Ich hab vorgestern festgestellt, dass ich ja heute seit einem Jahr hier bin. Da hab ich mir gedacht, das feier ich doch ein bisschen, indem ich mich wieder mal nach Bhagar begebe. Ich hoffe, ich bin aufgeladen genug, dass es dicht genug ist, was ich zu (be)schreiben habe, aber auch, dass ich nicht zu sehr rausgekommen bin. Tja, meine kreative Energie fließt zur Zeit ins grafische Erzählen, ich freu mich über jeden, der sich die Zeit nimmt, da mal reinzuspickeln:
Meine Comics auf DrunkDuck.
Jetzt aber:
Papyrus II
Dort, wo die Savanne aufhörte, erhob sich der Fels. Das weiche Gras machte hartem Gestein Platz, das gewaltig himmelwärts strebte, wie die Götter es geschaffen hatten. Kleine verknöcherte Akazien hatten sich ihren Platz in den Spalten und Rissen des Felses erkämpft, trotzten dem Griff der Unterwelt, die sie herabziehen wollte, verteidigten ihre wenigen Blätter durch Stacheln gegen die Nager, die ihren Weg hier hoch gefunden hatten. Zähes Gestrüpp bedeckte kleine Vorsprünge, auf denen manchmal Borstenkrähen, Rotgimpel und Lannerfalken nisteten, und Flechten besprengselten den hellen Fels mit roten und grünen Farbflecken.
Oben, am Rand der Hochfläche, saßen träge Männer im Schatten einer Felsspitze, plauderten, spähten gelegentlich hinter ihr hervor, um den Horizont abzusuchen und sich dann wieder zurückzuziehen und zu warten.
Sie hatten sie noch nicht entdeckt, die kleine Staubwolke. Es war nicht der Wind, der dort verspielt Staub und Sand umherblies. Es war nicht die Macht der Natur. Es war gewaltiger. Und es näherte sich.
Zwei mit Kupfer geschmückte Männer saßen etwas abseits der anderen. Der größere, kräftigere lauschte, wie der sehnigere mit dem spitzen Kinn und den gewitzten Augen erzählte.
„Also haben wir uns schnell geeinigt, und sie nimmt mich mit in ihre Kammer. Sie zitterte unter meinen Händen oh wie eine junge Antilope und quiekte wie ein Gänseküken, als ich sie mit der Macht eines Steinbocks von hinten...“
„Bitte schweig.“
Soba verzog den Mund zu einem breiten Grinsen. Terenephs weiche Stimme war leiser als die des anderen, was keine große Kunst war, drückte Unbehagen aus, und Soba genoss das.
„Ich möchte nicht den ganzen Tag deinen Weibergeschichten zu lauschen.“
Mit einer abgehackten, wegwerfenden Geste wies Soba die Worte des anderen als Gerede ab.
„Komm schon, Hauptmann, du willst doch, dass ich es dir erzähle. Woher sollst du denn sonst wissen, wie du handeln sollst, wenn ein feines Weib dich das erste Mal erwählt und zulässt, dass du ihren innersten Schatz erkundest?“
„Deine Worte sind Flie...!“
Tereneph senkte den Kopf.
„Verzeih, Zweiter Krieger. Ich wollte deine Worte nicht in den Schmutz ziehen. Ich möchte... ich möchte dich nur bitten, über diese Sache nicht mit mir zu reden.“
SCHON WIEDER bitten, dachte sich Tereneph.
Soba, der Zweite Krieger des Fürsten Netezhetekh von Bhagar, schien enttäuscht.
Feigling, ging ihm durch den Kopf,
immer ziehst du unseren Rangunterschied zwischen uns, wenn ich dir etwas über das Leben beibringen will.
Mit langsamen Bewegungen stand Tereneph auf, streckte sich. Soba beobachtete schweigend, wie er sein Gesicht in Den Skarabäus hielt, einen Blick auf den Horizont warf.
Die Staubwolke wuchs.
Während die zwei Bhagri bei der Felsspitze schwiegen, sprang plötzlich einer der anderen Männer auf und zeigte in eine Richtung.
„Späher!“
Die anderen Männer waren Numasi. Fürst Zash hatte sie den Kriegern aus Bhagar mitgegeben, die mit dem Ersten Krieger Ezekh nach Numas gekommen waren, um ihm das Bündnisangebot des Fürsten von Bhagar zu unterbreiten. Anstatt auf der Stelle wieder umzukehren, hatte Fürst Zash sie gebeten, zusammen mit seinen Kriegern auszukundschaften, wie viele Truppen Settra gegen Numas führte. An verschiedenen Stellen, von denen man eine gute Sicht auf die möglichen Wege hatte, auf denen Settra seine Truppen führen konnte, saßen deshalb Krieger aus Bhagar und Numas und warteten.
Tatsächlich. Unter ihnen, im Gras der Savanne, ritt ein einzelner Mann auf einem starken Pferd, in merkwürdige Kleider gehüllt und mit einem goldenen Stirnreif, der im Licht Des Skarabäus glänzte.
„Bei Ptra, Der Goldene wirft seine Gaben mit beiden Händen fort!“
Die Männer waren alle an den Rand der Hochebene gekrochen und blickten schweigend auf den einsamen Reiter unter ihnen. In leichtem Trab lenkte der sein Pferd durch das Gras. Wachteln stiegen auf, wo er sich ihren Nestern zu sehr näherte. Entspannt blickte er sich umher, blickte hierhin, dorthin, den Speer ruhig gefasst. Im Säuseln des Windes war ein Falkenruf zu hören.
Einmal blickte der Späher zu ihnen hinauf und sie zogen die Köpfe zurück, sodass er sie nicht sah. Und zog weiter.
„Ihr wisst, was das bedeutet?“
Die Männer erblickten die wachsende Staubwolke.
„Was ist das eigentlich für einer, Der Goldene?“, fragte einer der Numasi in die Runde. Wie die anderen trug auch er den typisch numasischen Bronzeschmuck mit Türkiseinlagen. Sein Gesicht war gut fein geschnitten, seine Augen lebhaft. Er war jung.
„Nun...“, sprach Soba mehr zu sich, nahm die Augen von der Staubwolke, blickte sich um. „Sie sind noch zu weit entfernt, als dass man sie erkennen könnte. Du. Beobachte weiter die Truppen dort und melde mir sofort, wenn du einzelne Männer erkennen kannst.“
Der angesprochene Numasi gehorchte, stellte sich neben die Felsspitze, während Soba sich gekünstelt setzte.
„Nun... hehe. Der Goldene, Er, Der Das Szepter Trägt, Khemrikhara, Settra. Ahm. Wild sind die Legenden seiner Heldentaten, ahm ,seiner.. ich meine... Taten, Untaten, groß ist die Macht, mit der er seine Feinde niederschlägt... jaa... Und also davon will ich euch erzählen. Also. Settra, Sohn des... ahm. Ja. Sohn des...“
Soba spürte, wie ihm die Geschichte aus der Hand glitt.
„Eines einfachen Mannes, ja. Und seiner Frau, die hieß... und einer Frau.“
Oh nein. Dabei klang es doch so einfach, wenn die Geschichtenerzähler ihre Geschichten erzählten.
„Und sein Vater, der...“
„Zweiter Krieger, bitte, lass mich die Geschichte erzählen.“
Tereneph! Mein Erretter aus dieser peinlichen Lage! Was wagst du es, mir ins Wort zu fallen!
„Darf ich?“ Tereneph stand neben Soba und wartete.
„Ja. Hauptmann, du darfst.“ Soba erhob sich und trat beiseite. Er wagte es nicht, den Numasi in die Augen zu sehen, als er sich als ordentlicher Zuhörer neben sie setzte.
Sie werden mich nicht ernstnehmen. Ich... Seine Gedanken wurden unterbrochen, als Tereneph mit seiner weichen Stimme begann zu erzählen.
„Suth hieß ein Mann vom Stamm der Khemiti, und aus seinen Lenden entsprang Settra, den man heute Die Strahlenden Sonne, Ihn, Der Das Szepter Trägt, Khemrikhara, Settra den Goldenen nennt. In seinem Vater Suth und seiner Mutter Beki hatte der Junge Settra zwei gute Eltern, die ihrem einzigen Spross alles Gute taten, was ihnen ihr Vermögen erlaubte. Denn der Mann Suth und sein Weib Beki waren nicht vermögend. So erzogen sie den Jungen Settra mit Liebe und den Göttern zum Wohlgefallen und verlobten ihn mit einem schönen Mädchen, aber die Götter vermochten nicht zu verhindern, dass die Gestaltlosen ihm die Eltern mit Gewalt nahmen. So groß war der Schmerz im Herzen von Settra, dass er sich die Haare am gesamten Leibe abscherte. So groß war sein Schmerz, dass er drei mal versuchte, sich im Vitae zu ersäufen, aber der Fluss Des Lebens gab ihn stets zurück. So groß war sein Schmerz, dass er sich mit spitzen Steinen die Glieder blutig schlug, bis er ohnmächtig darniederlag. So lebte er bei seinem Oheim, aber als er auch das klein wenige an Geld seiner Eltern, das er vor seinem Oheim verstecken konnte, aufgebraucht war und aber seine Seele noch keinen Halt in dieser Welt von Fleisch und Tränen gefunden hatte, so bat er denn seinen Oheim, ihn in den Tempel zu schicken und zum Priester weihen zu lassen, und sein Oheim war sehr froh darüber, dieses hungrige Maul aus seinem Heim zu haben, denn er war ein harter und herzloser Mensch. So trat denn der Knabe Settra in den Tempel der Nachwelt in Khemri ein und folgte noch enger dem Pfad der Götter. Aber...“
„Männer!“
Soba erhob sich und trat zur Wache an die Felsspitze.
„Aber so groß war sein Durst nach Wahrheit, dass die Priester im Tempel der Nachwelt in Khemri ihn nicht zu löschen vermochten. Wie ein Steppenbrand wütete die Unrast in ihm, und er wurde ungehorsam und war eine Plage im Tempel. So beschlossen die Priester zu Khemri, die Ausbildung des Jüngling Settra zu beenden und ihn zu entlassen. So von den Dienern der Götter enttäuscht, wandte sich der Jüngling Settra den Soldaten zu und wurde ein Krieger. Die Unrast ist ihm in seiner neuen Berufung ein Freund, und er lernte schnell und wurde ein mächtiger Krieger. Er tötete viele Wilde Menschen und wurde bitter darob, aber die Bitterkeit, die sich in sein Herz fraß, machte ihn nur zu einem stärkeren Krieger.
Und der Krieger Settra lebte zu einer Zeit, da die vielen Kleinkönige von Khemri wider einander fochten, denn groß war ihre Zahl wie die der Sterne, und der Krieger Settra focht immer an der Seite des siegreichen Königs. Zu Staub sind ihre Namen jetzt schon lang geworden, denn er hat sie alle überlebt, und nicht wenige starben von seiner Hand. So stritt er an der Seite des Letzten Kleinkönigs in der Schlacht, und als jener fiel, sandte Settra auch dessen einzig verbliebenen Sohn in die Nachwelt und ließ der Welt verkünden, fortan und für immerdar gebe es nur noch einen und einzigen König, und das sei er, Settra Khemrikhara. Als Khemrikhara aber nahm er das Weib, mit dem ihn seine Eltern verlobt hatten, denn er hielt sie in Ehren. Die Unrast aber, die mit dem An- und Abschwellen des Vitae aber nur wuchs, wurde er nie los, und schlaflos ist er darum geworden, während seine Armeen in die Welt hinausziehen, sein Wort zu verbreiten. Das ist die Geschichte von Settra Khemrikhara bis zum heutigen Tage.“
„Und das ist der Mann, den wir aufhalten werden.“
„Es sind sehr viele Männer, die er mit sich führt. Hauptmann, was erkennst du?“
Sie waren nun alle an den Rand getreten, beschatteten mit ihren Händen ihre Augen und prüften den Horizont.
„Ich sehe... Reiter. Ich sehe Streitwägen, und ich sehe Männer.“
„Die Männer tragen Speere, Klingen, Schilde und Bögen.“
„Die Reiter tragen... Speere, Schilde und Bögen.“
„Siehst du die Standarte?“
„Ja. Das Wort des Settra.“
Die Armee war inzwischen auf eine beeindruckende Größe gewachsen.
„Die Reiter reiten in Zehnerreihen. Hmm...“
„Die Streitwägen sind zweispännig, aber es sind ein Lenker, ein Krieger und ein Schütze darauf. Sie führen ein Ersatzpferd auf der rechten Seite.“
„Die Männer sind fünfzehn Mann tief. Ich sehe... 14 Blöcke.“
Die Numasi lauschten stumm dem Zwiegespräch der beiden Bhagri.
„Hauptmann. Sag, was lassen wir dem Fürsten Zash mitteilen?“
Es war nicht ungewöhnlich, dass Soba seine Untergebenen so befragte. Tereneph wusste, dass er ihn vorführen wollte, und dass Soba ihm, egal, was er sagen würde, widersprechen würde.
„Sende dem Fürsten Zash von Numas, dass... Der Goldene!“
Erst jetzt sahen sie ihn. Inmitten seiner besten Streitwagenfahrer fuhr Settra Khemrikhara, in Gold gerüstet, der König, der sich angetan hatte, die Welt seinem Willen zu unterwerfen. Seine ganze Pracht glänzte wie das Gold der Götter, ein Magier zerteilte unablässig den Staub vor ihm, und all die Beschreibungen der Geschichte konnten nicht mit der tatsächlichen Macht mithalten, die er ausstrahlte.
„Sende... sende ihm... sende dem Fürsten, dass Der Goldene höchstselbst mit seiner Armee gegen Numas zieht. 800 Reiter, 350 Streitwägen und 2000 Männer müssen bezwungen werden.“
„Nun.“ Soba konnte den Blick nicht von der langsam, aber stetig wachsenden Armee in der Ferne abwenden. „Nun, du. Teile deinem Fürst mit, dass der Güldene mit 900 Reitern, 300 Streitwägen und 2000 Mann gegen Numas zieht und das er von Rechts Des Skarabäus kommen wird“, befahl er einem Numasi. „Dass er von rechts des Vitae über die Üppigen Felder kommt.“, fügte er hinzu, als er dessen fragenden Blick bemerkte. “Wiederhole!“
Der Bote wiederholte und rannte los zu den Pferden.
„Zweiter Krieger, ich...“
„Hauptmann, lerne richtig zählen. Ja, ich weiß, einfach die Zweitgeborenen einzuberufen, das fällt dir ein, das wird immer gemacht. Als Hauptmann bist du auch gut. Aber so einen wie Den Goldenen gab es noch nie. Die Götter allein wissen, welche Mächte er noch entfesselt hat, um sich Numas zu nehmen.“
Sehnsüchtig blickte er in die Staubwolke. In Tereneph begann eine Gedanke zu keimen: wollte Soba tatsächlich mit Fürst Netezhetek begraben werden, oder liebäugelte er mit einer Bestattung im Grab eines noch nie dagewesenen Königs?
Soba musste gespürt haben, dass Tereneph ihn angestarrt hatte, denn als er sich umdrehte und anschaute, war eine Spur Verachtung mehr in seinem Blick.
„Männer! Lasst uns reiten und uns freuen, denn noch bevor Der Skarabäus zweimal seinen Pfad gelaufen sein wird, werden wir in der Nachwelt mit unvergleichlichen Taten prahlen können!“
-2488 IC
Nehem lief die Straße entlang.
„Kepher! Warte!”
Die so angesprochene Kepherakhte war die Tochter des Schreibers Sekekh. Sie wurde zwei Wochen vor Nehem geboren; die beiden hatten von sehr jung an gemeinsam gespielt und sich angefreundet. Sie blickte hinter sich, als sie ihren Namen hörte, grinste und rannte so schnell ihre kleinen Füße sie trugen davon.
„Ach Mann! Kepher, jetz renn doch nich... Waaaarte!”
Nehem beschleunigte seine Schritte und folgte ihr durch die staubigen Gassen, vorbei an Frauen mit Wasserkrügen und an Rindertreibern. Sie bog um eine Ecke, und als er ganz kurz später auch dort ankam, bog er ebenfalls ein - und fand sich in einer Sackgasse wieder, sah seine Spielkameradin aber nicht.
„Kepher? Bist du hier?” Mit vorsichtigen Schritten bewegte er sich tiefer in die Sackgasse, vorbei an den großen, alten, gesprungenen, tönernen Kochtöpfen. Da packten ihn zwei Hände an den Schultern und zerrten ihn zu Boden, und schon hatte sich Kepher lachend auf seinen Bauch gesetzt.
„Ahaha, du fällst immer wieder drauf rein! Wer ist die klügere? Hm? Sag schon, sag, oh Fürst-Rotz!”
Hilflos strampelte und zappelte Nehem unter ihr und konnte sich nicht befreien.
„Geh... runter... von mir!”, stieß er nach Luft schnappend hervor. Sie schien sich seiner zu erbarmen, denn sie stand endlich auf - und gerade, als er sich aufrichten wollte, trat sie ihm nochmal auf den Bauch, dass er schmerzerfüllt aufkeuchte.
„Du... du...”, aber ihm fiel nichts ein, und so verzog er sich schmollend zu einer Wand, schlang die Arme um die Beine und schaute sie aus engen Augenschlitzen über seine Knie an. Kepher bereute plötzlich, was sie getan hatte, und setzte sich neben Nehem. Der wollte sich abwenden, aber sie schlang die Arme um ihn und flüsterte: „Nicht flennen, Fürst-Rotz, sonst kann ich dich doch nicht lieben.” Und schmatzte ihm einen Kuss auf die Wange. Da gab er das Schmollen auf und ließ davon ab die Beine zu umklammern.
„Wir werden doch schließlich heiraten.”
Sie nahm den kleinen Zahn, der an einem einfachen Faden um ihren Hals hing, und hielt ihn an den, der Nehem um den Hals hing. Beide dachten an den Tag vor zwei Jahren.
„Und was wolltest du jetzt von mir?”; fragte sie nach einiger Zeit.
Er guckte kurz überrascht, bevor ihm einfiel, weshalb er ihr hinterhergerannt war.
„Senehs haben wieder Honigkuchen gebacken, und ich bin hin und hab ihnen gesagt, sie sollen dem Fürst-Sohn was davon abgeben, aber der Seneh hat nur gelacht und gemeint, wenn ich erst Fürst bin, dann bringt er mir soviel Honigkuchen, bis ich platze, aber leerfressen lässt er seine Kammer auch nicht.”
Bei dem Wort ’Honigkuchen’ hatten Kepherakhtes Augen aufgeleuchtet, und als Nehem mit seiner Erzählung geendet hatte, streckte sie schon die Zunge zwischen den zusammengepressten Lippen hervor, wie sie es immer tat, wenn sie scharf nachdachte.
„Ich glaub, ich hab eine Idee...”
Zwei Stunden später lagen sie pappsatt zwischen den armseligen Resten einer einst stolzen Honigkuchenarmee auf dem Dach des Fürstenpalastes.
-2485 IC
„Nochmal.”
Nehem trat zurück, überprüfte seinen Stand, packte den Griff seines Holzschwertes fester. Schweiß strömte ihm über den ganzen Körper; der Himmelsskarabäus hatte seinen Blick besonder fest auf ihn gerichtet. Auch der gleichaltrige Weher, der sein Übungspartner war, positionierte sich neu. Sie nickten stumm und griffen gleichzeitig an.
„Nochmal.”
Entnervt versuchte Nehem, nicht zum Ersten Krieger zu blicken, als er schon wieder zurücktrat. Weher seufzte. Erneut griffen sie an.
„Nochmal! Aber richtig!”
Nehem warf sein hölzernes Sichelschwert in den Staub. „Es reicht, ja? Wir haben diesen Angriff jetzt schon den ganzen Tag geübt, mehr geht nicht. Gib uns eine Pause, oder wir brechen hier zusammen. Was sagst du dann meinem Vater?”, warf der Fürst-Sohn dem Ersten Krieger an den Kopf. Der zähe Knochen schwieg.
„Das wird so nichts. Weher, du übst jetzt mit Phazekh. Der Fürst-Sohn braucht eine besondere Lektion. Apopktethon!” Ezekh winkte einem Jungen, der zwei Jahre älter war als Nehem. „Bring uns die echten Schwerter.”
Nehem schluckte. Weher schlurfte mit einem mein-Beileid-Gesicht davon, hinterließ eine Tropfenspur im Staub. Unsicher stand Nehem da, sein Gegenüber eine unnachgiebige Statue, und wartete, bis Apopktethon vom Kasernengebäude zurück war.
Als der mit den zwei Klingen zurückkam, drückte auch sein Gesicht Bedauern aus. Er händigte eine Klinge dem Ersten Krieger aus und drückte die zweite in Nehems zitternde Hand.
Ezekh stellt sich kampfbereit Nehem gegenüber auf. Dann, mit der Geschwindigkeit und der Kraft eines Löwen, stürzte er sich auf den Jungen, der sich noch an das Gewicht der metallenen Klinge gewöhnte.
Bevor auch nur ein Ausruf des Entsetzens Nehems Lippen verlassen konnte, hatte er mehrere Wunden an den Armen und auf der Brust. Ezekh trat ihn hart, dass Nehem zu Boden stürzte, hielt ihm die Klinge auf die Brust, dann an den Hals. Nehem hatte sein Schwert nach dem ersten schnitt fallengelassen; hilflos streckte er die Arme von sich und blickte den Ersten Krieger flehentlich an. Der nahm die Klinge weg.
„DAS gibt dir dein Feind, wenn du ihm im Kampf sagst ’genug!’” Ezekh trat dem am Boden liegenden Jüngling mehrfach hart in die Seite, dass der sich schmerzgepeinigt zusammenrollte. Erst eine zerrende Hand auf Ezekhs Schulter ließ ihn innehalten.
Der Zweite Krieger starrte ihn aus flammenden Augen an und schrie: „Genug! Du gehst zu hart mit ihm um! Das ist unfair!”
Ezekh stellte sich Soba mit der ganzen Würde seiner steinernen Miene entgegen.
„Unfair. Hm. Sag das dem Feind auf dem Schlachtfeld. Vielleicht verwirrt das ihn ja lang genug, dass du eine Lücke für einen erneuten Angriff findest.”
Soba blickte beunruhigt zu dem gedemütigt-wütenden Nehem hinter Ezekh. Der Zorn des Zweiten Kriegers verebbte, das Schneidende in seiner Stimme allerdings blieb. „Ich übernehme. Ich werd ihn auch nicht mit zimperlich anpacken.” Dabei reckte er sein spitzes, ewig herausforderndes Kinn in die ins Gesicht von Ezekh gemeißelten Falten.
„Wenn du meinst.” Ezekh ging davon, würdigte Nehem keines Blickes, sondern rief den am nächsten stehenden Übenden zu: „Phazekh! Die Klinge ist kein Kochlöffel! Streng dich an!”
Soba kniete sich zum zitternden Nehem. „Kannst du aufstehen? Komm. Sieh es ihm nach, sein Herz ist während all der Schlachten in seiner Brust verdorrt...”
Aus Mens Schreibwerkstatt (bezieht sich nur auf den ersten Teil)
Ich bin keine Autorität in Sachen Schreiben, vielmehr lerne ich selber mit jedem Satz, aber ich möchte doch gerne ein Plätzchen schaffen, wo ich darlegen kann, was ich mir beim schreiben gedacht habe. Vielleicht hilfts ja jemandem.
In diesem Kapitel gings um drei Sachen:
Lenkung des Auges,
Charakterisation und
Darstellung von Kompetenz
Die Einleitung ist immer etwas schwierig für mich. Ich denke visuell, also habe ich am Anfang immer einen Establishing Shot vor Augen, eine halbe oder ganze Comicseite, die die gesamte Umgebung zeigt, ohne Sprechblase und in diesem Fall aus der Vogelperspektive. Bei so einem Halb- oder Ganzseiter ist der Vorteil, dass das Auge umherwandern kann, Detail aufnehmen kann, sich auf die Situation einstimmen kann.
Das geht ja nun mit Worten nicht, weil die Sätze alle nacheinander kommen, das heißt, dass ganz genau festgelegt ist, wann der Leser welche Information bekommt. Darum wollt ich dann ganz bewusst lenken: in der Savanne eine horizontale Bewegung nach rechts und wir sehen nur Gras, nicht den Horizont , dann eine vertikale entlang der Felsen und ihrer Struktur hochwärts, und sobald wir auf der Ebene oben sind noch ein bisschen höher, dass wir auf die Menschen draufschauen, jetzt haben wir auch den Horizont im Sichtfeld und fokussieren die Aufmerksamkeit zur Staubwolke.
Also zumindest ists der Effekt, den ich erzielen wollte. Bitte Feedback: ists so angekommen?
Die Charakterisation:
Die zwei Hauptpersonen dieses Kapitels sind Soba und Tereneph. Beides sind Krieger im Dunstkreis des Fürsten von Bhagar, das heißt, sie haben Einfluss auf ihn und auf den Ausgang von Schlachten, darum sind sie für den Verlauf der Geschichte wichtig. Damit sie Persönlichkeit gewinnen, habe ich mir vorgestellt: wie würde ich sie zeichnen und was wäre typisch für ihre Bewegungen? Meine Notiz:
Soba muskulös, schlank, mit spitzem Kinn und hellen, klaren, unruhigen Augen, scharfe Stimme, abgehackte Bewegungen.
Tereneph größer, stattlicher, aber seine Stimme ist leiser als die Sobas. Weichere, langsamere Bewegungen.
Somit hatte ich zwei deutlich unterscheidbare, zum Teil gegensätzliche Erscheinungen. Sie haben auch unterschiedliche Lebenskonzeptionen, Soba der Dynamische, der auch Karriere machen will und das Leben genießt, während Tereneph in seiner Ernsthaftigkeit eher nach dem Ersten Krieger Ezekh kommt, dazu aber noch eine Tendenz zur Künstlerseele hat. Nur durch zwei so unterschiedliche Charaktere glaube ich, sie ein interessantes Gespräch führen lassen zu können, während ich die Dialogform wählte, um sie zu beschreiben, charakterisieren. Als Versuch; die Bilder, die ich ja normalerweise versuche mit Worten auszudrücken, sind ja statisch, weil ich sie eben als Bilder vor meinem geistigen Auge habe und sie beschreibe. Personen so von oben, vom Erzähler, durch Adjektive zu beschreiben finde ich aber inzwischen ungenügend, darum versuche ich, dass sie sich im Dialog selbst repräsentieren und die Erzählereingriffe zu reduzieren.
In einem sind sie aber gleich: sie sind Krieger. Und sie sind qualifiziert. Was mich im echten Leben immer so erstaunt, ist, dass normale Leute in dem, was sie erlernt haben, so unglaublich professionell sind. Privat sind sie unauffällig, aber auf ihrem Fachgebiet sind sie für den Außenstehenden Götter. Mein bester Kumpel ist Mathematiker im 7. Semester, und mit ihm unterhalte ich mich übers zeichnen, Rollenspiele, Frauen ganz normal, und nur, wenn er ein bisschen was über Mathe erzählt, wird mir klar, was für eine unfassbare Kompetenz er besitzt. Der Prof will ihn nach seinem Diplom zum Assistenten machen und Doktorarbeit schreiben lassen! Und so geht das durch die Bank, Chemiker, Altphilologe, egal, was sie machen, als Kumpels sind sie Menschen, in ihrem Fach Fachmänner. Das ist doch faszinierend! Und das sieht man ihnen nicht an!
Und das hat mir hier auch vorgeschwebt: wir haben zwei Krieger als Menschen, die im, naja, alltäglichen Gespräch so ein bisschen rumwurschteln, der eine seinem Hobby nachgeht, ABER WENNS DRAUF ANKOMMT, dann sind sie kompetente Experten und es sollte klar werden, WARUM sie in der Position sind, in der sie sind, immer hin Hauptmann der Wache und Zweiter Krieger!
Und dennoch sind sie vor allem Menschen in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit. Ich hoffe, dass sie als einzelne Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Fasetten rüberkommen und nicht als zersplitterte Charaktere, denen ich zuviel auf einmal aufgeladen habe und sie dadurch unglaubwürdig gemacht habe.