine und heizen unserem Oberleutnant ein. Aber uns haben sie bisher noch nicht gesehen. Wir packen es folgendermaßen an: Wir arbeiten uns wie bisher weiter vor, bis wir hinter ihrer Stellung sind, versuchen die Straße zu überqueren, nutzen das Überraschungsmoment und räuchern sie aus. Alls klar?“
Die drei Landsknechte nickten etwas unsicher.
„Klingt wie ein Kinderspiel.“, meinte Lantz, während er den tropfenden Lauf seines Flammenwerfers tätschelte.
„Ist es auch.“, stellte sein Truppführer grimmig fest.
Der Weg durch die zerstörten Gebäude schien endlos zu sein. Da sie nicht nur vor feindlichem Feuer, sondern auch vor eigenen Querschlägern auf der Hut sein und sich deshalb praktisch kriechend vorwärts bewegen mussten, war ihre Geschwindigkeit erbärmlich. Zudem waren sie nach kurzer Zeit alle von oben bis unten mit dem hellen Staub des Materials, aus dem die Aliens ihre Häuser errichteten, bedeckt. Das Zeug setzte sich überall ab, auch in ihren Nasenlöchern und Mündern, was das Atmen in der ohnehin schon rußgeschwängerten Luft beschwerlich machte. Der Sergeant fragte sich langsam, ob sie überhaupt noch in den Kampf würden eingreifen können, oder ob das Gefecht einfach an ihnen vorbeilaufen würde.
Wie zur Antwort auf seine unausgesprochene Frage zischte ein verirrter Laserstrahl knapp über sie hinweg, streifte die Promethiumtanks von Lantz’ Flammenwerfer und verschwand im Qualm. Alle warfen sich zu Boden und schlugen die Arme über den Kopf. Traf ein Schuss den Brennstoffvorrat eines Flammers, waren alle in seiner Nähe so gut wie erledigt.
Doch glücklicherweise hinterließ der sengende Energiestrahl nur eine lange Brandspur auf dem grau lackierten Behältern. Lantz selbst bemerkte von alldem nichts und drehte sich verwirrt um.
„Was ist los mit euch? Habe ich was nicht mitbekommen?“
„Nein, nein.“, versetzte sein Truppführer mit aller Sicherheit, die er aufbringen konnte. „Alles bestens. Ich dachte, da käme jemand. Hab mich geirrt.“
Der Flammersoldat zog die Stirn kraus, sagte aber nichts mehr und kroch weiter.
Rickers wischte sich hastig den Schweiß aus dem Gesicht, der ihm unter seinem Schüsselhelm hervor in die Augen lief, bevor er seinem Kameraden folgte.
Schließlich hatte die kleine Gruppe das Haus, in dem sich die feindliche Infanterie verschanzt hatte, hinter sich gelassen. Nun mussten sie es noch lebendig über die Straße schaffen. Dies stellte sich als schwierig heraus, da beständig Querschläger oder ungezielte Schüsse von der imperialen Stellung die Straße entlang zuckten. Mangels einer besseren Idee scheuchte der Veteranensergeant seine Männer paarweise durch die gefährliche Zone. Er selbst ging als letzter, um sicherzustellen, dass nicht einen der jungen Landsknechte der Mut verließ und er zurückblieb. Für den Angriff würden sie jeden Mann brauchen.
Als die Reihe an ihm war, zählte er stumm auf drei, dann spurtete er mit gesenktem Kopf los. Nach etwa zwei Dritteln des Weges erhielt er einen mächtigen Schlag gegen den Helm. Er verlor das Gleichgewicht und ihm wurde schwarz vor Augen. Obwohl er schwer aufschlug, gelang es ihm irgendwie, sich blindlings weiter zu schleppen. Wie aus dem Nichts griffen ihn plötzlich mehrere paar Hände und zogen ihn das restliche Stück des Weges in Deckung.
Langsam klärte sich der Blick des Sergeants wieder. Er lag auf dem Rücken, und erkannte Lantz’ Gesicht in seinem Blickfeld. Der Soldat grinste schief und sagte etwas, das der Truppführer nicht verstand.
„W-was?“
„Ich sagte: Scheiße Rickers, was hast du für einen Dusel! Der Gott-Imperator muss wirklich was für dich übrig haben.“
Er zog seinem Vorgesetzten den Schüsselhelm vom Kopf und hielt ihn vor dessen Nase. Das angerostete nackte Metall wies eine etwa zwanzig Zentimeter lange, tiefe und schwarz versengte Schramme auf, die sich von knapp hinter dem breiten Rand des Kopfschutzes weiter auf dessen Innenseite zog. Eine dünne Rauchfahne löste sich kräuselnd von der Beschädigung. Anscheinend hatte ein Geschoss oder Schrapnell den Helm des Veteranensergeants getroffen. Ein paar Millimeter weiter, und er wäre für immer vom Dienst freigestellt worden.
Mit tauben Fingern packte Rickers seine Kopfbedeckung und stülpte sie sich wieder auf den Kopf.
„Ach verdammt.“, murmelte er. „Damit habe ich mein letztes Glück verbraucht.“
„Was haben Sie gesagt?“, erkundigte sich einer der jungen Soldaten, der in der Nähe hinter einem Trümmerhaufen kauerte.
Der Truppführer richtete sich entschlossen in die Hocke auf.
„Ich habe gesagt, dass wir uns jetzt ranhalten müssen, wenn wir noch etwas bewegen wollen. Also los. Mir nach!“
Tief geduckt pirschten die fünf Gotfrieder Infanteristen sich wieder in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Direkt von hinten auf die feindliche Stellung zu.