Eine Selbsterfahrung: Kreationismus und Verschwörung

Könnte so oder ähnlich (zumal salbungsvoller) auch vom ZK der SED oder vom Politbüro der KP Chinas verlautet werden.

Dessen bin ich mir durchaus bewusst - Diskussionen über Meinungsfreiheit sind ein schmaler Grat. Insbesondere in Bezug auf die deutsche Rechtsprechung, weil wir die bereits erwähnte Sonderbehandlung des Nationalsozialismus in der Rechtsprechung haben. Nichts desto trotz gehört es auch zur Meinungsfreiheit, für Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu sein. 😉

Wer meint, sich selbst zum Affen zu machen, indem er den Holocaust, die Existenz des Mittelalters oder die schädigende Wirkung von übermäßig zuckerhaltiger Ernährung am eigenen Körper leugnet, schadet höchstens seinem eigenen Ansehen unter einigermaßen zivilisierten Menschen. Andernfalls könnte man nahezu sämtliche Fernsehformate, Youtube-Videos oder Radiosendungen mit der Begründung verbieten, dass gezielt oder unwissentlich Fehlinformationen verbreitet werden, die gesamtgesellschaftlichen Schaden anrichten, da die Adressaten womöglich nicht in der Lage sind, kritisch das Gehörte/Gesehene zu reflektieren.

Mit Holocaustleugnung oder aber auch Verschwörungstheorien macht man sich zum Affen, weil man sehr stark von der allgemein vorherrschenden Meinung abweicht. Dies ist aber rein gesellschaftsbedingt. Ich wage zu behaupten, dass man mit so ziemlich sämtlichen Verschwörungstheorien, die in einem antiamerikanischen Kontext stehen, im Nahen Osten deutlich weniger anecken dürfte als bei uns. Aber nicht, weil wir irgendwie so viel schlauer wären als die Menschen dort, es ist rein der gesellschaftliche Kontext, der den Unterschied macht.

Abseits vom Nationalsozialismus, wo die Gesetzgebung vergleichsweise streng ist, haben wir in Deutschland wie ich finde sehr rationale Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit. Stark vereinfacht geht es in der Regel um den einfachen Grundsatz, dass die Freiheit des Einen dort endet, wo die des Anderen anfängt - dazu kommen noch der Schutz von Persönlichkeitsrechten, der nationalen Sicherheit, der Jugendschutz etc.

Sehe ich alles eher unproblematisch. Es ist doch bei uns eben nicht so wie in China, dass unerwünschte politische Meinungen systematisch unterdrückt werden, oder öffentliche Kritik an der aktuellen Politik unzulässig wäre. Die Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind in einem sehr klaren und transparenten Rahmen geregelt. Was bei uns halt nicht geht ist das wie z.B. in den USA die bereits erwähnte Westboro Babtist Church auf Soldatenbegräbnisse geht und dort die Toten und deren Angehörigen beleidigt. Finde ich auch gut so.
 
@ KOG

Seh ich genauso. Letztlich ist doch die Reaktion z.B. jetzt die NPD zu verbieten, was auf einer ähnlichen Wellenlänge liegt, wie die VErfolgung von Volksverhetzung, doch meist nur Ausdruck der Bequemlichkeit des etablierten politischen Establishments, die Ursachen für den Zulauf zu radikalen Milieus zu beseitigen. Außerdem muss eine Demokratie verquere Ansichten aushalten. Es spielt radikalen jeder Coleur in die Hände, wenn die öffentliche Äußerung ihrer Ansichten unter Strafe gestellt wird.
 
Die Verfolgung von Volksverhetzung ist absolut notwendig. Es gibt genug dumme Spinner, die irgendeinem gehirnlosen Unabhängigkeitsprediger nachlaufen und damit das Potential in Deutschland überhaupt erst erschaffen, einen tatsächlichen Konflikt heraufzubeschwören.

Immer wenn in unserer Geschichte irgendwelche Leute angefangen haben, öffentlich und breitenwirksam gegen irgendeine andere Volksgruppe dumme Dinge zu verbreiten, gab es später Krieg. Der längste dieser Kriege war der 30jährige Krieg, der nach einer fast fünfzigjährigen Periode gegenseitigen provozierens ausbrach, als es das erste Mal noch einen zusätzlichen politischen Auslöser gab.. Der schlimmste war der zweite Weltkrieg.

Die NPD hetzt nunmal gegen bestimmte Volksgruppen. Gleichzeitig sind es Anhänger der NPD, die immer wieder in Bedrohungen und sogar in Terroranschläge verwickelt sind. Man kann ihnen nicht das Etikett der Rechtstaatlichkeit lassen; sie sind ja auch nicht bereit von ihren radikalen Positionen runterzukommen und der Gewalt abzuschwören.
 
Und die NPD ist auch eine schrecklich erfolgreiche Massenpartei, deren Anhänger in die Millionen gehen. Wenn irgendjemand aus politischen Gründen Straftaten begeht, wie etwa Sachbeschädigung, Körperverletzung und Mord/ Totschlag, dann hält das StGb durchaus angemessene Instrumente bereit, dies zu ahnden. Soviele hirnlose Spinner sind es denn doch nicht. Denn um sich in welche Richtung auch immer zu radikalisieren, muss man schon weit an den Rand der Gesellschaft gedrängt sein. Sei es kulturell, sozial oder religiös. Spinnertum wird nicht durch die Ideologie gefährlich, sondern erst dann, wenn genügend Menschen der Meinung sind, dass dies kein Spinnertum sei. Und das werden die meisten erst, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Die beste Methode, politischem Radikalismus das Wasser abzugraben, ist es, die gesellschaftlichen Bedingungen so zu gestalten, dass die große meist unpolitische Masse dies auch bleibt. Sie bleibt es, wenn es ihr verhältnismäßig gut geht.

Und deine Beispiele sind schlecht gewählt, denn weder war der Dreißigjährige Krieg ein reiner Glaubenskrieg, noch war die Ursache für den Zweiten Weltkrieg allein der Demagogie Hitlers oder Goebbels anzulasten. Kriege sind nie monokausal.
 
Wenn der Verfassungsschutz seine V-Leute abzeht, macht die NPD zu wegen Personalmangel 😀


Es gibt genug dumme Spinner, die irgendeinem gehirnlosen Unabhängigkeitsprediger nachlaufen und damit das Potential in Deutschland überhaupt erst erschaffen, einen tatsächlichen Konflikt heraufzubeschwören.
Jetzt mal abgesehen das ich "unabhängigkeit" jetzt nicht unbedingt als schlechten Wert empfinde und wesentlich besser als sein Gegenstück, dem Kollektivismus (hint: DA hast du die Rattenfänger, ob Islamisten, Nazis oder Kommunisten, alle sprechen sie vom Kollektiv), stellt sich doch immer die frage wer ist ein Dummer Spinner und vor allem wer entscheidet das. Da sind wir eben sehr schnell bei autoritären Regimen die jeden wegsperren der aufzeigt das der Kaiser nackt ist.

Kurzum: japp, ich halte die Menschen in der Masse für unsagbar dumm. Trotzdem halte ich nix von Denkverboten, weil man vermutlich eher den verbietet der die unangenehmen Wahrheiten ausspricht als den der nur Unsinn erzählt.

Sehe ich alles eher unproblematisch. Es ist doch bei uns eben nicht so wie in China, dass unerwünschte politische Meinungen systematisch unterdrückt werden, oder öffentliche Kritik an der aktuellen Politik unzulässig wäre
äh doch, das tun wir schon, wir nennen sie im Regelfall Kommunisten und Nazis. Unabhängig davon das sie mir nicht gefallen, sollte man nicht die Augen davor verschließen das wir gewisse strömungen schon unterdrücken, zumindest ab dem Punkt wo das System in frage gestellt wird.
Ein anderes Problem ist die Sozialisierung der Medienverantwortlichen. Veröffentlichte Meinung entspricht nur in den wenigsten Fällen der öffentlichen Meinung.
 
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äh doch, das tun wir schon, wir nennen sie im Regelfall Kommunisten und Nazis.

...die beide totalitäre Systeme erschaffen wollen, in denen die Meinungsfreiheit das erste ist, was über die Klinge springt. 😉
Es mag ironisch klingen, dass es zum Schutz der Meinungsfreiheit gut ist, selbige einzuschränken, aber auf den zweiten Blick macht das eigentlich ziemlich viel Sinn.

Trotzdem ist das natürlich ein interessanter Punkt - ja, das Konzept der wehrhaften Demokratie basiert auf Mechanismen, die das vorherrschende System (in unserem Falle also die Demokratie) schützen. Sitzt im chinesischen Politbüro ein echter Schelm, könnte er natürlich damit argumentieren, dass er mit seiner Arbeit letzten Endes genau das Gleiche macht.

Der Unterschied liegt aber doch in der Dimension. Wir schützen uns vor radikalen, teils gewaltbereiten Ausläufern nach links und rechts, die zu allem Überfluss auch noch Systeme einführen wollen, welche sich im Laufe der Geschichte als unpraktikabel erwiesen haben. Dies geschieht jedoch, wie gesagt, in einem vollkommen transparenten Maße. Jeder einzelne von uns kann nachvollziehen, welche Aussagen welche nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind und sogar bis zu einem gewissen Grad Auskunft über die Arbeit der politischen Ämter erhalten.

Was in China hingegen passiert ist doch eine totale Blackbox - nicht nur für uns, auch für die Bürger dort. Ein Großteil der Chinesen weiß weder wer Ai Weiwei ist, noch kennen sie Facebook, Twitter oder Youtube. Das Land ist hermetisch abgeriegelt und hat sich nach Orwellscher Anleitung einen Überwachungsstaat erster Güte aufgebaut. Besonders problematisch wird das in Hinsicht auf die irrsinnig hohe Korruption in China.

Selbst wer bei uns mit einer Knarre in den Bundestag laufen und um sich ballern würde, könnte immer noch einen fairen und transparenten Prozess erwarten. In China kannst du schon für das Verteilen von Flugblättern in einem dunklen Loch verschwinden - oder aber auch, weil der Bruder vom Schwager von irgend jemand deinen Job haben will.
 
Nun bei uns gibt es auch Zensur. Die spielt nur keine so große Rolle. Denn es ist viel effektiver, statt Informationen einzuschränken, den Blätterwald mit Informaionen zu fluten, die größtenteils banal und trivial sind. Dann gehen kritische Berichte in der Flut der Informationen unter. Hinzu kommt, dass die Medien hierzulande in der Hand einzelner Konzerne sind, die zwar eine gewisse Vielfalt an Meinungen publizieren. Diese Vielfalt bewegt sich aber in von diesen Konzernen gesteckten Grenzen. So sind eignetlich alle Wirtschaftsressorts in den großen überregionalen Zeitungen geprägt von der selben Wirtschaftlehre. Kritische Kommentare finden sich dort nur am Rande und erlangen bei weiten nicht die Reichweite des Mainstreams. Diese Zeitungen haben vielleicht keinen allzu großen Einfluss auf die Wilensbildung der Bürger, sehr wohl aber auf den der Politik und auf den der Regionalredaktionen. Wenn man sich mal die Mühe macht, bei Google news die Meldungen in den Onlineauftritten der großen Zeitungen zu verfolgen, dann stellt man häufig fest, dass eine Meldung von DPA oder eines Blätter wortwörtlich zitiert immer wieder bei den anderen auftaucht. Das heißt, es gibt nur noch selten eigenständige Recherche, die zu einer Meldung führt, sondern immer mehr werden einfach die Meldungen anderer Medien einfach übernommen und dies oft genug ohne sie auf Richtigkeit zu prüfen. Kurz und knapp, soweit ist es mit der vielgepriesenen Meinungsvielfalt nicht her. Und das ohen dass irgendjemand einfach mal so im Gulag oder KZ verschwindet.
 
Nun bei uns gibt es auch Zensur. Die spielt nur keine so große Rolle. Denn es ist viel effektiver, statt Informationen einzuschränken, den Blätterwald mit Informaionen zu fluten, die größtenteils banal und trivial sind. Dann gehen kritische Berichte in der Flut der Informationen unter.
(...)
Kurz und knapp, soweit ist es mit der vielgepriesenen Meinungsvielfalt nicht her. Und das ohen dass irgendjemand einfach mal so im Gulag oder KZ verschwindet.

Da schmeißt du jetzt aber schon eine ganze Menge in einen Topf. 😉
Meinungsfreiheit bedeutet, dass du ohne Repressalien zu fürchten deine Meinung frei äußern darfst. Aber es gibt keine Garantie dafür, dass sich auch jemand dafür interessiert.

Zunächst einmal haben Meinungs- und Pressefreiheit zwar eine große Schnittmenge, aber auch das müssen wir trennen. Meinungsfreiheit bedeutet, dass wir zum Beispiel diese Diskussion in diesem Forum vollkommen ungeniert führen können. In China würde mir für so manche Aussage die ich hier getroffen habe bestenfalls ein politisches Erziehungsseminar zuteil, auf jeden Fall aber würde ich recht schnell unerfreulichen Besuch bekommen. Meinungsfreiheit betrifft den einzelnen und wie dieser sich in der Öffentlichkeit bewegen kann.

Die Pressefreiheit ist etwas weiter gefasst als die Meinungsfreiheit, da die Presse per Definition die breite Masse anspricht. Im großen und ganzen darf aber auch die Presse schreiben über was sie will, so lange sie keine Persönlichkeits- und Urheberrechte verletzt und keine Hetzpropaganda verbreitet.

Der von dir beschriebene mediale Aggregationsprozess ist bedauerlich - aber ihn mit einer Zensur gleichzusetzen ist ein blanker Hohn entgegen Ländern, in denen tatsächliche Zensur stattfindet und ein typisch deutsches Jammern auf hohem Niveau. Es steht dir vollkommen frei, eine kritische Zeitung, einen kritischen Blog oder einen kritischen Radiosender zu eröffnen. Der Staat wird dich dabei nicht behindern. Ob du damit Erfolg hast, steht auf einem anderen Blatt. Aber dass die Leute lieber Katzenbilder und Gossip sehen, als systemkritische News ist nun wahrlich kein neues Phänomen. Das kannst du der Demokratie nicht anlasten.

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Und deine Beispiele sind schlecht gewählt, denn weder war der Dreißigjährige Krieg ein reiner Glaubenskrieg, noch war die Ursache für den Zweiten Weltkrieg allein der Demagogie Hitlers oder Goebbels anzulasten. Kriege sind nie monokausal.

Ich habe weder das eine noch das andere behauptet.

Die ewigen Provokationen vor dem dreißigjährigen Krieg haben es den Herrschenden überhaupt erst ermöglicht, mit großer Zustimmung ihrer Adeligen (von denen sie ihre Armee gestellt bekommen... zumindest am Anfang!) sich für einen Krieg zu entscheiden. Der dreißigjährige Krieg hatte herzlich wenig mit Religion zu tun, das war mehr ein Landgewinnungskrieg als sonst irgendwas. Besiegte Einheiten und Soldaten haben teilweise ohne weitere Kontrolle auf der Siegerseite weitergedient. Die Religion wurde nur (wieder mal) als Deckmantel verwendet. Schwedisch-hessische Allianz gegen kaiserliche Katholiken. Was haben die Schweden in Deutschland zu suchen? Religion? Nö. Land? Ja.

Dasselbe unter Hitler. Erst kommen die Kriegsvorbereitung, dann kommt die Hetze parallel dazu. Wenn das Volk eingestimmt ist, dann kann man ohne Widerstand für Krieg entscheiden.

Die NPD hat viel Gedankengut mit der SPD und der CSU gemeinsam. Der Unterschied liegt nur in den kleinen, aber nicht unwichtigen Anteilen, in denen sinnlos gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen gehetzt wird und in der offenen Unterstützung von Terroristen. Und diese zwei Punkte sind es, die der NPD in meinen Augen jegliches Existenzrecht nimmt.
 
Ich habe nur geschrieben, dass es efffektiver ist die Fülle an Inormationen so anzuheben, dass man nur noch mit Zeit und Mühe diese nach Relevanz zu sortieren. Der Effekt ist derselbe. Die Einen gewinnen durch Repression die Deutungshoheit, die anderen durch Flutung. Und damit meine ich nicht die Katzenbilder sondern eine Trivialisierung und Entpolitisierung des Politischen. Beides macht einen fairen Wettstreit der Meinungen unmöglich. Nur weil in China Leute hinter Gittern sitzen, die ihre Meinung geäußert haben oder gar nur indizierte Webseiten besucht haben, heißt nicht, dass man die hiesigen Zustände nicht kritisieren kann, weil andernorts ja noch schlimmer ist. Was ich sagen will, ist folgendes. Es gibt, egal in welchem politischen System, immer einen Kampf um Deutunghoheit. Wenn aber eine bestimmte Seite genau diese Deutungshoheit gewonnen hat, dann gibt es keine Möglichkeit mehr, sich multiperspektivisch eine Meinung zu bilden. Und diesen Zustand haben wir in Deutschland wie in China. Der Unterschied liegt in den Mitteln. Das ist zwar nicht unerheblich für den Einzelnen, aber in der Gesamtheit bleibt der gleiche Effekt. Über Deutungshoheit lässt sich, wenn schon nicht Zustimmung, so doch Desinteresse generieren. Und das eröffnet den politischen Eliten Raum, ohne Kontrolle zu agieren.
 
Nur weil in China Leute hinter Gittern sitzen, die ihre Meinung geäußert haben oder gar nur indizierte Webseiten besucht haben, heißt nicht, dass man die hiesigen Zustände nicht kritisieren kann, weil andernorts ja noch schlimmer ist.

:blink:
Aber das ist doch gerade der Punkt: Hier darfst du die politischen Zustände kritisieren, in China nicht.
Das ist es, was Meinungsfreiheit ausmacht.

Ich verstehe ja, dass du dich gerne über die deutsche Presselandschaft aufregst, mache ich auch. Aber deine wesentlichen Kritikpunkte haben nix mit Meinungsfreiheit zu tun.

Wenn aber eine bestimmte Seite genau diese Deutungshoheit gewonnen hat, dann gibt es keine Möglichkeit mehr, sich multiperspektivisch eine Meinung zu bilden.

Das ist spätestens seit Anbruch des Internetzeitalters so nicht richtig. Rein technisch gesehen hast du Zugriff auf einen weltweiten Newsstream, weit über die Landesgrenzen hinweg. Auch dies ist der wesentliche Unterschied zu China - das Land sitzt hinter der größten Firewall der Welt. Mittlerweile haben sie weite Teile der Bevölkerung sogar schon so weit, dass sie nicht einmal mehr merken, dass ihnen was fehlt. Hier mal ein sehr interessanter Artikel zu dem Thema:

Brand Eins: Hinter der großen Mauer
http://www.brandeins.de/magazin/digitale-wirtschaft/hinter-der-grossen-mauer.html
 
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Wenn du nur Tagesschau guckst, bist du selber Schuld. Die sind gut gefiltert.
Guckst du nur Spiegel Online, bist du wahrscheinlich nach einiger Zeit links oder grün.
Guckst du nur Welt online, bist du wahrscheinlich nach einiger Zeit grünenfeindlich ohne Ende.
Und so weiter.

Der Trick ist, auch mal zu gucken was die ausländischen Medien schreiben. In Deutschland wird auch kritisch über Francois Hollande berichtet - hier in Frankreich kannst du das vergessen; die Medien bekommen allesamt Subventionen vom Staat, die nicht gesetzlich festgelegt sind sondern immer wieder verhandelt werden. 😉 Während des Kusses zur Amtseinführung hat Hollandes Freundin ihrer Konkurrentin vor laufenden Kameras den Stinkefinger gezeigt. Alle, aber ALLE Zeitungen und das Fernsehen haben auf dem Bild den Arm kurz vor der Hand abgeschnitten oder gar nicht erst gezeigt.

In Deutschland ist es für Medien möglich, den Bundespräsidenten abzuschießen. Letztes Jahr geschehen. Das ist hier in Frankreich nicht möglich. Das ist fast in keinem Land der Welt möglich, da sind Deutschland und eine sehr kleine Handvoll anderer Länder Riesenausnahmen.

Du kannst nicht über "die hiesigen Verhältnisse" Meckern ohne die geringste Ahnung zu haben wie es woanders aussieht.

Ich war in Neuseeland: Die haben sehr gute Meinungsfreiheit, aber ein irres Rassistenproblem mit ihren 15% Maori, 15% Polynesiern, 20% Chinesen, 30% Briten und den Rest bunt gemischt.Jeder gegen jeden und die Nordinsel gegen die Südinsel, man will unabhängig voneinander sein.

Ich war in Ingolstadt: Die Provinzialität die mir dort in Bayern an der Grenze zu Franken entgegen schlug war unbeschreiblich. Man hatte was gegen Schwaben, Hessen, Tschechen, Ösis, Italiener, gegen Ossis und gegen Norddeutsche sowieso. Es schien als seien die einzigen richtig denkenden Menschen andere Bayern, aber nur sofern sie denselben Dorfdialekt sprachen. Den bayrischen Atommüll sollen andere Bundesländer nehmen, aber solange man darüber nicht nachdenkt will man unabhängig sein.

Ich bin in Hamburg aufgewachsen: Dasselbe in Grün! Man lebt angeblich in der schönsten Stadt der Welt, und die Welt endet an der Elbe. Ja, an der Elbe, nicht am Main! Liebe Süddeutsche, zieht euch das mal rein, das ist nämlich genauso dämlich wie das was ihr sagt, nur in Norddeutsch! Die Elbe fließt mitten durch Hamburg. Liebe Hamburger, wenn ihr mal "schönste Stadt der Welt" In Google eingebt, werdet ihr feststellen, dass Hamburg nicht die einzige Stadt auf der Welt ist!!!

Jetzt bin ich in Südfrankreich: Hier hat man was gegen Pariser, Italiener, Marrokaner und... ihr ahnt es sicher schon... man will eigentlich am liebsten unabhängig von Frankreich sein.


Allen ist gemeinsam, dass es in guten Zeiten eher nicht so ernst gemeint ist, und in schlechten Zeiten wird von irgendwelchen... Leuten... richtig gehetzt. Und diese Leute provozieren dann auch immer wieder... "Unfälle"... in Deutschland wird es eher eine Schlägerei, hier in Südfrankreich endet sowas eher in einer Schießerei. Und diese... "Unfälle" werden hinterher dazu genutzt um was zu tun? Genau, es wird ausgeschlachtet um weiter zu hetzen.

Super.
 
In Deutschland wird auch kritisch über Francois Hollande berichtet - hier in Frankreich kannst du das vergessen; die Medien bekommen allesamt Subventionen vom Staat, die nicht gesetzlich festgelegt sind sondern immer wieder verhandelt werden.

Ist doch hier nicht anders was die Regierenden angeht. Wenn Mutti nicht wegen der Verweigerung zur ESM Unterschied am Stuhl ihres Wulffs gesägt hätte, säße der Grußaugust heute noch im Schloss Bellevue. Das haben unsere Medialen Gutmenschen aber im kollektiv vergessen zu erwähnen.
Heute hat wohl jeder Politiker, ganz gleich welches Lager mächtig Dreck am Stecken. Ist ja z.B. nicht so, als wären die Tätigkeiten eines Peer Steinbrücks nicht seit Jahren bekannt gewesen. Der doofe Michel vor der Glotze fragt sich aber gar nicht, warum das ausgerechnet kurz nach seiner Ernennung ausgegraben wird. Ebenso wenig, warum unsere Von der Leyen hunderte Millionen Staatseigentum in Niedersachsen versenkt hat, aber nicht ein einzig namhaftes Blatt bis heute auch nur eine Silbe darüber schreibt.

Ich glaube langsam, Pressefreiheit ist die Freiheit, zu entscheiden, ob man den Vorgaben des Verlags folgt, oder sich einen anderen Job suchen darf.

Die vierte Macht im Staat ist inzwischen der quasi Autowinbutton. Wer ihn drücken kann, gewinnt.
 
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Der Unterschied liegt aber doch in der Dimension.
Das sollte wohl tröstlich wirken, für mich ist das ein denkbar schlechtes Vorzeichen: wenn der Unterschied der Meinungsäußerung zwischen einem selbsterklärt freien Staat wie Deutschland und einem offenkundig repressiven Regime wie China nur noch graduell und nicht mehr qualitativ ist, entscheidet nur noch der Zeitgeist, ob sich die beiden Länder nicht dereinst auf derselben Achse annähern.

Abgesehen davon werden hier viel zu viele Strohmänner verdroschen: es spricht doch keiner davon, dass ausnahmslos alle Äußerungen nicht justitiabel sein sollen. Wenn ich in meiner Nachbarschaft Flyer verteile, auf denen die Aussage prangt, dass der Bürgermeister ein Mörder ist, das aber dank politischer Einflussnahme vertuscht, kann ich dafür selbstverständlich belangt werden, weil der Rufmord schwerer wiegt als mein Recht auf freie Rede. Es ist im Gegensatz dazu aber einfach wohlfeil, Holocaustleugnung unter Strafe zu stellen, hier geht es schlichtweg um gesellschaftlich genehme Zensur. Historische Singularität hin oder her, es ist einfach irrsinnig, dass die Leugnung der einen historischen Tatsache ein Fall für den Strafrichter ist, andere Verschwörungstheorien aber nicht.

Damit kommen wir auch zum nächsten Punkt, dem vorgeblichen gesellschaftlichen (in Abgrenzung zum konkreten persönlichen) Schaden. Wer soll den eigentlich messen oder an (welchen?) Kriterien festsetzen? Und seit wann haben wir wieder par ordre du mufti eine Sprach- und Denkregelung, die sich am Volkskörper (die Anspielung ist ganz bewusst gewählt) orientiert? Mit der Begründung argumentieren etwa die ganzen Gender-Mainstream-"Forscher": da gewisse Begrifflichkeiten von gesellschaftlich überholten Machtansprüchen zeugen und es daher nicht tragbar ist, diese weiterhin zu gebrauchen, werden sie gewissermaßen entschärft werden müssen. Oder überhaupt PC: gestern war in der FAZ ein Artikel zu der Neuauflage der "Kleinen Hexe" (hier einzusehen), die demnächst von so anstößigen Begriffen wie "Negerlein", "Menschenfresser" und "Chinesinnen" (!) befreit werden soll, nur des Kindeswohles wegen natürlich. Noch entstehen solche Auswüchse aus der freiwilligen Entscheidung heraus: Verlage erhoffen sich bessere Verkaufszahlen, Schulleiter gebrauchen das bescheuerte Binnen-I, um ihren lieben Frieden mit den hauseigenen Verrückten zu haben. Nach der von euch vorgelegten Legitimationskette ließe sich aber bestimmt auch ein Gesetz entwerfen, das "generalisierende, anstößige oder verunglimpfende Ausdrücke" bei Gebrauch unter Strafe stellt. Schon möglich, dass das weit hergeholt scheint - Schweden zeigt aber eindrucksvoll, wohin das führen kann (etwa hier und hier; es liegt zwar noch keine Gesetzgebung vor, die gegenteiliges Verhalten unter Strafe stellt, wie weit das Projekt fortgeschritten wird, zeigt sich aber daran, dass ganze Institutionen damit befasst sind).
 
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@ KOG, das Problem liegt aber darin, dass es keinen qualitativen Unterschied zwischen Herrschaftsformen gibt, sondern nur einen quantitativen in dem Sinne, dass der Unterschied im Grad der verwendeten Repression liegt. Wenn es darum geht, zu beschreiben, wie Herrschaft funktioniert, muss ich so schwer mir das als eher Linker fällt, einräumen, dass CArl Schmitt wohl recht hatte, mit seiner Aussage, dass derjenige der Souverän ist, der der über den Ausnahmezustand bestimmt, oder ungleich pointierter Bismarck mit seinem Spruch, dass die Fragen der Zeit nicht durch Majoritätsbeschlüsse entschieden werden, sondern durch Blut und Eisen. Das soll nicht heißen, dass das gut ist, sondern dass Herrschaftsausübung immer so funktioniert, dass Derjenige, der die politische Macht hat, diese zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen auch nutzt und nur insofern Rücksichten nehmen muss, als er sich die Loyalität seiner Gefolgsleute sichern muss, die ihm erst die Handlungsmacht verschaffen. Das stellt die Frage, inwiefern demokratischer Diskurs überhaupt zur Willensbildung beiträgt oder politische Entscheidungen durch Konsens zustandekommen. Denn Konsens lässt sich nur dann erzielen, wenn die Ausgangspositionen nicht zu weit auseinander liegen. Je mehr aber die Interessen einer Gesellschaft auseinanderdriften, umso härter und und verbissener werden die Machtkämpfe. Ich habe die oben erwähnten Herren nicht angeführt, weil ich solche Zustände wie zu deren Zeit in Deutschland verwirklicht sehe, sondern nur um das Grundprinzip von Herrschaft aufzuzeigen, welches in Krisensituationen am deutlichsten zutage tritt. Dei eingesetzte Repression nimmt in dem Maße ab, wie Ineressengegensätze innerhalb einer Gesellschaft sich verringern. Sie verschwindet aber nie ganz. Wenn Interessengegensätze ausgleichbar sind und der Aufwand mit Gewalt einen status quo durchzusetzen höher ist als über Interessenausgleich, dann funktioniert Demokratie und wirkt stabilisierend. Wenn wir also von Deutschland als ein freies Land sprechen, dann tun wir das nicht, weil es in der Verfassung so drin steht, sondern weil niht genügend Kräfte in Deutschland gibt, die die Macht hätten, die Normen der Verfassung außer Kraft zu setzen. Denn Papier allei ist geduldig und Gesetze nur solange gültig, wie es genügend Leute gibt, die bereit sind deren Normen zu akzeptieren. Aber wir erleben Auflösungserscheinungen. Siehe die immer häufigere Kassierung von Gesetzen durch das BVG oder die schleichende Aufkündigung des Sozialstaatsprinzips.
 
Das sollte wohl tröstlich wirken, für mich ist das ein denkbar schlechtes Vorzeichen: wenn der Unterschied der Meinungsäußerung zwischen einem selbsterklärt freien Staat wie Deutschland und einem offenkundig repressiven Regime wie China nur noch graduell und nicht mehr qualitativ ist, entscheidet nur noch der Zeitgeist, ob sich die beiden Länder nicht dereinst auf derselben Achse annähern.

Ich sehe da durchaus auch einen qualitativen Unterschied. In Deutschland muss man sich schon richtig anstrengen, um wegen einer Meinungsäußerung rechtlich belangt zu werden - und extrem weit aus dem Fenster lehnen, um dafür gar ins Gefängnis zu wandern. Mit 15, 16 habe ich viel und gerne deutschen Punk gehört. Deutsche Punkbands schreiben gerne Lieder mit so markigen Namen wie "Deutschland muss sterben" oder "Wir wollen keine Bullenschweine" (beides von Slime) - und das dürfen sie. Ist sogar vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet. Jetzt mal unabhängig von der berechtigten Frage, wie intelligent die Texte solcher Lieder sind oder ob die Menschheit sowas braucht, spricht es doch eine deutliche Sprache über unsere Meinungsfreiheit, dass solche Lieder veröffentlicht werden können ohne dass der Staat einschreitet. Da muss man schon wie die Band Wizo zum bewaffneten Kampf gegen den Staat aufrufen um einen Platz auf dem Index zu ergattern.

Diesen Unterschied im Vergleich zu China als rein graduell abzutun finde ich schon etwas arg lapidar.

Mit der Begründung argumentieren etwa die ganzen Gender-Mainstream-"Forscher": da gewisse Begrifflichkeiten von gesellschaftlich überholten Machtansprüchen zeugen und es daher nicht tragbar ist, diese weiterhin zu gebrauchen, werden sie gewissermaßen entschärft werden müssen. Oder überhaupt PC: gestern war in der FAZ ein Artikel zu der Neuauflage der "Kleinen Hexe" (hier einzusehen), die demnächst von so anstößigen Begriffen wie "Negerlein", "Menschenfresser" und "Chinesinnen" (!) befreit werden soll, nur des Kindeswohles wegen natürlich.

Finde ich schwierig zu beurteilen. Zumindest "Negerlein" ist im heutigen Kontext ein eindeutig beleidigender Begriff. Da Kinderliteratur einen starken Einfluss auf den Sprachschatz der Heranwachsenden hat, finde ich es durchaus nachvollziehbar, dass an dieser Stelle editiert wird. Ich verstehe aber auch gut, warum du dich darüber ärgerst. Glaube, da muss ich erstmal im stillen Kämmerlein drüber nachdenken, ob ich solche Änderungen eher gut oder eher schlecht finden soll. Zumindest besteht eine eindeutig nachvollziehbare Intention, die man nicht per se als schlecht abtun muss.

Entscheidend für die Diskussion zur Meinungsfreiheit ist aber aus meiner Sicht, dass diese Entscheidung, wie auch die wesentlichen Kritikpunkte von Knight-Pilgrim aus dem freien Markt selbst heraus entstehen und eben nicht einer staatlichen Zensur entspringen. Wenn sich solche Prozesse tatsächlich in besseren Verkaufszahlen niederschlagen müsste man gar die Frage stellen, ob es nicht ein Quasi-Demokratischer Prozess ist, der da statt findet.

Schweden zeigt aber eindrucksvoll, wohin das führen kann (etwa hier und hier; es liegt zwar noch keine Gesetzgebung vor, die gegenteiliges Verhalten unter Strafe stellt, wie weit das Projekt fortgeschritten wird, zeigt sich aber daran, dass ganze Institutionen damit befasst sind).

Eventuell kann ich dir nicht ganz folgen, aber mir erschließt sich gerade auf den ersten Blick nicht, welchen Einfluss Bügeleisen- und Staubsaugerspielzeug für Jungs auf die Meinungsfreiheit hat.
 
Ich war in Ingolstadt: Die Provinzialität die mir dort in Bayern an der Grenze zu Franken entgegen schlug war unbeschreiblich.

Das liegt vor allem wohl daran, dass die Deutschen eher einen Regionalstolz pflegen als Nationalstolz.


Zumindest "Negerlein" ist im heutigen Kontext ein eindeutig beleidigender Begriff. Da Kinderliteratur einen starken Einfluss auf den Sprachschatz der Heranwachsenden hat, finde ich es durchaus nachvollziehbar, dass an dieser Stelle editiert wird.

Aber nicht ohne zumindest eine Fußnote, die den Originalbegriff erklärt, auch wenn man den nicht unbedingt vorlesen muss. Man kann in Literatur nicht einfach rumpfuschen.

Da fällt mir ein, hat einer ne relativ neue deutsche Ausgabe von Brave New World? In meiner steht noch mehrfach Neger drin, was von blassgelben Mongolen und rosig arischen Kindern...

Jedenfalls ist das alles ein Fall für die Euphemismustretmühle und macht IMO überhaupt keinen Sinn. Der Schwarze von heute ist der Nigger von morgen - die gedankliche Verbindung, die Menschen ziehen, bleibt bestehen - man muss sich nur mal die Entwicklung von Krüppel oder Idiot zu Mensch mit Behinderung anschauen (ist das eigentlich noch der aktuelle Begriff? Das wechselt irgendwie immer schneller...). Davon abgesehen hab ich noch nie einen tatsächlich schwarzen Menschen gesehen....

Ich mag political correctness überhaupt nicht, das stinkt nach Orwell's Newspeak, scheint nur schlechter zu funktionieren.
 
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Es gibt zwei Achsen der Herrschaft, KOG.

Es gibt einerseits die Hierarchie-Höhe. Deutschland, England, USA haben flache Hierarchien. Das bedeutet, dass man als untergebener auch mal zum Chef gehen kann und ihm einen Vorschlag machen kann. Im Extremfall kann man ihm sogar widersprechen ohne dass es Auswirkungen hat. Hier zählen im Zweifel die Regeln mehr als die Aussage vom Chef.
Länder mit hohen Hierarchien sind z.B. Kolumbien, Indien, China, die arabischen Länder. Hier zählt die Aussage vom Chef mehr als die Regeln auf dem Papier. Wenn du hier öffentlich zum Chef gehst und ihm einen Vorschlag machst, wird er ihn sogar dann ablehnen wenn der Vorschlag ein guter ist - nur um zu zeigen wer der Chef ist. Hier muss man sehr vorsichtig formulieren und möglichst privat mit dem Chef reden, damit man durchkommt.

Dann gibt es den Aspekt, ob einem ein Fehler eher peinlich ist oder ob man sich für einen Fehler schämt. Der Unterschied? Für uns deutsche ist ein offener Hosenlatz peinlich, aber man schämt sich nicht deswegen. Würdest du zum Chef gehen und ihm deinen offenen Hosenlatz zeigen? Nein. Solange es keiner merkt, ist es nicht peinlich. Wir Deutschen würden aber einen Arbeitsbezogenen Fehler häufig melden, denn er ist uns nicht peinlich, wir schämen uns und wollen es aus der Welt haben.
Da ticken andere Völker anders. Chinesen und Indern, z.B, sind Fehler peinlich. Sie würden einen Fehler genauso wenig melden wie einen offenen Hosenstall. Solange es keiner merkt, ist es nicht peinlich.

Frankreich, wo ich im Moment lebe, liegt dazwischen. Hier gibt es eine mittelhohe Hierarchie, aber Fehler sind nicht peinlich sondern werden gemeldet.

Und jetzt komm du mir mal mit deinen Repressalien, wenn du in einem Land lebst wie China, in dem es nicht nur nicht "üblich" ist etwas anzuprangern, sondern im Gegenteil, es ist so "peinlich" wenn etwas angesprochen wird, dass man den Fehler, den Melder und die Meldung alle zusammen unter den Teppich kehren möchte. Die haben übrigens einen guten Grund dafür: In Konfuzius Lehren ist Harmonie wichtiger als Ehrlichkeit. Das passt also wunderbar. Man lügt einmal, dafür hat man dann aber keinen Streit.

Und dann kommst du mit deiner deutschen Perspektive. Du lebst in einem Land, in dem man nicht nur ständig Mißstände anprangert um sie zu beheben, sondern auch jede popelige Entscheidung vom Chef noch dreimal von den Untergebenen (!) durchdiskutiert wird.

Sprich, du lebst echt in einem der freiesten, anstrengendsten Länder der Welt und redest über Repression.
 
@Calidus:
Sprich, du lebst echt in einem der freiesten, anstrengendsten Länder der Welt und redest über Repression.
Sehr richtig. Ich bin weder moralisch noch inhaltlich gehalten, kleinere Missstände im eigenen Land mit noch größeren in anderen zu rechtfertigen. Der vermeintlich makroskopische Blick ist nicht differenzierter, sondern verzerrt: wer als einziges Argument gegen die Forderung nach einem Mindestlohn in Deutschland bringt, dass man sich über die hiesigen Gehälter in Uganda, Papua-Neuguinea und Bangladesch freuen würde, beweist keine weltökonomische Weitsicht, sondern Abgehobenheit. Ich bin bestens im Bilde, dass Journalisten in Ungarn, Ukraine oder gar Weißrussland davon träumen, Pressefreiheiten in Anspruch zu nehmen, wie wir sie haben. Aber das heißt doch im Umkehrschluss nicht, dass deswegen sämtliche Kritik an unserer Gesetzgebung ungerechtfertigt wäre.
Und mit Konfuzius hast Du wohl DEN Kronzeugen legislativer Arbeit gefunden. Bei ihm dürfte es sich um den ersten großen Heuchler der Philosophiegeschichte handeln - sich in den besten Naturalien auszahlen lassen, aber einen Schüler beinahe verstoßen, weil er den Wert der praktischen Arbeit auf dem Felde lobt. Selbst zumindest in einer Beamtenfamilie aufgewachsen, aber blanke Verachtung für den einfachen Arbeiter zeigen. Nutznießer vom bestehenden System sein und daher die starrsten Strukturen fordern, um das auch zu forcieren. Das klingt natürlich nicht so verheißend, darum auch der ganze Kranz mit der Harmonisierung und der Einheit von Familie und Staat, ja der unbedingten Liebe des Volkes zu den Machthabern. Löblich, löblich.
Ich hoffe wenigstens, dass Du mit Deiner Ansicht auch konsequent bist. Du beschwerst Dich doch wohl nicht über verdorbene Lebensmittel, immerhin hungern in Indien mindestens 200.000.000 Menschen, die aus der Not heraus auch minderwertige Nahrung äßen. Oder über schlampig konstruierte Autobahnen, denn in Pakistan würde man die mit Kusshand nehmen. Oder darüber, dass einmal eine Woche lang kein Wasser in Deiner Wohnung fliesst, denn das ist wohl ein echtes Luxusproblem, ein- oder zweimaliges Duschen/Baden im Monat muss ausreichen, denk' mal an die Armen in Somalia.

@Blackorc:
Eventuell kann ich dir nicht ganz folgen, aber mir erschließt sich gerade auf den ersten Blick nicht, welchen Einfluss Bügeleisen- und Staubsaugerspielzeug für Jungs auf die Meinungsfreiheit hat.
Das habe ich nicht vernünftig in den Kontext gesetzt. Was ich damit zeigen wollte, ist, wie künstlich Sprache und letztlich auch die Denke so angepasst werden kann, dass es in der Erzeugung eines gesellschaftlich angestrebten Ideals kulminieren soll. Ich würde nicht einmal auf die Idee kommen, "gendergerechte" Werbung auszustrahlen, um damit direkt oder indirekt ein Rollenbild zu suggerieren. Aber offensichtlich muss sich irgendwer gedacht haben, dass diese Form der medialen Einflussnahme nötig ist, um ein neues, vorgeblich modernes Kinderverhalten anzuregen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Absichten dahinter sogar gut gemeint sind (oder rein kommerziell), halte aber die schleichende Umsetzung für langfristig gefährlich. Wenn Bild, Schrift und Wort ständig danach abgeklopft werden, wie sehr sie koloniales (sogar der Begriff "Eingeborener" steht mittlerweile im Verruf), speziesistisches oder patriarchalisches Gedankengut verbreiten, entsteht womöglich irgendwann auch ein Rechtfertigungsdruck beim Gesetzgeber, Vorsorge zu treffen. Ich halte nichts davon, wenn der Gesetzgeber es für seine Aufgabe hält, seine Bürger von der Wiege bis zur Bahre zu einem Verhalten zu erziehen, das aus wie auch immer gearteten Gründen derzeit als schicklich gilt. Notabene: es ist das gute Recht eines jeden Buchverlages, die Neuauflagen so zu redigieren, wie er es für richtig hält, so er die ggf. nötige Erlaubnis bei den Rechteinhabern einholen kann. Und wenn die Werbeabteilung eines Spielzeugkonzerns es für angemessen hält, gendergerechtes Spielzeug herzustellen oder zu präsentieren, dann ist auch das nicht zu beanstanden. Ich nehme mir dafür das Recht heraus, ebendiese Entscheidungen inhaltlich zu kritisieren und - vielleicht zuunrecht - davor zu warnen, dass aus diesen noch freiwilligen Einschränkungen eines fernen Tages auch erzwungene werden könnten. Eine Notwendigkeit ist das nicht, wohl aber eine Möglichkeit.