Trauer und Zorn
Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8.Vollmond (3.Tag)
Ein leises Klopfen ertönte, doch niemand reagierte. Die Person auf der anderen Seite der Tür zögerte und pochte anschließend ein weiteres Mal an das Holz. Das Geräusch klang lauter und deutlicher aber auch unsicher und beinahe fragend. Noch immer keine Reaktion. Ein drittes Mal wurde die Faust an die Tür gehoben, doch die Besucherin zögerte. Konnte sie es sich leisten, so aufdringlich zu sein? Mit einem Gefühl der Enttäuschung und leiser Verzweiflung wandte sie sich ab.
„Komm herein, Yucalta!“, kam es durch die Tür, die sich hinter dem Rücken der jungen Novizin lautlos geöffnet hatte. Diese zögerte nicht lange, sondern leistete der Anweisung Folge. Sie huschte geräuschlos ins Zimmer und bemerkte gerade noch, wie die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel. Die Quelle der Stimme war nirgends zu sehen.
Staunend sah Yucalta sich um. Der Raum war kreisrund und maß bestimmt sechs Schritte im Durchmesser. Auf dem Boden lagen weiche Felle, während kostbare Teppiche die Wände schmückten. Vergoldete Waffen und versilberte Rüstungen waren auf Ständern oder an Haken zu sehen. In der Mitte des Raumes stand ein gigantischer, runder Marmortisch, an dem sechs bis acht Personen Platz finden konnten. Der Reichtum allein dieses Zimmers war atemberaubend.
Yucalta versuchte, sich den Grundriss des Turmes mit diesem Raum darin vorzustellen. Sie kam zu dem Schluss, dass der runde Turm in vier Teile geteilt werden konnte. Zwei davon waren rund und zusammen füllten sie den gesamten Durchmesser des Turms. In einem der beiden runden Teile stand sie nun, den anderen bildete die breite Wendeltreppe, die sie erklommen hatte. Also mussten die beiden restlichen Teile die Form von Dreiecken mit runden Kanten haben, sodass sie die fehlende Fläche füllten.
Tatsächlich bemerkte sie zwei Türen, eine nach rechts, die andere nach links. Yucalta wandte sich zur linken Tür. Schon bald erkannte sie, dass ihre Vermutungen bezüglich der Form der beiden anderen Teile des Turms richtig gewesen waren. Dieser Teil war in mehrere kleinere Zimmer geteilt worden. In einem fand sie ein Bad, das sogar gefliest worden war. Ein anderer enthielt eine kleine, aber gut ausgestattete Waffenkammer und im letzten entdeckte sie eine Art Lager mit einem Dutzend Kisten und Fässern. Sie verzichtete darauf, deren Inhalt zu untersuchen.
Da auch hier niemand zu sehen war, kehrte sie in den runden Empfangsraum zurück und wählte die andere Tür. Das Schlafgemach dahinter füllte beinahe den gesamten letzten Teil der Etage. Auch hier gab es Teppiche auf dem Boden und an den Wänden. Zwei Bequeme Sessel standen vor einem Kamin, der momentan nur kalte Asche enthielt.
Das Bett allein war groß genug, dass vier Personen darin schlafen konnten. Die zerwühlten Laken und zusammengeknüllten Decken waren das erste unordentliche, das Yucalta seit dem Betreten des Tempels gesehen hatte und sie verspürte unwillkürlich den Drang, das Schlafgemach zu verlassen. Das hier war die Schlafstätte einer anderen Elfe, die sehr weit über ihr stand.
Doch dann bewegte ein leiser Windzug die Vorhänge, die den Balkon beschirmten, und sie entdeckte die Herrin dieser Räume. Dort stand Bluthand in voller Rüstung. Die Arme vor der Brust verschränkt und gerade aufgerichtet, bot sie ein beeindruckendes Bild. Die Ruhe und Selbstsicherheit ihrer Haltung passten so gar nicht zu dem zerwühlten Bett und Yucalta fühlte sich unwohl. Hätte sie doch besser im runden Raum warten sollen?
„Danke, dass du gekommen bist, Yucalta.“, erklang Bluthands Stimme und die junge Zauberin verharrte. Die Meisterin machte keine Anstalten, etwas hinzuzufügen oder sich vom Panorama der Stadt abzuwenden, das sich ihr vom Balkon aus bieten musste. Yucalta verstand; sie war hierhergekommen, also sollte sich auch ihr Anliegen vortragen.
„Ich wollte mit Euch sprechen, Meisterin Bluthand. Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, aber Ihr sagtet, ich solle zu Euch kommen, wenn es nötig ist. Der Tag ist inzwischen angebrochen und niemand hat etwas von Euch gehört. Alle verlassen sich darauf, dass Ihr die Magierinnen führt. Wir brauchen Euch. Werdet Ihr an der Schlacht teilnehmen?“
Nun endlich reagierte die Meisterin. Sie winkte Yucalta zu sich. Vorsichtig kam die Novizin näher und betrat den Balkon. Es war noch früh am Morgen und die Sonne hatte sich kaum über den Horizont erhoben. Dichte Schatten lagen in den Gassen der Stadt und zwischen den Hügeln, doch im Kriegslager herrschte bereits große Aktivität.
„Erzähl mir, was letzte Nacht geschehen ist!“, forderte Bluthand.
„Silberstich hat einen Überfall befohlen. Unsere Reiterei ist in die Lager unserer Feinde eingedrungen, zusammen mit den Untoten. Ich war bei jenen, welche die Orks angegriffen haben. Wir haben sie vollkommen überrascht. Es soll sogar ein Riese gefallen sein, habe ich gehört. Und etliche Trolle sind tot. Wie ich hörte, war es beim Chaos ähnlich, auch wenn die Reiter ihre Pferde zurücklassen mussten. Es scheint, als hätten die Truppen der Ketzer eine Palisade um ihr Lager errichtet. Dort wurden nur kleinere Truppen niedergemacht und einige Zelte angezündet.
Insgesamt haben wir nur wenig erreicht, dafür mit geringen Verlusten. Es war mehr ein psychologischer Sieg denn ein militärischer. Ich denke, Silberstich wollte erreichen, dass die Feinde heute geschwächt sind und nur halbherzig zur Sache gehen.“
Sie schwieg und Bluthand nickte. Sie schien kaum zugehört zu haben. Mit leerem Blick starrte sie auf das Schlachtfeld und die zahllosen Leichen, die von hier aus nur als schwarze Punkte auf dem gelben Gras zu erkennen waren.
Gerade, als Yucalta unruhig wurde, holte sie tief Luft und wandte sich vom Balkon ab. Sie setzte mit überkreuzten Beinen auf das Bett und bedeutete der Novizin, ebenfalls Platz zu nehmen. Yucalta hockte sich in ähnlicher Stellung auf den weichen Boden. So ragte Bluthand über ihr auf, was in der Novizin zumindest ein wenig Beruhigung verursachte, da nun ihre Stellungen angemessen verdeutlicht waren.
„Wer ist deine Meisterin?“, wurde Yucalta freundlich gefragt.
„Meine Meisterin ist vor zwei Tagen gefallen.“, antwortete sie verdutzt. Die erste Zauberin des Klosters nickte zufrieden und blickte sie dann direkt an. Yucalta entging nicht, welche Mühe sie hatte, den Blick nicht abschweifen zu lassen.
„Dann werde ich dich zur Novizin nehmen, sobald die Schlacht vorüber ist. Vorausgesetzt, du hast nichts dagegen. Nicht einmal ich kann die Novizin einer anderen Meisterin zur Schülerin nehmen, ohne ihre Zustimmung zu haben.“
„Es wäre mir eine Ehre, Herrin. Aber womit habe ich das verdient?“
Die ältere Zauberin schluckte. „Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann. Als meine Novizin wärst du verpflichtet, meine Geheimnisse mit deinem Leben zu schützen. Das mag hart klingen, aber ich muss dir vertrauen können, bevor ich darüber spreche, weshalb ich nicht an der Schlacht teilnehmen werde.
Außerdem,“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu, „habe ich das Gefühl, dass du einmal eine bedeutende Magierin wirst. Noch kannst du deine Kräfte kaum vollständig nutzen, aber irgendwann wirst du beweisen, dass ich mich nicht getäuscht habe.“
Yucalta konnte nur überrumpelt nicken. Nachdem sie die Worte der Meisterin sorgsam abgewogen hatte, stand sie auf und verneigte sich tief in Bluthands Richtung, wobei sie ihr die Hände entgegenstreckte.
„Ich nehme Euer Angebot an, Meisterin Bluthand. Fortan werde ich Eure Novizin sein. Möget Ihr mich lehren, was Ihr für angebracht haltet, und mich strafen, wie ich es verdient habe. Ich werde Euren Anweisungen Folge leisten und mich Eurer Mühe verdient machen.“
Nachdem die rituellen Worte gesprochen worden waren, umfasste Bluthand ihre Hände und führte sie zusammen. Ein leises Kribbeln durchlief ihren Körper und Yucalta wusste, dass der dünne Reif um ihren Hals nun seine Farbe änderte, um anzuzeigen, dass sie einer neuen Meisterin diente. Als die Zauberin ihre Hände losließ, hockte sie sich zurück auf den Boden.
„Nun denn, Yucalta. Als erste bitte ich dich, mich Yetail zu nennen, wenn wir alleine sind.“ Sie wartete auf Yucaltas Nicken, ehe sie fortfuhr. „Nun denn. Wir haben viel zu erzählen. Beginne mit dem, was du über den Splitterdrachen in Erfahrung bringen konntest. Ich hoffe, es hilft mir, eine Lösung zu finden.“
„Der Splitterdrachen wurde zum ersten Mal im alten Nagarythe beschworen. Man geht davon aus, dass ihn die Chaosgötter erschaffen haben. Damals vernichtete er beinahe sämtliche Städte des Reiches. Nur vor Anlec wurde er aufgehalten. Ein Anhänger Khaines, beziehungsweise der erste Anhänger Khaines überhaupt, stellte sich ihm auf einem Drachen entgegen. Obwohl der Drache starb, konnten sie die Bestie vernichten. Damals rammte der Khaine-Anbeter sein Schwert in den Bauch des Splitterdrachens und nahm ihm somit angeblich die Flamme.“
„Was geschah mit ihm?“
„Er wurde von seinem Meister ermordet, dem Hofmagier von Nagarythe. Dieser war ein Anhänger der alten Gottheiten und fürchtete den Fanatismus der Khaine-Jünger. Vor seinem Tode sprach der Krieger noch davon, dass er alle Teile des Drachens in die entlegensten Ecken von Nagarythe habe bringen lassen, weil eines davon noch den Geist des Monsters enthalten müsse. Wie es scheint, gelangte dieses schließlich nach Naggaroth. Außerdem sprach er davon, dass er nicht das letzte Kind des Mordes war. Er sagte: Zwölf werden kommen, doch keiner von ihnen ist unsterblich, sie alle werden altern und dahinsiechen. Denn: Zwölf werden vergehen, dreizehn ewig bestehen. Oder so ähnlich, ich …“
„Schon gut.“, wurde sie von Yetail unterbrochen. „So alt also ist die Prophezeiung. Und allmählich beginne ich zu verstehen.“ Sie sah Yucaltas verwirrte Miene und spürte deren Scheu, direkt um Erklärung zu bitten.
„Pass auf, meine Schülerin: Du weißt, dass Blutklinge das zwölfte Kind des Mordes w … ist? Ihnen allen wurde die Marilim verliehen, die ihnen große Kräfte und übermenschliche Fähigkeiten verlieh. Du hast Blutklinge vielleicht im Kampf gesehen. Ich bin mit ihm durch die Unterwelt gereist und kannte ihn, bevor er das Geschenk von Khaine erhielt. Schon damals war er ein gefährlicher Gegner. Mit der Marilim kann ihn beinahe niemand mehr besiegen. Doch unsterblich ist er nicht. Auch mit der Marilim altert er, wie es damals vorausgesagt wurde.“
„Aber wo ist Blutklinge?“
Yetail sackte in sich zusammen und ein Ausdruck der Verzweiflung huschte über ihr schönes Gesicht. „Hast du die Kraftsäule gespürt, die den Splitterdrachen vertrieben hat?“
„Ja“, antwortete Yucalta mit einem unguten Gefühl. „Ihr sagtet mir, dass sei Euer Werk gewesen.“
„Ich wollte dich und alle anderen nicht verunsichern. Aber es ist ohnehin zu spät. Das war nicht ich, das war die Kraft der Marilim. Sisrall …. Ich meine Blutklinge hat den Kampf gegen den Splitterdrachen nicht überlebt. Er ist tot.“
Yucalta stockte der Atem. Das war nicht möglich. Das Kind des Mordes, die Hoffnung der Elfen, war gefallen? Erst jetzt erkannte sie die Traurigkeit der jungen Meisterin, die sie bislang verborgen hatte. Allmählich wurde ihr klar, weshalb Yetail sie zu ihrer Schülerin gemacht hatte. Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte, dem sie sich anvertrauen konnte.
Unsicher kletterte sie auf das gigantische Bett und hockte sich neben Yetail, die das Kinn in die schlanken Hände stützte. Yucalta zögerte. Sie mochte Bluthand. Aber war sie wirklich in der Lage, der jungen Frau zu geben, was sie brauchte?
„Er war Euer Gefährte, nicht wahr?“, hauchte sie beinahe und hoffte halb, Yetail hätte sie nicht gehört. Diese nickte jedoch nur und schluchzte leise. „Ja, in den letzten Augenblicken vor seinem Tod hat er seine Liebe zu mir erkannt. Für nicht einmal eine Minute waren wie vereint, bevor uns das Schicksal erneut trennte.
Ich wünschte, ich könnte dort hinausgehen und das Lager der Orks in Asche verwandeln oder irgendetwas anderes zerstören. Aber ich bin viel zu verzweifelt. Alles habe ich verloren. Meine Meisterin, meine Mutter, meinen Geliebten, meinen Zauberstab. Sogar mein Drachenstein ist weg. Ich habe ihn liegen gelassen, als ich zu Sisrall gelaufen bin. Jetzt ist er verschwunden. Nicht einmal eine einfache Freundin wie Septma hat mir das Schicksal gelassen! Nur Verlust und Schmerz!“
Als Yetail abermals zusammensackte, wusste Yucalta, dass Mitleid ihr nicht helfen würde. Sie sprang vom Bett und baute sich vor ihrer Meisterin auf. Ihr waren die Konsequenzen ihres Handelns klar, aber sie sah keinen Ausweg.
„Habt Ihr schon einmal die Idee gehabt, dass es gute Gründe dafür gibt? Euer Zauberstab hat sich geopfert, um den Angriff des Splitterdrachen abzuwehren, oder nicht? Wäre er nicht gewesen, wäret Ihr jetzt tot. Auch Septma hat ihr Schicksal akzeptiert, um es Euch zu ermöglichen, den Ork zu töten. Hätte es nicht sie erwischt, wäret Ihr das Opfer geworden. Glaubt Ihr nicht, Blutklinge hat das getan, was nötig war? Hat er nicht den Splitterdrachen vertrieben? Was wenn …“
„Wie kannst du es wagen, so von Sisrall zu sprechen?“, fauchte Yetail und sprang ebenfalls vom Bett. Yucalta musste sich ein Grinsen verkneifen, was erstaunlich einfach war, da ihre erregte Meisterin eine sehr reale Gefahr darstellte.
„Ich verkrieche mich jedenfalls nicht in meinem bequemen Zimmer und warte, bis sich die Sache von selbst regelt.“, gab sie nicht minder zornig zurück und meinte es zum Teil sogar ernst. „Das wird sie nämlich nicht. Ihr seid die mit Abstand mächtigste Hexe auf Seiten der Elfen, aber Ihr solltet Euch auch entsprechend verhalten. Blutklinge ist im Kampf gestorben, wie es sich für ihn gehört. Er hat uns gerettet. Und wie dankt Ihr ihm für sein Opfer? Ihr heult mir die Ohren voll, statt einen Weg zu finden, diesen Krieg ohne ihn zu gewinnen.“
Obwohl draußen die Sonne schien, wurde das Zimmer plötzlich eiskalt und Yucalta kam es vor, als würde das Licht verschwinden. Ihre Knie wurden weich, als sie erkannte, dass sie ganz alleine mit einer Zauberin war, die sie soeben derart provoziert hatte, dass ihr der Tod als Strafe fast noch gnädig war.
Ein unsichtbarer Stoß schleuderte sie durch die diffusen Schatten gegen die Wand über dem Durchgang zum Balkon. Ihr Rückgrat protestierte scharf und ihre Beine knickten weg, als sie zu Boden stürzte.
„Ihr wagt es, so von mir zu reden?“, donnerte Yetail. Auf einmal war jede Freundlichkeit verschwunden, ebenso wie die Trauer und Schwäche, die sie eben noch gezeigt hatte. Yetail mochte ihren Zauberstab verloren haben, doch ihre Macht war ungebrochen.
„Ich bin Yetail Bluthand, Meisterin des Klosters, Tochter von Erlais von Clar Karond, Gefährtin des zwölften Kindes des Mordes und durch ihn die dreizehnte Trägerin der Marilim. Nur Khaine selbst darf mir sagen, was ich zu tun habe und wie ich mich zu verhalten habe.“
Yucalta hatte sich mühsam wieder aufgerichtet und beobachtete angespannt, wie Yetail näherkam. Sie wollte vorbereitet sein, wenn sie der nächste Zauber traf. Letztendlich gab es jedoch keine Vorwarnung. Yetail hob nicht einmal die Hand, zuckte mit keiner Wimper, als sie einen weiteren Stoß aussandte, der die junge Frau an den Rand des Balkons schleuderte. Das Geländer brach weg, sodass Yucaltas Kopf und Schultern frei in der Luft hingen.
Während sie noch nach Atem rang, setzte ihr Bluthand einen gepanzerten Stiefel auf die Brust. Majestätisch ragte die zornige Hexe über ihr auf. Yucalta musste unwillkürlich zugeben, dass sie selbst oder gerade in diesem Zustand unwiderstehlich schön war. Ihr helles Haar wehte im leichten Wind, während ihre dunklen Augen zornig funkelten. Ihr Bauch und ihre Schenkel waren nackt. Makellose Haut spannte sich über straffes Fleisch. Über ihre Arme lief das verwirrende Muster, das von ihrem eigenen Blut zu stammen schien.
„Ihr seid die Dreizehnte?“, flüsterte Yucalta panisch. „Aber dann gibt es doch noch Hoffnung!“ Ihr Ton wurde flehentlich. „Bitte, Meisterin. Blutklinge wird Euch diese Macht nicht ohne Grund gegeben haben. Nutzt sie! Rettet uns! Entscheidet diesen Krieg. Es wird genug Zeit zum Trauern geben. Ich werde mit Euch trauern und bei Euch sein. Aber dafür muss es ein Morgen geben. Unser Volk steht am Abgrund, so wie ich. Alles hängt von Euch ab. Stoßt mich in die Tiefe und vergrab Euch in Eurem Turm, dann werden auch die Druchii den Weg von der Klippe hinab gehen. Niemand sagt Euch, was Ihr zu tun habt. Die Entscheidung liegt allein bei Euch!“
Als Yetail zögerte, schöpfte Yucalta neuen Mut und sprach weiter. „Als ich meine Meisterin verlor, überkam mich ähnliche Trauer. Ich stand neben ihr, als sie fiel. Auf der Treppe unter dem Kloster. Ihr ward es, Meisterin Bluthand, die mich dazu brachte, weiterzumachen. Ihr habt uns Mut und Kraft gegeben. Ohne Euch hätten wir schon viel eher aufgegeben. Und als ich sah, wie Ihr aus diesem Loch kamt, mit dem Kopf der toten Hexe in Euren Händen, da wusste ich …“
„Warte!“, unterbrach Yetail sie, „Dieses Loch… Dort unten gibt es einen Raum … ‚Dort wo sich Magie und scharfer Stahl berühren, liegt der Raum der Zwölf. Hole uns zurück.‘ Oh Yucalta, du hast mir etwas in Erinnerung gerufen, dass ich schlichtweg vergessen hatte. Endlich habe ich eine Lösung für mein Problem. Ich muss noch einmal in diesen Keller.“
[FONT="] „Aber“, erwiderte Yucalta, während sie sich vorsichtig aufsetzte, „den Keller gibt es nicht mehr. Die Hexen haben das gesamte Gewölbe einstürzen lassen. Sogar die Treppe wurde pulverisiert. Der Eingang ist versiegelt. Dort kommt nicht einmal Ihr durch.“[/FONT]