6.
Diese Tau waren klein und schwach. Als das große Ding tot war, gab es nichts mehr,
dass ihnen die Vergeltung der Brüder vom Leib halten konnte. Wie eine Gewitterwolke,
kamen die Tearers über sie. Staubbedeckte Götter des Gemetzels, deren Verlangen
nach Linderung schrie. Gnade bedeutete Schwäche, und sie wurde nicht gewährt.
Die Saurozähne labten sich am Fleisch der Xenos. Nur die Klinge zeigt einem
Krieger das wahre Gesicht seines Feindes. So heißt es. Die Tearers schlossen mit den Tau Bekanntschaft.
Auf ihre Weise.
Wären sie in der Lage gewesen, die Emotionen in den hässlichen Alienfratzen zu deuten, sie hätten Angst gesehen.
Die Brüder frönten ihrem Laster und kehrten das Innere, der Xeno Leiber, nach Außen.
Unreines Blut bespritzte gesalbte Rüstungen und benetzte den geweihten Boden.
Dann Stille.
Nur der Luftzug zwischen den zerstörten Monumenten war zu vernehmen.
Der Trupp beruhigte sich.
„Was ist da drinnen?“ Captain Invictus deutete auf die mächtige Pforte der Basilika.
Spuren des Gefechtes zeichneten das heilige Gemäuer. Xeno Leichen beschmutzten
die Marmortreppe, die zu den imposanten Doppeltoren empor führte.
„Kein Signal aus dem Inneren, Bruder Captain. Die Beschaffenheit der Basilika stört
wohl das Auspex.“, sagte Larken. Doch es war kein Auspex nötig. Die Brüder spürten
es auch so. „Einer von unserer Art.“, knurrte Hermio.
„Astartes?“ Die Stimme drang gedämpft aus dem Gebäude.
„Flesh Tearers, 3. Kompanie. Bedrohung getilgt. Wir kommen jetzt rein!“, rief Invictus.
Das gigantische Mittelschiff der Basilika bot ein Bild der Zerstörung. Auch hier lagen
tote Xenos. Manche, begraben unter Trümmern. Verdrehte Gliedmaßen ragten unter
schweren Mauerbrocken hervor, auf denen geronnenes Blut klebte. Es war blau.
Die Luft war schlecht. Eine Mischung aus Weihrauch, Staub und Verwesung.
Der Boden knirschte. Jeder Schritt, der Astartes, zermalmte tote Knochen.
Captain Lauro Invictus legte den Kopf in den Nacken. Sein Mund stand offen.
Ein Ausdruck der Bewunderung zeichnete sich auf den scheußlichen Zügen ab.
Ehrfurcht ergriff seine schwarze Seele.
Der Mörder trat in den Schatten eines Gottes.
Rogal Dorn. Primarch und Beschützer von Terra. Wie durch ein Wunder, war sein
gewaltiges Abbild aus behauenem Stein, unversehrt geblieben. Sein Haupt reichte
bis unter das Kuppeldach der Basilika, wo goldene Engel ihm Gesellschaft leisteten.
In Stein gehauene, ebenmäßige Gesichtszüge, strahlten eine Güte aus, die ihnen zu
Lebzeiten wohl nie innegewohnt hatte. Die Falten seines Umhanges waren Nischen
für Opfergaben und Fürbitten. Dies war sein Schrein. Der Ort, an dem man seiner
Taten gedachte. Hier sang man seine Legenden, während zerlumpte Pilger Scharen,
mit nassen Augen seinen Schutz erflehten.
Eine massige Gestalt schälte sich aus den Schatten. Ein Astartes. Seine ramponierte,
gelbe Rüstung war ebenso staubbedeckt, wie die der Tearers.
Er sah mitgenommen aus.
Ein zweiter Space Marine lag hinter ihm auf dem Boden. Zumindest ein Teil davon.
Alles von der Hüfte abwärts fehlte. Sein Gefährte, der noch im Besitz seiner Beine war,
schlug sich mit der Faust auf die Brust, bevor er den Arm von sich streckte.
„Bruder Bertram, Imperial Fists, Wächter des Dorn!“, stellte er sich hölzern
vor, dann deutete er hinter sich, „Das war Bruder Heilbronn.“
„Na wenigstens keine Templer.“, murmelte Larken. Dem stimmte Captain
Invictus zu. Durch ihre häufigen Einsätze im Dienste der Inquisition, war
die 3. Kompanie schon öfter auf die Fanatiker, der schwarzen Brüder, getroffen.
Beim letzten Mal hätte es beinahe Blut gegeben. Die Black Templars hassten
seinen Orden. Für sie waren die Flesh Tearers nichts als Abweichler. Tollwütige
Hunde, die, die Reinheit des Adeptus Astartes beschmutzten. Vielleicht hatten
sie recht. Sollte der Ordo Astartes jemals einen Kreuzzug gegen die Tearers ausrufen,
würden die Templer ihn anführen.
Der Imperial Fist schien weniger puritanisch, als seine genetischen Brüder.
Er wirkte absolut ehrenhaft. Über jeden Zweifel erhaben. Man konnte ihn
durchaus als schön bezeichnen. Schön und stur. Diese Dinge auf Captain Invictus
zu übertragen, wäre eine komplette Verdrehung der Tatsachen.
Der Herr der 3. Kompanie war makelhaft, er zweifelte, und er war hässlich.
Trotzdem beugte Bruder Bertram das Knie. Damit bezeugte er dem Rang
seines Gegenübers Respekt. Captain Invictus war zufrieden.
„Also wurde endlich jemand geschickt, um dieser Angelegenheit ein Ende zu setzen.“,
sagte der Imperial Fist.
„In der Tat.“, antwortete Lauro.
„Wir kämpfen hier schon seit Tagen und konnten mit niemandem Kontakt aufnehmen.
Alle Kanäle nach Draußen wurden blockiert. Zuerst kamen PVS, sie wollten uns zur Aufgabe bewegen.
Als das scheiterte, griffen sie an. Es gab keine Probleme, bis die hier kamen.“
Bruder Bertram spuckte auf eine Xeno Leiche zu seinen Füßen.
Lauro fiel auf, dass der Speichel sich nicht durch die Haut brannte.
„Kennst du diesen Feind?“
„Die Tau? Ja. Im aktiven Dienst habe ich sie pausenlos bekämpft, damals im östlichen Spiralarm.“
„Dann bist du uns von Nutzen.“, stellte Lauro fest.
„Die haben auch Geiseln genommen. Loyale Würdenträger und Zivilisten.
Wir konnten ihnen nicht helfen. Unsere Priorität ist dieser Schrein.“, sagte Bruder Bertram. Bedauern schwang in seiner Stimme mit.
„Derer haben wir uns bereits angenommen.“, erwiderte Captain Invictus vielsagend.
Die Brüder hinter ihm tauschten verschworene Blicke.
Bruder Bertram beobachtete die Neuankömmlinge. Natürlich hatte er Geschichten
über sie gehört. Dann begriff er. „Ihr habt sie getötet!“, klagte er den finsteren Captain an.
Captain Invictus nickte. Er schämte sich. „Wir handeln auf Befehl.“
„Wessen Befehl?“, wollte der Sohn des Dorn empört wissen.
„Ordo.“, antwortete Invictus knapp. Das Gespräch wurde ihm unangenehm.
„Und ihr habt ihn nicht verweigert? Was für eine Art Astartes seid ihr?“
Das Scheusal in der rauchenden Rüstung neigte den Kopf leicht zur Seite,
was seine abstoßenden Züge noch dämonischer wirken ließ. Die Antwort kam
bar jeglichen Gefühls und brachte Bruder Bertram zum Schlucken.
„Eine Notwendige.“