@Calidus:
Schiebst mir Dinge in den Mund, die ich nicht so gesagt habe.
Dann schauen wir doch, was Du wörtlich gesagt hast:
Und dann kommst du mit deiner deutschen Perspektive. Du lebst in einem Land, in dem man nicht nur ständig Mißstände anprangert um sie zu beheben, sondern auch jede popelige Entscheidung vom Chef noch dreimal von den Untergebenen (!) durchdiskutiert wird.
Sprich, du lebst echt in einem der freiesten, anstrengendsten Länder der Welt und redest über Repression.
Für mich ist die Aussage klar verständlich: Du bist wenigstens missmutig darüber, dass ich bestimmte Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Deutschland kritisiere, weil diese meine "deutsche Perspektive" nicht in den Blick fasst, dass es wesentlich unfreiere Länder auf dieser Welt gibt (was sich implizit zwingend daraus ergibt, dass Deutschland eines der "freiesten [...] Länder der Welt" ist). An einer anderen Stelle in Deinem letzten Beitrag wirfst Du das noch direkter vor:
Und jetzt komm du mir mal mit deinen Repressalien, wenn du in einem Land lebst wie China, in dem es nicht nur nicht "üblich" ist etwas anzuprangern, sondern im Gegenteil, es ist so "peinlich" wenn etwas angesprochen wird, dass man den Fehler, den Melder und die Meldung alle zusammen unter den Teppich kehren möchte.
Du beziehst die Einschränkungen, von denen ich in Bezug auf Deutschland gesprochen habe, auf die Verhältnisse in China, die - nach Deinem Dafürhalten - insbesondere aus kulturellen Grunden anders beschaffen ist, in diesem Fall nämlich wesentlich restriktiver. Darum auch die Wortwahl ("...komm du mir mal mit deinen Repressalien..."), die zweifellos Verachtung zum Ausdruck bringt.
Und da ich tatsächlich trotz des Umstandes, dass Deutschland zu einem der liberalsten Länder weltweit gehört, Verbesserungsbedarf sehe, habe ich das gleich am Anfang meines Beitrages bestätigt. Wenn Du eine ganz andere Aussage mit den zitierten Abschnitten transportieren wolltest, hast Du Dich meines Erachtens missverständlich ausgedrückt, ich meine zu glauben, dass meine Interpretation Deines Geschriebenen sich belegen lässt.
Meine Vergleiche am Ende sind zwar drastisch, zielen aber inhaltlich auf Deine Theorie ab, dass es unangemessen ist, sich in einem so freien Land wie Deutschland über (und sei sie im Verhältnis noch so klein) freiheitsbeschränkende Gesetzgebung negativ zu äußern. Global gesehen ist so ziemlich jedes denkbare Problem in Deutschland eine Petitesse, ob nun privat, beruflich oder politisch. Milliarden Menschen würden augenblicklich solche Belastungen auf sich nehmen, wenn sie die ihren loswürden. Bestreitet auch keiner. Es ist aber nicht zielführend, das als Argument zu gebrauchen, weil es lediglich dazu führt, die Diskussion abzuwürgen. "Komm' mir nicht mit Deiner Beschwerde X, in Land Y ist es noch viel schlimmer" mag faktisch richtig sein, hilft aber nicht weiter. Ich mache mir auch keine Illusionen darüber, dass es sich nicht um Luxusprobleme handelt - ich sehe aber beim besten Willen nicht, wie irgendwem damit geholfen ist, dass es jemand anders noch ärger hat. Wenn Du Dir beide Beine brichst und im Krankenhaus liegst, ist es Dir wohl auch kein Trost, dass irgendwo ein Südostasiate um sein Leben kämpft, weil seine Regierung kein Mittel gegen Denguefieber zur Verfügung gestellt hat.
Und obwohl ich in größte Gefahr laufe, Dir schon zum vierten Mal Dinge in den Mund zu legen, die Du nie gesagt hast, noch ein paar Worte zum eigentlichen Beitrag:
Hier gibt es keine Repressalien. Fertig. Du darfst SOGAR Religion frei ausleben. Jede Religion.
Die Ausnahme ist, wenn du versuchst andere Leute zu unterdrücken oder zu terrorisieren, wie die NPD.
Inwiefern "unterdrücke" oder "terrorisiere" ich denn meine Mitmenschen, wenn ich behaupte, der Holocaust wäre eine Erfindung der Alliierten/Sowjets/Marsmenschen? Das steht im § 130, Absatz 3 des deutschen Strafgesetzbuches:
"(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost."
Jemand wie Horst Mahler, der notorisch die nationalsozialistische Regierung und Politik exkulpiert, verharmlost und kleinredet, ist zweifellos eine rechte Dumpfbacke, die gesellschaftlich dafür geächtet werden sollte. Aber "unterdrückt" und "terrorisiert" er andere Menschen? Sicher nicht. Trotzdem sitzt er regelmäßig seine Gefängnisstrafen für seine Aussagen ab. NPD-Abgeordnete etwa in Sachsen fallen auch regelmäßig durch entsprechende Wortmeldungen auf und zahlen i.d.R. Geldstrafen. Wo Du da Terror und Unterdrückung siehst, hätte ich dann doch gerne gewusst.
@Blackorc:
Ich gebe dir vollkommen Recht, dass unsere Gesellschaft sich in manchen Bereichen selbst kaputtkorrigiert. Die Frage ist nur: Was will man denn dagegen machen?
Zentral lässt sich da nicht gegensteuern, ich halte es aber für sinnvoll, darauf hinzuweisen und im Zweifelsfall auch zu zeigen, dass sich die Unbill über sprachliche Selbstzensur in stark verringertes Kaufinteresse widerspiegelt. Ich wollte mir z.B. eine möglichst originalgetreue Edition der "Biene Maja und ihre Abenteuer" von Waldemar Bonsels zulegen, da es sich ursprünglich nicht um ein Kinderbuch, sondern mehr um eine Parabel handelt, finde aber ausschließlich die kindgerechten Versionen. Ja, das Original enthält nationalistische, sehr zynische und schlichtweg unzeitgemäße Anschauungen. Es ist trotzdem ein Jammer, dass ich antiquarisch tätig werden muss, weil irgendwelche Verlagsmenschen meinen, das dem heutigen Publikum nicht mehr zumuten zu können. Mir geht es gar nicht darum, dass ich zwei Klicks mehr im Internet tätigen muss, sondern vielmehr um den Umstand, dass ein einst vielgelesenes Werk so aufgeweicht worden ist, dass es eigentlich nur noch als kindgerechte Sendung (mit Buch
zur Sendung) bekannt ist.
Eine andere Sache ist da übrigens noch das Phänomen der Selbstzensur. Wer "Scheiße" schreiben will, der soll das auch gefälligst tun und es nicht als "Sch****" ausschreiben - als ob die Asterisken es irgendwie besser machten. Wer sich scheut, solche Begriffe zu benutzen, der soll es ganz sein lassen - auch hier zeigt sich, wie anderweitige Einflüsse (hier aus dem Fernsehen stammend) immer größere Kreise ziehen können.