Kapitel 12; Kampfer und Bienenwachs:
Talos:
Die Sonne war hell und doch sorgte eine frische Brise für einen Abklang der drückenden Hitze. Es war nicht schwül, und das Wetter war einfach perfekt für einen Ausritt geeignet. Ein Junger Mann, er musste um die zwanzig Jahre alt sein trieb sein Pferd noch weiter an. er duckte sich immer wider unter Zweigen hindurch, und das Klappern der Hufe wurde vom sanften Waldboden verschluckt. Er zog an den Zügeln, und sofort hielt sein Brauner an. Der Junge stieg ab und kniete neben einem kleinen Teich nieder, um sich den Schmutz vom Gesicht zu waschen, und um ein Wenig zu trinken. Sanft spiegelte sich die Sonne vom grün schimmernden Wasser des kleinen Waldteiches wieder. Buchen umgaben diesen, und ließen das Wasser wie eine Laube der vollkommenen Schönheit wirken. Vöglein zwitscherten vergnügt vor sich hin, und bildeten so einen Spiegel zu Seele des Jungen Mannes. Warum sollte es ihm schließlich nicht froh zumute sein? Es war ein wunderschöner Tag, und er war auf dem Weg zu jener die er so sehr liebte und die sein Herz begehrte. Sein Gemüt frohlockte, und brach durch ein breites Lächeln hervor, bereit der ganzen Welt zu trotzen, bereit zu tun was zu tun war, bereit sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es war der Frühsommer des Jahres 1210, und die Wälder und Felder Bretonias hatten schon seid Jahren nicht mehr in einem solchen Glanz erblüht. Der Junge zog gierig die duftende Waldluft ein. Es roch nach Kampfer und Bienenwachs. Hinter ihm vernahm er das sanfte schnauben seines Pferdes, und ließ die Zügel los, auf dass sich sein Brauner auch ein wenig im Wald vergnügen konnte. Vergnügt trabte das stolze Ross zum Wasser und trank begierig. Seine Nüstern zitterten und vibrierten vor Freude, und das ließ den Jungen von Ganzem Herzen auflachen. Er lachte aus purem Vergnügen, er lachte weil er seine Freude nicht bei sich behalten konnte. Und auch hinter ihm schien jemand zu lachen. Der Junge legte seine Hand an seinen Schwertknauf und drehte sich um. Er mag wohl viel erwartet haben, Händler, Diebe, Soldaten, Reisende, sein echo, aber mit dem was er sah hatte er niemals gerechnet, sein ganzes junges Leben lang nicht. Ein riesiges Schwarzes Pferd tänzelte dort. ein wundervoller, grüner Stoff umwehte es und ließ es ein Wenig unwirklich und Magisch erscheinen. Doch noch viel beeindruckender war die Person die dieses Ross an den Zügeln führte. Es war ein Hüne, und der Junge wusste nur allzu gut wer diese Person war. Kalter Stahl schimmerte in den abgeschwächten strahlen der Sonne, und ein Grünes Wams verriet seine Identität. Der grüne Ritter, der Jüngling hatte schon viele Geschichten von ihm gehört, aber niemals hatte er geglaubt dass es ihn wirklich gibt. Der Junge stolperte zurück und fiel beinahe ins Wasser, hätte der Ritter ihn nicht mit festem Griff an der Hand gepackt und ihm folgende Worte ins Ohr geflüstert: „Vertrau ihm nicht, setz dich über ihn hinweg. Besiege ihn, besiege seinen Stolz. Zerbrich ihn, zerbrich sein Herz. Erfülle deine Bestimmung, … lebe!“ Daraufhin war der Ritter von dannen gegangen, und der Jüngling hatte ihn niemals wieder gesehen. Er hatte schon Jahrhunderte nicht mehr daran gedacht, aber all das schoss Talos jetzt in den Kopf, als ob er endlich begreifen würde was diese Worte zu bedeuten hatten. Jetzt, ein Halbes Jahrtausend später begriff Talos was seine Bestimmung war. Jetzt, da er in einem Kreis von Erschlagenen stand, und in die Augen jenes Vampirs blickte, der ihn zu dem gemacht hatte, was er jetzt war. Er blickte in die leblosen, toten, bösen Augen von Solas, einem der wohl ältesten noch lebenden Vampire. Er war einst aus Lamiah geflohen, zusammen mit sechs anderen Großen. er war durch die Welt gezogen, und hatte im Jahre 1215 einen Adeligen Bretonen getroffen, der ihm lange Jahre als Schüler gedient hatte, sich aber entschied ein anderes Leben zu beginnen. So hatten Schüler und Meister vor Jahrhunderten eigene Wege beschritten, und nun hatte sie das Schicksal wieder zusammengeführt. Es bedurfte keines einzigen Wortes, und Schüler und Meister zogen ihre Klingen. Nur wenige Sterbliche hatten jemals solch ein Aufeinandertreffen erlebt, und jene die dieses miterleben durften, hatten das Pech keine Facettenaugen zu haben. Ein jeder Hieb war gezielt, und perfekt ausbalanciert. Kein sterbliches Auge vernahm sie, da sie in einer solchen Geschwindigkeit geführt wurden, dass sie das Sehvermögen eines Menschen bei weitem überstiegen. Eine Parade, ein Konter. Hiebe und Ausfälle von Unglaublicher Behändigkeit. Talos setzte einen Fleche an, Solas konterte allerdings mit einer perfekten Riposte. Ein hieb folgte auf den Anderen, und es heißt, das schon ganze Schlachten mit weniger Hieben ausgefochten wurden. Funken sprühten, und die Luft nahm um die Kämpfenden herum an Hitze zu. Der herangewachsene Schüler, der gegen seinen Uralten meister aufbegehrte. Der Junge, der die Torheit besaß, sich über die Macht an sich hinwegsetzen zu wollen. Ein Stich, eine Parade. Kein noch so perfekter Hieb drang durch die Verteidigung des Gegners, und kein Stich fand auch nur annähernd sein Ziel. Doch dann geschah es endgültig. Die beiden Kämpfer katapultierten sich mir Gewaltiger Kraft nach hinter, und führten gleichzeitig eine Mandritta aus. Die Drehung erfolgte mit übernatürlicher Geschwindigkeit, und plötzlich standen Talos und Solas Rücken an Rücken zueinander. Der Meister schnaubte erschöpft, und beide hielten wie durch einen Bann gehalten inne. Ringsherum tobten die Kämpfe weiter, doch im unmittelbaren Umfeld hatte sämtliche Bewegung ein Ende gefunden. Selbst die Luft schien still zu stehen, als Talos Knie nachließen, und er taumelte. Hart grub sich sein Gesicht in den Blutgetränkten Sand. Er röchelte und Blut quoll aus seinem Mund. Blut sprudelte aus einer klaffenden Wunde an Talos Seite. Sein Meister war bis auf einen kleinen schnitt an der Wange unversehrt. Solas trat Talos hart ins Gesicht doch dieser zeigte nicht die geringste Regung. Das Blut des stolzen Vampirs tränkte den Boden, und ließ ihn dort schwärzen, wo sein Körper regungslos und besiegt lag…