Als mittlerweile Veteran zweier Geschäfte möchte ich hier mal ein paar Realitäten ansprechen:
1. Preisgestaltung: Der Einkaufspreis (EK) von, als Beispiel, einem Land Raider wird durch GW Deutschland vorgegeben. Er ergibt sich aus dem Verkaufspreis (VK), rabattiert je nach Handelskonditionen (die sind meist umsatzgebunden, und so zwischen 37 und 42%) und natürlich der MwSt. Je nachdem ob unser Laden in DE oder Ö steht, fallen damit weitere 17 bzw. 20% an.
Es ist nahezu (nicht völlig) unmöglich, GW Produkte legal zum EK in England zu beziehen, und wenn GW dir da auf die Schliche kommt, ist das Licht aus. Daher sind die Preise nicht sonderlich flexibel. Nehmen wir unseren Land Raider, und sagen wir er wird in Salzburg verkauft (da Österreich die besser zu rechnende 20% MwSt hat). 50 Euro ist der VK, daher ist 30 Euro der EK. Ziehen wir die MwSt ab (10 Euro), so macht unser Händler an einem Land Raider 10 Euro Gewinn, bei einer Investition (und damit auch Risiko) von 30 Euro.
Also muss er 3 Land Raider verkaufen, damit 1 liegenbleiben kann, und er keinen VERLUST gemacht hat.
Nehmen wir mal an er gibt 10% Rabatt. Der Raider kostet dann 45 Euro, nach MwST 36 Euro, d.h. er verdient noch 6 Euro daran. Ergo kostet ihn sein 10% Rabatt knappe 40% der Gewinnspanne. Jetzt nehmen wir mal an, unser Laden will mit 20% auffahren, um Internet-Preise fahren zu können. Der Raider kostet 40 Euro, MwSt von 8, und wir sind bei 2 Euro Gewinn. Das bedeutet er muss 15 Land Raider verkauft haben, damit 1 liegenbleiben darf... ein für die meisten Geschäfte völlig illusorisches Ziel.
Mit diesen 2 Euro müssen dann Miete, Gehälter, Energie ,Kommunikation, Events und und und finanziert werden... kein Wunder wieso jeder lieber Onlineshops betreibt, wo man einfach von Geschäften (oder GW Stores) etablierte Kunden abfarmen kann.
Und reich wird damit auch kaum einer, denn bei diesen Rabatten muss man wirklich gewaltige Mengen umsetzen, bis es sich lohnt.
Würde man natürlich die EKs aus England haben, würde das Spiel deutlich besser laufen, aber da schiebt GW der Sache einen Riegel vor, und das wars.
Das Problem liegt letzten Endes primär daran, dass Einkauf einer Privatperson im Ausland problemlos ist, die Warenversorgung aus dem Ausland aber hinterherhinkt.
Zuletzt noch eine bislang nicht angesprochene Perspektive: Ich bin heute im Hersteller-Bereich f. Brettspiele tätig (FFG, wers wissen will), und über die letzten Jahre beobachteten wir einen sehr zügigen Rückgang von Fachgeschäften für komplexere Brettspiele. Grund dafür ist v.a. Amazon und Konsorten, da die Rabatte auf Brettspiele recht groß sind, weil sowohl Platzbedarf als auch die Notwendigkeit der Beratung enorm viel größer sind als bei Tabletops, um den gleichen Warenwert zu verwalten.
Dadurch sind die großen Onlinehändler preislich sehr flexibel, und nutzen diese Möglichkeit auch bis zum Maximum.
Nur: Unser Markt schrumpft mit jedem sterbenden Fachgeschäft. Online-Stores, in vielen Fällen (nicht allen), farmen einen etablierten Kundenkreis ab, und stützen sich dabei auf die geleistete Arbeit anderer, um den Kunden erst einmal in die Materie einzuführen und aufzubauen. In unserem Sinn ist es aber nicht, dass eben die Orte, die unsere Kunden aufbauen, aussterben: Denn durch Zufall kauft kaum jemand ein Descent Brettspiel, nach einer guten Beratung und/oder Demo aber sehr wohl!
Das Dilemma ist nun aber, dass die reinen Umsatzmengen bei Onlinehändlern so gross sind, dass man als Hersteller an dieser Stelle kaum den Rotstift ansetzen kann, denn wenn wir zb unsere Produkte nicht mehr an Amazon liefern, schneiden wir uns damit selbst auch ins Fleisch, und jedes Unternehmen, welches nicht völlig privat ist, kann dies unmöglich vor seinen Anteileignern/Aktionären rechtfertigen.
Eine echte Lösung gibt es bislang nicht, und deswegen denke ich wird dieser Strudel aus parasitären Online-Händlern, die den Einzelhandel erdrücken, dessen Sterben den Markt reduziert und damit uns ALLE letzten Endes den Umsatz töten, weitergehen bis zu seiner logischen Konsequenz: Es werden auf allen Seiten (Hersteller, Onlinehändler, Einzelhändler) nur sehr wenige übrig bleiben, die wirtschaftlich am besten reagieren oder rechtzeitig aussteigen.