Wobei wir wieder beim Grundproblem sind. Opferschutz sollte etwas höher angesiedelt sein als Täterrechte. Wer sich anmasst Recht und Ordnung zu ignorieren verwirkt in meinen Augen seine eigenen Rechte diesbezüglich.
Täterschutz ist etwas, dass sich historisch entwickelt hat. Und dabei geht es vor allem um folgendes:
Allerdings sage ich, dass die Ordnungsmacht vor Ort am ehesten geeignet ist derartige Entscheidungen zu treffen. Dafür werden die Leute ausgebildet. Es wäre vermessen zu behaupten ein Richter x Kilometer und Y Tage nach der Aktion z könnte dies besser einschätzen.
Ein Richter, der x Kilometer und Y Tage nach der Aktion einen Sachverhalt einschätzt tut dies als neutraler Dritter. Natürlich kann er die Situation nicht vollständig ermessen. Dafür müssten wir in einem totalen Überwachungsstaat leben und das will keiner. Daher weiß man nie genau, was sich abgespielt hat. Ein Beispiel:
Eine Schülerin klagt einen Lehrer an, er hätte sie vergewaltigt.
Nun hat man bereits den Erfahrungswert, dass sowas leider manchmal vorkommt. Man weiß aber auch, dass manchmal Schülerinnen so etwas tun, um einem unliebsamen Lehrer eine reinzuwürgen. Wer ist also der Täter und wer das Opfer? Der Richter kann das spontan nicht sagen, er muss es herausfinden. Und so lange, bis er es heraus gefunden hat, muss auch der vermeintliche Täter geschützt werden, zum Beispiel vor dem wütenden Mob mit Mistgabeln und Fackeln, der vor dem Gerichtsgebäude steht. Wie wichtig das ist, hat sich jetzt erst wieder in Emden gezeigt, wo zur Lynchjustiz gegenüber einem vermeintlichen Kinderschänder aufgerufen wurde und hinterher hat sich rausgestellt, dass er gar keiner war.
Solche Szenarien sind der Alltag unseres Rechtswesens, darauf ist es eingestellt. Wenn dann so ein Freak wie Breivik ankommt steht das System natürlich Kopf, aber was will man denn machen? Man kann doch nicht unser gesamtes Rechtssystem an dem Risiko ausrichten, dass alle Jubeljahre mal ein Spinner Amok läuft. Und selbst wenn würden abschreckende Strafen diese Täter von nichts abhalten. Die meisten Amokläufer rechnen ohnehin nicht damit, ihre Tat zu überleben oder richten sich selbst.
Den Richter als neutralen Dritten brauchen wir selbstverständlich auch, wenn eine staatliche Ordnungsmacht, sprich die Polizei im Spiel war. Polizisten sind keine Heiligen. Wenn z.B. eine Demonstration eskaliert, sich ein Schuss löst und hinterher ein toter Demonstrant am Boden liegt, dann muss halt ein Gericht darüber entscheiden, ob die Polizei da noch angemessen gehandelt hat.