WHFB Geschichten aus Bhagar

V. Papyrusrolle
Ho-Sekh wachte am Nachmittag in ihrem gemeinsamen Zimmer auf. Nachdem er auf der Treppe das kurze Gespräch mit seinem Bruder geführt hatte, war der fortgegangen und ließ Ho-Sekh mit einem mulmigen Gefühl zurück. Noch als er sich auf seine Schlafmatte gelegt hatte, war er am Grübeln gewesen, auf welche Idee er seinen Bruder da gebracht hatte. Ho-Refer hatte offensichtlich etwas vor, und Ho-Sekh konnte sich nicht vom Gedanken lösen, dass es nichts Gutes sein würde.
Das Schlimmste aber war, dass offensichtlich er, Ho-Sekh, diese Dinge ins Rollen gebracht hatte. Er schaute zu seinem schlafenden Bruder – er musste irgendwann zurückgekehrt sein – und wollte ihn wecken, um ihn auszufragen, was er denn getan hatte, dann aber ließ er es. Wenn er es noch nicht wusste, hatte er wenigstens noch das Gefühl, dass es nicht wahr war. Eine schwache Illusion zwar, flüchtig wie der Morgennebel, aber Ho-Sekh klammerte sich daran.
Leise stand er auf und schlich aus dem Raum. Er hatte noch Arbeit zu tun.

In den Tempel der Nachwelt in der Linksstadt ging man am Morgen oder am Abend – wenn die Grenze zwischen Tag und Nacht am brüchigsten war, wenn Welten ineinanderflossen. Dann hörten die Götter besonders gut, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Gebete der Lebenden für die Toten hörten - und erhörten - war besonders groß. Chnesmet hatte den Ersten Krieger des Fürsten schon mehrmals bei Aufbahrungen gefallener Krieger gesehen, er schien ein mitfühlender Mann zu sein. Sie hatte aber nie mehr als die üblichen paar Floskeln des gegenseitigen Respekts und der Ehrerbietung mit ihm ausgetauscht. Um so überraschter war sie, als er heute morgen voller Rededrang in den Tempel kam und dringend mit der Hohepriesterin reden wollte.
Sie war, als die Schwester in die Tiefe Heilige Halle trat und sie in ihrem Gebet um die Seele des verschollenen Fürstensohnes unterbrach – denn dass er tot war, das konnte, das wollte sie nicht glauben -, aufgestanden, hatte ihr zeremonielles Gewand angelegt und war der Botin in die Große Heilige Halle gefolgt, wo er schon wartete. Als er sie sah, kniete er vor ihr nieder, machte das Zeichen des Ewigen Ptra und senkte das Haupt. Auf eine kleine Geste Chnesmets nickte die Schwester und ging.
„Der Segen des Ewigen Ptra über Euch. Erhebt Euch. Was sucht Ihr?“
„Gesegnete Hohedienerin der Götter. Ich habe... eine Frage. Wenn Ihr... wenn Ihr aber, ich bitte Euch, Stillschweigen darüber bewahren wollt...“ Sie hob eine Augenbraue. Dieses Getue machte sie misstrauisch. In ihren wenigen Jahren der Hohepriesterschaft hatte sie gelernt, gefährliche Fragen zu erkennen. „Wollen... die Götter wahrhaft, dass der Fürst mit seinen Dienern umgehen darf, wie er will? Haben sie... ?“ „Still!“
Chnesmet hob bedrohlich den Zeigefinger. „Fragt nicht. Denkt nicht darüber nach. Redet mit niemandem darüber.“ Ho-Refer sah sie mit großen Augen an, wie es gar nicht zu seiner kriegerischen Gestalt passen wollte. Sie fühlte, dass sie ihm noch eine Antwort schuldig war, und ihr kam eine Idee. „Ich weiß nun um die Fragen, die Ihr habt, und ich verspreche Euch, dass Ihr Antworten erhalten werdet. Aber bis Ihr nicht von mir hört, tut so, wie ich gesagt habe. Geht. Der Segen des Ptra.“
Und damit deutete sie ihm an, zu gehen. Er wollte nicht, sein Rededrang war noch nicht erschöpft, seine Fragen nicht beantwortet. Aber er sah in ihrem Gesicht, dass für sie das Gespräch beendet war. Er machte erneut das Zeichen des Ewigen Ptra und ging.
So saß die Hohepriesterin Chnesmet nun an diesem Nachmittag in ihrer Kammer und machte Pläne.
 
VI. Papyrusrolle
Djola war sehr durstig, als er aufwachte, und sein Hals war so eng, als hätte jemand etwas sehr fest drumrumgeschnürt. Er schlug die Augen auf und tastete seinen Hals ab – und jemand hatte ihm tatsächlich etwas umgebunden! Bei jeder Berührung rasselte es, aber er konnte sich gerade beim besten Willen nicht vorstellen, warum das jemand machen sollte und welchem Zweck es diente.
Seine Hände, seine Füße waren frei, man hatte ihn nicht verschnürt. Er lag auf einer Grasmatte, die Wände und die Decke waren aus großen, braunen Steinquadern: da kam es ihm, dass er in einem der Bauten der Echsen sein musste. Beim Versuch, sich aufzurichten, wurde er auch schmerzhaft daran erinnert, dass die Echs ihn verletzt hatte. Wenn er aber jetzt an sich herabschaute, sah er die Wunden mit allerhand Fasern und irgendwelchen pflanzlichen Dingen verbunden.
Und wie freute er sich über seine nächste Entdeckung: dass außer ihm noch drei weitere Menschen in diesem Bau waren! Raseth, Pteher und... Wie glücklich war er, als er Hekoph erkannte! Der freche Hekoph! Es legte sich aber ein schwerer Schatten über sein Herz, als er daran denken musste, dass die anderen fünf in die Nachwelt eingegangen waren, ohne genug Taten für ein ruhmreiches Nachleben vollbracht zu haben... Und die Pferde! Ob die Pferde... ?
Er wäre gern aufgesprungen, um nachzuschauen, ob die Echsen nicht vielleicht die Pferde vor dem Gebäude angebunden hatten, aber ihm wurde schwindlig, und er legte sich lieber wieder hin. Und wartete.
Leises echsisches „Sprechen“ ließ ihn aufhorchen. Es kam vom Eingang, in dem ein Stoffvorhang die Tür bildete. Djola war sich nicht sicher, aber es klang, als würden wieder zwei Echsen streiten. Als eine Klaue am Vorhang erschien, um ihn zur Seite zu ziehen, schloss er die Augen, sah aber noch aus dem Augenwinkel hinter der einen Echse, die ihm sein Stirnband abgenommen hatte – zumindest glaubte er, dass es die war, sie sahen ja alle gleich aus – eine andere, federgeschmückte, die irgendeine fremdartige Autorität ausstrahlte.
Djola gab vor, weiter zu schlafen. Er hörte, wie die Echse etwas auf den Boden stellte und merkte, wie ihn etwas in die Seite stupfte. Langsam machte er die Augen auf, sah auf die Echs mit dem Stab und die Gefäße auf dem Boden. Die Echse legte den Stab auf den Boden und nahm das eine Gefäß mit beiden Händen auf – das Wassergefäß.
„He-tlo-qloqeq!“
Djola verstand nicht, aber er war dankbar für das Wasser. Mit gierigen Schlücken leerte er die Schüssel, auch, wenn einiges danebenging. Als er die Schüssel absetzte, zuckte er zusammen, als er die Echse sah, wie sie ihn mit ihren gelben Augen anstarrte.
Sie erkannte sein Zucken und griff nach der anderen Schüssel, streckte sie ihm hin.
„He-tlo-ihuaq!“
Er verstand das inzwischen als Aufforderung. Während er die Schüssel mit den Früchten zu sich nahm und in die vertrauenswürdigste hineinbiss, setzte sich die Echse auf den Boden, aber so, dass sie etwas froschhaftes hatte: die Sohlen ganz auf dem Boden, die Knie auf der Höhe des Kopfes, die Arme zwischen den Beinen. Dann deutete sie auf sich.
„Inzichi na-voq.“
Djola schaute nur.
„Inzichi na-voq. Zqinq-voq.“
Welches davon war ihr Name? Djola versuchte sich, zeigte auf sich und sagte „Djola.“
So etwas wie Freude zeigte sich im Gesicht der Echse, ihr Hautkamm hob sich. Sie zeigte auf ihn, „Tlola“, und auf sich, „Inzichi.“
Djola wiederholte: „Insitshi.“
Begeistert von so viel Willen zur Zusammenarbeit begann Inzichi zu glucksen und zu schnalzen: „Tlo-boq. Ixca-tlo-kai. Cuaceq ke-goq chi-Tlaqua-Tlax, Cuaceq uoq-axaq Zlan-tala Zlatzamundi, que chi-tli-uoq-vor...“
Es sollte noch eine Weile vergehen, bis sie sich einigten, sich nur über Gesten, mit Hand und Fuß zu verständigen.
 
@Der Letzte: lass das „Er schwieg“ weg, die Stille wird schon im Satz vorher erwähnt und endet mit ihm auch eindrucksvoller. Fast Haiku-Art möchte man sagen^^.
Und ändere vielleicht noch den Namen von Chneper, ich muss immer an Pontius Pilatus (ja, dem aus „Leben des Brian“) denken. Aber das ist wohl auch nur eine persönliche Assoziation. 😀

@Anheteps Bad: 😀, mehr nicht

Sehr schön beschrieben, man kann sich die beginnende Intrige schon mal vorstellen, wenn es denn dazu kommt^^.
Nun hast du Khemri, die Bhagarer und Echsenmenschen in der Story, wobei das Fürstentum eher wie der potentielle Verlierer aussieht… Bin gespannt wie es weitergeht.
Vom Stil her gefällt mir die Geschichte gut, weiter so. 🙂
 
@ Taikon: Freude! Eine zweite Meinung!

Das mit dem "Er schwieg" weg ist gut, hab ich entfernt.
Chneper bleibt, da hab ich zu lang gebraucht, um den Namen aus den Wikipedia-Pharaonen- und Ägyptische Götter-Listen zusammenzubasteln.

Die Khemri bleiben noch ein bisschen außen vor, aber später werden sie SEHR einflussreich (man bemerke: wir sind noch in prädynastischer Zeit!)
Für die Einwohner von Bhagar bevorzuge ich übrigens - in Anlehnung an "Khemri" - die Bezeichnung "Bhagri" (sowohl Singular als auch Plural). Ähnliches stell ich mir auch mit "Nehekhari" vor - als Bezeichnung für diese südliche Menschenrasse als auch für die Sprache.

Sehr interessant auch, wie solche impliziten Unterstellungen einen (mich) beeinflussen, denn nach deinem Kommentar hab ich die Gewichtungen im Storyverlauf etwas verschoben. Ich denke, dass hat damit zu tun, dass man (ich) eine implizite Erwartungshaltung des Lesers erfüllen will.

@ Bertram: ganz besonders in Bezug auf die Skinks. Hoffentlich versau ichs nicht irgendwann und krieg Zornes-PNs der Art "Du dreckige Schüft! Was hast du mit meinen geliebten Zqinq gemacht! Ich hasse dich etc." 😀


Ja, ich war fleißig. Besonders aber, als ich die VI. Papyrusrolle schrieb, hatte ich das Gefühl der Gefahr, mich handlungstechnisch (Handlung Inzichis) zu wiederholen bzw. mich in einige wenige wenige Phrasen festzufahren und die immer und immer wieder abzuspulen. Ich muss vorsichtiger sein. Qualität, nicht Quantität.
 
VII. Papyrusrolle
„Meister!“, schreckte er auf. „Ich habe Euch nicht gesehen!“
Ho-Sekh lächelte. Inzwischen war er ausgeschlafen, gestern Nachmittag hatte er nur überfliegen können, welche Arbeit anstand. Und natürlich hatte er ihn nicht gesehen, darauf hatte er es ja abgesehen: immer wieder unerwartet während der Arbeitszeit seiner Schüler aufzutauchen und zu prüfen, ob sie denn gerade arbeiteten. Er glaubte, dass das förderlich war, denn er hatte sich während seiner Lehrlingszeit schnell dran gewöhnen müssen, dass sein Meister zu geradezu willkürlichen Zeiten Ergebnisse von ihm forderte, und wehe, er konnte nicht genau seine Zeitplanung begründen, warum er den einen Brief VOR der Abschrift der Fünfundfünfzigsten Rolle des Ptra angefangen hatte...
Aber sein Lächeln verschwand, während sein Schüler versuchte, nervös eine Tonscherbe zu verstecken.
„Zeig her. Woran arbeitest du?“ Ho-Sekh legte die Hand auf den Rohrstock, der von seinem Gürtel hing.
„Meister... nichts, Meister. Eine.. kleine Übung, weiter nichts.“
„Soso. Eine kleine Übung. Du weißt natürlich, dass eine Übung nur taugt, wenn sie geprüft und verbessert wird. Zeig her.“
„Nein, Meister... wirklich, nur so für mich...“ Sein blasses Gesicht, als Ho-Sekh den Rohrstock in die Hand nahm, zeigte deutlich, dass ihm die Erinnerung an die letzte Begegnung mit diesem noch unangenehm intensiv im Gedächtnis war. Mit zitternder Hand holte er die Tonscherbe hervor und übergab sie dem fürstlichen Hochschreiber. Der blickte erst kurz drauf, während der Schüler sich den Schweiß von Stirn und Oberlippe wischte.
Dann weiteten sich Ho-Sekhs Augen vor Unglauben. „Quoph! Woher sind diese Worte?“
Der Schüler begann zu flüstern. „Die sind von... von der...“
„Ich verstehe dich nicht. Sprich, wie es sich für einen Schreiber gehört.“
Quoph schloss die Augen. „Von der Morgenandacht der Hohepriesterin der Nachwelt, Meister, sind sie, die Worte...“Er schrie auf, als der fürstliche Schreiber den Rohrstock in die Höhe hielt. „Du lügst! Das kann nicht... !“
Aber Ho-Sekh hielt inne. Der arme wimmernde Quoph. So, wie er da vor seinen Füßen lag. Ja, er tat ihm Leid, und er mochte es nicht, so mit den Schülern umzugehen, er hasste es - aber wenn man sie in Flaumenfedern packte, würden sie es nie weit bringen. Gegen diese seine Überzeugung konnte er nicht handeln. Schreiben war Macht, und ein schwacher Schreiber verdiente sie nicht.
Das war sein Ruf: der grausame Ho-Sekh, der seinen Schülern die Glyphen in den Rücken schlägt, die sie falsch gemalt hatten. Manche sagten sogar, er sei zu seinen Schülern grausamer als sein Bruder zu den Feinden, die der gefangennahm. Und Ho-Refers Ruf war blutig...
So viel Angst, wie Quoph vor ihm jetzt haben musste – warum sollte er lügen, und das noch so schlecht? Es war aber eine merkwürdige Wahrheit, die ihn beunruhigte. Er steckte die Scherbe weg, dann seinen Rohstock und meinte danach zu seinem bedauernswerten Schüler:
„Steh auf! Steh in Würde und Haltung! Du wirst einst ein fürstlicher Schreiber sein, und viele fremde Herrscher werden deinen Fürst nach deinem Gebaren beurteilen. Also zeige mir nun deine Aufgabeneinteilung...“

Ich weiß - keine Zqinq. Aber Ordnung muss sein.
 
VIII. Papyrusrolle
Djola tat sich immer noch schwer damit, zu glauben, dass sein lidloses Gegenüber mit den hunderten nadelspitzer Zähne tatsächlich ein vernunftbegabtes Wesen war. Und doch, er konnte, in irgendeiner Form, Gedanken mit ihm austauschen, also konnte er es nicht verleugnen: die Echse konnte denken. Aber diese Zähne...
Inzichi und er mühten sich gerade, zu klären, wo die andere Echse das zweite Stück Stirnband hinbringen wollte – und vor allem, warum sie es geteilt hatten -, als von einer der drei anderen Grasmatten ein leises Stöhnen zu ihnen herüberdrang. Djola blickte zu seinen Männern – es war Raseth, der sich bewegte – und dann zurück zu Inzichi. Aber der war schon aufgesprungen und Richtung Stoffvorhang geeilt, ließ noch, als er zurückblickte, seinen Hautkamm kurz seitlich zucken und war dann aus dem Gebäude heraus.
Djola stand auf und erinnerte sich, dass er verwundet war. Während er mit der Echse „geredet“ hatte, war er abgelenkt gewesen und hatte den Oberkörper nur selten bewegen müssen, jetzt aber durchzuckte ihn der Schmerz. Als er dann stand, atmete er aus, wartete kurz und ging dann zu seinen Männern rüber.
„Raseth. Wach auf.“ Raseth wehrte sich gegen diese Störung, aber schlussendlich öffnete er die Augen. Er blickte still um sich und fragte dann mit schwacher Stimme: „Sind wir... in der Nachwelt?“
Djola lächelte. „Nein. Wir leben noch. Wir können noch große Taten vollbringen.“ Und fügte dann, nachdem er Raseths fragenden Blick sah: „Warte kurz, bis ich die anderen wecke.“
So weckte er die anderen zwei. Hekoph konnte sich einen schwachen Witz nicht verkneifen, und Djola musste traurig lächeln. Die Fragen, die sie hatten, waren die gleichen. Dass sie überlebt hatten, war gut, dass sie nur noch zu viert waren – nicht. Nicht zu wissen, wo die Pferde waren und wie viele von ihnen von den Echsen nicht umgebracht worden waren, war unangenehm.
Dass der Fürstensohn ihr Leben mit dem Kupfer erkauft hatte, regte besonders Pteher auf. Dabei war es nicht die Tatsache, dass Djola für sie mitentschieden hatte, die sie so unglücklich machte, denn das stand ihm als Fürstensohn zu. Es war, sich von ihrem wertvollen Schmuck zu trennen. Sie alle hatten ihn sich verdienen müssen, er war Zeichen ihres Ranges, Zeugnis ihrer Taten. Diese Dinge wegzugeben – und sei es auch für das eigene Leben, sei es auch, sich damit die Möglichkeit zu sichern, den Ruhm fürs Nachleben erwerben zu können; dieser Verzicht war an sich auch eine große Tat – hieß trotz Allem, einen wichtigen Teil seiner selbst für immer zu verlieren. Aber hatten sie die Wahl?
„Ja. So richtig mir deine Entscheidung auch erscheint, unser Leben zu retten, ich werde diesen Echsen meinen Schmuck NICHT geben. Eher werde ich versuchen, nach Bhagar zurückzugelangen.“
„Pteher. Ich habe dich nicht gebeten, den Echsen deinen Schmuck zu geben.“
Pteher spreizte die Nasenflügel, atmete tief ein und presste die Lippen so aufeinander, dass sein Mund nur einem dünnen Strich glich.
„Ihr befehlt es mir, Fürst-Sohn?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage; seine Stimme war dabei so trocken wie der Sand, der in der Dürrezeit um die Häuer Bhagars wehte.
„Ja.“
Pteher legte den Kopf schief und zog den einen Mundwinkel kaum merklich hoch.
„Dann füge ich mich.“

Sie hatten all ihren Schmuck auf einen kleinen Haufen gelegt. Als Djola zum Eingang ging, hatten sich die anderen auf ihre Matten gesetzt und waren sichtbar angespannt, jetzt den Feind, der sie so fremdartig behandelte, tatsächlich kennenzulernen. Djola hörte schon das leise Glucksen von außen, als er den Vorhang langsam zur Seite schob, und sah dann das erste Mal wirklich, wo er war.
So viele Steingebäude! Sie waren lose verteilt, standen nicht so eng beieinander – oder waren gar zusammengebaut – wie die Häuser der Nehekhari, waren aus diesem braunen Stein und mit fremdartigen Glyphen verziert. Djola glaubte, auf einigen echsische Gestalten zu entdecken, aber er hatte nicht die Zeit, weiterzuschauen. Denn zwischen den Häusern wuselten die kleinen Echsen umher, trugen Schriftrollen und Essenskörbe, Grasbündel und Wasserkrüge, manche waren mit Federn geschmückt, andere mit goldenem Schmuck, und überall sich bewegende Hautkämme und das Schnalzen und Glucksen – das war eine echte Echsenstadt! Fürst-Sohn Djola, zukünftiger Herrscher und erster Reiter von Bhagar, der Bezwinger des Skorpionstammes, war so überwältigt von dieser so anders gearteten Kultur, dass er nur mit offenem Mund dastand und sich von den vielfältigen Sinneseindrücken blenden ließ. Und das haben diese vielzähnigen, lidlosen...?
Ein leichter Stups holte ihn aus seiner Entrückung zurück. Inzichi – war es wirklich Inzichi? Jetzt, wo er so viele dieser Rasse gesehen hatte, war er sich plötzlich nicht mehr so sicher – sie waren so gleich... Es war also wohl Inzichi, der ihn mit schiefgelegtem Kopf und seitlich verdrehtem Hautkamm offensichtlich erwartungsvoll anblickte, den Stab in der Linken. Djola nickte, dann winkte er der Echse, sie solle kommen, ihm folgen, rein in das Gebäude.
Er sah die prüfenden, neugierigen und etwas ängstlichen Gesichter von Hekoph und Raseth, und er sah das besorgniserregend ausdruckslose Gesicht von Pteher. Die Echse – ja, doch, Inzichi – stellte den Hautkamm so hoch, wie Djola es bisher noch nicht gesehen hatte, als sie all die Kupfergegenstände sah. Die anderen Menschen beachtete sie nicht.
An Djola gewandt fragte sie, immer noch erregt: „Lal-ceq chi-quetleq xotla-tlixche?“
Djola versuchte durch raumgreifende Gesten klar zu machen, dass der Schmuck und sie, die vier Menschen, gleichwertig sind, dass die Echsen es alles nehmen und sie dann gehen lassen sollen. Wenn die Echse ihn richtig verstand, freute sie sich darüber, alles nehmen zu können – aber sie machte deutlich, dass die vier nicht gehen durften.
„Seht Ihr, Fürst-Sohn, das sie nicht zufrieden sind? Dass wir uns niemals freikaufen können werden, jetzt, wo sie gesehen haben, welche Schätze wir haben, die sie nunmehr begehren?“ Pteher war aufgestanden und langsam zu den zwei „Redenden“ geschlendert. Er wollte sich seinen Armreif zurücknehmen, griff schon danach, als der Stab auf seine Hand schnalzte und er sie sofort zurückzog. Inzichi stand da, angespannt, zum Angriff bereit, den Hautkamm an den Kopf angelegt, und zeigte Pteher seine Zähne. Der wich zurück, zuerst erschrocken, dann mit Verachtung in seiner Miene, setzte sich auf die Grasmatte und schwieg.
Die Augen Djolas und seiner Mitstreiter ruhten noch auf ihn, was er versuchte zu ignorieren, als auf einen Ausruf von Inzichi vorsichtig einige andere Echsen den Raum betraten und anfingen, die Schmuckstücke wegzutragen.
 
<div class='quotetop'>ZITAT(Men Aquiles @ 07.11.2006 - 23:27 ) [snapback]917838[/snapback]</div>
"Seht Ihr, Fürst-Sohn, das sie nicht zufrieden sind? Dass wir uns niemals freikaufen können werden, jetzt, wo sie gesehen haben, welche Schätze wir haben, die sie nunmehr begehren?“[/b]

ich weiß nicht, sag man das in baghar so, oder wäre fürstensohn nicht angebrachter?
skinks sind dir diesmal nicht ganz so amüsant gelungen - kleiner hänger hoffe ich (legt sich wieder! ;P)

Ho-Sekh wirkte am anfang eher klein und schüchtern und dann wurde er irgendwie als überlegen und mächtig dargestellt, außerdem wirkte er aufeinmal relativ alt, obwohl ich ihn mir vorher jünger vorgestellt habe - aber dafür kannst du ja nichts. 😉

Aber wieder sehr schön - die story entwickelt sich nur langsam, kann mir noch nicht ganz vorstellen, worum es letzendlich gehen wird.
 
Hallo Men Aquiles

Ich habe deine Geschichte gelesen, finde es ist dir am Anfang sehr schön gelungen darzustellen, wie es sich in Bhagar so lebt und wie so gedacht wird. Find leider, dass dieses Flair der Wüste und Wüstensöhne (sprich wie z.B. in Ägypten) nicht so ganz rüber kommt. Ich denke du bist geographisch so in der nähe der Südlande, kann da aber nicht so ganz folgen, auch erkenne ich nicht ob die Skink-Behausung eine Tempelstadt ist oder eher nur ein Steingebäude, wo sich so ein paar verierte Skinks ihren Urlaub versüssen. 😎

Ansonsten muß ich mich Bertram Hillmann anschließen, dass ich noch nicht so genau weiß wohin die Reise geht 🙄

Gruß

Sylvaresta
 
@ Bertram: genau das hatte ich befürchtet. Es häufen sich die Inkongurenzen, die Geschichte - bzw. die Darstellung der Charaktere - scheint nicht konsequent zu sein. Ich war schon nicht ganz so zufrieden, als ichs gestern geschrieben hatt. Ich vermut, dass es sich wie folgt verhält: ich hab bisher nur so kurze ein-zwei-Seiter geschrieben, immer nur eine Szene, in dem ich einen Eindruck, eine Idee verarbeitet hab – wie in „Der Letzte“. Deshalb konnt ich bei der Wortwahl immer aus den Vollen schöpfen, konnte vielfältige Formulierungen wählen. Jetzt, bei ner längeren Geschichte mit fortlaufender Handlung gerat ich in ein Problem: ich kann nicht eine beschreibende Szene an die nächste hängen, da kommt halt keine Handlung zusammen. Und es erschöpft sich mit der Zeit mein Vorrat an Formulierungen und Ausdrucksideen. Ich fühl mich da ein bisschen ausgelaugt und werd ne Pause machen, um mich sozusagen wieder aufzuladen (werd in der Zeit nur an der saurischen Grammatik feilen), dann – vermutlich Anfang nächste Woche – mir das Ganze nochmal durchlesen und prüfen, ob und wenn ja, wieviel ich ändern will.

@ Sylvaresta: Hallö erstmal.
Betreffs Flair der Wüste: Nehekhara ist erst durch Nagashs Seuche und/oder Großes Ritual „tot“ geworden. -2700 IC (denn da sind wir) allerdings stell ich mir vor, dass es fruchtbar war – Savanne eben. Da Nehekhara nicht so gebaut ist wie Ägypten, dass sich alle Städte wie die Perlen an einer Schnur entlang des Hauptflusses aufreihen, sondern verstreut sind, können sie nicht so beschaffen sein, dass ihre Landwirtschaft von der zweimal jährlichen über die Ufer tretenden Vitae abhängt – das trifft nur auf Khemri, Numas und Zandri zu. Quatar, Bhagar, Rasetra, Mahrak liegen an keinem Fluss, zumindest an keinem eingezeichneten, Lybaras an der Küste. All diese anderen Städte können nicht von Lebensmittellieferungen aus den ersten drei Städten abhängig sein, besonders, wenn sie gerade versuchen, ihre Unabhängigkeit zu erlangen. Also müssen sie in fruchtbaren Gegenden liegen, was ich mir eben als Savanne vorstelle.
(Im Übrigen würde ich die Ägypter nicht als „Wüstensöhne“ bezeichnen. Kann ich noch gerne ausführen, warum. Oder überlass es Deathwing, der sich, wie ich gelesen hab, für Archäologie interessiert.)

Zur Tempelstadt: du blickst durch die „Brille“ von Djola: der hat keine Ahnung, wie die echsische Zivilisation aufgebaut ist, weiß nichts von Slann, Tempelstädten, Brutersten oder den Alten. Er interpretiert die Dinge, die er sieht, nach seinem Weltbild, in dem eben Steingebäude selten sind und von Macht künden.

Und Obiges an Bertram Hillmann erklärt, warum die Richtung unklar ist: weils nur Beschreibungen sind. Schrecklich wärs, wenn die „Auflösung“ dann trivial ist – ich befürchte, dass es, wenn ich so weitermache wie bisher, tatsächlich so wird. Darum will ich dem entgegenwirken.

@ Deathwing: Hallo! Freue mich, dass noch jemand hierhergefunden hat. Langsam wirds ja echt voll hier 😉 Ich glaube, „Anheteps Bad“ bezieht seine Kraft daraus, dass da das Ziel klar war, ich wusste, was ich darstellen wollte und auf welche Pointe es hinauslief. Das hab ich jetzt bei „Djola von Bhagar“ nicht.



Ich bin auch irgendwie unzufrieden mit dem Stand der zivilisatorischen Leistung, die in Bhagar offenbar schon erreicht ist. Diese Ehrbegriffe, diese Haltung des Fürsten kann es ja eigentlich nur geben, wenn es eine vielhundertjährige Tradition an Herrschertum in einem „bürokratisierten“ Staat gibt (also einem mit Beamten). In prädynastischer Zeit sollte es eigentlich nicht festgelegte Ränge und Positionen geben, sondern MÄNNER, die ihrem Anführer durch Treueschwüre verbunden sind. Es müsste alles viel archaischer, persönlicher sein, nicht geprägt von Institutionen. Auch diese Haltung von Pteher erinnert mich sehr (und da hab ichs wohl her) an die tragischen, stolzen, schicksalstrotzenden Germanen der Heldensagen. Ich denke, diese Haltung kann sich nur nach einer langen mündlichen Tradition von Geschichten und Sagen entwickeln, in denen die Personen auf diese archetypische Weise reagieren können und der Leser dann versucht, deren Trotzen wider dem Schicksal in seine Welt einzubauen, weil er sich dann nobler wähnt (und es aber nicht klappt, weil die Wirklichkeit anderen Gesetzen folgt als die Sage).

*allesumwerfenundneuschreibenwill*

Verdammter Perfektionismus, verdammte selbstgesteckte, überhöhte Ansprüche... warum kann ich nicht einfach eine Geschichte zum Lesevergnügen schreiben?
 
Die alten Ägypter würde ich deshalb nicht als "Wüstensöhne" bezeichnen, da sie sich eigentlich, soweit möglich, das fruchtbare Land entlang des Nils als Siedlungsgebietes gesucht haben. Wenn sie es vermeiden konnten, hielten sie sich von der Wüste fern. 🙂
Bei Wüstensöhnen denke ich an Beduinen oder die Tuareg. Wüstensöhne, die mit Wüstenschiffen unterwegs sind. 😉

Die Beschreibung der Tempelstadt durch Djola ist schon gut so wie sie ist. Stellt euch nur mal selber vor, ihr wäret auf einmal in einer fremden Kultur gelandet, habt noch wie was von ihr gehört oder gesehen, die Architektur ist euch gänzlich unbekannt oder ganz banal die Geräusche und Gerüche sind befremdend. Das kann man nur so beschreiben, wie man es sich selber zusammenreimen kann.
 
<div class='quotetop'>ZITAT(Men Aquiles @ 08.11.2006 - 15:21 ) [snapback]918095[/snapback]</div>
Ich glaube, „Anheteps Bad“ bezieht seine Kraft daraus, dass da das Ziel klar war, ich wusste, was ich darstellen wollte und auf welche Pointe es hinauslief. Das hab ich jetzt bei „Djola von Bhagar“ nicht.
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oder weils einfach nur extrem lustig war? 😉
 
Vielleicht erst mal ein grobes Storyboard schreiben, also Handlung grob umreissen, Ende festlegen, beteiligte Personen e.t.c.. Sonst hat man nachher Schwierigkeiten die Geschichte zu beenden^^.
Denn die Frage ist ja nachwievor (zusammen, auseinander? :blink: ), wie dann alles zusammengefügt werden soll. Und das wird sicherlich ein weiter Weg.
Was hat die Geschichte vom "Schreiblehrling" mit der Hauptstory zu tun? Gibt es Krieg vs Echsen oder Kooperation vs "X"? Wird der Fürst weggeputscht, wenn ja, dann durch welche Person?
Die Fragen müssen in der Geschichte noch geklärt werden, ist also noch viel zu tun^^.
 
Großkonzeptig, das wär schon was. Mir kommen aber die Ideen leider erst, wenn ich konkret arbeite, ich lasse mich vom Dargestellten leiten, entscheide anhand dessen, wie ich mir denke, was die Charaktere tun würden. Alles baut aufeinander auf.

Nu gut. Ich hab meine bisherigen Ergebnisse betreffs Saurisch, aber wie poste ich die am vernünftigsten (120kb-pdf)?
 
<div class='quotetop'>ZITAT(Men Aquiles @ 09.11.2006 - 20:05 ) [snapback]918909[/snapback]</div>
...Mir kommen aber die Ideen leider erst, wenn ich konkret arbeite, ich lasse mich vom Dargestellten leiten, entscheide anhand dessen, wie ich mir denke, was die Charaktere tun würden. Alles baut aufeinander auf.
[/b]
Das kenne ich auch. 😀 Allerdings verzettelt man sich da auch ziemlich schnell.

<div class='quotetop'>ZITAT(Men Aquiles @ 09.11.2006 - 20:05 ) [snapback]918909[/snapback]</div>
Ich hab meine bisherigen Ergebnisse betreffs Saurisch, aber wie poste ich die am vernünftigsten (120kb-pdf)?
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PDF geht wohl nur über Webspace und verlinken. Aber frag dochmal deine Fantasy-Foren-Mods, ob die das irgendwie in die Hintergrundforen einbauen können. Da wäre eine Textdatei einfacher.
 
Das sind keine 'Zquigsks', das sind Zqinq (sqiŋq).

Aber ja. Jetzt hab ich n Storyboard, jetzt hab ich n Plan. Einige Papyrusrollen müssen echt dran glauben. Darum mach ich nochmal das Ganze von vorn, außer, das machts furchtbar unübersichtlich.
Und schon mal ein Wort vorweg: ich hab eine Chronologie über 1100 Jahre, und wir bewegen uns in einem einzigen, wenn auch wichtigem: einem Jahr mit Schlüsselereignissen. Die jeweiligen anderen Schlüsselereignisse werden dann auch mehr so in sich abgeschlossene Geschichten sein.


Djola von Bhagar

I. Papyrusrolle
Ein sanfter Windhauch ließ das hüfthohe Gras der Savanne rascheln. Es wogte gleichmäßig, beinahe wie ein Meer. Es war ein weites Land: Gras, wohin man auch blickte. Nur, wer seinen Blick in die Richtung des Geburtsortes des Himmelsskarabäus wandte, konnte in weiter Ferne die Umrisse eines Gebirges vermuten, erahnen. Vereinzelt überragten Bäume das Grasmeer, bildeten einen falschen Eindruck von Landmarken in diesem friedlichen Landstrich.
Die Streifenantilope hob ihren Kopf. Sie hatte etwas gehört, und es war nicht das gleichmäßige Rauschen des Grases. Ein leises, gleichmäßiges Donnern kam immer näher, verkündete in der einfachen Begriffswelt dieses Tieres nur eines: Gefahr, auf das sie auf die für sie eindeutigste Art reagierte. Sie floh.
Stolz ritten sie. Mit ihren schnellen Pferden zogen die Krieger von Fürst Nahab von Bhagra durch die südliche Savanne. In robuste Tücher gehüllt, mit wertvollem Kupferschmuck angetan, wären sie für einen Beobachter ein überwältigender Anblick gewesen: kupferne Stirnbänder und Armreife, strenge Gesichtszüge und scharfe Waffen.
Der Reiter an der Spitze mit der herrschaftlichen Würde und dem prächtigsten Schmuck war zufrieden. Er war fort von zu Hause, frei, die Hohepriesterin bemühte sich nicht mehr beständig um ihn. Er atmete lächelnd, zufrieden ein, gab dann seinen Mannen ein Zeichen. Dann ließ er sein Pferd halten und seine Männer aufholen. Lächelnd schwang er sich von seinem Pferd, tätschelte es am Hals, löste die Wasserflasche vom Sattel und nahm einen großen Schluck.
„Gesegnet sei der göttliche Phakt und sein Lieblingskind, der mächtige Kafash! Diese Pferde sind fantastisch!“ Lachend hielt Hekoph neben dem Trinkenden. „Euer Vater hat sehr weise gehandelt, sie dem König von Khemri abzukaufen. Die Reiter von Bhagra! Die gesamte Welt wird sich vor diesem Namen fürchten. Wir werden sie bezwingen! 'Fürchtet Djola, Fürst-Sohn von Bhagar, den Herrn der Pferde, denn ansonsten wird sein Zorn euch vernichten!'“
Djola musste lachen. Zu schön war das Bild, das Hekoph ihm gerade mit seiner begeisternden Rede vor die Augen malte. Denn das war es, was er sich wünschte: das die Welt seinen Namen kannte, das die wilden Menschen ihn fürchteten und er als bedeutender Fürst in seinem Hügelgrab begraben werden würde. Und diese Pferde, die König Kafash gezähmt hatte und von denen Djolas Vater einige im Tausch für einige sehr wertvolle Schätze erworben hatte, würden seinen Ruhm begründen.
Aber noch nicht. Er war noch jung, der Ruhm konnte noch warten. Ein wenig erstaunt war er schon, dass hier so weit links des Skarabäuspfades niemand wohnte... immerhin lautete der Auftrag seines Vaters, zu erkunden, was es hier gab und welche Stämme er bezwingen musste, während er die neuen Pferde ausprobierte.
Er würde seinem Vater wohl berichten müssen, dass es hier nichts gab außer Gras und Himmel. Sie würden noch zwei Tage reiten und dann umkehren.

II. Papyrusrolle
Der Duft von Vitaegras lag schwer im Raum. In der Tiefen Heiligen Halle brannten nur zwei kleine Fackeln und ein Feuerchen, was ihn kaum ausleuchtete: die Dunkelheit saß noch schwer darin, behauptete sich, wartete, bis sie sich ganz ausbreiten konnte, wenn das kleine wenig Licht dann verlosch, um wieder den ganzen Raum in dunkler Stille in Besitz zu nehmen.
Aber das war ihr recht so. Das war förderlich. Ihren weinrot-goldenen Kopfschmuck hatte sie abgenommen, ihr langes, schwarzes Haar hing ihr in den Schoß, wie sie den Kopf auf der Brust gesenkt hielt, die Augen geschlossen, den beruhigenden Duft gleichmäßig atmend.
Sie suchte ihre Mitte, sie wollte eins mit sich sein, wollte diesen Punkt erreichen, wenn der Geist nicht mehr an die diesseitige Welt gefesselt war, sondern frei und den Göttern zum Wohlgefallen, dass sie ihr einen kurzen, gewaltigen Blick in das gewährten, was noch zu sein hat.
Die Schale, in die sie das Vitaegras gelegt hatte, stand auf einem kleinen Dreibein, unter dem das Feuerchen brannte, und war mit den Glyphen der Götter verziert; eine schöne kleine Kupferarbeit. Leise zischelte das Gras, während dünne, spinnwebenzarte Rauchfäden ihren Weg von der rötlich schimmernden Schale in das dunkle Vergessen suchten, wurden nur verworren, wenn sie eine neue Zutat aus dem kleinen Kästchen in die Schale gab.
Das leise Knistern des Feuers und ihr Herzschlag waren das Einzige, was sie wahrnahm.
Sie atmete ein.
Und das Gefüge der Welt verschob sich. All die bekannten Gefühle, das sichere Bewusstsein, zu wissen, wo man ist und was man ist, lösten sich langsam auf wie die Rauchschwaden in der Luft.
Sie spürte eine Macht, die ihr vertraut war. Doch jedes Mal, wenn sie ihr nahekam, wurde ihr mit einer absoluten Gewissheit deutlich, dass sie sie nie würde verstehen können, sie sie nie würde beherrschen können, sie am Wechsel des Lebens mit einer Leichtigkeit über sie bestimmen würde, mit der sie als kleiner Mensch beim Gehen Sand bewegte. Wer war sie schon? Ein unendlich kleiner, unbedeutender Fleck, ein Nichts angesichts solcher Mächte. Ihre Person schien nicht zu zählen, wollte in der Macht aufgehen, an ihr teilhaben, die erbärmliche kleine einsame Existenz hinter sich lassen, Teil des Göttlichen werden.
Doch ein kleiner Rest von Chnesmet erinnerte sich, dass das die Gefahr war, auf die sie sich vorbereitet hatte: die Bedeutungslosigkeit ihres Selbst im Angesicht der mächtigen, lichtdurchfluteten Göttlichkeit. Sie zuckte, sie wehrte sich, wandte sich ab von dem brennenden Sehnen, sich aufzugeben. Die Macht merkte, dass ihr Widerstand entgegengebracht wurde und grollte: das Licht war nicht mehr nur verlockend hell, es bekam blutige Flecken, aber Chnesmet wollte nicht mehr in demütiger Selbstaufopferung Teil des Göttlichen werden, wollte, wenn die Zeit dafür gekommen war, als sie selbst in das Leben jenseits des Todes gehen.
Die Macht ließ nach, die Macht erkannte ihre Wünsche an. Sie waren in Chnesmets Geist ausformuliert gewesen, bevor sie sich auf das Ringen einließ, sie musste sie nicht sprechen. Die Macht war in ihrem Kopf. Sie sah.

In blutwahnigem Dunst standen zwei Klingen wider einander, deren Wille es nicht war, zu kämpfen, aber die Hand, die sie beide hielt, zwang sie. Stolz waren sie, denn sie wussten um die Hand, darum, dass sie geführt wurden, und doch fochten sie. Es war der Schatz der einen Klinge, deren Rückkehr sie ablenkte, und die andere Klinge merkte es nicht und zerbrach sie. Die Zwillingsklinge der Zweiten sah, wie der Schatz die zweite Klinge fortsenden musste, denn die Hand hielt auch den Schatz, und die zweite Klinge ging erhobenen Hauptes, ging fort, fort... schwand am Horizont, mit ihr schwand der blutwahnige Dunst, der Wahrtraum, das Göttergeschenk, die Macht...

Dunkle Stille. Es war nur ein Augenblick gewesen, viel weniger noch als ein Lidschlag. Die Dunkelheit hatte den ganzen Raum in Besitz genommen, die Feuer waren verloschen. Selbst der Vitaegrasduft roch verbraucht, müde.
Sie bemerkte den Schweiß, der ihr auf der Haut lag, öffnete die Augen in der vollkommenen Schwärze.
Sie kannte die Klingen, sie kannte den Schatz. Sie kannte die Hand.

III. Papyrusrolle
Er war erstaunt. Am Abend dieses Tages wollten sie umkehren und nach Bhagra zurückreiten, aber die Götter hatten anders entschieden. Gegen Mittag hatten sie das erste Mal den grünlichen Streifen in der Ferne bemerkt und dann darin, je näher sie ihm kamen, in der Ebene davor Bäume, Steinnadeln und auch einige Gebäude, in einem ähnlichen Farbton wie das hohe Gras. Aber keine einfachen Hütten, wie sie es von den Wildmenschen erwartet hätten, sondern scheinbar große Steingebäude wie der Fürstenpalast von Khemri. Sie ahnten, dass sie hier etwas Überlegenem gegenüberstanden, aber sie ritten weiter. Angst war ein Gefühl, dem keiner von den tapferen Söhnen Bhagars gestattete, sich Zugang zu ihrem Herzen zu verschaffen. So gelangten sie immer weiter links des Himmelsskarabäuspfades, bis sie nunmehr an einem kleinen Abhang standen, der sich weit zu ihren beiden Seiten hinzog. Unter ihnen lag eine weite, baumbestreute Ebene, grün und fruchtbar, mit diesen Steingebäuden und dem Wald in der Ferne. Das bemerkenswerteste waren aber diese langen, gekrümmten Steinnadeln, die dem Boden entwuchsen und sich buckelig in den Himmel streckten, manche bis zu viermannshoch.
„Möge Ptra uns beschützen,“ murmelte Djola, während er nach einer geeigneten Stelle suchte, an der sie die Pferde hinabführen konnten.
Unten wählte er den Weg für sich und seine acht Mannen so, dass sie an einigen der „Stoßzähne“ [1], wie Hekoph sie bald bezeichnete, vorbeikamen, um letzten Endes an eines der größeren Steingebäude zu gelangen. Was Djola besonders wachsam werden ließ, war die scheinbare Abwesenheit der Erbauer und Bewohner der Gebäude. Sollten sie fort sein, vertrieben oder getötet? Oder versteckten sie sich nur? Er wusste es nicht. Aber er hatte so ein Gefühl, dass irgendetwas - dass irgendwer in der Nähe war.
Sie kamen gewolltermaßen viel langsamer voran als in der Savanne, beobachteten ihre Umgebung. Aus der Nähe wirkte der „Stoßzahn“ viel einschüchternder...
Da.
Ein Glucksen.
Ein Schnalzen.
Pfeile flogen, Männer schrieen auf. Hekoph fiel, Djola wollte gerade zum Rückzug rufen, als kleine, ungemein flinke Gestalten aus dem Gras auf die Pferde sprangen. Ehe er sich versah, war er im Nahkampf mit einem agameähnlichen Wesen, das glucksend und schnalzend mit großem Geschick seine angeschärfte Knochenklinge in den Leib des Fürst-Sohnes versenkte. Djola blutete aus mehreren Wunden, während er versuchte, seine geschwungene Klinge irgendwie zwischen sich und die Echse zu bekommen, aber sie war zu nah. Er wollte einen Moment lang die Hand öffnen, um die Klinge fallenzulassen, besann sich dann aber kurzerhand anders, fasste die Echse so bei ihren Schultern und stieß sie vom Pferd. Die Echse rollte sich ab, stand nun in gebückter Angriffshaltung vor ihm und schnalzte und gluckste, während sich ihr Hautkamm bedrohlich hebte und senkte. Djola zog mit der Linken einen Wurfspeer aus der Speertasche und wechselte dann die Waffen in seinen Händen, während er einen kurzen Blick auf das Geschehen um ihn warf. Zwei Krieger kämpften auf ihren Pferden gegen Echsen, zwei im Gras, während er die restlichen vier nicht sah. Von den Pferden, den wertvollen, waren auch mindestens drei tot – sein Vater würde sehr ungehalten sein. Er blickte zur Echse zurück, hob den Wurfspeer...
... und sah, wie die Echse sich aufrichtete, ihre Waffe zu Boden fallen ließ und wieder zu glucksen und schnalzen anfing, erst etwas langsamer, dann immer schneller. Die Kämpfe hörten auf, die Gegner gingen auseinander. Djola starrte die Echse verständnislos an, sie schien zu sprechen, aber er verstand nicht, sie gestikulierte und wollte ihm etwas mitteilen.
Er schleuderte den Speer mit aller Kraft. Elendes Vieh, erst seine Männer und Pferde zu töten und dann vorzugeben, sprechen zu wollen! Nein, dieses gerissene Tier würde ihn nicht hereinlegen, nicht noch einmal.
Die Echse erkannte, was er wollte, versuchte auszuweichen, war aber einen Atemzug zu langsam und der Speer bohrte sich in ihr linkes Bein. Sie fiel, fauchend, zu Boden. Die anderen Echsen, die gewartet hatten, was geschehen würde, setzten sich in Bewegung. Zum zweiten Mal überraschten sie die Menschen mit ihrer Gewandtheit, und nach kürzester Zeit und wenigen Schreien lagen diese, ohne noch nennenswert Gegenwehr geleistet haben zu können, schwer verwundet oder tot im Gras.

[1] ich stelle mir vor, dass das Nehekhari-Wort für Stoßzahn nicht aus den Bedeutungseinheiten „Stoß“ und „Zahn“ aufgebaut ist, der Nehekhari also nicht einen „stoßenden Zahn“ mit dem Wort assoziiert. Gleichzeitig stellt es natürlich trotzdem die Bezeichnung für die Stoßzähne der Savannenelefanten dar. Vielleicht „Kiefernadel“ oder so oder „Knochenschwert“.
 
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mir egal ob die Zquigkns oder Zqingsi heissen... xD oder Zqinkksts oder so 😛

Rolle I und III sind ja gleich geblieben...
Rolle II ganz anders... ah ok - ho-refer und ho-sekh sind weg...
ich vermutete aber mal dass das die beiden klingen sind, die chenpkner ( 😛 ) in ihrer vision hatte
die vision ist etwas komisch dargestellt und leicht verwirrend, finde ich zumindest... und man erkennt auch, dass jetz das konzept einer kompletten geschichte vorliegt... auch wenn du das ende ja schon fast vornerein genannt hast (im späteren verlauf der geschichte wird sich langsam alles herauskristallisieren und man wird den ausgang schon vorm eigentlichen Ende erahnen können - aber das is ja auch ein vorteil im vergleich zu vorher... wolange nichts passiert ist, und man als leser immer noch im dunkeln tappte...) korrigiere mich falls ich falsch liege, und es nicht die spannung raubt.
wehe du nimmst die lustigen Zsiqksis raus...!!! :annoyed: :lol:

ich habe hierrauf eigentlich nur geantwortet, weil ich es schrecklich finde, wenn eine geschichte unkommentiert verbleibt, vorallem wenn es eine so schöne ist. bin ein wenig enttäuscht, dass ich so gut wie niemand die zeit nimmt, hier im storyforum zu schnüffeln, dass seit janos nicht mehr an seiner (übrigens sehr beeindruckenden 😀 ) geschichte weiterschreibt (wie gesagt sehr beeindruckend, also solltest auch du weiterschreiben du fauler....^^) völlig ausgestorben ist.... 🙁
 
<div class='quotetop'>ZITAT(Bertram Hillmann @ 22.11.2006 - 17:47 ) [snapback]926621[/snapback]</div>
mir egal ob die Zquigkns oder Zqingsi heissen... xD oder Zqinkksts oder so 😛[/b]

Liebt die Zqinq, weigert sich aber, sie gescheit zu schreiben. Was halt ich denn davon?
Aber nein, sie kommen nicht raus. Ich hab jetzt sogar die beiden Armeebücher, was mich nochmal inspiriert hat.

Wärs denn eigentlich möglich, n Geschichtenwettbewerb zu initiieren?

Wer die Klingen sind: man weiß es nicht. Aber so eine Vision soll ja grad verwirrend sein 😉
Und wenn dus genau betrachtest: Die Ho-Brüder tauchten ursprünglich erst in der III. Rolle auf (die jetzt die IV. ist), die jetzt II. ist komplett neu eingefügt. Dieser Turnus 'Immer eine Rolle Djora, dann eine Rolle Bhagar' ist erst geworden, war nicht von Anfang an drin.

Aber weiter im Text (von wegen faul! Hast du mein Saurisch schon gesehen?):


IV. Papyrusrolle
Wie es sich gehörte, war der Palast von Bhagar das größte Gebäude der Stadt. Er stand rechts des Pfades des Himmelsskarabäus inmitten der vielen kleineren kastenförmigen Gebäude aus Lehmziegeln und war so ausgerichtet, dass der Himmelsskarabäus bei seiner Geburt durch den Eingang und die großen Fenster in die fürstlichen Gemächer strahlte. Der Palast war aber eigentlich nicht ein, sondern zwei miteinander verbundene Gebäude: der äußere quadratische Bau aus getrockneten Lehmziegeln maß zwei Mannshöhen, war mit einem gelblich-weißen Putz verkleidet und hatte einen großen Innenhof, in dessen Mitte der aus rotbraunen Steinquadern errichtete fürstliche Turm stand. Die Wohnstatt des Fürsten von Bhagar, seiner Familie und seiner treuesten Diener und Gefolgsleute war stattliche dreieinhalb Mannshöhen hoch und mit prächtigen Statuen der Götter und einiger Ahnen des Fürsten geschmückt. Verbunden waren die beiden Gebäude über das Schilfdach, das den Rest des Innenhofes überspannte.
Der Mann, der an diesem Morgen durch die Straßen Bhagars auf den Palast zuschritt, war ein größerer, starker Mann, ein Krieger, mit stattlichem kupfernen Schulterkragen, gravierten Beinschienen, einem krönenden Stirnband und einer großen, verzierten Klinge, die ihn als den Ersten Krieger des Fürsten auswies. Dieser Mann war es, der in der Schlacht die Standarte des Fürsten führte, er war es, der im Namen des Fürsten in den umliegenden Dörfern Recht sprechen durfte.
Und er war verärgert. Das merkte auch die Wache, der er knapp zunickte, während er durch den Durchgang schritt.
Als er ihn durchquert hatte, war es, als wäre er in eine andere Welt getreten: hier im schattigen Innenhof war es viel stiller als draußen, wo gerade die tägliche Arbeit begann, hier innen herrschte noch die Kühle der Nacht, schien das Schilfdach das Dunkel der Mondzeit noch ein bisschen gefangenzuhalten, etwas von ihm in den Tag hinüberschmuggeln. Aber Ho-Refer hielt sich nicht mit solchen poetischen Betrachtungen auf, sein Ziel war die Rückseite des Fürstenturmes, der Eingang. Dieser war aus strategischen Erwägungen so weit wie möglich vom Durchgang zum Innenhof im Außengebäude angelegt worden: so hatten die Verteidiger im Fall eines Angriffes mehr Raum zur Gegenwehr, so würden die Feinde am längsten brauchen, um in den Fürstenturm zu gelangen. Der Zugang zum Außenbau lag auch diesem Eingang gegenüber.
„Ptras Segen.“ Ho-Refer führte den Zeige- und Mittelfinger der Linken für den Gruß zu seiner Stirn, grüßte den Krieger zurück: „Auch dir Ptras Segen.“
Er wähnte den Fürst im Großen Saal, so war dessen Tagesplan. Des Morgens: die Tagesanweisungen geben. Ho-Refer erwartete, auch seinen Bruder zu sehen.
Die kupferbeschlagene Tür war nur angelehnt. Sein Blick weilte kurz auf den Einkerbungen, die in der linken oberen Ecke beginnend den Türrand herunterliefen: sein Bruder hatte also begonnen, die Tür zu verzieren. Er schmunzelte. Als Krieger hatte er nicht so viel Sinn für solche Spielereien, aber er konnte sich vorstellen, dass das auf die Ersten Krieger der fernen Herrscher Eindruck machte.
Nahab, Fürst von Bhagar, schritt in der prächtigen Großen Halle auf und ab, während er sprach, hielt aber inne, als sich die Tür öffnete und sein Erster Krieger hereintrat. Der Fürst war noch in die weiten Nachtgewänder gekleidet, hatte aber schon einen rotbraunen Gürtel umgegürtet, von dem die fürstliche Klinge hing. Ho-Refer blickte sie kurz an: er bewunderte sie, sie fühlte sich gut in der Hand an. Wenn er ausritt, mit den fernen Herrschern zu verhandeln, vertraute ihm Nahab seine Klinge an, die Ho-Refer als Zeichen seiner Ermächtigung tragen durfte. Seinem Bruder, der mit einigen Tonscherben und seinen Schreibutensilien auf einem Hocker saß, nickte er zu: Ho-Sekh war der fürstliche Hochschreiber, er war ähnlich prächtig gekleidet wie sein Bruder, obwohl auf seinem Schulterkragen nicht kleine Schlachtszenen abgebildet waren, sondern viele Glyphen, die dem Kundigen von der Macht des Wortes kündeten und den Träger als „Schüler Zakashs“ [2] auswiesen, eben als fürstlichen Schreiber. Auch trug er keine Beinschienen, sondern nur die Sandalen eines Beamten und er konnte es sich, im Gegensatz zu seinem kriegerischen Bruder, erlauben, sein schwarzes Haar lang wachsen zu lassen. Ho-Refer und Ho-Sekh hatten beide dem Herrscher von Bhagra den Ewigen Dienst geschworen, und beide erfüllten ihn stolz und gewissenhaft, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Untereinander waren sie sich in der Brüderlichen Treue verbunden, die sie sich geschworen hatten, als auch Ho-Sekh die Volljährigkeit erreicht hatte.
„Ho-Refer, mein Freund. Es ist schön, dich wieder zu sehen. Mögen die Götter ihre Hand über dich halten.“ Nahab gab sich Mühe, den Ärger, der in Ho-Refers Gesicht deutlich zu sehen war, nicht wahrzunehmen, aber es gelang ihm nicht überzeugend.
„Mögen die Götter ihre Hand vielmehr noch über dich halten.“
Dann trat eine unangenehme Stille ein. Ho-Sekh musterte die beiden Männer, die sich gegenüberstanden; seinen herausfordernden Bruder und den Fürsten, der sich bei Ho-Refers Worten deutlich straffte: ihre Haltung verdeutlichte sehr nachdrücklich, dass etwas zwischen ihnen vorgefallen war, dass so vielleicht besser nicht wäre geschehen.
Dann brach aus Ho-Refer heraus, was in ihm gearbeitet hatte, seit er es bei seiner Rückkehr von einem seiner Männer beiläufig erfahren hatte: „Mein Fürst, mir wurde gesagt, du hättet den Fürstensohn und einige seiner Männer auf den Pferden ausgesandt, um die Linksländer zu erkunden. Warum aber hast du das getan, ohne es mir zu sagen? War ich dir kein treuer Diener, habe ich diese Ehre denn nicht verdient?“
Dem Fürsten war das unangenehm, er blinzelte nervös. „Ja, du sprichts wahr: du bist mir ein treuer Diener, und ich bin dir dankbar für deine Treue. Ich weiß zu schätzen, was du tust, wenn du mit fernen Königen in meinem Namen verhandelst, und die Götter sind Zeuge, dass ich keinen Grund habe, mich zu beklagen. Du bist ein großer Mann, sowohl im Umgang mit dem Schwert als auch mit dem Wort. Aber: Djola ist mein Sohn. Gebührt nicht Einem von fürstlichem Geblüt die Ehre des ersten Rittes? Und weil ich die Zeit nicht habe... Dies musst du einsehen.“
Ho-Sekh hielt den Atem an, als er sah, wie sein Bruder die Zähne aufeinanderpresste und seine Hände zu Fäusten ballte vor schwer verhohlener Wut. Der Fürst hatte die Ränge eingehalten, aber er hatte die Ehre Ho-Refers mit seinen Entscheidungen in Zweifel gezogen und seinen Stolz verletzt. Ho-Sekh wusste, dass sein Bruder sich beherrschen konnte, auch angesichts solch einer Kränkung, aber trotzdem betete er.
„Mein Fürst. Ich sehe, warum du so gehandelt hast, wie es dir gerecht schien. Aber ich bitte dich: handle in Zukunft weise.“
Schon während er sich umdrehte, um die Halle zu verlassen, wusste Ho-Refer, dass er sich für sein ungebührliches Verhalten würde entschuldigen müssen. Aber jetzt, genau jetzt stand er hier und konnte nicht anders.
Und ging.


[2] Dieser Titel war allerdings dahingehend irreführend, dass nicht Zakash selbst die Schrift erfand, sondern sie unter seiner Herrschaft erfunden (oder offenbart?) wurde.
 
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