Ja, das verwundert mich ähnlich stark wie dich, wie ich diesen Unterschied übersehen konnte, nicht intuitiv erkannt habe und nachfragen musste. Wo ich doch sogar Muttersprachler bin und das gewöhnlich intuitiv trenne und im Sprachgebrauch korrekt nutze.
Wie... unzulänglich von mir. ?
Aber sonst alles supi bei dir?
Bitte nicht persönlich nehmen. Das war nicht als Angriff gemeint. Es war wirklich echte Verwunderung über etwas, das ich für eine Selbstverständlichkeit gehalten habe. Auch die gerade noch von Wargrim zitierte Definition aus dem Duden von "respektlos" = "den nötigen Respekt vermissen lassend". Ja, das wundert mich wirklich, weil es eben überhaupt nicht meinem erlernten Sprachgebrauch entspricht. Ich habe so bewusst nie einen "nötigen Respekt" gesehen, den jeder mir abnötigen könnte. Was natürlich etwas widersprüchlich ist, da ich ja selbst erstmal freundlich und offen auf die Menschen zugehe, was manch einer dann wohl schon als diesen nötigen Respekt kategorisieren würde.
@Wargrim hat aber damit Recht, dass er schon die Frage in den Raum stellt, was denn der nötige Respekt ist, den man vermissen lässt, wenn man respektlos ist. Ich denke das ist sowohl eine kulturelle, als auch eine durch das Milieu bedingte Definition. Für mich ist dieser nötige Respekt, den jeder bekommen sollte, wirklich nur die simple, höfliche Sprache, eine offene Mimik (zum Beispiel ein Lächeln) in der Kommunikation, vielleicht dann auch noch so etwas wie das erwähnte Tür aufhalten. In einer asiatischen Kultur mit gesellschaftlichem Gesichtsverlust, ist das dann wieder was ganz anderes, da ist es ein langer Katalog an den man sich halten muss, um seinem Gegenüber den nötigen Respekt zu zollen.
Je nach Kontext ist respektvoll, respektieren, Respekt ganz unterschiedlich zu verwenden. Ich kenne "Respekt vor etwas haben" auch im negativen Sinne, zum Beispiel in folgendem Satz: "Der Einbrecher hatte Respekt vor dem knurrenden Kampfhund.". Eindeutig negativ mit Angst als Begriff verknüpft, für mich in meinem Milieu so normaler Sprachgebrauch. Ich habe das nie für eine lokale Besonderheit gehalten, kennt ihr diese negative Bedeutung von "Respekt vor etwas haben" nicht? Und daran sehen wir wie wichtig der Kontext ist. Beziehen wir das mal auf eine Person, anstatt auf einen Kampfhund: "Ich habe Respekt vor Anwalt X". Hat er einen Aufsehen erregenden Prozess gewonnen und für Gerechtigkeit gesorgt, dann ist es positiv gemeint, hat er gerade dafür gesorgt, dass ich eine Strafe zahlen musste (z.B. als Anwalt der Gegenseite in einem Nachbarschaftsstreit, dann meint es, dass ich ihn fürchte (wie beim Hund). Also Kontext, Kontext, Kontext. Einfache Duden Definitionen sind gute Hilfsmittel, aber im real von den Bürgern gelebten Sprachgebrauch findet sich noch so viel mehr.
Interessanter Aspekt aus dem Wiki Artikel.
In der
englischen Sprache sind die
Konnotationen des Wortes „Respekt“ heute weitaus milder als im Deutschen.
Respect steht dort nicht in erster Linie für eine Art soldatischer Unterwerfung, sondern neutraler für die Achtung, die jeder Mensch jedem anderen menschlichen Wesen entgegenbringen soll. Der
Gegenbegriff zu
respect ist
Misshandlung (
abuse). In diesem Sinne ist
respect in den
USA ein hoch angesehenes und universell anerkanntes
Erziehungsziel.
Das deutet an, dass es im Deutschen Sprachgebrauch als "solidarische Unterwerfung" verstanden wird, zumindest im pädagogischen Kontext. Und das passt ja auch zum respektlos = den nötigen Respekt vermissen lassen. Dieser nötige Respekt ist die Unterwerfung. Ich mag die Person nicht, aber man verlangt von mir Respekt vor ihr zu haben, mich zu unterwerfen. Und das triggert mich vermutlich, weil ich da ein Freigeist bin, ich entscheide für wen ich Respekt empfinde, nicht die Allgemeinheit. Denn Respekt als Form der Wertschätzung (was ja die Basisdefinition laut Wikipedia ist) ist am Ende auch sehr persönlich, jeder hat eigene Maßstäbe was er wertschätzt, abhängig von seiner Sozialisation. Wer in der gleichen Kultur aufgewachsen ist, hat vermutlich viele Überschneidungen zu seinen Mitmenschen, wenn es um diese Maßstäbe geht, und trotzdem unterscheidet man sich im Detail voneinander.
Vielleicht ist das sogar der Knackpunkt. Bei dem großen Einfluss englischsprachiger Medien und der politischen Bewegungen, die ihre Wurzeln oftmals dort haben und heute viele Impulse von dort bekommen, bekomme ich fast den Eindruck, dass ihr eher die mildere, anglosächsische Konnotation anwendet, während ich und manch anderer es eher als Unterwerfung im Sinne der Deutschen Konnotation verstehen und deshalb ablehnend reagieren.