40k Jenseits des Imperiums

Nebenbei, warum sagt den keiner was zu meinem Gassenhauer am Anfang. Ich muss noch ein wenig am Text teilfen, aber dann glaube ich, dass es sicher ein Top10 Hit wird :rock:

Meinst du diesen kleinen Einschub, der mit "Refrain ..." untertitelt ist? Also Lyrik ist was anderes^^.
Außerdem hab ich meinen Bruder gefragt, wie der beim Bund gefahren ist. Da kam auch prompt die Bestätigung.^^
 
„Was soll das heißen, die Rebellen haben Artillerie?“
Ein Offizier der Autrianischen Streitkräfte


Die Fahne des 78. PVS-Regiments war neu gewesen, so wie die ganze andere Ausrüstung. Sie war frisch gefertigt und zeigte stolz das Wappen ihrer Einheit. Einen Kreis silberner Sterne, auf dunkelblauem Hintergrund, in deren Mitte ein schwarzfarbener imperialer Adler prangte. Mit einer weißen Umrandung und dem Namen des Regiments in goldenen Lettern. Zumindest hatte sie einmal so ausgesehen. Nun sah sie benutzt aus. Sie war versengt und durchlöchert. Und sie war verdreckt aufgrund der letzten Kampfhandlungen. Doch als Scaevola die Fahne sah, wusste er, dass die Soldaten des 78. dieses Zeichen ihres Regiments von nun an mit Stolz anblicken würden. Die Fahne würde Teil ihrer Regimentslegende werden. Noch in Jahrzehnten würde man sich daran erinnern, dass dieses Feldzeichen dabei war, als das Regiment die Zentralkaserne von Quellstadt gestürmt hatte. Wenn die Geschichte in ferner Zukunft darauf blicken würde, wären es die Männer des 87. Regiments, die man in den Annalen erwähnen würde.

Scaevola kannte dies nur zu gut aus seiner eigenen Einheit. Er hatte unzählige solcher Geschichten gehört. Über Ruhm und Heldentaten, und manchmal, auch über Opfer. Denn auch das Vierte hatte eine solche Fahne. Sie war alt, uralt um genau zu sein. Scaevola hatte sie einst gesehen, bei der offiziellen Eingliederung in das Regiment. In einer Stasiskammer hatte die Standarte aus Seide gelegen, um sie vor dem Verfall der Zeit zu schützen. Da sie wie eine Reliquie behandelt wurde, weil sie in den Augen des Vierten auch eine solche war. Der Legende nach hatten die edelsten Jungfrauen Autrias das Banner gewoben und sie Ullrich von Horn persönlich übergeben. Der war damals noch Regimentskommandant des Vierten gewesen. Seitdem wurde sie seit über zwei Jahrtausenden in Ehren gehalten und begleitete die 4. Garde in ihre Kampagnen. Nur wenn sie auf ihrem Heimatplaneten waren, bekam sie einen Ehrenplatz tief in den Gewölben der Kaserne, neben anderen, ruhmreichen Andenken der Regimentsgeschichte. Scaevola überlegte, ob das Feldzeichen noch dort war, oder ob es nicht gleich dem Eingangsfresko auch von den verhassten Rebellen geschändet worden war.

Die blaue Fahne des 78. Autria stand aufrecht, obwohl der Innenhof der Zentralkaserne von einem heftigen Feuergefecht erfüllt war. Rund um sie schossen imperiale Soldaten auf ihre Feinde auf der anderen Seite des Platzes, wo diese das Feuer erwiderten. Scaevola sah, wie die Soldaten verzweifelt versuchten, auf dem freien Platz Deckung zu finden, doch es gab keine. Sie alle waren dem feindlichen Feuer ungeschützt ausgeliefert. Angesichts der bitteren Realität konnte Scaevola nur über diese Ironie lachen. Keiner konnte dem Krieg entkommen! Er nicht, obwohl er geglaubt hatte, ihn in einem Lichtjahre entfernten Sternhaufen hinter sich gelassen zu haben. Und auch die jungen, frisch eingezogenen Soldaten dieses neuen Regiments nicht, die sich wohl kaum in ihrer schrecklichsten Alpträumen vorgestellt hätten, was nun gerade passierte

Ein Soldat neben Scaevola hielt sich plötzlich mit seinen beiden Händen den Bauch. Fast so, als hätte er Magenkrämpfe. Scaevola sah ihm ins Gesicht, und konnte den Blick nicht von ihm wenden. Er war jung, fast noch ein Kind. Unter seinem Helmrand zeigten sich die Ansätze von hellem, strohblondem Haar, dazu kamen noch die strahlend blauen Augen. Alles in allem wirkte seine Uniform dagegen befremdend. So, als hätte man einen Engel in eine Uniform gesteckt und ihm dann den Gnadenschuss gegeben. Viel zu langsam wich das Leben aus den strahlend blauen Augen. Scaevola musste sich eingestehen, dass noch viele Soldaten dieses Schicksal ereilen würde, bis sie den Sieg errungen hatten. Besonders durch den Befehl, den er jetzt geben würde.

Scaevola hob das Energieschwert, das ihm der Graf gegeben hatte und gab den Befehl zum Stürmen.
Und erstaunlicherweise folgten die unerfahrenen Rekruten seinem Beispiel.
Zuerst einige wenige zögerlich, dann die große Masse. Und die Masse war es, die den Ansturm schließlich zum Erfolg führte. Die Rebellen erledigten zwar Dutzende der auf sie zulaufenden Soldaten, aber schließlich brachen die Männer des 78. mit der rohen Kraft einer Naturgewalt in ihre Linien ein. Bajonette fanden ihr Ziel, Kolben zerschmetterten Feinde, Säbel trennten Gliedmaßen ab. Der Kampf war zum Handgemenge geworden, Mann gegen Mann.
Scaevola fand sich an vorderster Front. Er teilte Hiebe nach rechts und links aus und feuerte mit seiner Laserpistole, bis das Magazin leer war. Er warf die nutzlose gewordene Waffe einem Feind ins Gesicht, der ihn gerade schreiend anspringen wollte. Die Wucht des Wurfes ließ den Rebellen zu Boden gehen. Ein Fehler, den Scaevola sofort ausnutzte, und ihm mit seinem Schert niederstach. Er hatte gerade die Klinge aus dem sterbenden Gegner gezogen, als ihn ein weiterer Feind von hinten anfiel. Die Wucht des Zusammenstoßes ließ nun Scaevola straucheln. Wie ihn Zeitlupe registrierte er, wie er zu Boden ging, und seine Waffe seiner linken Hand entglitt. Der Feind tauchte wieder in seinem Gesichtsfeld auf. Ein großer Bursche, muskulös, mit schwarzen Tätowierungen in seinem Gesicht hob eine rostige, riesige Hellebarde, um ihm den Gnadestoß zu versetzen.

Die Wut verzerrte Fratze des Rebellen veränderte sich plötzlich in einen Ausdruck furchtbarer Schmerzen. Er öffnete den Mund und ließ einen jämmerlichen Klagelaut entfahren. Scaevola hob den Kopf ein wenig und sah die Ursache dafür. Ein Soldat kniete vor dem Gegner und hatte ihm sein Bajonett, das auf seinem Gewehr aufgepflanzt war, tief in den Bauch gestoßen. Scaevola nickte dem Soldat kurz zu und schnappte sich sein Schwert wieder. Er würde weitermache, bis zum Ende.

Der Kampf war ebenso schnell zu Ende, wie er sich entfesselt hatte. Schlussendlich waren die Feinde den imperialen Soldaten unterlegen gewesen, die bessere Ausrüstung sowie die größere Anzahl ins Spiel gebracht hatten. Doch der Sieg war trotzdem teuer erkämpft. Der Feind hatte mit ungestümer Wildheit gekämpft, geradezu mit fanatischem Eifer. Viele der Tote, die den Boden des Innenhofs bedeckten, waren Soldaten des 78. Der Feind hatte diesen Blutzoll ebenfalls teuer erstanden, denn bis jetzt hatten die Imperialen keinen einzigen Gefangenen gemacht.

Ein Umstand, der Scaevola zu denken gab. Nach allem, was Scaevola so über Unruhen in der imperialen Geschichte wusste, gab es nur eine bestimme Sorte von Rebellionen, die nach diesem Schema verlief. Scaevola flehte alle Heiligen des Imperiums inbrünstig an, dass sich sein Verdacht nicht bestätigen würde. Doch schon sehr schnell sollte er all seiner Hoffnung beraubt werden.

„Und wofür halten Sie das?“, wollte der Kommandant des 78. wissen.
Scaevola beobachtete aufmerksam die Szenerie vor ihm. Scaevola, der Oberst, und weitere Offiziere standen in einem Halbkreis. Vor ihnen lagen mehrere verdrehte Leichen vor einem seltsamen Apparat. Der Apparat war so groß wie ein normales, tragbares Kom-Gerät, doch zeigte es allerlei Abweichungen von der Standardversion der imperialen Armee. Die Anordnung der Kabel und Schalter verriet eine exotische, vielleicht sogar xeno-technologische Herkunft. Mehrere dünne Kabel führten zu einem der Toten, wo sie durch eine gleich große Anzahl von Buchsen mit dessen kahlen Hinterkopf verbunden waren, zweifellos ein Psioniker. Der Tote hatte sich in seinem Todeskampf in die Kabel verwickelt und erinnerte nun an in einem Spinnennetz gefangenes Insekt.

Scaevola benutzte seinen Stiefel, um einen der Gefallenen umzudrehen. Es waren große, muskulöse Männer gewesen. Offensichtlich hatten sie dieses Gerät bewacht und es bis zu ihrem letzten Atemzug verteidigt. Es musste von großer Wichtigkeit für die Rebellen gewesen sein, schlussfolgerte der Hauptmann. Langsam drehte sich der gefallene Gegner und entblößte sein schreckliches Geheimnis. Auf seiner Stirn befand sich eine Tätowierung. Sie war relativ neu und es war ein einziges Symbol.
Der achtzackige Stern des Chaos.
Unwillkürlich zuckten alle Umstehenden beim Anblick dieses Zeichens zusammen. Scaevola zog rasch seinen Fuß von dem Toten zurück. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich gerade eben bewahrheitet! Dies war keine einfache Rebellion, es war Verrat. Am Imperator und an der Menschheit. Der Erzfeind der Menschheit war hier auf Nova Autria. Nach mehr als zwei Jahrtausenden war der übelste Feind wiedergekehrt!

Scaevola spürte, wie ihm bei der Tragweite dieser Gedanken die Galle hochkam. Seine Heimat, seine Familie waren in höchster Gefahr, sie durften keine Sekunde mehr vergeuden.

„Einen Flammenwerfer, schnell!“ Scaevola hörte den Befehl des Obersts. In allen Gesichtern der Umstehenden sah er Entsetzen und Furcht. Einer der jüngeren Offiziere, ein Leutnant mit blondem Haar, der Scaevola in frappierender Weise an den gefallenen engelsgesichtigen Soldaten erinnerte, drehte sich weg, und übergab sich heftig beim Anblick der Chaos-Rune. Endlich, nach einer halben Ewigkeit kam der Soldat mit dem Flammenwerfer angerannt. Beim Anblick der Leichen und ihrer abscheulichen Symbole verzog er das Gesicht vor Abscheu und spreizte in einer abwehrenden Geste die Finger seiner Hand weit von sich, bevor er begann die Leichen zu verbrennen. Der süßlich-widerliche Geruch von verbranntem Menschenfleisch stieg in Scaevolas Nase und er entfernte sich ein wenig um dem zu entgehen.

Schwarze Flocken tanzten vor seinem Gesicht und zuerst dachte Scaevola, dass es sich hier um die Asche des brennenden Haufens hinter ihm handelte. Doch er hatte sich geirrt.
Tagelang hatten die Rauchsäulen der brennenden Raffinerien-Süd ihre Asche in die dichte Wolkendecke über der Stadt getragen. Nun, schwer von der Last, gaben die Wolken diese Last frei und die Russpartikel sanken langsam zu Boden. Passend, dachte Scaevola, wie die Ouvertüre zu unserem Verhängnis. Ein Kom-Soldat rannte zu Scaevola und riss ihn aus seinen düsteren Gedanken.
„Hauptmann, wir haben wieder Funkkontakt zu anderen Einheiten!“
Als Scaevola das Sprechgerät entgegennahm kam ihm der Gedanke, dass er wohl noch ein paar Töne zu dieser Ouvertüre würde beitragen können. Eine schöne Vorstellung, wie der junge Hauptmann befand.
„Verbinden Sie mich mit General Monetcuccoli!“, befahl er den Funker.

***

Das verlassene viereckige Gebäude lag so ruhig da, wie eh und je. Ein Schatten huschte über den ramponierten Innenhof, dem rasch andere folgten. Ein Mann in schwarzem Drillich mit einem ebenso schwarzen Vollvisierhelm ging kniend neben dem Haupteingang in Stellung. Sein mattschwarz lackiert Lasergewehr mit integriertem Grantwerfer zeigte gerade auf die Tür. Seine Kollegen nahmen ebenfalls eine Sicherungsposition neben der Tür ein. Auch sie waren wie ihr Kamerad bekleidet. Keiner von ihnen trug ein Regimentsabzeichen, oder ein anderes Insignien, an dem man sie hätte identifizieren können. Es war eine Vorraussetzung für diese Mission gewesen, alle verräterischen Identifizierungsmerkmale zu eliminieren. Sogar die eingestanzte Seriennummer in ihren Waffen waren sorgfältig entfernt worden.

Dies war eine hochriskante Mission. Aber es machte ihnen nichts aus. Sie waren alle Profis. Der Führungsmann befestigte einen kleinen Sprengsatz an der Tür und aktivierte ihn. Die Explosion war kaum verklungen, als der Trupp in das Gebäude eindrang. Schnell, präzise und in perfekter Formation. Jeder wusste, was er zu tun hatte.
Keine drei Minuten später sendete der Führungsmann einen verschlüsselten Befehl über Kom. Die Mission war erfüllt. Keine Minute drauf überwand eine gebückte, unscheinbare Gestalt in einer Robe, den Innenhof. Sie betrat das Gebäude und ging, begleitet von zwei Wachen in die Kellerräume. Diese boten ein Bild der Verwüstung. Der Trupp hatte ganze Arbeit geleistet. Überall, neben der Reihe von Cogitatoren und Bildschirmen lagen die Leichen des sie bedienenden Personals. Die gebückte Gestalt hielt auf den Anführer des Trupps zu der lässig inmitten der Szenerie stand, als ob diese ihn nicht bekümmerte.

„Gefangene?“
Der Anführer schüttelte den Kopf. Dann stellte er eine Frage.
„Was soll mit den Geräten geschehen. Sollen wir sie dem Adeptus Mechanicus übergeben?“
Nun war es die kleinere Gestalt, die den Kopf schüttelte.
„Nein, zerstört sie. Vollständig!“
„Was ist mit Loren, mein Lord? Ist er auf Position?“
Die durchdringenden Augen des Mannes mit der Robe schienen durch das Visier hindurchzusehen und direkt die Augen des Soldaten zu fixieren.
„Er muss es“, sagte er mit Nachdruck. „Oder wir alle sind verloren!“
 
Inquisition? Können wir uns auf Flammenwerfer und stinkenden Weihrauch einstellen^^?

Juhu, diesmal muss ich nicht wegen Rechtschreibung und co. meckern. Schreibstil und bla sagen wie je zu, die Handlung in diesem Teil find ich allerdings ein bisschen dünn. Eigentlich geht's nur im die Entdeckung des Chaoszeichens. Die Beschreibungen der Standarten am Anfang machen zwar schon was her, aber sind dann doch inhaltslose Streckung. Ist zwar Luxus- Meckern aber ich finde dieser Teil hätte besser zusammen mit einem weiteren gepostet werden können.
 
Die Stimme war nicht leiser geworden. Im Gegenteil. Sie hatte sich in seinem Bewusstsein eingenistet und dachte nicht daran, wieder zu verschwinden. Ihr Blutdurst war noch bei Weitem nicht gestillt. Hauptmann Lohner war kurz davor, zu verzweifeln. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte, es gab nur eine einzige logische Erklärung dafür. Er war verflucht.

Lohner hechtete die große Treppe des Gouverneurspalasts hinauf. Immer mehrere Stufen auf einmal nehmend. Die Stimme trieb ihn an, er wollte vor ihr fliehen. Doch es gab kein Entkommen.
Er war schneller, als die anderen. Der Abstand zum nächsten Soldaten vergrößerte sich rasch. Und so kam es, dass Hauptmann Lohner als Erster das obere Eingangsplateau des Gouverneurspalasts erreichte. Zehn hohe, gewaltige Säulen schraubten sich in die Höhe, eine jeder mehr als hundert Meter hoch und mit mehr als acht Meter Durchmesser. Sie bildeten die Vorderfront des Hauptgebäudes. Lohner wusste, dass sich die Säulenreihe auch an den anderen Seiten des Gebäudes fortsetzte. Ironie des Schicksals. Es war die Firma seiner Familie gewesen, die vor mehr als dreißig Jahren mit der Renovierung der Außenfassade des Gouverneurspalasts beauftragt worden war. Wie sich doch die Zeiten geändert hatten!

Er war immer noch alleine, als ihn der erste Chaos-Anhänger angriff. Eine hagere, mit exotischen Tätowierungen und Piercings bedeckte, halbnackte Gestakt griff Lohner an. Sie kam aus dem Gebäude gerannt und hatte eine schartige Hellebarde über dem Kopf geschwungen. Lohner parierte den Angriff mühelos und ließ den Angreifer ins Leere laufen. Eine zweite Chance gewährte er dem Kultisten nicht. Weitere Feinde stürmten durch das Portal. Lohner spürte, wie die Stimme in seinem Kopf immer stärker wurde. Er musste sich konzentrieren.
Einen Zwei-Frontenkrieg konnte er sich jetzt nicht leisten. Die Feinde umkreisten ihn, finstere, hämische Schatten, bereit zuzustoßen. Lohner sah etwas in seinem Gesichtsfeld aufblitzen. Es hatte begonnen. Der finale Kampf.

Er parierte den ersten Hieb mit einem Aufwärtsschwungs seines Energiesäbels. Er roch das Ozon, das durch das knisternde, blaue Energiefeld seiner Waffe erzeugt wurde. Der nächste feindliche Angriff, die nächste Abwehr. Immer weiter, ein wirbelnder Kreis aus Angriff und Verteidigung, und noch immer keine Verstärkung.
Lohners Bewusstsein konzentrierte sich auf seine primären Überlebensinstinkte. Alles andere wurde ausgeblendet. Jetzt kam es auf die Reflexe an. Ein Schritt zur Seite lies einen Angriff eines Gegners ins Leere gehen. Er spürte den verstärkten Druck in seiner rechten Handfläche, als er mit dem Säbel die Bauchdecke des Feindes aufschnitt. Nur jetzt nicht das Heft aus der Hand verlieren.
Ein weiterer Angriff von rechts hinten. Er spürte ihn mehr, als das er ihn mit seinen Augen wahrnahm. Gerade noch rechtzeitig riss er die Klinge hoch und begegnete einer brutalen Abwärtshieb einer Axt vor seinem Gesicht. So knapp, dass er die Schärfe der Schneide fast spüren konnte. Ein Tritt gegen die Kniescheibe des Angreifers warf diesen aus der Bahn. Ein weiterer Feind sprang in die Bresche und feuerte aus kürzester Distanz seine Pistole auf ihn ab.
Lohner drehte sich instinktiv zur Seite, und roch die Reste von Schiesspulver. Es war eine antike Waffe, wahrscheinlich aus einem der Stasis-Schreine eines Museums entwendet. Reichhaltige Verzierungen bedeckten Kolben und Lauf, Intarsien aus Gold und Silber auf mattem –schwarzem Stahl. Noch im Fall bemerkte Lohner, wie er sich über diesen Umstand empörte. Die Relikte ihrer Vorfahren in den Händen solcher Verräter war etwas, das er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Alpträumen hätte vorstellen können.

Der Aufprall war hart, trotz seiner Rüstung. Er raubte ihm den Atem und verlor deshalb seinen Energiesäbel, der klirrend zur Seite fiel.
Alles lief nun verlangsamt ab.
Lohner sah die kunstreich verzierten Säulen, wie sie sich gen Himmel schraubten und in einer prächtig gestalteten Decke mündeten. Bei allen Heiligen Terras, aber seine Familie verstand ihr Geschäft! Umso tragischer, dass einer ihre Sprösslinge ausgerechnet hier sein Ende finden würde. Lohner wusste, dass er hier sterben würde, als er die zwei Schatten über sein Gesicht gebeugt sah. Dies war sein Ende, zwei hämische Fratzen, die ihn unverhohlen angrinsten und sich über sein baldiges Ende amüsierten. Der Pistolenschütze und sein übrig gebliebener Kamerad, bleckten ihre Zähne. Verfaulte Zahnreihen kamen zum Vorschein. Doch schlimmer als diese war der Anblick der verdrehten und obszönen Chaos-Male auf deren Körpern, die in unaussprechlichen Ausdrücken den dunklen Göttern huldigten. Deren Anblick lies Lohners Blut gefrieren. Er wollte nicht auf diese Art sterben.

Er konzentrierte sich darauf, sich Livias Gesicht vorzustellen. So, wie er sie das erste Mal gesehen hatte. Wunderschön, blond gelocktes Haar, welches ihr hübsches Gesicht einrahmte. Ein verspieltes Lächeln auf den Lippen.
„Livia“, flüsterte Lohner.
„Stirb“, konterte der Rebell und holte mit einem gezackten Schwert zum Todesstoß aus.
Lohner bereitete sich vor, spannte seinen Körper an.
Der Todesstoß kam nie. Verwundert blickte Lohner in ein ebenso verwundertes Gesicht, auf dem sich rasch ein Ausdruck enormer Schmerzen ausbreitete. Laserstrahlen zuckten über sein Gesichtsfeld und schleuderten den Pistolenschützen zur Seite. Sein Kamerad mit dem gezackten Schwert beugte sich schmerz gekrümmt am Boden und blutete sich aus einer Halswunde zu Tode.

Gestalten erschienen auf der Treppe. Gardisten.
„Hauptmann Lohner? Alles in Ordnung“, fragte Leutnant Wendtner, sein Stellvertreter.
„Ich denke, ja!“, Lohner nahm die dargebotene Hand des Leutnants und kam wieder auf die Beine. Völlig perplex registrierte Lohner, dass die Stimme weg war. Vielleicht lag es an dem Beinahe-Tod, oder weil er sich an seine Liebe zu Livia erinnert hatte. Im Grunde war es egal, Lohner war dafür dankbar. Der Makel war an ihm vorübergegangen. Die schwarzen Schiffe oder das Exekutionskommando waren jetzt nicht mehr das einzig denkbare Ende. Es gab noch Hoffnung für ihn!
„Eingang gesichert?“, wollte Lohner wissen.
„Jawohl!“, bestätigte sein Stellvertreter.
„Funken Sie den General an, wir gehen rein!“
 
Juhu es geht weiter 🙂
Kleiner Blutrausch zwischendurch muss auch mal sein.

"Chaos-Angreifer angriff" liest sich schei** schreib doch "Chaoskultist" oder "Anhänger des Chaos" ...
"Der Aufprall war hart, trotz seiner Rüstung" - "Der Aufprall war, trotz seiner Rüstung, hart" oder "...,zu spüren."
Gleiches gilt dann hier "...fragte Leutnant Wendtner, sein Stellvertreter."
Eingeschobene Satzteile lesen sich besser als nachgeschobene.
"Chaos-Male" - Warum schreibst du solche Begriffe immer mit einem Bindestrich?

Wo ich fast schon lachen musste war "Vorderfront" 🙂
Hast du schonmal eine Hinterfront gesehen.
Front = Vorne

Und jetzt ran an die Tastatur und weiterschreiben!
 
Marschall Terentius Varro Klaren zog sich verbittert aus der Stellung zurück. Immer wieder rann ihm das Blut aus seiner Stirnwunde in die Augen. Die Pistole, eine kompakte Automatikwaffe, bockte beim Abfeuern. Einmal, zweimal. Er wich weiter zurück.

Es stand ihm immer noch so eindeutig vor Augen, als ob es gerade erst passiert war. Ein wahr gewordener Alptraum in Gestalt von mehreren hünenhaften Riesen war in den strategischen Kommandozentrum eingedrungen, umschwärmt von vielen, kreischenden Fanatikern die gleich begonnen hatten, seine Leute zu massakrieren und dabei widerwärtige Parolen über die Überlegenheit des Chaos skandierten. Das Bild hatte ihn eigenartigerweise an die Jagd erinnert. Wie Jagdhunde, die ihren Besitzer bei der Treibjagd begleiteten. Nur das sie die Beute waren.

Woher diese Feinde gekommen waren, konnte sich der Marschall beim besten Willen nicht vorstellen. Die Schreie seiner sterbenden Männer klangen ihm immer noch in seinen Ohren nach. Er wusste, sie würden ihn ewig verfolgen. Selbst wenn er dies überleben würde.
Wenn.
Die Chancen standen schlecht. Sie hatten den Kommandostand aufgeben müssen, das Zentrum ihrer Verteidigung. Und ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als sie wieder über Funkkontakt zu den Einheiten verfügten! Taktiker Windtoner hatte noch hastig eine Nachricht in ein Cogitator gehämmert. Eine Botschaft, mit der Bitte um Hilfe wegen eines Angriffs auf das Zentralkommando. Er hatte es mit seinem Leben bezahlt. Einer der Riesen hatte ihm mit einer gewaltigen, barock aussehenden Boltpistole den Schädel weggeblasen und dabei ein finsteres Gelächter angestimmt, in das die anderen hämisch eingefallen waren.
So viel Pech musste ein treuer Diener des Imperators erst einmal haben.
Aber es war so vieles schief gegangen an diesem unglückseligen Tag.
Die andere Wunde meldete sich. Die tiefe Schnittwunde im Brustbereich, die seine Galuniform rot tränkte. So rot wie das Blut, mit dem die Gesichter einiger der Feinde bemalt waren.
Wenige seiner Leute waren noch am Leben, als sie sich durch die Korridore zurückzogen. Die meisten hatten nur Laserpistolen oder kleinkalibrige Automatikmodelle.

Der Feind hingegen war erstaunlich gut bewaffnet. Erstaunlich gut, für eine „kleine“ Rebellion. Klaren schwor sich, wenn er dies überleben würde, würde er ein ernstes Wort mit dem Erzherzog reden. Der „unauffindbare“ Gouverneur von Wellersheim würde sich eine Menge anhören können. Er hatte viel zu lange geschwiegen, nur zugesehen, wie die Dinge immer schlechter geworden waren. Die angebliche Abstammung von Ullrich von Horn war noch lange kein Beweis für fähige Führungsqualitäten.

Aber es war nicht nur der Gouverneur. Klaren gab sich auch selbst die Schuld. Er selbst war zu lasch gewesen, hatte sich zu sehr mit den angenehmen Aufgaben eines Oberkommandierenden beschäftigt, und vergessen, sich den unangenehmen Fragen zu stellen.
Es hätte niemals so weit kommen dürfen. Sie waren sich selbst viel zu sicher gewesen.

Was stand noch im Haupteingang der Zentralkaserne?
Jenseits des Imperiums liegt das Grauen!
Das Jenseitige war offensichtlich nicht nur das Tor von Cadia, wo die Ausgeburten des Chaos in regelmäßigen Abständen hervorbrachen.
Anscheinend war dieses Jenseits auch hier. Mitten in ihrer friedlichen, heilen Welt. Ein Chaoskult, der sich wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet hatte. Der Erzfeind hatte hier Fuß gefasst.

„Achtung! Sie kommen wieder!“, rief ein Offizier die Warnung aus.
Der Marschall brüllte seine Wut heraus, als er ein weiteres Magazin auf die heranstürmenden Feinde abfeuerte. Die wenigen verblieben Imperialen taten es ihm gleich. Gemeinsam drängten sie den halbherzig geführten Angriff zurück. Die letzten überlebenden Rebellen zogen sich um die Ecke des Korridors zurück.

Klaren gab den Befehl zum Absetzen. Sie waren jetzt nur noch eine Ebene unterhalb der großen Halle. Bald würden sie den Ausgang erreichen.
Das Geheul am anderen Ende des Korridors wurde wieder stärker. Anscheinend hatte ihr Feind sich wieder gesammelt.

Der Angriff kam rasch und energisch. Diese Mal konnte er nicht gestoppt werden. Klaren wurde von der Flut der Angreifer mitgerissen und von seinen Leuten getrennt. Er wurde regelrecht in einen Nebengang gespült. Klaren missachtete die Schmerzen in Bauch und Stirn und erledigte mit größter Mühe die drei Feinde, die mit ihm durch die Wucht des Angriffs in den Nebengang gepurzelt waren. Drei Schüsse. Jedes Mal bockte seine Automatik.

Er konnte in den Hauptkorridor sehen. Schreie, Schemen die sich hin und herbewegten. Etwas brannte mit einer hoch auflodernden Flamme. Klaren wollte sich nicht vorstellen was, oder wer, die Flammen nährte. Es roch süßlich. Dann hörte er das Krachen einer Explosion. Die Druckwelle breitete sich auch in seinem Seitengang aus und fegte ihn um. Ein dumpfes Rumoren folgte, und sein Blickfeld wurde dunkel. Die Explosion hatte den Gang einstürzen lassen. Die Lichter erloschen nach einigem Aufflackern. Dunkelheit breitete sich aus.

Marschall Klaren erhob sich mühsam und hustete sich den Dreck aus seinen Atemwegen. Er sah den eingestürzten Teil des Gangs und seufzte. Er würde wohl den Weg in die andere Richtung nehmen müssen.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Klaren wieder in die ursprüngliche Richtung zum Ausgang des Palasts gehen konnte. Dreimal musste er in einen anderen Gang oder Korridor abbiegen. Niemand war ihm unterwegs begegnet. Es war ihm recht, weil er zu seinem Entsetzen bei seiner Bestandsaufnahme festgestellt hatte, dass er nur noch über ein Magazin verfügte. Die Schmerzen, vor allem in seinem Bauch, kamen wieder.

Klaren betrat eine kleine Kammer. Eine Gestalt, eingehüllt in einen langen Kapuzenmantel stand in der Mitte des Raums. Die Kapuze war über den Kopf gezogen, sodass man deren Gesicht nicht erkannte. Klaren stutzte. Die Gestalt schob die Kapuze beiseite und lüftete ihr Gesicht.

„Gouverneur, Wellersheim? Was führt Sie hierher, Exzellenz?“
„Ihr Tod!“, antwortete Wellersheim und schoss Klaren nieder.
 
„Wir teilen uns“, sagte General Montecuccoli. Rings um ihn stand die Kompanie mit Hauptmann Richard Lohner, dazu Major Fogler und Sergeant Qunitillian mit seinen beiden Space Marines vor einer Kreuzung. Ihr Weg kreuzte sich hier im rechten Winkel mit einem weiteren Gang.

Die Bezeichnung Kompanie war angesichts der Mannstärke von Lohners Soldaten allerdings bestenfalls nur noch ein Euphemismus. Die Hälfte der Männer hatten sie vor dem Palast als Rücksicherung bei Leutnant Wendtner gelassen. Also blieben ihnen vielleicht noch vierzig Soldaten. Nicht viele, doch Montecuccoli hatte schon unter schwierigeren Verhältnisse und in größerer Unterlegenheit bedeutende Siege errungen. Er wusste, dass er sich auf diese Männer verlassen konnte. Sogar Lohner schien sich gebessert zu haben. Noch vor kurzem hatte er sich Sorgen gemacht, als der junge Hauptmann alleine die Treppe hinauf gehechtet war. Anscheinend hatte der deswegen fast erfolgte Beinahe-Tod dem ungestümen Offizier den Kopf gewaschen. Montecuccoli war es nur recht. Er hatte jetzt keine Zeit für ein privates Seelsorge-Gespräch. Immerhin gab es Wichtigeres zu tun.

„Herr General, wie gehen wir jetzt vor?“, wollte Major Folger wissen.
„Sie nehmen die eine Hälfte der Männer und Lohner die andere. Suchen sie sich den Gang aus, der ihnen am besten gefällt.“
Lohner nahm einen Trupp und stürmte sofort los. Voller Zuversicht und Eifer, wie es sie nur die Jugend kannte. Fogler zögerte.
„Und sie General?“
Montecuccoli zeigte auf Sergeant Quintillian und die beiden anderen Astartes.
„Ich denke, ich bin in bester Gesellschaft! Los jetzt!“
Und so teilten sie sich. Zum letzten Akt.
***

8.) Keine Wiederkehr

Betrügt uns.
Bestiehlt uns.
Ignoriert uns:
Beutet uns aus.

Verachtet uns.
Knechtet uns.
Lasst uns eine Ruine als Erbe.
Belächelt uns.

Doch es wird der Tag kommen,
und es wird sein.
REVOLUTION!

Veröffentlichung des revolutionären Studentenkomitees Nova Autrias

Marschall Klaren hob mühsam den Kopf. Er hustete und spuckte Blut aus seinem Mund aus. Wellersheim hatte einen Nadler benutzt. Modell Avengo Nr. 34 um genau zu sein, eine violett gefärbtes Muster mit schwarz belegtem Griff. Ein Nadler war eine beliebte Handfeuerwaffe unter den Oberschichten. Klaren fand, dass sie zu Wellersheim Charakter passte. Lautlos, verschoss die Waffe mehre spitze Projektile, eine verschlagene Waffe, die nicht den charakteristisch-verräterischen Laut einer Pistole beim Abfeuern von sich gab. Wellersheim war nicht Manns genug für eine Laserwaffe oder gar eine Boltpistole. Wahrscheinlich verfügte der Verräter auch nicht über genug Kraft, um dem Rückstoß beim Abfeuern einer normalen Waffe standzuhalten.

Wellersheim hatte sein ganzes Magazin auf ihn geleert. 24 Projektile. Nur drei hatten ihn getroffen, zwei davon in die Brust, eine hatte seine rechte Wange gestreift. Das unterstrich, welch ein Dilettant Wellersheim in diesen Dingen war. Aus so kurzer Distanz noch so oft daneben zu schießen, war immerhin auch eine Leistung. Bei dem Gedanken lächelte der Marschall.

„Worüber lachen Sie?“, fuhr in Wellersheim an.
Klaren würdigte ihn keiner Antwort. Wellersheim stürmte auf ihn zu und hielt ihm seine Waffe vor die Stirn.
„Reden Sie, Herr Marschall! Los!“, brüllte Wellersheim ihn voller Erregung an, das Gesicht zu einer unansehnlichen Fratze aus Wut und Hass verzogen.

„Warum?“, wollte Klaren wissen. Die Schmerzen wurden stärker. Alles was er noch tun konnte, war Zeit zu schinden.

„Warum? Warum“, äffte ihn Wellersheim nach. “Wieso denn eigentlich nicht! Warum leben Sie eigentlich noch, Herr Marschall? Ich dachte, Lord Mitaugor hätte sich ihrer schon längst angenommen!“
„Also haben Sie …“, fragte Klaren empört. Wellersheim schnitt ihm das Wort ab.
„Natürlich. Ich habe Lord Mitaugor in den Palast gelassen. Denken Sie immer noch, dass es sich hier um eine kleine Rebellion handelt? Einen Unterschichten-Aufstand um bessere Rationen und Unterkünfte. Sie ignoranter Mistkerl! Sie wissen doch gar nicht mit welcher Macht Sie sich hier angelegt haben, Herr Marschall!“
Etwas an der Art, wie Wellersheim den Titel Klarens aussprach lag nahe, dass er ihn in keinster Weise respektierte.
Vielleicht ein Umstand, den ich zu meinem Vorteil ausnützen kann, dachte Klaren bei sich. Wo war eigentlich die eigene Pistole? Klaren drehte mühsam den Kopf. Da! Keinen halben Meter rechts von ihm lag sie, vielleicht konnte er sie ja erreichen! Besorgt blickte der Marschall nach seinem Gegenspieler. Doch Wellersheim hatte sich längst in Rage geredet und schritt erregt die Kammer auf und ab, wobei er mehr zu sich selbst redete.

„Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Herr Gouverneur!“, goss Klaren weiter Öl ins Feuer, wobei er für den Titel denselben Tonfall gebrauchte, wie Wellersheim für seinen.
„Weil meine Zeit abläuft!“, brüllte Wellersheim mit schriller Stimme, das Gesicht zur widerwärtigsten Fratze verzogen, die Klaren jemals gesehen hatte. „Meine zweite Amtsperiode wäre in wenigen Monaten vorbei. Und diese kleinkarierten Bürokraten wollten mir keine weitere gewähren!“
„Es ist gegen die Gesetze unseres Planeten“, warf Klaren ein. Die rechte, vor Schmerzen, zittrige Hand wanderte langsam zu seiner Pistole.
„Gesetze, was sind schon Gesetze?“, entrüstete sich Wellersheim, der sich mit beiden Händen in einer Geste der Empörung an die Brust fuhr. Klaren hatte gehofft, dass sich vielleicht ein Schuss lösen würde. Doch es kam keiner. Anscheinend hatte Wellersheim die Waffe gesichert. Gut zu wissen.

„Mein Ahne Ullrich von Horn hat sich auch nie an das Gesetz gehalten! Ich bin das größte Genie meiner Zeit! Ich bin auf dem politischen Parkett das, was Ullrich auf dem Militärischen war. Etliche Petitionen habe ich nach Bakka geschickt. Und was habe ich bekommen? Nur Ausreden und bedeutungslose Floskeln! Man mische sich nicht in interne Prozesse ein. Regionale Politik falle nicht in die Belange der Segmentum-Verwaltung.“
„Sie haben uns für eine weitere Amtszeit an den Erzfeind verkauft!“
Verkauft! Verkauft!“, ätzte Wellersheim und setzte seinen kleinen Marsch weiter fort. Klarens Hand wanderte weiter zu seiner Pistole. Langsam, nur keine Aufmerksamkeit erregen.
„Ich bin das größte Genie meiner Zeit!“, schrie Wellersheim. „Die Führungsgestalt, die Nova Autria durch die unsicheren Zeiten in einer sicheren Hafen gelenkt hätte. Nur noch eine weitere Periode und meine große Reform wäre vollendet gewesen. Ein Denkmal hätte ich mir damit gesetzt. Meine Statue wäre neben der Ullrich von Horns aufgestellt worden.“
„Sie machen sich da etwas vor!“
„Ich mache mir etwas vor?“, brüllte Wellersheim. Klarens Hand wanderte weiter, Zentimeter für Zentimeter über den kühlen Marmorboden. „Wer hat mich denn daran gehindert? Dieses kleinliche Parlament, diese Ständeversammlung mit ihren ewigen Zänkereien. Kleinkarierte, die nicht über ihren Tellerrand blicken können. Die würden wahre Größe nicht einmal erkennen, wenn man sie ihnen unter die Nase halten würde!“
„Und dieser Mitaugor kann es?“, wollte Klaren wissen. Seine Hand war jetzt fast neben der Pistole. Wellersheim drehte sich plötzlich um und fixierte ihn mit seinen Augen. Klaren erstarrte in seiner Bewegung. Wo sich auf Wellersheims Gesicht vorher noch Wut und Hass befanden hatte, fand der Marschall nun eine Ansammlung von religiöser Verzückung. Die Augen des Verräters strahlten fanatische Begeisterung aus. Er kam auf Klaren zu, bis er direkt vor ihm stand.
„Oh ja! Lord Mitaugor, Sieger von tausend Schlachten, erkennt wahre Größe. Er hat mir zugesichert, als sein Stellvertreter hier zu regieren! Ich werde meinen Plan in die Tat umsetzen. Das Imperium ist schwach, nur im Chaos liegt die Zukunft!“
„Sie Narr! Mitoguar wird niemals die Macht mit Ihnen teilen. Sie sind wirklich ein Idiot, wenn Sie das glauben!“
„Er wird es tun!“, brüllte Wellersheim vor Erregung und Speichel flog dabei in Klarens Gesicht.
„Sie unglückseliger Idiot, Sie haben ihre Seele für ein leeres Versprechen auf Macht verkauft.“

Mit diesen Worten griff Klaren nach seiner Waffe. Aber Wellersheim war schneller, eine Reaktion, die man einer solch plumpen Gestalt nicht zu getraut hätte. Er trat die Automatik beiseite, die scheppernd mehrere Meter flog und versetzte Klaren mit dem Lauf seiner Waffe einen fürchterlichen Schlag gegen das Gesicht.
Klaren wurde schwarz vor Augen. Er hörte das Geräusch eines Sicherungshebels, der zurückgeschoben wurde.
„Bringen wir es zu Ende“, sagte Wellersheim.
Ein Schuss ertönte. Das Zischen einer Laserpistole. Major Folger stand im Eingang und senkte seine Waffe. Er hatte nur einmal geschossen. Es hatte gereicht, er verstand sein Geschäft.
Fogler rannte zu dem verwundeten Marschall. Marschall Klaren öffnete schwerfällig den Mund. Fogler bedeutete ihm zu schweigen. Besorgt betrachtete er die Blutdurchtränkte Uniform.
„Alles wird gut. Sie sind in guten Händen!“
Doch Klaren hatte bereits das Bewusstsein verloren. Er konnte die verzweifelten Schreie Foglers nach einem Sanitäter nicht mehr hören.
***

Er war wieder er selbst. Ganz und gar. Da war keine hinterhältige Stimme mehr in seinem Bewusstsein, die nach Blut schrie. Er war frei und konnte sich wieder eine Zukunft vorstellen. Mit Livia, seiner Traumfrau. Da war Licht am Ende des Stollens, wie es in einem alten autrianischen Sprichworts hieß. Er konnte es schon fast sehen.

Sein Trupp bewegte sich mit geübter Präzision, erfahrene Soldaten, die sie alle waren. Immer abwechselnd ging die eine Hälfte vor, gedeckt durch die andere. Gegenseitiger Feuerschutz, in Fleisch und Blut eingegangen. Bis jetzt war es zu keinem weiteren Feindkontakt gekommen. Doch so etwas konnte sich schnell ändern. Die Männer seiner Einheit wussten es genauso, wie Hauptmann Lohner selbst. Jedes Mal, wenn sich im Gang eine Öffnung auftat, schmiegten sich die Führungssoldaten an die Wand, um vorsichtig um die Ecke zu spähen, ihre Gewehre im Anschlag. Doch bisher waren es immer nur kleine Kammern gewesen, eingelassen in die Wand und ohne Anzeichen von Leben.
Bis jetzt.

Ungefähr zehn Minuten, nachdem sie sich von General Montecuccoli getrennt hatten, gab Soldat Junah das non-verbale Signal zum Anhalten. Die linke Hand zur Faust geballt und erhoben, sichtbar für seine Hintermänner. Der Trupp hielt an und bildete eine Sicherungsformation. Zwanzig Gewehre starrten in alle Richtungen, aus denen ein etwaiger Angriff möglich war. Soldat Junah kam in geduckter Haltung zu Hauptmann Lohner geeilt.
„Lage, Junah?“, wollte dieser wissen.
„Der Gang mündet in einer großen Kammer. Wie lauten ihre Befehle?“
Lohner überlegte kurz. In diesem Bereich war er noch nie gewesen. Er zog seine Datentafel zu Rate. Auf ihr waren Pläne des Gouverneurspalasts eingespeichert. Major Fogler, die gute Seele ihres Regiments hatte sie in der für ihn typisch umsichtigen Art an alle Offiziere ausgeteilt.
„Anscheinend handelt es sich bei der Kammer um einen der Neben-Knotenpunkte der Eingangsebene, der uns zu verschiedenen Ebenen führt. Darunter auch ein Zugang für die Kellergewölbe!“
„Die Kellergewölbe!“, unterbrach ihn Junah voller Eifer, “Ist dort nicht die strategische Kommandozentrale der autrianischen Streitkräfte?“
Lohner blickte den Soldaten tadelnd an „Ein Pluspunkt dafür, dass Sie bei der Befehlsausgabe aufgepasst haben Soldat. Allerdings war ich noch nicht ganz fertig! Wenn Sie die Güte hätten, mich ausreden zu lassen!“
Junah stieg die Schamesröte ins Gesicht. „Verzeihung, Herr Hauptmann“, stammelte er.
Lohner klopfte ihm auf die Schulter. „Wenigstens zeigen Sie Engagement. Wir gehen hinein. Sie übernehmen die Führung. Nehmen Sie drei Mann und sichern Sie den Eingang. Der Rest kommt nach. Machen Sie keinen Fehler, wir verlassen uns auf Sie!“

Junah nickte, mit einem Anflug von Stolz und eilte wieder an die Spitze der Einheit. Lohner blickt ihm nach. Thron von Terra! Wie lange war es her, seit er ein junger Soldat gewesen war? Augenblicklich fiel ihm ein, dass er auch jetzt noch nicht zum alten Eisen zählte. Junah war vielleicht nur ein paar Jahre jünger. Trotzdem, es schien eine Ewigkeit her zu sein, als er als grüngesichtiger Junge zum ersten Mal in die Armee eingetreten war. Zusammen mit einem Freund. So nervös und unerfahren! Wie sich doch die Zeiten geändert hatten. Unwillkürlich musste Lohner an seinen Freund denken. Wo er jetzt wohl war, der gute, alte Scaevola? Bei der Mobilisierung des Vierten, hatte er ihn nicht gesehen. Auch als Oberst Michaelis Klaren die Befehlsausgabe besprach, war er nicht dabei gewesen. Oberst Klaren - so viel hatte sich heute geändert! Er verdrängte das aufkommende Bild eines schreienden, mit Blut besudelten Offiziers, dessen untere Leibeshälfte völlig zerschmettert war.

Nicht zum ersten Mal dachte er an diejenigen, die ihm nahe standen. Wie es ihnen wohl ging? Ob sie noch lebten? Wie viele Freunde und Angehörige hatten seine Männer hier? Wie oft kamen ihnen dieselben Gedanken? Lohner spürte, wie seine Bewunderung für seine Männer wuchs. Sie alle wünschten sich, an einem anderen Platz zu sein. Und doch waren sie den Befehlen gefolgt, die sie von ihren Familien und Freunden getrennt hatten. Das war der Lohn des Soldaten. Um zu beschützen, was er liebte, musste er es verlassen.

Lohner bewegte sich in der Reihe seiner Männer vorwärts. Er würde den zweiten Drei-Mann-Trupp anführen. Unterwegs blickte er in die Augen der Gardisten. Ein Lächeln das erwidert wurde. Ein aufmunterndes Kopfnicken, ein Klopfen auf die Schultern. Hinter ihm machten sich die Soldaten bereit. Frische Magazine wurden in die Gewehre gerammt, Gurte festgezurrt, Bajonette aufgesetzt. Es war kein Befehl nötig, die Männer seiner Einheit wussten, was zu tun war.

Junah gab das Zeichen, das er bereit war. Lohner signalisierte; Vorwärts. Junah und seine Männer eilten durch die Öffnung. Einer nach dem Anderen verschwanden sie aus Lohners Blickfeld. Einige Bange Augenblicke lauschte Lohner aufgeregt nach den charakteristischen Geräuschen von Waffenentladungen, dem Geschrei Verwundeter oder der Detonation einer Granate. Nichts war zu hören. Lohner führte den nächsten Trupp in die Kammer. Sie war groß, mehr als zwanzig Meter breit und mindestens ebenso lang. Auf ihrer, und der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Säulengang. Durch ein großes, rundes Fenster auf der rechten Seite drang fahles Licht in die Kammer. Es verlieh den zahlreichen Fresken eine düstere, bedrückende Ausstrahlung.

Soldat Junah hatte in vorbildlicher Weise seine Männer hinter den Säulen postiert und sicherte so den Eingang. Lohner registrierte dies zufrieden. Junah war ein Mann mit Potential. Vielleicht würde er bald seine ersten Streifen bekommen. Lohners Männer verteilten sich ebenfalls hinter den Säulen. Weitere Soldaten strömten durch den Eingang und bezogen Stellung. Auf der anderen Seite kam plötzlich Bewegung in die Sache. Instinktiv eröffneten die Gardisten das Feuer. Sie sollten mit dieser Entscheidung Recht behalten. Die verdrehten Gestalten die aus der Deckung des Eingangs und der Säulen fielen, waren ausnahmslos mit Tätowierung bedeckt. Tätowierungen die die Macht des Chaos priesen und den Imperator verhöhnten. Tätowierungen, bei deren Anblick sich Lohners Magen umdrehte.

Er blickte kurz weg, um sich wieder zu fangen. Dann hob er sein eigenes Gewehr an die Wange. Er hatte ein HE-Lasergewehr Serie 5. Vom Aussehen her ähnelte es einem normalen Lasergewehr, die Durchschlagskraft seiner Waffe war jedoch erheblich stärker. Sein erster Schuss sprengte einen großen Teil einer Säule ein, hinter der ein Kultist Deckung gesucht hatte.
Zu weit rechts.
Der zweite Versuch traf den Kultisten und schleuderte ihn gegen die dahinter liegenden Wand wo er regungslos liegen blieb. Eine Salve aus einer Waffe mit fester Munition zwang Lohner, sich hinter seiner Säule zu kauern. Er spürte das leichte Trommeln von kleinen Gesteinsbrocken auf seinem Helm, die von seiner Deckung abgesprengt wurden.
Tapp-Tapp-Tapp!

Das Gefecht spannte sich zwischen beiden Seiten hin und her, ohne das eine der beiden Seiten einen Vorteil erringen konnte. Lohner war nicht bereit, dieses Patt länger hinzunehmen.
„Granatwerfer“, ordnete er über Helmkom an.
Nur Augenblicke später bekam er eine Antwort. Soldat Boshell war der Mann in diesem Trupp, der eine der tragbaren Spezialwaffen dieses Trupps trug. Es war ein Granatwerfer mit einem trommelförmigen Magazin. Solch eine Waffe war in vielen Situatoinen geradezu unentbehrlich. Der große Ullrich von Horn hatte seinerzeit angeordnet, dass die Gardeeinheiten mit schwerer, transportabler Bewaffnung versehen wurden. In jedem Zehn-Manntrupp gab es mindesten einen Flammenwerfer und eine andere Spezialwaffe wie einen Melter, einen Plasmawerfer oder eben einen Granatwerfer. Bis jetzt hatte sich seine Strategie als richtig erwiesen. Die weise Voraussicht der ruhmreichen Ahnen.

Soldat Boshell hatte ein Magazin mit Fragmentgranaten geladen. Es war eine gute Wahl. Drei Schüsse feuerte Boshell ab. Auf der gegenüberliegenden Seite explodierte die Welt einer Reihe von sich entfaltenden Feuerblüten. Eine Feuerlanze folgte und verwandelte den gegenüberliegenden Säulengang in ein Inferno. Die Schreie der Verwundeten hallten hinüber. Der süßliche Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte die Luft. Sicherheitshalber warfen Soldat Junah und zwei weitere Soldaten, noch Granaten. Die Explosionen brachten die Verwundeten zum Schweigen. Stille breitete sich aus.

Fast zögerlich überquerten die ersten Soldaten den Zwischenraum der Kammer. Soldat Junah führte sie an. Wenige Augenblicke später kam über Helmkom die beruhigende Antwort: „Raum gesichert.“
Lohner erhob sich, ebenso wie der Rest seiner Einheit. Er nickte Soldat Boshell dankend zu und betrat die andere Seite der Kammer. Es sah aus, als hätte irgendein wahnwitziges Experiment mit explosiven Chemikalien hier sein unglückliches Ende gefunden. Verdampfte Blutrückstände klebten an Säulen, Boden und der Decke. Verkohlte Leichen, völlig unkenntlich, lagen verdreht am Boden. Die teuren, kunstvollen Stuckaturen der Decke und der Wand waren infolge des Granatbeschusses stellenweise ramponiert und durch die Hitze geschwärzt. Schwarze Cherubim -Gesichter starrten Lohner vorwurfsvoll an. Sehr wahrscheinlich von seiner eigenen Familie errichtet, nun durch einen Spross derselben demoliert. Ironie des Krieges!

„Wir gehen weiter“, ließ Lohner seine Männer wissen und winkte sie den Durchgang durch, der in die unteren Ebenen führte. Plötzlich zögerte Lohner. Er hatte etwas gesehen. Nur für einen kurzen Augenblick, eine schemenhafte Gestalt. Doch Lohner war sich sicher, dieses Etwas wieder erkannt zu haben.
Er rannte los.
„Sergeant Fenton, Sie übernehmen das Kommando!“ Lohner wartete erst gar nicht auf Proteste, seitens seiner Männer. Er rannte durch einen der anderen Gänge, der in eine Treppe mündete, die nach oben führte. Da! Ein Schatten, der um die nächste Ecke gebogen war! Lohner hörte Schritte hinter sich, und drehte sich um. Es war Soldat Junah.
Doch darum konnte sich Lohner jetzt nicht kümmern. Er jagte der Gestalt weiter hinter her. Ein doppeltes Echo von Schritten, die durch Gänge und kleine Kammern hallte, die sie bei ihrer Verfolgung durcheilten. Weit dahinter Soldat Junah, der sich redlich bemühte, Schritt zu halten und verzweifelt den Hauptmann zurief, doch zu warten. Doch Lohner konnte nicht warten, diese Angelegenheit hatte viel zu lange gewartet. Er war es einem Freund schuldig.

Nach etlichen Minuten, darunter weiteren Aufgängen und Stufenabschnitten, kam Lohner über eine Treppe in einem weitläufigen Gang an. Ehrwürdige Portraits und Statuen flankierten die beiden Seitenwände. Der Gang krümmte sich nach rechts, so, als folge er einer Biegung. In dieser das dichte Wolkenband am Himmel durchschien, beleuchtete ein schräg hereinfallendes, düsteres Licht durch große Seitenfenster auf die Szenerie.

Er hatte die Orientierung vollständig verloren. Wo er sich genau befand, konnte er nicht sagen. Das einzige was er wusste war, dass sie bereits relativ hoch waren. Vielleicht sogar direkt unter dem Dach, dafür würde die Krümmung des Daches sprechen. Demnach waren sie direkt unter der großen Kuppel des Gouverneurspalasts. Die Schritte vor ihm waren verstummt. Kein Echo kam mehr von vorne. Nur noch von hinten.

Keuchend erreichte Soldat Junah die untere Treppe. Lohner blickte zu ihrem Fuß, wo ein völlig erschöpfter Junah erst wieder zu Kräften kommen musste. Er warf ihm einen missbilligenden Blick zu in dem Wissen, dass er eigentlich nicht dazu berechtigt war. Immerhin hatte er gerade seine Männer in dem Moment im Stich gelassen, als sie einen Durchgang zur Kommandoebene gefunden hatten. Auf seiner Jagd nach der ominösen Gestalt, war ihm die Lächerlichkeit seines Handelns bewusst geworden. Doch er hatte es nicht übers Herz gebracht, einfach stehen zu bleiben. Er hatte eine Ahnung gehabt, und seine Ahnungen hatten in bis jetzt noch nie betrogen. Manchmal hatten sie ihm sogar das Leben gerettet.
„Kommen Sie, Junah! Wenn Sie schon da sind, können Sie sich auch nützlich machen!“, befahl Lohner dem erschöpften Soldaten, der mit scheinbar letzter Kraft die Stufen erklomm.
Die beiden Imperialen bewegten sich vorsichtig den Gang entlang, wobei sie sich gegenseitig Deckung gaben. Vorbei an den Büsten längst verstorbener imperialer Würdenträger. Selanus XV, der dreiundzwanzigste Gouverneur Autrias. Dann die Statue Marschall Stiven Defangis, und andere, die Lohner unbekannt waren. Scaevola hätte sie sicher gekannt. Lohners Gesicht verfinsterte sich. Gleich war es geschafft!

Die beiden hielten vor der Tür, hinter der Lohner die Gestalt vermutete. Wortlos schob sich Junah an Lohner vorbei und übernahm die Führung. Lohner ließ dies geschehen. Es war eine der Grundregeln. Niemals sollte der Höherrangige zuerst in unbekanntes Territorium vordringen. Lohner wusste auch, dass mehr dahinter steckte. Eine heroische Geste, die keiner Worte bedurfte.

Sie gingen durch. Zuerst Junah, dann Lohner. Der Raum entsprach in seinem Grundriss der Kammer, in der die Jagd begonnen hatte. Auf beiden Seiten gab es eine Säulenreihe, in den Abständen dazwischen befanden sich jedoch große Bottiche aus weißem Stein, in denen verschiedene exotische Pflanzen eingebettet waren. In der Mitte des Raumes, der durch ein Oberlicht reichlich Licht bekam, standen weiße, marmorne Steinbänke und Tische. Offenbar ein Erholungsraum für die in diesem Stockwerk arbeitenden Adepten. Verlassen und leer war der Raum, keine Gestalt war zu sehen, nicht einmal ein Schatten.

Lohner sah den zweifelnden Blick in Junahs Augen, als sich dieser zu ihm undrehte. Junah öffnete den Mund, um ihn eine Frage zu stellen. Lohner wusste die Frage bereits. Und was jetzt?
Aus Junahs Mund quoll ein Blutstrom. Lohner warf sich auf ihn. Die beiden Leiber überschlugen sich einmal, zweimal.
Lohner achtete nicht auf den protestierenden Schmerz seiner aufgeschürften Ellbogen und Schienbeine und zog Junah hinter die Deckung eines Pflanzenbottichs.
Der Nachhall der Laserpistole brach sich an den Wänden, verstärkte sich dadurch und verfolgte sie in ihre Deckung. Wie das Zischen einer erbosten Schlange.
Lohner kümmerte sich hastig um den verletzten Junah. Er hatte dunkles Blut erbrochen. Ein gutes Omen, wenn man so etwas in ihrer Lage sagen konnte. Das Blut einer Vene, wahrscheinlich eine oberflächliche Verletzung.
Lohner fand sie rasch. Eine Halswunde, fast nur ein Streifschuss. Mit festem Druck legte er eine Kompresse an die Wunde und legte zur Stabilisierung Junahs Hand daran. Es war kein Wort nötig, ein Blick in Junahs Augen reichte. Der Soldat wusste, dass sein Leben nun in seiner eigenen Hand lag. Er würde nicht loslassen. Und Lohner würde ihn nicht verlassen.

Ihre Hauptwaffen waren außerhalb ihrer Reichweite. Keine zwei Meter entfernt lag sie auf dem blanken, ornamentierten Fussboden. Übereinander gekreuzt, fast wie das Abzeichen einer Einheit. Lohner zog seine eigene Laserpistole und feuerte zwei Schüsse ab. Doch er wusste, dass er damit allein sein Gegenüber nicht schlagen würde.

„Cassius?“, fragte er in die anschließende Stille der Kammer.
„Wer will das wissen?“, kam die höhnische Antwort. Lohners Herz tat einen Sprung vor Aufregung. Also hatte er mit seiner Vermutung doch recht gehabt!
„Ich bin Hauptmann Lohner, vierte Garde. Ergeben Sie sich jetzt und ich werde Gnade walten lassen!“
Höhnisches Gelächter kam als Antwort.
„Ergeben. Ich soll mich Ihnen ergeben, Hauptmann?“, spottete Cassius. Das Echo der Wände machte es für Lohner schwer, sein Ziel zu finden. Vielleicht hinter der vierten Säule von links? Was war das dort, nur ein Schatten oder doch mehr?
„Warum ergeben sich denn Sie nicht!“. Die Stimme schien von überall zu kommen. Von Rechts, vorne, hinten. Hastig blickte sich Lohner um.
„Wieso sollte ich?“, erwiderte Lohner und feuerte einen Doppelschuss auf den Ort, hinter dem er Cassius vermutete. Er traf nur nackten Stein, der Schuss prallte ab, und wurde zu einem Querschläger der schließlich wirkungslos an der Decke verpuffte.
„Na, na, Sie werden doch nicht versuchen mich umzubringen, Imperiumsheld“, spottete Cassius. „Jetzt, wo wir uns gerade kennen gelernt haben.“ Die Stimme schien nun von einer anderen Stelle zu kommen.
„Wie war das noch mal? Lohner, vierte Garde, kennen Sie dann vielleicht einen gewissen Florjan …“
„Das ist nicht mehr seine Name“, unterbrach ihn Lohner scharf. Er konnte sich nur zu gut erinnern. „Er ist ihm genommen worden. Und ich kenne auch ihren Anteil daran. Sie haben ihn im Stich gelassen und sich fein aus der Affäre gezogen. Sie haben ihn zu seinem Schicksal verdammt!“ Vor lauter Wut feuerte Lohner weitere Schüsse aus seiner Pistole ab die auch ohne Wirkung blieben. Die Energieanzeige neigte seines Magazins neigte sich bedrohlich dem Ende zu.

Es war seiner Wut geschuldet, die er zügeln sollte. Doch so leicht war es nicht. Es schien wieder zurück zu kommen, all die unliebsamen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Zwar hatte er es nicht selbst erlebt, aber er nahm Anteil an dem Schicksal seines Freundes Scaevola. Vor langer Zeit, war Scaevola ein Student an der hiesigen Universitas gewesen und Teil eines Studentenzirkels. Doch das Studium alleine hatte ihnen bald nicht mehr genügt. Zu viele Dinge fanden sie ungerecht, wie die Reichen die Armen mitleidlos ausnahmen. Das Imperium, so argumentierten sie, wäre grausam und bedürfe einer grundlegenden Reform, da es nicht mehr dem Willen des Imperators entspräche. Lohner hatte Scaevola ein paar Mal zu ihren Diskussionsrunden geleitet, doch schnell wieder davon Abstand genommen. Und er hatte auch versucht, seinen Freund davon abzuhalten, die Treffen weiter zu besuchen. Die Aussagen waren ihm zu radikal, besonders deren charismatischer Anführer war ihm schon damals unbehaglich gewesen. Und er war nicht der Einzige, der es so sah. Konfrontiert mit solch harscher Kritik, hatten die planetaren Behörden energisch durchgegriffen. Das Adeptus Arbites kannte keinerlei Pardon bei etwas, das verdächtig nach Rebellion roch. Scaevola hatte alles verloren. Seine Studiumsberechtigung, sogar seinen Namen und zur Strafe wurde er in den Armeedienst geschickt. Es gab in der autrianischen Kultur keine höhere Strafe, als sich des Namens seiner Familie nicht würdig zu erweisen.


Verdammt, was wissen Sie schon darüber?“, ätzte Cassius aus seinem Versteck. „ Ihr unwissenden Narren habt doch keine Ahnung, welche Dimension sich hinter diesem Wort verbirgt. Vielleicht sollte ich meinen Lord holen, damit er ihnen diese näher erläutert“, Cassius kicherte giftig bei diesem Gedanken. „Wollen Sie das, Hauptmann? Soll ich Lord Mitaugor holen um Sie zu läutern?“
„Wer ist Mitaugor?“, fragte Lohner verwirrt.
„Unsere Erlösung!“, rief Cassius plötzlich so laut, dass sein Echo von allen Seiten auf Lohner einstürmte.
„Die Erlösung für einen vom unfähigen Adel in Knechtschaft gehaltenen Planeten. Die Erfüllung all unserer Träume. Lord Mitaugor wird uns in befreien. Etwas, wofür Florjan und andere damals gekämpft haben, wird nun wahr. Öffnen Sie ihre Augen Hauptmann und empfangen Sie die Wahrheit!“
„Welche Wahrheit?“, wollte Lohner wissen.
„Die universale Wahrheit, wie sie nur das Chaos bringen kann. Das Imperium ist ungerecht, es knechtet Milliarden von Menschen unter einer unfähigen Bürokratie beherrscht von einer kleinen, korrupten Elite. Der Schrei der Geknechteten und Gequälten hallt durch die Galaxis. Der Warp hat diesen Schrei gehört und uns Lord Mitaugor gesandt.“ Cassius hatte sich in Rage geredet. Bei der Erwähnung des Chaos drehte sich Lohner unwillkürlich der Magen um.
„Wachen Sie auf, Cassius! Das Chaos ist Verderben, es bringt keine Erlösung. Es befreit nicht, sondern knechtet. Um ihrer Seele willen, geben Sie auf, Cassius!“
„Meine Seele gehört dem Warp. Das Chaos alleine schafft Gleichheit. Es kennt keinen Klassen, und kümmert sich um seine Anhänger, nicht wie diese sterbende Marionette auf ihrem Thron zu Terra!“, erwiderte Cassius kreischend und stürmte aus seiner Deckung. In jeder Hand hielt er eine Laserpistole und feuerte damit auf Lohners Deckung.
„Dann stirb Ketzer“, brüllte Lohner, den die widerliche Lobpreisung des Chaos ebenfalls in Rage gebracht hatte. Er sprang ebenfalls aus seiner Deckung hervor, wobei er nicht auf die Einschläge neben ihn achtete, die seine Umgebung zerstörte.
Lohner hechtete über den großen Steinbottich vor ihm und bemerkte die durch Einschüsse aufgewühlte Erde nicht, die ihm ins Gesicht spritzte. Er rollte sich ab und hob seine Laserpistole auf den anstürmenden Cassius.

Letzten Endes entschied die Erfahrung. Cassius war ein begabter Reder, ein hervorragender Politiker mit dem dafür notwendigen Instinkt. Aber er war ein schlechter Schütze. Dazu kam noch der erschwerende Umstand, in der Bewegung zu treffen. Ein Anfängerfehler, den Lohner nicht machte. Er blieb in seiner knienden Position und feuerte zwei Schüsse. Die letzten in seinem verbrauchten Magazin. Sie trafen, ihm Gegensatz zu den etlichen Schüssen, die Cassius abgegeben hatte. Zwei saubere Treffer, in Hals und Brust. Cassius sank ungläubig zu Boden, die Pistolen fielen scheppernd aus seinen kraftlosen Händen.

Er wollte noch etwas sagen und öffnete den Mund. Blut quoll heraus, hellrot, arteriell. Dann hauchte der Führer der parlamentarischen Opposition und Nummer zwei in Mitaugors Gefolgschaft sein unwürdiges Leben aus. Das war alles, woran man sich in Zukunft erinnern würde. Verräter, dieser Makel würde auf ewig an seinem Namen haften bleiben.

„Für Scaevola“, murmelte Lohner, der sich erheben wollte. Seine Beine versagten ihren Dienst. Ungläubig sah Lohner hinunter. Da sah er es zum ersten Mal. Ein roter Fleck im Unterleib. Deshalb also die besorgten Blicke seiner Männer! Lohner fuhr mit der Hand unter die Jacke. Eine rot durchnässte Hand zog er zurück und hielt sie entsetzt vor sein Gesicht. Wie war das passiert?
Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
Auf der Treppe, im Gefecht mit den Kultisten. Der eine Hieb, dem er ausgewichen war, hatte ihn anscheinend doch getroffen!
Von anderen Veteranen hatte er schon davon gehört, dass man mit tödlichen Verwundungen und ohne Schmerzen weiterkämpfen konnte, bis man schließlich umkippte. Panik bemächtigte sich seines Verstandes. Nein, es durfte nicht sein! Es konnte nicht sein. Nicht jetzt, nicht jetzt, wo er alles wieder ins Lot gebracht hatte!
Eisige Kälte stieg seine Beine hoch. Langsam, unerbittlich. Mit letzter Kraft zog sich mit seinen Armen fort. So, als könnte er damit seinem Schicksal entkommen. Oder es doch für einige Minuten hinauszögern.
„Bitte“, flehte er den steinernen Engel an, der ihm von der Decke entgegenblickte. Das kalte, steinerne Gesicht blieb stumm. Die marmornen Augen blickten ihn emotionslos an.

Bilder stiegen vor seinem geistigen Auge auf. Seine Jugend, seine Familie, seine Freunde. Wie er Scaevola auf Mitanni Sigma aus diesem Habitatsgebäude getragen hatte, wobei sich Scaevola auf ihn gestützt hatte. Wie sie sich darauf im Kreis der Soldaten zur Feier betrunken hatten. Um ein Lagerfeuer, lachend und Lieder singend. Wie ihn Livia zum ersten Mal geküsst hatte, bei Vollmond. Wie sich an einem sonnigen Tag lachend über ihn gebeugt hatte und ihr die Haare ins Gesicht fielen, als sie im Gras eines Parks lagen. Wie er sie nach seiner Rückkehr zum ersten Mal wieder gesehen hatten.

Die Kälte stieg höher, seinen Unterleib hinauf. Lohner öffnete den Mund, er wollte etwas sagen.
„Livia“, brachte er mühsam heraus. Es war ihr Gesicht, das er als letztes sah. Eine Erinnerung an bessere Zeiten. Dann schlossen sich seine Augen und Dunkelheit umfiel ihn.

Und so fand ihn Scaevola schließlich. Ausgestreckt, am Boden liegend. Er nahm seinen Kopf mit beiden Händen, neben ihm kniend. Der schnell erkaltende Leichnam machte deutlich, dass keine Rettung mehr möglich war, wie damals auf Mitanni Sigma. Er konnte sich bei seinem Lebensretter nicht revanchieren.

Rings um ihn standen betroffen die Männer des 78. und sahen zu, wie Tränen den Boden rund um Lohner benässten, als Scaevola hemmungslos den Tod seines Freundes beweinte.
 
Die große Kuppel des Gouverneurspalastes war eine der Attraktionen der Stadt. An normalen Tagen drängten sich die Besucherkolonnen um sie zu bestaunen. Doch dies war kein normaler Tag. Nichtsdestoweniger fesselte der Anblick General Montecuccoli. Die hohe Kuppel schraubte sich in luftige Höhe, um schließlich in mehr als hundert Metern Höhe ihren krönenden Abschluss zu finden. Sie war über und über mit Motiven der imperialen Geschichte geschmückt. Vertreter fast jeder imperialen Institution waren zu finden, natürlich auch überlebensgroße Abbilder von imperialen Soldaten und sogar Astartes. Sie wetteiferten mit den Abbildern von Engeln und imperialen Heiligen um die höheren Plätze. An der Spitze dirigierte der Imperator in goldenerer Rüstung, die von hellem Licht umflutet war, voller Elan und Kraft die Schlacht gegen die Feinde der Menschheit. Neben dem Imperator kniete Generalfeldmarschall Ullrich von Horn, geschmückt mit dem Lorbeerkranz des Sieges, ein gehorsamer Diener seines Herrn. Roboute Guillaume und seine Astartes, die Sons of Guillaume, waren ebenfalls vorhanden. Fast spielerisch leicht vertrieben sie eine Horde winselnder Nichtmenschen.

Wo die Imperialen strahlend und groß waren, wirkten ihre Feinde klein und verängstigt. Die Xenos, die Guillaume und seine Söhne jagten, waren allem Anschein nach Orks. Allerdings war dies schwer festzustellen, da ihre Gestalten so schmächtig dargestellt waren. Sogar normale Menschen waren Riesen im Vergleich zu den Grünhäuten. Montecuccoli konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Wenn es doch nur in der Wirklichkeit so wäre!

Trotz allem bot der Anblick ein beeindruckendes Bild. Ein Zeugnis von der Kunstfertigkeit des Imperiums. Eine beachtliche Leistung, die da von ihren Vorfahren vor mehr als fünf Millennien erbracht worden war. Alles, was sie jetzt noch tun konnten, war, diese Leistung für die Nachwelt zu konservieren. Ein Gerüst stand an einer Seite, offenbar für Restaurierungsarbeiten der Bilder. Wie die Kuppel, dachte der General. Es war ein Sprichwort auf Nova Autria. Die Ausbesserungsarbeiten an der gewaltigen Kuppel fanden kein Ende. Kaum war man an einer Stelle fertig, bedurfte ein anderer Teil wieder einer Renovierung. Wie die Kuppel war damit zu einem geflügelten Wort für etwas geworden, das ewig dauern würde.

Hauptmann Lohner hatte einmal, bei einer Nachtfeier auf Mitanni Sigma sein Glas gehoben und auf die Kuppel getrunken, die seiner Familie ihr Einkommen brachte. Eine Quelle, die niemals versiegen möge, hatte er gesagt. Scaevola war ihm lakonisch ins Wort gefallen: „Wie die Kuppel!“ Sie hatten damals alle gelacht. Es war ein schöner Abend gewesen, befand Montecuccoli. Im Kreis seiner Ofiziere war er sich zum ersten Mal bewusst geworden, dass dies seine Berufung war. Er war Soldat, mit jeder Faser seines Körpers. Es war seine Bestimmung, und die vierte Garde war sein Zuhause.

„Wie die Kuppel“, murmelte der General leise vor sich hin. Diese Kuppel war auch ein Sinnbild des Imperiums. Vor ewigen Zeiten, von ihren ruhmreichen Ahnen errichtet, konnten sie jetzt nicht mehr tun, als es am Leben zu erhalten. Ein beängstigendes Bild, doch Montecuccoli war bereit dafür. Er war bereit diese Investition zu tätigen. Mit seinem Leben, wenn es nötig war, damit all das Gute und Schöne in der Menschheit weiter existieren konnte. Er war Soldat, es war seine Aufgabe gegen die Feinde der Menschheit zu kämpfen.

Danach wurden die Überlegungen des Generals obligatorisch. Sie wurden quasi überflüssig. Die Feinde der Menschheit lösten sich aus der Wand und kamen mit drohendem Schritt auf ihn zu. Der fleischgewordene Alptraum einer jeden imperiumstreuen Seele. Vier gerüstete Riesen in blauer Servorüstung mit silberner Verzierung und gehörnten Helmen. Eine Parodie der Sons of Guillaume, jedoch mit einer deutlich barockeren Version ihrer Rüstung. Anstelle des Zeichens der Sons of Guillaume, prangte an ihrem Schulterschützer eine grüne, mehrköpfige Hydra. Ein Zeichen, das bei Montecuccoli Abscheu und Angst hervorrief.

Montecuccolis Herz sank beim Anblick der näher kommenden Riesen das Herz in der Hose. Sie erinnerten ihn an Sergeant Quintillian, wie er aus der Schlacht in der Empfangshalle der Häuser gekommen war. Überlegen, selbstsicher. Doch der Gang ihrer Feinde offenbarte noch etwas anderes. Absolute Bosheit, die ihnen bei jedem ihrer donnernden Schritte, wie ein giftiger, unsichtbarer Nebel entwich. Unwillkürlich ging Montecuccoli einen Schritt zurück. Er stieß an einen Widerstand. Es war Sergeant Quintillian, der unbeeindruckt in seiner Rüstung hinter ihm stand. Er blickte ihn durch seinen Helm an.
„Gehen Sie zur Seite, General“, ertönte es mechanisch aus seinen Helmlautsprechern.

„Ja, hören Sie auf den Welpen“, ertönte es von der anderen Seite. Die Chaos Marines waren ebenfalls stehen geblieben. Der vorderste aus ihrer Reihe. Maron Mitaugor höchstpersönlich, hatte gesprochen. Ebenfalls durch seinen Helm, ebenfalls durch einen Lautsprecher. Allerdings konnte auch dieser nicht den unheilvollen, verderbten Ton der Stimme vollständig wegfiltern.

„Also, wie wollen wir es machen, Welpe? Bist du Manns genug, für ein ehrenhaftes Duell?“, höhnte der Chaos Marine.
„Ihr habt keine Ehre mehr, Verräter“, kam Quintillians Antwort. Trotzdem zog er sein Kettenschwert und rannte auf den Feind los. Die beiden anderen Marines folgten seinem Beispiel. Surrend erwachten die Kettenschwerter zum Leben. Die Chaos Marines folgten ihrem Beispiel.

Was nun folgte war ein Gefecht, wie es schon unzählige davor gegeben hatte. Eine Geschichte, die sich seit dem großen Bruderkrieg auf unzähligen Planeten unzählige Male ereignet hatte. Für Montecuccoli war es das erste Mal. Es schien, als wären die Urgewalten entfesselt worden. Die Marines teilten Hiebe aus und steckten solche ein, die einen normalen Menschen auf der Stelle niedergestreckt hätten. Es war so, als würde man zwei entfesselten Urgewalten im Wettstreit zusehen. Sergeant Quintillian duellierte sich mit dem Anführer der Chaos Marines, während die anderen beiden Marines mit den drei weiteren Verrätern kämpften.

Montecuccoli zögerte, in den Kampf einzugreifen. Was konnte ein normaler Mensch bei solchen Giganten schon ausrichten? Er zog seinen Energiesäbel und betrachtete ihn. Die gebogene Klinge wirkte zierlich, angesichts der gewaltigen Kettenschwerter der Kämpfenden. Hilfe suchend wandte er seinen Blick gen Himmel. Der Imperator schien ihn direkt anzublicken, bis in sein Herz. Montecuccoli senkte den Blick. Er hatte verstanden und würde gehorchen. Bis zum letzten Atemzug. Er war ein Diener des Imperators.

Quintillian war in den Kampf mit dem gegnerischen Anführer vertieft. Sie lieferten sich ein heftiges Duell. Ein Duell, das zu keinem Augenblick unterbrochen wurde. Hiebe und Finten wechselten sich in rascher Reihenfolge ab, mal links, mal rechts. Montecuccoli eilte hinzu. Die Chancen waren in diesem Kampf größer. Er legte seine ganze Kraft in einen vernichtenden Hieb in die Seite und …

-richtete keinerlei Schaden ans. Er war einer der besten Schwertkämpfer seines Regiments, ein starker, athletischer Mann. Doch sein Hieb prallte wirkungslos an der Rüstungs Mitaugors ab, hinterließ nur einen Kratzer. Montecuccoli sah den Schlag nicht kommen. Mitaugor schlug ihn mit seiner stachelbewehrten Faust, so wie man lästige Insekten verscheucht.

Der Schlag brach Montecuccoli mehrere Rippen, die Stacheln rissen die Haut auf, verursachten eine klaffende Wunde. Montecuccoli wurde zu Boden geschleudert. Bevor er das Bewusstsein verlor, sah er noch, wie sich Quintillian zwischen ihn und Mitaugor schob, um ihn zu decken. Dann wurde ihm schwarz vor den Augen. Dunkelheit umfing ihn.

***

Loren hielt sich zurück, obwohl es ihm widerstrebte. Er verbarg sich im Dunkel des Gerüsts, so wie es ihm sein Meister befohlen hatte. Das Präzisionsgewehr, ein Averion 35, lag in seinem Schoss, bereit zum Einsatz. Aufmerksam betrachtete Loren die Szenerie vor ihm. Die Geräusche des Schwertkampfs drangen an sein Ohr. Weit unter ihm befanden sich drei loyale und vier Chaos-Marines in einem Schwertkampf auf Leben und Tod. Der Imperiumsgeneral war eben von einem der Verräter, zweifelsohne ihr Anführer, mit einem brutalen Hieb seiner Faust zu Boden geschickt worden. Der General lag da, und rührte sich nicht mehr. Der loyale Marine, ein Sergeant der Sons of Guillaume sprang zwischen den Chaos-Marine und sein Opfer. Er führte eine Serie von Schlägen und Hieben aus, so dass der Kampf sich vom ohnmächtigen General wegbewegte.

Loren konnte sich nicht mehr darauf konzentrieren. Sehr vorsichtig lud er sein Gewehr. Sein Meister hatte ihm deutlich eingeschärft, diese Munition mit größter Sorgfalt zu behandeln. Als Loren eine der Patronen in die Munitionszufuhr des Gewehrs schob, spürte er, wie die Flüssigkeit in der Patronen hin- und herschwappte. Loren spürte, wie ihm Angstschweiß über die Stirn rann. Ein kleiner Fehler genügte, um sein Leben zu beenden.

Die Patronen trugen ein seltenes Gift in sich. Eine Substanz, gewonnen aus den merkurischen Sumpforchideen. Es war eine der wirksamsten und gefährlichsten Waffen in der Galaxis. Loren konnte es nicht glauben, aber sein Lord hatte ihm erklärt, dass das Gift in der Lage war, einen Astartes für eine kurze Zeit in einen paralytischen Zustand zu versetzten. Eine unglaubliche Waffe! Wenn dieses Gift beim überlegenen Organismus eines Astartes nur ein wenige Minuten andauernde Lähmung verursachen konnte, was würde es dann bei einem normalen Menschen bewirken? Loren mochte sich dies nicht vorstellen. Es war ein deutliches Zeichen der Macht seines Herrn, dass er in den Besitz dieser Waffe gekommen war. Nur wenige Menschen in der Galaxis hatten den Einfluss, oder auch nur die Fähigkeiten, sich solcher Mittel zu bedienen.

Loren wurde sich wieder einmal bewusst, dass es nicht ratsam war, eine solch mächtige Person zu verärgern. Er schob die letzte Patrone in die Zufuhr und lud durch. Er stützte sich mit seinem linken Bein an einer Strebe des Gerüsts ab, um eine stabilere Schussposition zu bekommen. In hockender Stellung legte Loren das Gewehr an. Der kühle Stahlrahmen schmiegte sich beruhigend an seine Wange, während sich der automatische Zielsensor selbstständig an sein Auge anpasste, und so ein präzises Bild lieferte. Die Zielerfassung schwankte hin und her. Loren suchte mit seinem Gewehr nach einem passenden Ziel. Der Fünfkampf zwischen den beiden loyalen und den drei Chaos-Marines war zu hektisch, als das man ein sicheres Ziel fand. Loren schwenkte sein Gewehr. Das Duell zwischen dem Sergeant und dem Anführer der Chaos-Marines war in seine letzte Phase eingetreten. Trotz Rüstung und Helm konnte Loren an dessen Körperhaltung erkennen, dass der Sergeant am Ende seiner Kräfte war. Die linke Hand seines Gegners war von violetten, psionischen Ranken umgeben. Loren atmete aus und hielt den Atem an. Gleich würde es vorbei sein. Er fand sein Ziel, die Schnittstelle zwischen blauem Schulterpanzer und der Rüstung. Er schoss. Das Projektil strebte unaufhaltsam seinem Ziel entgegen. Nichts würde es stoppen können.

***

Für Scaevola war die Zeit stehen geblieben. Was rund um ihn passierte, fand bestenfalls am Rand seiner Wahrnehmung statt. Sein Blick war auf das starre Gesicht seines Freundes gerichtet, das er immer noch in seinen beiden Händen hielt. Richard Lohner sah so friedlich aus. Fast so, als würde er friedlich schlafen. Doch obwohl sich Scaevola dieses Szenario wünschte, war es ihm klar, dass es für seinen Freund kein Erwachen mehr gab.

„Der Imperator beschützt“, flüsterte Scaevola mit tränenerstickter Stimme.
Der Imperator beschützt.
Richard hatte dies immer zu ihm gesagt, mit einem Lächeln auf den Lippen. Während ihrer Grundausbildung in der Garde.
Der Imperator beschützt.
Er beschützte sei beim Drill, bei ihrem Kampftraining. Ebenso während der Offiziersausbildung und später auf Mitanni Sigma. Da hatte es Richard zum letzten Mal zu ihm gesagt. Als er ihn aus der der Hab-Wohneinheit getragen hatte. Dort, auf diesem fernen Planeten hatte Scaevola eigentlich alle Hoffnung jemals wieder lebend nach Hause zu gelangen, aufgegeben. Stattdessen hatte Lohner ihm unerwartet Hilfe gebracht.

Lohners Einheit hatte ihn evakuiert. Richard war während seines Transports zu den medizinischen Einrichtungen nicht einen Augenblick von seiner Seite gewichen. Nicht im Kommando-Salamander, in dessen Laderaum er gelegen war, oder während ihn die Sanitäter auf einer Bahre ins Lazarett getragen hatte. Sein Freund war immer da gewesen. Bevor sie ihn den Operationssaal gebracht hatten, hatte er noch seinen Freund gefragt.

„Wo sind wir Richard?“. Schon leicht benebelt durch Medikamente. Richard hatte seine Hand ergriffen und lächelnd geantwortet:
„Der Imperator beschützt!“
Dabei hatte er ihm eine Kette mit einem silbernen Aquila in die Hand gedrückt und diese zur Faust geballt. Als Scaevola nach der Operation aufgewacht war, hatte er die Kette immer noch in der Hand gehalten. Erst da war es ihm bewusst geworden, dass ihm Richard seinen persönlichen Glücksbringer mitgegeben hatte.

„Der Imperator beschütze deine Seele!“ Scaevola schoss mit seiner Hand die Richards Augen. Der starre Blick verschwand hinter den geschlossenen Augenliedern. Richard war nun im ewigen Schlaf. Scaevola wendete sich ab. Sein Blick fiel auf Richards rechte Hand, zur Faust geballt, die etwas hielt. Er öffnete sanft die Faust, doch er auf den Anblick nicht vorbereitet. Ein silberner Aquila an einer Kette.

Mit zittriger Hand nahm Scaevola die Kette in seine Hand. Neben dem imperialen Adler baumelte ein weiterer Gegenstand. Ein kleines Medaillon. Saevola öffnete es. Ein hololothisches Portrait entfaltete sich. Das Gesicht einer jungen, hübschen Frau mit blond gelockten Haaren lächelte ihn an. Scaevola schloss das Medaillon wieder. Er hatte eine Ahnung, wer diese Person war. Er würde das hier überleben, und ihr das Medaillon geben. Dies war seine Mission.

Erstaunte Ausrufe rissen Scaevola aus seinen Überlegungen. Die Soldaten hatten die zweite Leiche umgedreht und überrascht festgestellt, dass es sich dabei um niemanden Geringeren als den Anführer der parlamentarischen Opposition handelte. Scaevola schob sich durch den Kreis der schaulustigen Soldaten. Erstaunt stellte er ebenfalls fest, wer der Getötete war.

„Durchsuchen“, befahl er den bei der Leiche knienden Soldaten. Diese machten sich daran, die Leiche zu inspizieren. Sie förderten verschiedene Gegenstände an das Tageslicht. Energiemagazine für die beiden Laserpistolen, ein Kom-Gerät, verschiedene private Habseligkeiten, eine Datentafel, eine Kette mit einem faustgroßen runden Medaillon.

Scaevola wies den Soldaten an, dieses Medaillon zu öffnen. Es lies sich nicht aufklappen. Ratlos blickte der Soldat Scaevola an.
„Geben sie her“, befahl er den Soldaten. Die Bildkapsel baumelte schwer an der langen Kette. Man konnte es zweifelsohne unter seinen Gewändern tragen, ohne das jemand es bemerken würde. Scaevola untersuchte den Rand genauer. Es war ein kostbar ausgearbeitetes Stück. Am reich verzierten Rand fand sich eine künstlich angebrachte kleine Vertiefung mit einer eingesetzten kleinen roten Linse. Sie war klein, nicht größer als ein Fingerabdruck. Das Gehäuse strahlte Wärme aus, so als würde in seinem Inneren etwas pulsieren. Scaevola war sich nicht sicher, ob er diesem Geheimnis auf den Grund gehen sollte. Doch irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass dieses Medaillon die Antwort für all das hier barg.

Scaevola ging zur Leiche und führte Hand zur Vertiefung. Der rechte Zeigefinger berührte die Linse und das Gehäuse erwachte zum Leben. Es war ein genetisch-codierter Behälter. Nur der Gen-Schlüssel des Besitzers ließ das Medaillon aufklappen. Mikro-Sensoren scannten den Finger und erkannten ihn. Die in das Gehäuse eingesetzten Steine begannen grün zu leuchten, als sich das Medaillon wie eine erwachende Blüte entfaltete.
Auf den Blick, der sich den Soldaten bot, war keiner von ihnen gewappnet. Das Medaillon projizierte einen Lichtstrahl in die Luft. Der achtzackige Stern des ungeteilten Chaos rotierte vor ihren Augen um seine vertikale Achse. Eine tiefe, verdorbene Stimme aus dem Inneren des Medaillons ertönte:
„Heil Lord Mitaugor, Sieger über tausend Schlachten. Ich Cassius, Nummer Zwei, leiste ewige Gefolgschaft …“
Danach folgten Worte in einer, den Imperialen unbekannten Sprache. Es war ohne Zweifel eine der geheimen, verdrehten Sprachen das Warp. Obwohl sie die Worte nicht verstanden, waren deren Auswirkungen auf die Soldaten doch verheerend. Mehrere der jungen Soldaten waren auf ihre Knie gegangen und würgten angesichts der blasphemischen Worte aus dem Medaillon. Andere schrieen vor Entsetzen und wichen zurück, als könnte das Medaillon sie tatsächlich attackieren. Absolut jeder der imperialen Soldaten hatte einen bestürtzten Gesichtsausdruck.

Scaevola hatte das Medaillon hastig fallen gelassen, als die Chaos-Rune erschienen war. Das Medaillon lag immer noch geöffnet am Boden und gab in Bild und Ton widerliche Hymnen auf das Chaos von sich. Hastig warf sich Scaevola auf das Gerät und schloss es. Fast protestierend verstummte es und der Lichtstrahl erlosch. Drückende Stille folgte nur unterbrochen von dem Geräusch dutzender Kehlen, die atemlos nach Luft holten.

Scaevola war der Erste, der wieder seine Fassung erlangte. Es dauerte seine Zeit, bis aus den geschockten Männern wieder Soldaten wurden. Gemeinsam mit den anderen Offizieren und Unteroffizieren gelang es Scaevola jedoch. Nach einer Zeitspanne allerdings, die ihm wie eine halbe Ewigkeit vorkam. Währenddessen sprangen Scaevolas Gedanken herum. Wie konnte Cassius nur so tief sinken? Scaevola fielen unwillkürlich all die Geschichten aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit ein. Gemeinsam hatten sie gegen ein System rebelliert, das sie für grausam und ungerecht hielten. Ein System, das einigen wenigen zur Bereichung diente, während es die Massen in Unwissenheit und Knechtschaft hielt.

Sie waren jung gewesen. Jung und idealistisch. Stundenten an der großen Scipio-Universitas. Bereit gegen die „Missstände“ anzukämpfen. Feurige Reden wurden gehalten und einige Aktionen durchgeführt, die sie in Konflikt mit der Obrigkeit gebracht hatte. Am Ende hatte sich die Spreu vom Weizen getrennt. Cassius, der große Demagoge und leidenschaftliche Anführer ihrer Sache hatte aufgrund seiner Familie und ihres Einflusses nichts zu befürchten. Andere, in der planetaren Hierarchie weitaus unbedeutendere Akteure waren dagegen verurteilt worden. Auf Scaevola hatte das Los der Garde gewartet. Die harte, gnadenlose Ausbildung in der imperialen Armee, die seinen Willen brechen sollte. Doch sie hatte das Gegenteil bewirkt. Anstatt ihn zu brechen, hatte es ihn nur gestärkt. Mit Techniken und Fähigkeiten ausgestattet, die sich ein normaler Bürger des Imperiums nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen konnte. Die Garde hatte ihm wieder ein Ziel für sein Leben gegeben. Und er hatte Erkenntnis erlangt. Und zwar in zweierlei Hinsicht.

Zum Einen hatte er erkannt, dass es trotz all seiner Schwächen, das Imperium ohne Alternativen war. In der Galaxis lauerten unvorstellbare Gefahren. Auf Mitanni Sigma war ihm diese Wahrheit unerbittlich vor Augen geführt worden. Das Imperium, mit all seiner Ungerechtigkeit und Starrheit war allemal einem Ork-Waagh vorzuziehen. Das Imperium musste hart sein um den Xenos entgegen zu treten. Den Orks, den verschlagenen Eldar oder dem drohenden Chaos. Es gab keine Alternative zum Imperium. Cassius war den Weg der Rebellion bis zum bitteren Ende gegangen. Es hatte ihn in die Arme des Chaos getrieben, des Erzfeindes, der sich an Tod und Leid ergötzte. Scaevola schauderte bei dem Gedanken, das genauso gut er an Cassius Stelle hätte sein können. Letzten Endes, und Scaevola war sich der Ironie daran bewusst, hatte ihn die verdammte Garde davor gerettet.

Die andere Erkenntnis war ihm erst jetzt gekommen. Hier, auf Nova Autria, als er sich seiner Vergangenheit gestellt hatte. Er war schnell in der Befehlkette der Garde aufgestiegen. Am Ende seiner Grundausbildung war er bereits Korporal, bald darauf Sergeant. Dann hatte man ihn zur Offiziersausbildung abkommandiert. Drei Jahre nach seinem Zwangseintritt in die Garde konnte er sich bereits die Streifen eines Leutnants anheften. Es war so, als hätten die Ausbilder ein Talent in ihm gesehen, und es dementsprechend gefördert. Wahrscheinlich war ihm auch seine hervorragende Ausbildung dabei behilflich gewesen. Eine Ausbildung, die Graf Montecuccoli, der Lehnsherr seines Vaters bezahlt hatte. Doch Scaevola war sich, vor allem nach seinem erneuten Treffen mit dem alten Grafen sicher, dass dieser noch mehr getan hatte. Die Familie Montecuccoli hatte ihn protegiert, so wie sie es mit ihrem eigenen Sohn getan hatte. Sein Schicksal und das dieser Familie waren auf ewig miteinander verbunden.

Was hatte der alte Graf zum Abschluss noch gesagt? Pass auf Dich auf? Nicht nur der Imperator beschützte, wurde Scaevola klar. Auch Männer wie Graf Montecuccoli taten dies. Er hatte in seiner Jugend das System angegriffen, dem Männer wie der Graf ihre Stellung und Einfluss verdankten. Und wie hatte es der Graf ihm vergolten? Er hatte Hass mit Liebe erwidert, Ablehnung mit Fürsorge. Das Imperium mochte in vielen Bereichen versagen, aber wenn es Männer wie den alten Grafen hervorbrachte, hatte es seine Daseinsberechtigung. Neben all dem Fehlerhaften gab es im Imperium immer noch Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnte.

Ein junger Leutnant trat neben Scaevola, der in Gedanken versunken den Leichnam von Cassius betrachtete.
„Haben Sie ihn näher gekannt, Herr Hauptmann?“, fragte der Leutnant.
Scaevola blickte ihn an. Ein junger Leutnant, voller Hoffnung und Ideal, bereit für die Zukunft. Der Kreis schloss sich.
„Nein“, antwortete er. „Nicht mehr.“
 
Wobei so langsam es vielleicht ratsam wäre, ein Personae Dramatis vor den Kapiteln zu stellen, da es doch eine Fülle von Namen gibt und ich teilweise nicht mehr genau weiß, wer jetzt wieder wer war.

Wie gewünscht, so bekommen. 😀

Dramatis Personae:

Hauptmann Scaevola: Kommandant der vierten Kompanie der IV. Autrianische Garde

Hauptmann Richard Lohner: Kommandant der zweiten Kompanie der IV. Autrianische Garde

General Reinhardt Montecuccoli: ehemaliger Kommandant der IV. Autrianische Garde

Hauptmann Fogler: General Montecuccolis Adjutant

Oberst Markus Klever: Bataillonskommandant IV. Autrianische Garde (2. Bataillion)

Marschall Terentius Klaren: Oberbefehlshaber der Autrianischen Streitkräfte (PVS + Garderegimenter)

Sergeant Quintillian: Sergeant der Sons of Guillaume

Ullrich von Wellersheim: Planetarer Gouverneur (Erzherzog) von Nova Autria

Cassius: Anführer der Oppositionspartei im autrianischen Parlament

Loren: Ein Attentäter

Sein namenloser Meister und Auftraggeber

Livia: Freundin Richard Lohners

Graf Montecuccoli: Vater von Reinhard Montecuccoli, Herrscher von Forstheim (Komitat)

Soldat Junah: Soldat in der 2. Kompanie der IV. Autrianische Garde

Oberst Michaelis Klaren: Bataillonskommandant der IV. Autrianische Garde (1. Bataillon)

Lord Maron Mitogaur: Alpha-Marine, Sieger von tausend Schlachten
 
So, jetzt kommt das große Finale.
Vielen herzlichen Dank für all die Kommentare, Verbesserungsvorschläge und Lob durch zahlreiche Personen (v.a. Sarash, Duniash, Nakago, etc.)

Mich freut vor allem, dass die unglaublich hohen Zugriffszahlen sind für mich ein unglaublicher Gunstbeweis, der mich sehr ermutigt hat, weiter zu schreiben (die neue Geschichte ist bereits in Arbeit) 😀
 
Seine Einheit war weiter vorgerückt, so wie der Rest des Bataillons des Achtundsiebzigstens. Fast tausend Mann durchkämmten die Kuppel. Scaevolas Einheit hatte die oberen Ebenen der Kuppel als Einsatzgebiet. Andere Einheiten kümmerten sich um die zentralen und unterirdischen Ebenen. Der Kommandant des 78. PVS hatte die Hälfte seines verbliebenen Regiments in Marsch gesetzt. Fast sofort, nachdem sie den Makel des Chaos an den Rebellen entdeckt hatten. Sie hatten ebenfalls versucht, Kontakt mit der Kommando-Zentrale zu bekommen, doch unerklärlicherweise, blieb das Kom stumm. Es war ihnen nur gelungen, Funkkontakt zu General Montecuccoli herzustellen, der zu diesem Zeitpunkt beim 4. Garderegiment gewesen war. Scaevola hatte sich mit dem General dahingehend verständigt, dass beide Einheiten zum Gouverneurspalast marschieren würden. Um der Sache auf den Grund zu gehen, wie es der General so treffend formuliert hatte.

Montecuccoli würde mit einer Kompanie eintreffen. Scaevola konnte immerhin ein ganzes Bataillon aufbieten. Allem Anschein nach war der General zuerst eingetroffen. Hätte er doch auf die Verstärkung gewartet. Stattdessen war er ungestüm vorwärts gestürmt. Typisch Reinhardt Montecuccoli! Schon als Kind beim Ork und Soldat spielen, war der junge Reinhardt Montecuccoli immer auf den Feind losgestürmt, als gäbe es kein Morgen mehr. Angriff ist die beste Verteidigung, war schon immer seine Devise gewesen.

Vielleicht wäre Richard Lohner noch am Leben, wenn Montecuccoli einmal von seinem bewehrten Muster abgewichen wäre. Scaevola schob diesen Gedanken zur Seite, es war nicht Montecuccolis Schuld. Alleine die Verräter waren für den Tod seines Freundes verantwortlich. Und Scaevola hatte die Mittel, um sie dafür angemessen zu bestrafen. In diesem Moment durchkämmten tausend gut gerüstete imperiale Soldaten den Palast. Die gerechte Strafe des Imperiums würde nicht mehr lang auf sich warten lassen. Ein weiteres Bataillon sicherte in einem weiten Umfeld das Areal rund um den Palast ab.

Vor sich in der Reihe hörte Scaevola laute Geräusche. Mehrere Soldaten unterhielten sich. Scaevola rannte an einer Reihe Soldaten vorbei.
„Ihr Idioten!“, zischte er die betreffenden Soldaten an. „Ihr befindet euch an der Spitze der Einheit und macht so viel Lärm wie eine Panzerbrigade. Habt ihr noch nie etwas von Geräuschdisziplin im Feld gehört? Genauso gut könntet ihr Schwachköpfe euch eine Zielscheibe an den Helm malen!“

Die Rüge wirkte augenblicklich. Beschämt blickten die Angesprochenen zu Boden.
„Es ist nur …“, begann einer der Soldaten, brach jedoch beschämt ab.
„Ja, Soldat. Reden Sie!“
„Mein Freund Gerlander meint, dass die Geräusche ihn an Forstarbeiten erinnern.“
„Welche Geräusche?“, wollte Scaevola wissen.
„Wir … Wir haben da vorhin etwas gehört. Gerlander und Ich waren uns darüber nicht einig. Er meinte, es wären Kettensägen. Da! Da sind sie wieder. Können Sie es auch hören, Herr Hauptmann?“
Scaevola konnte es. Von Ferne und ganz schwach drang das Geräusch von Kettensägen an sein Ohr.
„Was ist das?“, wollte der junge Soldat wissen.
Scaevola hatte eine dunkle Vorahnung. Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihm auf. Er rief eilig seine Truppführer zu sich. Der Reihe nach kamen sie angetrabt und bildeten einen Kreis. Der neugierige Soldat konnte Scaevolas Anweisung mithören.
„Lassen sie das Bajonett aufsetzen! Waffen neu aufmunitionieren. Melden sie dem Bataillons-Kommando möglichen Feindkontakt. Die Kompanie rückt vor!“

***

Mehrere der Anzeigen in Quintillians Helm protestierten rot blinkend. Einige der Systeme seiner Rüstung hatten durch kritische Treffer erhebliche Leistungseinbrüche. Die Statusmeldungen seiner beiden Waffenbrüder meldeten ebenfalls erhebliche Schäden. Sergeant Quintillian musste sich eingestehen, dass sie in diesem Kampf bestenfalls ein Patt erreichen konnten. Doch zu einem Patt würde es nicht kommen. Ihre Gegner würden dies nicht zulassen.

Quintillian brüllte vor Wut und legte all seine Kraft in den nächsten Hieb. Es war ein vernichtender Schlag, der jeden normalen Gegner in zwei Hälften gesägt hätte. Doch sein Feind war kein normaler Gegner.
Er war ein Verräter.
Einer der Marines, der vor mehr als zehn Millennien seinen Eide gegenüber dem Imperator gebrochen, und sich dem Verrat des Horus angeschlossen hatte. Eine Zeitspanne, die selbst für den Veteran -Sergeant schwer vorzustellen war.

Der Hieb verfehlte sein Ziel knapp. Der Verräter, kein anderer als Maron Mitaugor selbst, wehrte den Schlag mit seiner eigenen Klinge leichtfüßig ab. Danach versetzte er Quintillian mit dem Knauf seines Schwertes einen schweren Schlag gegen den Helm. Der Astartes taumelte, Mitaugor jedoch setzte sofort nach. Er rammte seine gepanzerte Faust gegen die Rüstung Quintillians. Keramit brach knirschend, als die Rüstung der Wucht des Schlages nachgab. Quintillian wurde von seinen Beinen geholt und fiel zu Boden.

Ein Schatten fiel auf sein Gesicht. Es war die gewaltige Gestalt Mitaugors, die sich drohend vor ihm aufbaute. Mitaugor öffnete den Verschluss seines Helmes und hakte ihn in seinen Gürtel ein.

„Nur damit du das Gesicht deines Henkers siehst, Welpe“, höhnte er. Mitaugor hob sein Schwert mit beiden Händen über seinen Kopf, um Quintillian den Gnadenstoß zu versetzen. Das Kettenschwert mit seinen schnell rotierenden Zähnen füllte sein Blickfeld aus. Dies war also die Waffe, die sein Leben beenden sollte. Imperator beschütze meine Seele, betete er und bereitete sich auf seinen Tod vor. Der Hieb kam niemals.

Verwundert blickte Quintillian auf ein noch perplexeres Gesicht Mitaugors, das plötzlich purpurrot anlief. So, als würde er keine Luft mehr bekommen. Mitaugor war in seiner Bewegung erstarrt. Bevor jedoch Quintillian reagieren konnte, fiel ein weiterer Schatten auf sein Gesicht.

Mitaugors Kopf fiel in zwei vertikale Hälften. Feiner Blutnebel verbreitete sich an der Stelle, an der sich sein Kopf noch vor einer Sekunde befunden hatte. Langsam, so als würde er sich weigern zu sterben, sank Mitaugor zu Boden. Verwundert blickte Quintillian auf den Boden und fand dort den schmerzgekrümmten Körper eines imperialen Hauptmannes vor. Was in Terras Namen war gerade geschehen?

***

Scaevolas Kompanie fand schließlich die Quelle der Geräusche. Sie standen auf einem Balkon. Von dem sie in die große Halle des Gouverneurpalastes blicken konnten. Wenige Meter unter ihnen bekämpften sich loyale und verräterische Marines mit Kettenschwertern, wobei die loyalen eindeutig ins Hintertreffen gerieten. Sein Herz tat einen Stich, als Scaevola auch den regungslosen Körper von General Montecuccoli fand. Einer der blau weißen Riesen war gerade damit beschäftigt, seinen Gegner von dem bewusstlosen General wegzudrängen.

„Eröffnet das Feuer!“, befahl seinen Scaevola seinen Männern und zog seine Laserpistole. Die Soldaten reagierten auf den Befehl und beschossen die feindlichen Marines. Jedoch waren normale Lasergewehre wirkungslos gegen so gut gepanzerte Feinde. Immerhin bewirkten sie eine Ablenkung, die es einem der loyalen Astartes ermöglichte, einen seiner Gegner mit einem Aufwärtshieb den Helm zu spalten. Nun stand es in dem einen Gefecht schon zwei zu zwei.

Einer der Soldaten packte Scaevola an der Schulter. „Sehen Sie!“, rief er entsetzt. Im anderen Duell hatte der Chaos-Marine seinen Gegner mit einem vernichtenden Schlag zu Boden geschickt. Erschrocken musste Scaevola feststellen, dass damit eine Entscheidung herbeigeführt wurde. Er musste handeln.
Aber wie?
Seine Laserpistole war Leergeschossen.

Gleich würde der Chaos-Marine dem loyalen Astartes den Gnadenstoss versetzen. Er hatte bereits sein Schwert zum letzten Schlag gehoben. Hilfe suchend wanderte Scaevolas Hand an seiner linken Seite entlang um irgendein nützliches Mittel zu finden, dass dies verhindern würde. Seine Hand fand den Schwertknauf. Kalt und beruhigend. Scaevola wusste, was er zu tun hatte.
Kümmern sie sich um meinen Sohn, hatte der Graf zu ihm gesagt.
Er würde diesen Wunsch erfüllen.
Er war ein Werkzeug der imperialen Armee.
Er war ein Soldat, dies war sein Schicksal.
Scaevola wich einige Schritte von der Brüstung zurück. Er aktivierte die Einschaltrunde der alten, ehrwürdigen Waffe. Knisternd erwachte das Energieschwert zum Leben. Scaevola rannte los. Er achtete nicht auf die Rufe der Soldaten, die sich verwundert zu ihm umdrehten. Immer schneller rannte er auf die Brüstung zu.

Sein linker Fuß trat auf das Geländer auf. Mit ganzer Kraft stieß er sich davon ab und sprang. Das Schwert beidhändig zu einem vernichtenden Hieb erhoben. Wie ein Adler, wie der imperiale Adler, fiel Scaevola auf seinen Gegner herab.

Richard Lohner hatte sich für sie alle geopfert. Scaevola würde sich für Reinhardt Montecuccoli opfern. Dies war das Prinzip der Garde. Man nahm stellvertretend für andere das Opfer auf sich. Man lebte unter Entbehrungen, Leid und Schmerz, damit andere in Ruhe und Frieden leben konnten. Scaevola rechnete nicht damit, diese Aktion zu überleben. Er würde mit seinem Leben bezahlen. Er verdankte es der Fürsprache von Graf Montecuccoli, es hatte ihm ohnehin nicht mehr gehört. So konnte er immerhin einen Teil seiner Schuld zurückzahlen. Am Grafen und an seiner Familie, über die er Schande gebracht hatte. Dies war seine Buße.

Der Sprung wurde später Teil des autrianischen Heldenepos. „Der heldenhafte Sprung“ wurde er genannt. Ein Hauptmann der autrianischen Garde, der mit seinem tollkühnen Einsatz das Leben des verfluchten Verräters Maron Mitaugor beendete, indem er ihm mit seinem Schwert den Schädel spaltete. In ferner Zukunft wurde sogar ein überlebensgroßes Bild davon gemalt. Es wurde Teil der großen Fresken in der Kuppel, sodass es von kleinen Kindern aus Schola-Klassen bestaunt werden konnte, die einen Ausflug in die planetare Hauptstadt unternahmen.

Im Augenblick seiner Landung, als all dies noch in ferner Zukunft lag, war dies Scaevola herzlich egal. Ein enormer, stechender Schmerz durchzuckte seinen rechten Knöchel. Er wälzte sich hin und her, doch der Schmerz wurde dadurch nicht geringer. Es war, als hätte man ihm flüssiges Eisen in den Fuß gegossen.

Gardisten stürmten die Halle und unterstützten die loyalen Astartes bei ihrem Kampf gegen die letzten beiden Verräter. Doch auch dies war Scaevola egal. Sein Blick galt dem immer noch der regungslos liegenden Gestalt von Reinhardt Montecuccoli. War er zu spät gekommen? Hatte er versagt?

Eine Gestalt drängte sich in sein Blickfeld. Schwerfällig, ebenfalls verletzt. Scaevola blickte in die roten Linsen eines Astartes –Helms.

„Sind Sie in Ordnung?“, frage der Marine durch seine Lautsprecher.
Doch Scaevola konnte nicht mehr antworten. Die Schmerzen waren am Ende zu viel. Er hatte das Bewusstsein verloren. Dunkelheit umfiel ihn.

***

Epilog:

Die Kämpfe dauerten noch mehrere Tage, vor allem im südlichen Kontinent. Die Hälfte der autrianischen Garderegimenter und ein Großteil der PVS –Streitkräfte wurde dorthin beordert, um die letzten Überreste des Aufstandes erbarmungslos niederzuschlagen Nach den Tod von Maron Mitaugor war der Feind jedoch desorganisiert, während sich die imperialen Streitkräfte dank wiederhergestellter Kom-Verbindungen koordinieren konnten. Adepten der Gilde Astropathica sandten, nachdem interstellare Kommunikation wieder möglich war, einen Hilferuf nach Bakka. Eine Botschaft wurde durch das Immaterium geschickt. Es war der Ruf eines verwundeten, in seinem Innersten erschütterten Planeten, der um schnellstmögliche Unterstützung bat. Die Antwort auf den astropathischen Ruf erfolgte prompt.

Innerhalb einer Woche traf eine Flotte der Adeptus Arbites ein, um die Ordnung und Sicherheit auf Nova Autria wiederherzustellen. Das Flottenkommando in Bakka sandte einen Teil der Sektorflotte, darunter das Schlachtschiff In Glorie Bakka, und die schweren Kreuzer Argulas und Freude Thors sowie eine beträchtliche Zahl Begleitschiffe unter dem Kommando des berühmten Admirals Nemurov. Wenige Stunden später verließ der gewaltige Angriffskreuzer Unerschütterliche Ruhe, aus der Flotte der Sons of Guillaume, den Warpraum und vereinigte sich mit der bereits anwesenden Flotte. Nachdem die üblichen Begrüßungen ausgetauscht und die unvermeidliche Kompetenzfrage geregelt war, machte sich die vereinigte Flotte unter dem Befehl Nemurovs auf die Reise nach Nova Autria durch den Realraum. Als die Flotte schließlich dort eintraf, war der Aufstand bereits seit einer Woche niedergeschlagen. Selbst die kleinsten Widerstandsnester waren ausgemerzt.

Trotzdem begab sich die Flotte in eine geosynchrone Umlaufbahn und verhängte über Nova Autria eine Blockade, während sie ihre Truppen entlud. Kein Schiff durfte ohne ausdrückliche Genehmigung den Planeten verlassen oder betreten.

Eine volle Kompanie Space Marines, sowie etliche Garderegimenter von Fremdwelten betraten einen geschundenen Planeten, auf dem man sich wieder daran machte, die Zerstörungen zu beseitigen. In den Ruinen der beiden Makropolen rauchten immer noch die Trümmer, kleine Schwelbrände flackerten immer wieder auf und drohten, auf unversehrte Gebiete überzugreifen. Zum ersten Mal seit mehr als fünftausend Jahren, seit dem Ende des Befreiungskrieges, betraten wieder Fremdweltler-Regimenter den Planeten.
Nur dieses Mal gab es keine Parade.

Die planetare Zentralstelle des Administratums ließ nach einer Woche verlauten, dass sie vorläufig keine vollständige Auflistung der Toten und Vermissten würde anfertigen können. Am zweiten Tag des Aufstands war eine Meute in ihre Zentrale gestürmt, hatte alle angetroffenen Adepten ermordet, und einen nicht unerheblichen Teil des Archivs verwüstet. Die nicht zerstörten Bild/Ton Tafeln der Stadt riefen die Bürger zu Ruhe und Ordnung auf. Ebenfalls machten sie in drohendem Ton klar, dass Ungehorsam bei Befehlen imperialer Autoritäten sofort mit dem Tode bestraft werde. Zwanzig öffentliche Exekutionen, alleine in Quellstadt, machten auch dem widerspenstigsten Querdenker klar, dass man keinen Spaß verstand.

Nach einer Woche und drei Tagen waren alle Einheiten der autrianischen Garde, sowie die übrig geblieben PVS –Regimenter von den Fremdweltler-Einheiten abgelöst, und in ihre Kasernen geschickt worden. Dort blieben sie vorerst, zur Untätigkeit verdammt.

Die Rolle von Gouverneur Wellersheim und Oppositionsführer Cassius in der Rebellion wurde der Bevölkerung, wohlweislich vorenthalten, stattdessen wurde ihr Tod betrauert. Die Herren von Bakka lösten das Parlament vorerst auf, der Planet wurde unter die Aufsicht eines externen Statthalters gestellt. Ob das etablierte politische System unter diesen Umständen jemals wiederhergestellt werden konnte, blieb fraglich.

Aber die Rebellion hatte nicht nur Auswirkungen auf Nova Autria. Auf mehrere Welten fanden zeitgleich Erhebungen statt. Mehrere Systeme rebellierten gegen die imperiale Vorherrschaft, enthüllten jedoch bald den wahren Ursprung ihrer Auflehnung. Der Vorfall ging unter dem Namen Elanum-Inkursion in die imperialen Aufzeichnungen ein. Benannt nach dem Elanum-System, welches den Schwerpunkt der Rebellion, die von dem Verräter-Orden der Alphamarines angezettelt wurde, bildete. Der hohe Senat von Terra sah sich veranlasst, einräumen, dass es M.38 doch nicht gelungen war, den Verräter-Orden auszulöschen. Die verschlagenen Alphamarines bewiesen dem Imperium nicht zum letzten Mal, dass immer mit ihnen zu rechnen war, und sie einen beständigen Dorn in der Flanke des Imperiums bildeten.

All diese Dinge bekam General Montecuccoli nur am Rande mit. Er lag in einem der heillos überfüllten Krankenhäuser. Sein Rang und sein Name hatten ihm zu einem Einzelzimmer verholfen. In der zweiten Woche erwachte Montecuccoli aus einem unruhigen Dämmerschlaf aufgrund der Schmerzmittel, und blickte in das Gesicht Sergeant Quintillians. Der Marine trug keine Rüstung, nur einen blau-weißen Chiton, und stand neben dem Bett des Generals.

„Wie fühlen Sie sich, General?“, erkundigte sich der Astartes.
Von den Medikamenten noch benommen, machte sich Montecuccoli mühselig an eine Bestandsaufnahme. Die Schmerzen waren verschwunden. Sein Oberkörper war jedoch immer noch verbunden, eine Folge seiner Verletzung.
„Es geht so“, antwortete er schließlich.
„Sie haben uns Sorgen bereitetet General. Nicht viele würden einen Angriff eines Chaos Marines überleben. Immerhin“ und bei diesem Satz tätschelte Quintillian seine eigene Oberkörper, “habe auch ich ein Souvenir von diesem Verräter erhalten.“
„Wer war dieser Mann?“
„Es gibt Dinge im Universum, die man besser nicht erfahren sollte.“ Quintillian zwinkerte Montecuccoli zu, so wie damals, als er ihm das erste Mal begegnet war. „Auch ein Held des Imperiums nicht! Leben Sie wohl General.“
Mit diesen Worten verließ die riesige Gestalt den Raum und ließ einen grübelnden Montecuccoli zurück.

***

Das erste, das Scaevola sah, war seine Mutter. Sie saß neben ihm. Er lag in einem großen Saal, in dem mehrere Patienten ruhig in ihren Betten lagen. Vorhänge sorgten für ein wenig Privatsphäre während Schwestern aus einem der medizinischen Orden der Adeptus Sororitas im Gang zu Patienten eilten. Er öffnete seine Augen und sah seine Mutter wie ihr Tränen die Wangen hinunter rannten. Er trocknete ihr mit seiner Hand die Tränen. Sie hielt seine Hand fest. Worte waren nicht nötig.

***

Der Raumhafen von Quellstadt war eine der am strengsten bewachten Zonen des Planeten. Wachen stand an jeder Ecke, kontrollierten Ausweise, oder gingen auf Patrouille. Bei einem Befall mit Chaos musste das Imperium auf alle Fälle sicher gehen. Ein ungleiches Paar stand in der großen Abfertigungshalle. Loren gab seinem deutlich kleineren Herrn eine Datentafel.

„Eine Nachricht von Lord Shakor.“, sagte er. „Er bestätigt den Erhalt ihrer Nachricht. Wie befohlen ist er nach Erhalt ihrer kodierten Nachricht sofort in das System geeilt und hat sich dort verborgen.“
Inquisitor Vylen Lerondo schob seine Kapuze zurück und entblößte zwei Reihen strahlend weiße Zähne, als er lächelte. Es war das erste Mal, seit er auf Nova Autria gelandet war, dass der Inquisitor des Ordo Hereticus dies tat.
„Weitere Befehle, Lord?“, wollte der Assasine von seinem Herrn wissen.
„Keine! Geben Sie der Inquisitionsflotte Bescheid, uns an den übermittelten Koordinaten zu treffen. Wir werden hier nicht mehr gebraucht, weitere Maßnahmen sind nicht nötig.“

„Und in der Stunde der Not werden wir da sein. Wir werden dem Feind widerstehen.
Dem Ketzer, dem Mutanten und dem Xenos. Denn meine Freunde, vergesst niemals:
Jenseits des Imperiums liegt das Grauen!“
Inquisitor E. J. Hanuin der Große: 02370567M.35 auf Autria, Ende des Befreiungskrieges.

Ende
 
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Ein schönes Happy End. Ein guter Abschluss für diesen Teil.

Was mich etwas gestört hat, dass die Chaoten wie üblich recht primitive Taktiken anwenden. Da wird ohne Sinn und Verstand einfach der Korridor gestürmt, koste was es wolle. Auch Chaosanhänger haben einen Selbsterhaltungstrieb und verlieren keine Intelligenz beim Übertritt zum Chaos. Da wäre doch etwas mehr drin gewesen. Klar, sie müssen verlieren, aber selbst im I Weltkrieg hat man dazugelernt. Hier und da wäre durchaus auch eine fortschrittliche und nachvollziehbare Taktik durchaus drin gewesen, besonders da sie sich ja recht gut auf den Aufstand vorbereiten haben können. Sicherlich wird der 08/15 Kultist nicht die Ausbildung und Erfahrung haben, aber ihre Anführer müssen ja halbwegs was von der Materie verstehen.

Auch kamen mir der allgegenwärtige Imperatorglaube etwas zu kurz. Auch der Aberglaube an Maschinengeister. Der Glaube an den Imperator ist einer der wichtigsten Säule, welches das Imperium überhaupt zusammen hält.

Was mir sehr gut gefallen hat, war die Darstellung der Space Marines, die ist dir wirklich super gelungen.

Freue mich auf alle Fälle auf den nächsten Teil.
 
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