Ich muss mich wohl für die lange Wartezeit entschuldigen, aber ich bin in den letzten Wochen ziemlich unproduktiv gewesen. Als Ausgleich gibts nun endlich den langerwarteten, ziemlich langen Teil. Viel Spaß.
Zweikampf
Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8.Vollmond
Es war, als sinke die Lautstärke der gewaltigen, immerfort tobenden Schlacht. Alles verblasste, außer der scharfen Silhouette des riesigen Hünen, der sich aus der Menge der Grünhäute löste. Es gab keine Empfindungen mehr als das Gefühl des harten Eisenstiels ein Korlifs Händen und das Rauschens seines Blutes in seinem Kopf.
Er verkrampfte die Finger stärker um die Hellebarde und fluchte leise. Seit der Zusammenkunft wusste er, dass der Orkboss es auf ihn abgesehen hatte. Und Hukort hatte ihn gefunden. Es gab keinen Zweifel. Die riesige Keule und die markante Beuterüstung aus Teilen von Elfen-Panzerungen waren unverkennbar.
Insgeheim hatte der Schwarze Gardist gehofft, der Gigant würde sterben, bevor sie einander wiedertrafen, doch anscheinend waren die Götter nicht gnädig. Khaine wollte, dass er kämpfte und Korlif hatte keine Wahl als die Herausforderung und die Prüfung anzunehmen. In dieser Schlacht war sein Wille bedeutungslos. Was zählte, was allein der Sieg.
Mein Leben für den Herrn des Mordes, flößte er sich stumm Mut ein. Möge er meine Seele gnädig aufnehmen. Oder mir die Kraft geben, diesen Kampf zu gewinnen. Keiner würde ihm helfen, es war eine Herausforderung und niemand würde es wagen, ein Duell zu stören. Außerdem hatten Druchii wie Orks auf beiden Seiten genug andere Feinde, um die sie sich kümmern konnten.
Dennoch brüllte Hukort den Grünhäuten in seiner Umgebung eine Warnung zu, als er vier Schritte vor Korlif stehen blieb. Dann funkelte er den Schwarzen Gardisten mordlustig an. Kurz fragte der sich, wie ihn der Ork eigentlich erkannt hatte, verdrängte den Gedanken aber schnell wieder. Selbst wenn der Hüne einfach nur geraten hatte … er würde gleich um sein Leben kämpfen müssen.
Plötzlich sprang die gewaltige Bestie vor und schlug mit einem furchtbaren Hieb die Hellebarde beiseite, bevor er zum nächsten Schlag ausholte. Dieses Mal konnte Korlif noch schnell genug nach hinten ausweichen, doch noch während er sein Schwert zog, griff ihn Hukort weiter an.
Die Luft schien zu brennen. Dick wie Blut floss sie über die beiden Kämpfenden hinweg und zitterte dabei vor Hitze, sodass alles um sie herum verschwamm. Doch Yetail hatte ohnehin keine Zeit oder Muße, die Blicke von ihrem Gegenüber zu wenden. Und dem alten Orkschamanen ging es anscheinend ähnlich.
Ihre Blicke trafen sich und Yetail erkannte den Zorn der Grünhaut. Anfangs hatte sie ihn mit kraftvollen Angriffen überhäuft, um ihn zu verschrecken und zu schwächen. Doch Slonish hatte gut und schnell reagiert. Obwohl es anzunehmen war, dass seine Abwehr ihn ähnlich viel Kraft gekostet hatte, wie ihre Angriffe Yetail, hielt er sich noch immer gut.
Inzwischen hatte er die Offensive übernommen und zwang Yetail hinter ihren Schutzschild. Sie störte sich nicht daran. Die passive Rolle gab ihr die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und über die nächsten Schritte nachzudenken, ohne sich vom Zorn lenken zu lassen.
Sie hatte noch keine Idee, wie sie Slonish besiegen konnte. Ihr Kampf in Hag Graef lag schon beinahe einen Monat zurück und sie wollte nicht den tödlichen Fehler begehen, zu glauben, er habe sich seit damals nicht verändert. Nachdem er ihren harten Ansturm abgewehrt hatte, versuchte sie nun, ihn einzuschätzen und eine Schwäche zu finden.
Er beschwor mächtige Energiebänder, die sich wie strahlend grüne Schlangen um ihren schlanken Körper wanden und sich rasch zuzogen. Blitzschnell sandte sie vier hauchdünne Kraftwellen aus, die durch Slonishs Zauber fuhren wie ein Schwert. An vier verschiedenen Stellen wurden die Bänder sauber durchtrennt, doch der alte Ork musste genau damit gerechnet haben, denn zu Yetails Entsetzen zerplatzten sie nicht.
Rasch verengten sie sich und hatten Yetails ungeschützten Leib beinahe erreicht. Sie wusste, dass sie es unmöglich schaffen konnte, ihren Schild rechtzeitig ganz um sich herum zu schließen. Sie hatte also die Wahl, blitzschnell eine kraftzehrende Welle zu formen, die den gegnerischen Zauber hoffentlich durchbrechen würde, was in Yetails Augen ein zu großes Risiko war, oder ….
Yetail genoss den frustrierten Zorn im Gesicht des Orkschamanen, als sie sich in die Luft erhob und die Energiebänder unter ihr kollabierten. Erst, als sie ihre Kraft unkontrolliert abgaben, spürte Yetail ihre Stärke und ihr Respekt vor Slonish wuchs. Hätte auch nur ein kleiner Teil dieser Bänder ihre Haut berührt, hätte die angesammelte Energie sie innerhalb eines Herzschlages zu Asche verbrannt.
Es war also wirklich die klügere, wenn auch nicht weniger anstrengende Wahl gewesen, der Attacke auszuweichen, statt zu hoffen, sie mit einem eigenen Zauber aufhalten zu können. Das, musste die junge Zauberin entsetzt eingestehen, wäre katastrophal schiefgegangen.
Doch nun hatte Slonish eine große Menge Kraft verschwendet, die unnütz in alle Richtung davon schoss, kaum mehr als ein warmer Wind. Noch während sie landete, bereitete Yetail den nächsten Zauber vor. Sie war nur knapp dem Tod entkommen. Es wurde Zeit, den Spieß umzudrehen und die Offensive zu ergreifen.
Mit einem grässlichen Knacken brach eine Rippe und Korlif schrie auf. Die schwere Keule seines Gegners hatte ihn mit brachialer Gewalt seitlich an der Brust getroffen und die schwere Rüstung verbeult, als wäre sie dünne Pappe. Korlif hatte Mühe, seine Hellebarde in der linken Hand nicht loszulassen.
Doch Hukort hatte ihn unterschätzt. Trotz der Überraschung und des Schmerzes wich der Schwarze Gardist nicht zurück. Stattdessen setzte er nach, als der riesige Ork einen Schritt zurücktrat, um eine Keule erneut zum Einsatz bringen zu können.
Nur seine Reflexe bewahrten den Orkboss davor, wie ein Schwein aufgespießt zu werden, als Hellebarde und Schwert gleichzeitig heran zischten. Hukort konnte verhindern, dass die lange Stoßwaffe seinen Fuß an den Boden nagelte, doch dafür musste er einen tiefen Treffer an der Schulter hinnehmen. Korlif fluchte, als sich sein Schwert zwischen den schlecht zusammenpassenden Panzerplatten verhakte.
Gerade noch rechtzeitig sprang er rechts an Hukort vorbei, bevor dessen Keule gegen seinen Kopf donnern konnte. Stattdessen traf sie seinen linken Unterarm und der Druchii keuchte vor Überraschung und Pein, als sich der Unterarmschutz in seine Haut grub. Die Hellebarde fiel ihm aus der Hand, doch es gelang ihm, sein Schwert frei zu reißen. Der Ork grunzte und seine Augen glänzten ob des Schmerzes. Er ließ den linken Arm nutzlos baumeln und packte die Keule mit einer Hand.
Korlif wirbelte herum und erlaubte sich zwei keuchende Atemzüge, während er seinen Gegner nicht aus den Augen ließ, der vorsichtig näherschlich. Langsam hoben beide ihre Waffen, ohne den Blickkontakt abzubrechen. Die Rippen des Druchii schmerzten, als er sein Schwert mit beiden Händen umfasste. Er wusste, dass er alle Kraft brauchen würde, die ihm zur Verfügung stand.
Schon sauste die Keule in weitem Bogen heran und Korlif drehte sich an ihr vorbei. Dabei hielt er das Schwert weit ausgestreckt, um Schwung aufzunehmen. Er hörte das entsetzte Quicken des Orks, als der Korlifs Absicht durchschaute. Die lange Klinge des Druchii zischte durch die Luft und zerschnitt sauber den Kriegszopf, der auf dem ansonsten kahlen Schädel des Orks saß. Hukort hatte sich gerade rechtzeitig zu Boden geworfen.
Korlif wusste, dass dies der beste Augenblick wäre, die Grünhaut zu töten, doch er konnte den Schwung des Schwertes, das kein Ziel gefunden hatte, nicht einfach aufhalten. Jedenfalls war er klug genug, es nicht zu tun. Eine solche Aktion hätte ihn das Gleichgewicht gekostet und so verlangsamte er seine Drehbewegung, während er den Schwung nutzte, um sich von Hukort zu entfernen.
Als er schließlich zum Stillstand kam, hatte sich auch sein Kontrahent erhoben und funkelte ihn zornig an. Korlif atmete tief durch, was ihm schmerzhaften Protest aus seiner Brust einbrachte. Ergeben seufzte er. Das würde noch ein anstrengender Kampf werden.
Und schon schoss die schwere Keule wieder heran.
Slonish kicherte leise. Er hatte die Elfe wirklich unterschätzt. Nur seine Reflexe hatten ihn bisher vor dem Tod bewahrt. Ihre Kraft … er erschauderte und blockte den nächsten ihrer Zauber ab. Ein Zittern lief durch seinen krummen Körper. Allmählich wurde er schwächer. Er war sich sicher, dass auch Bluthands Kraft zu Neige ging, doch noch schien sie kaum schneller zu atmen.
Ihr makelloser Körper glänzte vor Schweiß, doch ihre Zauber waren von unverminderter Härte. Lange nicht die brutalen Kraftstöße, mit denen sie ihn am Anfang beinahe vernichtet hätte, aber immer noch kraftvoll. Und beinahe mehr, als ich abwehren kann, dachte er frustriert.
Seit sie den Energiebändern ausgewichen war, hatte er sich in der Defensive befunden und versucht, seine Kräfte zu regenerieren. Bald würde er in der Lage sein, sie erneut anzugreifen. Doch bis dahin gab er sich damit zufrieden, ihre Angriffe zu studieren und sie einzuschätzen, wie sie es zweifellos getan hatte, als er die Offensive innehatte. Zumindest, wenn sie halbwegs klug war.
Einen Vorteil hatte es immerhin, wenn sie ihn in die Defensive drängte. Solange sie glaubte, ihn damit klein zu kriegen, kam sie nicht auf die Idee, kreativ zu werden und ihn mit heimtückischen Angriffen zu vernichten. Slonish erinnerte sich nur zu gut an Hag Graef und konnte gut auf eine Wiederholung dieser Erfahrung verzichten.
Er wappnete sich, als sie ihren Zauberstab hob und einen Zauber wirkte. Er runzelte die Stirn und griff unwillkürlich nach dem Artefakt, das noch immer an seiner Hüfte hing. Das Horn war schwer und er hatte bisher noch keine Möglichkeit gefunden, seine Kräfte zu nutzen. Er hoffte, dass es in diesem Duell auch nicht nötig werden würde. Nur was hat sie jetzt wieder vor?
Um ihn herum entstand plötzlich ein undurchsichtiger Schild, der ihm den Blick auf seine Gegnerin verwehrte. Slonish fluchte. Er wusste nicht, was auf ihn zukam. Sollte er seinen Schutz verstärken, bevor sie ihn vielleicht mit einem machtvollen Zauber angriff? Oder sollte er ihr besser zuvorkommen, in der Hoffnung, dass ihr Schild aus ihr die Sicht nahm?
Er entschied sich, das Risiko einzugehen und schleuderte ihr drei strahlend grüne Speere entgegen, die den Schild durchschlugen und verpuffen ließen. Doch Bluthand hatte anscheinend genau damit gerechnet, denn schon prallte einer der Speere auf einen Schild, während die beiden anderen wirkungslos davonflogen. Slonish verzichtete darauf, sie umzulenken.
Der alte Ork runzelte die Stirn. Was war der Effekt des undurchsichtigen Schilds gewesen? Sie hatte damit gerechnet, dass er angreifen würde. Er hatte geglaubt, sie wolle einen mächtigen Zauber vorbereiten und sich dabei vor seinen Blicken schützen. Was also hatte sie getan? Er knirschte mit den Zähnen, als er eine Falle witterte.
Er hörte das Zischen der herannahenden Waffe gerade noch rechtzeitig und riss den linken Arm hoch, während er nach seinem Gegner stach, um ihn auf Distanz zu halten. Korlif schrie auf, als die Keule des Ork gegen seinen Arm donnerte. Die dicke Rüstung wurde verbogen und sein Knochen brach mit einem übelkeitserregenden Knacken.
Der Druchii registrierte kaum, dass sein Schwert die Elfenrüstung des Orks durchstieß und in dessen Bauch eindrang. Sein Blickfeld verschwamm und er kämpfte darum, nicht die Kontrolle an den Schmerz zu verlieren. Schnell wich er zurück, gerade bevor die schwere Keule dort durch die Luft sauste, wo sich eben noch sein Kopf befunden hatte.
Als sich Korlifs Blickfeld wieder klärte, sprang der Ork mit erhobener Waffe auf ihn zu und Korlif warf sich instinktiv zu Boden. Sofort loderte glühender Schmerz durch seine Nervenbahnen, als der Arm wie auch die gebrochene Rippe gleichzeitig protestierten. Einen Herzschlag lang konnte er nur keuchen, dann stolperte Hukort über ihn. Dem Schwarzen Gardisten wurde die Luft aus der Lunge gepresst und der Ork, inzwischen ebenfalls von seiner Wunde geschwächt, krachte neben ihm auf die Erde.
Die Grünhaut krabbelte halb erhoben auf ihn zu, während sich Korlif in eine halbwegs kampfbereite Position mühte. Er konnte nicht mehr aufstehen und er wusste, dass sein Leben beinahe am Ende angelangt war. Selbst wenn er Hukort jetzt erschlagen würde, war es unwahrscheinlich, dass er das Schlachtfeld in diesem Zustand verlassen würde. Inzwischen quoll Blut unter seinem Armschutz hervor. Anscheinend hatte sich die verbogene Rüstung tief in sein Fleisch gebohrt.
Er schlug nach Hukort, doch der blockte mit seiner Keule ab und sprang Korlif dann an. Der Druchii wurde von der stinkenden Masse des Orks zu Boden gedrückt. Sein gesamter Körper schien in Flammen zu stehen, als die gebrochenen Knochen erneut überansprucht wurden. Er bekam keine Luft mehr und strampelte wie wild unter der Grünhaut. Die richtete sich wieder auf und Korlif reagierte mit einer Schnelligkeit, die er sich in seinem ausgelaugten Zustand nicht mehr zugetraut hatte.
In der Sekunde, als Hukort sich weit genug aufgesetzt hatte, um seine Keule zum Einsatz bringen zu können, stach Korlif zu. Schwarzes Blut schoss aus der Wunde, die bis ins Herz reichte, da Korlif eine Stelle zwischen den unzusammengehörenden Panzerplatten getroffen hatte und kein Metall seine Klinge aufgehalten hatte.
Der gewaltige Ork brüllte und ließ die Keule niedersausen. Korlif drehte den Kopf, doch es gab kein Entkommen. Sein Helm gab nach, bevor er seinen Schädel brechen spürte. Schmerz gab es keinen. Sein Körper war überlastet und nicht mehr in der Lage, aus die Nervensignale zu reagieren. Es gab einen letzten Augenblick des Bewusstseins, in dem Korlif das Leben aus dem Körper seines gigantischen Gegners weichen sah.
Der grüne Körper fiel zur Seite und Korlifs Blickfeld wurde schwarz. Er atmete ein letztes Mal aus. Der Kampf war vorbei und er hatte Khaine nicht enttäuscht. Sein Tod war keine Schande. Korlif spürte den Tod und die Kälte des Schattenreiches. Ganz am Rande bemerkte er die Hand, die seine Schulter packte und flüsterte leise:
„Meine Seele gehört dir …“ Khaine, konnte er nur in Gedanken hinzufügen, bevor auch das letzte Leben aus seinem Körper wich.
Yetail sah, wie Slonish einen weiteren Zauber formte. Sie wusste, was ihr bevorstand und sprang zur Seite. Kurz darauf bebte die Erde und der Boden wurde dort plattgedrückt, wo sie eben noch gestanden hatte. Es war, als hätte der Tritt eines Gottes den Hügel getroffen. Die junge Zauberin erschauderte beim Gedanken daran, was geschehen wäre, wäre sie dort stehen geblieben.
Sofort nahm sie ihre Position wieder ein und versuchte, nicht auf das Blut zu achten, das langsam über den Boden floss. Sie hatte die Verwirrung des Orkschamanen sehr wohl bemerkt, da er sich nicht erklären konnte, weshalb sie sich die Mühe gemacht hatte, einen undurchsichtigen Schild zu erschaffen. Sie hatte ihr Ziel jedoch erreicht und einen Blutzauber begonnen. Jetzt floss ihr Lebenssaft langsam über den schlammigen Boden, viel schwerer zu bemerken als auf dem Pflaster von Hag Graef.
Sie wollte jedoch nicht riskieren, dass Slonish es trotzdem bemerkte und griff hartnäckig an. Seiner Energiekugel sandte sie fünf glühende Wurfmesser entgegen, von denen zwei die gegnerische Attacke vernichteten. Während die anderen noch auf die Grünhaut zu sausten, bereitete Yetail bereits den nächsten Zauber vor.
Sie war nicht überrascht, als Slonish die Wurfmesser mit einem Schildzauber abwehrte, doch nun lag die Offensive wieder bei ihr. Sie beschwor prasselnde Flammenbögen, die sich durch die Luft wanden wie Schlangen und blitzschnell auf ihren Gegner zu schnellten. Der wirbelte seinen Runenstab herum und rammte ihn auf den Boden.
Ein silberweißer Schild flammte vor ihm auf und fing die Feuerbögen auf. Sie prallten ab und wandten sich gegen ihre Urheberin. Yetail zuckte zusammen, als die schlangenähnlichen Zauber plötzlich auf sie zukamen. Aber sie verfiel nicht in Panik. Sie erinnerte sich an ihr Duell gegen die Hydra in der Stadt der Khainler. Damals hatte sie den Feuerstoß der Bestie mit einem Blutzauber umgelenkt und gegen das geschuppte Wesen eingesetzt.
Die junge Zauberin wusste daher, welche Kraft nötig war, um einen Zauber zurückzuschleudern. Und sie war sich ziemlich sicher, dass Slonish in der kurzen Zeit, die er zur Schaffung des silbrigen Schildes gebraucht hatte, niemals genug Kraft aufgebracht hatte. Das bedeutete, dass die rauschenden Flammenbänder höchstwahrscheinlich kraft- und wirkungslose Illusionen waren. Doch konnte sie ihr Leben an diese Wahrscheinlichkeit hängen?
Wenn sie sich jedoch dazu durchringen ließ, einen Schild zu erschaffen, wäre Slonish wieder im Vorteil und sie hätte die Offensive verloren. Und sie musste ihn beschäftigt halten, damit er auf keinen Fall das Blut entdeckte, das langsam auf ihn zufloss, und die richtigen Schlüsse zog. Und das würde er ganz sicher. Auch er hatte sein knappes Entkommen nach Yetails Blutzauber in Hag Graef bestimmt nicht vergessen.
Sie entschied sich für einen Kompromiss, der allerdings noch immer ein Glücksspiel war. Sie erschuf ein Kraftfeld, das schimmernd vor ihr in der Luft schwebte, und sandte es ihrem Gegner entgegen. Wenn die Flammenzungen die schwache Barriere durchschlagen sollten, hatte sie noch ein wenig Zeit, rechtzeitig einen Schild zu erschaffen, und außerdem zwang sie Slonish auf diese Weise, sich zu verteidigen und ihr die Offensive zu lassen.
Ihr Plan ging auf. Die kraftlosen Feuerströme verpufften, als ihr Feld sie traf, und Slonish sah sich gezwungen, ihr Kraftfeld mit einem grünen Blitz zu zerschmettern, während Yetail bereits den nächsten Zauber vorbereitete. Um ihren Zauberstab formten sich vier nachtschwarze Kugeln, die immer stärker beschleunigten und Slonish schließlich auf verschiedenen Bahnen entgegen rasten.
Der alte Ork runzelte die Stirn, als er die Parallelen zu Hag Graef erkannte und Yetail fluchte. Kurz nach ihrem Einsatz der nachtschwarzen Schuriken hatte sie ihr Blut in einen gewaltigen Feuerring verwandelt. Sie konnte nur beten, dass er jetzt nicht zu Boden sah.
Slonish reagierte sofort und sandte zwei glühende Pfeile aus, die je eine der finsteren Kugeln durchschlugen. Sie flogen weiter zu Yetail jedoch ohne wirkliche Kraft. Währenddessen formte er einen Schild und wartete ruhig auf die Ankunft der beiden verbleibenden Geschosse. Sie prallten in schneller Folge gegen die Barriere und verstoben in einem Funkenregen. Dunkle Wellen wanderten über seinen Schild und sandten unangenehme Vibrationen ins Innere.
Erst die Luft und dann sein ganzer Körper begannen zu zittern, als sich die Energie der Kugeln zusammen mit der des Schildes auf ihn übertrug. Er fluchte leise und ließ den Schild fallen. Das war vermutlich genau das, worauf seine Gegnerin gehofft hatte. Doch ihm fiel keine Alternative ein. Immerhin verschwanden die Vibrationen praktisch sofort.
Der alte Ork musste sich eingestehen, nicht nur die Kraft sondern auch die Finesse seiner Gegnerin unterschätzt zu haben. Sie war schon in Hag Graef eine würdige Kontrahentin gewesen, doch inzwischen war sie keine junge Hexe mehr, sondern eine reife und erfahrene Meisterin des Klosters.
Und dann sah er etwas, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie lächelte! Er musterte sie genauer. War da nicht eine kaum verheilte Wunde an ihrem Arm? Das Blut dort war gerade erst getrocknet. Er fluchte, als ihn die Erinnerung an Hag Graef überkam. Auch damals hatte sie sich den Arm aufgeschnitten, bevor sie ihn mit ihrem Zauber beinahe vernichtet hatte. Ihm wurde eiskalt.
Er griff unwillkürlich nach der uralten Reliquie und umschloss sie fest mit einer Hand. Yetail lächelte und blickte in Richtung seiner Füße. Slonish wollte ihren Augen folgen, doch es war zu spät. Der Boden gab unter ihm nach und er sackte bis zur Brust darin ein. Vor Schreck ließ er seinen Zauberstab fallen, der außerhalb seiner Reichweite liegen blieb. Die Hand mit dem Horn konnte er befreien, bevor die Erde wieder ihre feste Form annahm.
Er war eingeschlossen. Seine Beine konnte er nicht mehr bewegen und ohne Runenstab würde er sich auch nicht befreien können. Hilflos musste er mit ansehen, wie Yetail vorsichtig auf ihn zukam. Slonish fühlte, wie ihr Zauber seine volle Wirkung entfaltete und seine Kraft langsam in den Boden sickerte wie Wasser. Er verlor seine Magie!
Yetail sprach eine Beschwörung und strahlend blaue Ringe wanden sich um seinen Oberkörper und fesselten die Arme an seinen Leib. Nun konnte er sich überhaupt nicht mehr bewegen und lediglich noch den Kopf bewegen. Slonish fühlte sich schlimmer, als er sich jemals zuvor gefühlt hatte. Er war besiegt worden und wartete nun eigentlich nur noch auf das kommende Ende seines Lebens.
Bluthand bückte sich und hob Slonishs Zauberstab auf. Er wandte den Blick ab, um nicht mit ansehen zu müssen, was unweigerlich kommen würde. Doch das Geräusch splitternden Holzes ertönte nicht. Stattdessen hörte er Yetails Stimme dicht an seinem Ohr.
„Ich werde Euch Eure Würde als Magier nicht nehmen. Ich weiß einen guten Gegner zu schätzen und Ihr habt mir einen spannenden Kampf geboten, Slonish. Ich lasse Euch die Wahl Eures Todes. Aber vorher … nehme ich Euch das ab, als Zeichen der Niederlage.“
Bevor Slonish in seinem Schock reagieren konnte, hatte sie sich vorgebeugt und ihm den Drachenstein vom Hals gerissen. Er betrachtete Yetail mit einer neuen Art von Respekt. Sie verzichtete darauf, seinen Stab zu zerbrechen und ihn damit zu verhöhnen. Sie hatte genauso viel Respekt vor ihm wie er inzwischen von ihr. Ihr Kampf war beeindruckend aber fair gewesen. Das wussten sie beide. Dass sie ihm die Wahl des Todes ließ, war das größte Zeichen von Anerkennung, das sie ihm geben konnte.
Beinahe war er so bewegt, dass er zögerte. Doch dann überwogen der Hass zwischen ihren Völkern und der Zorn über seine Niederlage. Wenn sein Tod schon sicher war, dann wollte er verdammt sein, wenn er mit seiner letzten Tat nicht dafür sorgte, dass seinen Feinden geschadet wurde. Sein Volk sollte diese Schlacht gewinnen, dann hatte sein Tod einen Sinn.
„Ich werde meinem Leben selbst ein Ende setzen. Es war mir eine Ehre, mit Euch zu kämpfen, Yetail Bluthand. Ihr seid eine würdige Gegnerin. Lasst mich nun sterben.“ Damit blickte er sie direkt an. Er sah den Respekt in ihren dunklen Augen und die Macht, die in ihrem Blick funkelte. Er verstand, dass sein Leben hier seinen Abschluss gefunden hatte. Die Götter hatten ihn fallen lassen.
Yetail löste die magischen Fesseln um seinen Oberkörper, damit seine Arme freikamen. Sie gewährte ihm die Gnade, sich selbst das Leben zu nehmen, wie es sein Wunsch gewesen war. Slonish schloss die Augen, spürte die raue Oberfläche der alten Reliquie in seiner Hand und rammte sich dann ohne Zögern das spitze Horn durch die Kehle.