Aufräumaktionen
Tiberius hatte sich in einem Bett wieder gefunden, mit Julius und zwei anderen Apothecarii an seiner Seite. Er hatte weder gewusst, wie er in dieses Bett gekommen war, noch wie die Schlacht ausgegangen war.
Julius hatte ihn informiert, dass sie in dem Tal erfolgreich gewesen waren und dass der Großteil der Dark Eldar ausgelöscht worden war. Nur wenige Positionen der Xenos standen noch unter Belagerung, würden aber sicherlich bald eingenommen werden. Die Orks wurden auch immer weiter zurückgetrieben. Der Waaaghboss jedoch leistete immer noch harten Widerstand, also nahm Tiberius sich vor, dass er sich ihn persönlich vornehmen würde.
Als Tiberius sich fertig gemacht hatte und sein Krankenzimmer verließ, war ihm K’ari um den Hals gefallen und er konnte sich stundenlang nicht mehr von ihr befreien. Auch die anderen Mitglieder ihres Angriffs gesellten sich zu ihnen. Jedenfalls die, die überlebt hatten.
Monique war von einem Dämon getötet worden. Und zwar von einem Herrscher des Wandels. Der Ordensmeister versuchte seine Erinnerungen zu ordnen, doch er konnte sich einfach nicht erinnern, in welchem Ausmaß die Dämonen angegriffen hatten. Letztendlich entschied er, es sei wohl besser so.
Murat und Brutus waren an seiner Seite gefallen, und davon berichtete er auch den Anderen. Auch berichtete er von seinem Kampf mit Nemaides und dessen unrühmlichen Ende. Die Space Marines in ihrer Gemeinschaft konnte es nicht unterlassen, ihm zu gratulieren. Solch einen Gegner besiegt man nicht jeden Tag.
Andrej, der nicht an ihrem Angriff teilgenommen hatte, sondern von Tiberius einen anderen Auftrag bekommen hatte, berichtete von Erfolg. Die erste Basis der Dark Eldar, die sie auf Yucatan erledigt hatten, enthielt eine Wand, durch die Tiberius und Octavius nicht zu gehen vermochten. Andrej hatte die Veteranenkompanie der Masters of War dorthin geführt und das Gebiet den Orks entrissen, um es zu sichern. Dorthin zu gehen stand ebenfalls auch der >Noch zu erledigen< Liste.
Am frühen Abend, als die Welt in sanfte Rottöne getaucht war, befand sich Tiberius, zusammen mit Bruder Zxeo und seiner Veteranenkompanie, in einer Gruppe Thunderhawks und war in die westlichen Ebenen unterwegs. Tiberius lauschte dem Summen der Triebwerke. Er fühlte sich wieder wie neu und dankte dem Imperator dafür, dass er ein Space Marine war.
„Können wir den Krieg als beendet ansehen?“, fragte Sergeant Rafael.
„Der Krieg ist erst vorbei, wenn alle Feinde besiegt wurden.“, antwortete Zxeo.
„Doch ist das gröbste Überstanden, jedenfalls für euch.“, flüsterte Tiberius. Über seinem rechten Auge prangte jetzt eine große Narbe, die er sich in der vorherigen Nacht zugezogen hatte, konnte sich aber beim besten Willen nicht erinnern, wodurch.
„Wie meinst du das, Bruder Ordensmeister?“, fragte der Sergeant.
„Die Kampfhandlungen sind beendet, doch mir steht noch ein Kampf bevor.“
Als Rafael noch etwas fragen wollte, bedeutete ihm Zxeo zu schweigen. Zxeo verstand, dass Tiberius sich beinahe umgebracht hat, und es erst im Nachhinein realisiert hatte. Sicher standen ihm in seinem Leben noch einige solcher Kämpfe entgegen, denn was ihm heute von Tiberius und einigen anderen Leuten offenbart wurde, war erschütternd.
Plötzlich ging eine Erschütterung durch das Landungsschiff. Ein Grollen, wie von Geschützfeuer, war zu vernehmen.
„Kontakt. Absetzen in Dreißig.“, meldete der Pilot per Lautsprecher.
Die Space Marines zogen ihre Waffen und erhoben sich von ihren Plätzen. Tiberius und Zxeo stellten sich in die erste Reihe, die drei Veteranentrupps dahinter und warteten darauf, dass die Luke vor ihnen aufgehen möge. Mit einem Ruck spürten sie, dass der Vogel aufgesetzt hatte und das Signallicht an der Ausstiegsluke wechselte auf grün. Diese glitt auf, abendliches Licht flutete herein, und die Männer stürmten hinaus.
Tiberius packte seine Hellebade mit beiden Händen, froh darüber, auf die konventionelle Weise kämpfen zu können und er und seine Brüder fluteten geradezu auf die Orks zu, wie ein Tsunami, der nichts als Lehmhütten vor sich sieht.
Der Ordensmeister sprang einen besonders hässlichen Ork an und zerquetschte ihn unter sich. Er fuhr hoch und schlitzte dem nächsten den Bauch auf. Einem weiteren zertrümmerte er mit dem Handrücken das Gesicht und trat ihn in eine Rotte anderer Aliens. Die Veteranen nahmen sich die Orks mit Boltpistole und Kettenschwertern, manche auch mit den Energievarianten und Plasmapistolen bewaffnet, vor. Zxeo hatte einmal angedeutet, dass ihr Orden recht Nahkampforientiert sei und selbst ihre Bruder, die nur mit Bolter ausgerüstet waren, stets das Handgemenge suchten, worauf Tiberius nur die Erwiderung einfiel, dass der Kampf so viel ehrenhafter sei. Nun fiel ihm ein weiterer Grund ein, der Spaßfaktor. Er notierte sich in Gedanken, Julius ihre Gensaat auf Unregelmäßigkeiten untersuchen zu lassen. Schließlich wollte er nicht so hässlich wie die Space Wolves aussehen und auch nicht so durchgeknallt wie ein Blood Angel sein.
Er feuerte einige schnelle Schüsse aus seinem Plasmawerfer, sein Ziel, ein Killabot, verendete in einem gleißenden Feuerball, und drückte den unglaublich heißen Lauf ins Gesicht eines Xenos.
„Bruder Ordensmeister!“, schrie einer seiner Brüder. Er deutete nach rechts. Ein riesiger Squiggofant polterte auf sie zu, durch Reihen einer vermeintlichen Artgenossen und sah sehr hungrig aus. Tiberius sah ein, dass er auch heute nicht ohne seine Kräfte auskommen würde. Er rannte los, dem Ungetüm entgegen, während seine Brüder ihm einen Korridor schlugen und die Orks von ihm abhielten. Als nur noch Orks vor ihm waren, streckte er beide Hände voraus und feuerte eine tödliche Feuersäule in die grüne Flut. Der Squiggofant verlangsamte sein Tempo allerdings nicht, sondern schien nur gereizter. Es blieben nur noch Sekunden, bis das Monster den Ordensmeister der Masters of War zertrampelte, doch für ihn verging die Zeit wie in Zeitlupe. Er schwebte einige Meter in die Höhe, bis er auf der Länge des Schädels des Monstrums war und machte sich auf den Aufprall gefasst.
Der Squiggofant rammte in den Space Marine, doch bewegte sich diese keinen Fleck von der Stelle. Er hielt das riesige Wesen mit beiden Händen auf und presste dagegen. Der Squiggofant drückte und versuchte, ihn mit roher Kraft zu zermalmen, doch bei diesem Duell würde Gewalt den Kürzeren ziehen. Tiberius schoss Blitze durch den Körper der Kreatur. Der Squiggofant verwandelte sich zu einer riesigen Bombe. Der Space Marine hob ihn mit seinen mentalen Kräften in die Luft und schleuderte ihn davon.
Der Squiggofant flog durch die Luft und landete in einer Meute der Grünhäute. Der elektrisch geladene Körper explodierte, in Kombination mit dem Aufprall, und eine Bombe aus kochendem Blut und brennendem Fleisch löschte weitere hundert Orks aus.
„Jetz reichts m’ aber!“, brüllte eine kehlige Stimme.
Die Or4ks stoben auseinander und ließen ihren Waaaghboss vortreten. Dieser brüllte ein weiteres Mal und deutete mit seiner Krallenwaffe auf Tiberius.
„Ich nehme die Herausforderung an.“
Die Kontrahenten standen sich gegenüber, jeder den Anderen musternd. Waaaghboss Garga Koppknacker war so, wie Andrelin ihn beschrieben hatte, fett, hässlich und mit Unmengen primitiver Technik behangen. Seine Hörner waren gekrümmt und auf seiner Trophäenstange hingen die Schädel verschiedener Aliens, wie Hrud, Tau, Kroot und Tyraniden, aber noch kein Menschenkopf. Und Tiberius würde dafür sorgen, dass es so blieb.
Der Waaaghboss machte den ersten Fehler, denn er griff an. Wild brüllend stürmte er auf Tiberius zu und hämmerte mit beiden Waffen, Kralle, wie Gewehr, oder besser Kanone, auf den Space Marine. Dieser sprang zur Seite weg und fasste ein Horn seines Gegners. Mit einem Schwung brachte er sich auf dessen Kopf und trat seine Trophäenstange herunter. Der Ork schüttelte sich und hieb mit seinen Waffen nach dem Space Marine. Der Mensch wich immer wieder aus und bearbeitete dessen Schädel mit seinen Fäusten. Plötzlich ruckte Garga nach vorne und schleuderte Tiberius von sich. Im Flug packte er ihn und hielt ihn sich nahe ans Gesicht, wobei er den Druck seiner Energieklaue immer weiter erhöhte.
„Hab disch.“
„Ich glaube nicht.“, knurrte Tiberius und verpasste Garga eine Kopfnuss. Dieser lachte jedoch nur darüber und gab dem Space Marine seinerseits eine Kopfnuss.
Der Ordensmeister sah ein, dass er wieder ohne seine Kräfte nicht weiterkäme und schockte die Außenseite seiner Rüstung mit einer Blitzentladung. Anscheinend löste dies eine Rückkopplung oder etwas Ähnliches aus, denn jedenfalls erschlaffte plötzlich die Klaue des Orksbosses und er fiel hinunter.
Garga trat nach dem Mensch, doch dieser rollte zwischen seinen Beinen durch und schnappte sich dabei die fallen gelassene Hellebade. Mit einem Handstand und einem Saltosprung brachte sich Tiberius weiter von seinem Gegner weg und hatte einige Sekunden eine Granate aus seinen Taschen zu suchen. Der Waaaghboss stürmte währenddessen wieder auf ihn zu und feuerte aus seiner Kanone, wobei es ihn nicht störte, dass er seine eigenen Leute hinter Tiberius traf. Tiberius drehte sich um und setzte schnell seinen Helm auf. Dann blickte er über die Schulter und erwartete den Fehler des Orks.
Natürlich versuchte Garga wieder gegen ihn zu schlagen, doch diesmal sprang der Space Marine nach oben und verpasste Garga einen gesprungenen Tritt. In der Luft drehte er sich weiter, brachte sich wieder in die richtige Position und steckte seine Granate in den Metallkiefer des Orks. Sofort drückte der Master of War seine Füße gegen den Schädel des Orks und brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit, als die Sprenggranate hochging und den Waaaghboss in eine Staubwolke hüllte. Als die Wolke sich löste, lag Garga kopflos vor ihm.
„Schade. Den Schädel hätte ich gerne als Trophäe behalten.“, sagte Tiberius in die Richtung der Orks.
Ein weiterer Ork trat vor.
„Isch bin Koggo. Und isch mach disch alle!“
Jetzt trat Zxeo vor.
„Er hatte schon seinen Spaß. Jetzt bin ich dran.“
Der große Ork lies sich das nicht zweimal sagen und rannte auf den Space Marine zu. Dieser stand reglos da und hielt eine Hand unter seinen Waffenrock. Der große Ork, Koggo, sprang die letzten Meter und schlug von oben nach dem Space Marine Meister. Dieser zog im letzten Moment seine Hand hervor, in der sich eine Plasmapistole befand, drückte ab und ging einen Schritt zur Seite, um nicht von der Leiche getroffen zu werden. Er spie den brennenden Körper an.
„Schwächling.“
Die restlichen Orks machten sich daran, dort wegzukommen.
„Hinterher!“, schrie Tiberius und rannte mit erhobener Hellebade voraus.
Harashi warf die Holotafel davon. Sie flog in die Dunkelheit und landete irgendwo mit einem scheppernden Geräusch. Das Echo der Kammer verstärkte dieses Geräusch jedoch zu einem Dröhnen.
„Sie stehen vor unserer Schwelle. Wie konnte es soweit kommen?“, schrie Harashi in die Leere.
Mehrere Armee der Imperialen Armee, mehr als vierhunderttausend Soldaten, griffen die Zitadelle der Dark Eldar an. Harashi wunderte sich, wie sie ihn überhaupt gefunden hatte. Die Zitadelle befand sich am Südpol, im ewigen Eis.
Ein Korps war bereits durchgebrochen und trieb sich in den inneren Gängen herum. Eine Division Imperialer war außerdem auf den Zinnen und löschte die Geschütze aus. Und die verfluchten Panzerdivisionen zerbombten seine Festung, die er hier hart aufgebaut hatte.
„Und so endet unsere Rückkehr in diese Dimension, nach sieben Tagen.“
„Aus meinen Augen, Qwas.“
„Warum sollte ich.“, flüsterte der Haemonculus.
„Weil dein Lord es dir befiehlt.“
„Mein Lord ist inkompetent.“
Harashi ging nah an den Haemonculus heran. Zwar überragte ihn dieser, doch Harashi konnte trotzdem gefährlich aussehen.
„Wie war da…“
Ein brennender Schmerz entflammte in seiner Brust. Er spürte, wie das Leben in Sekundenschnelle aus seinem Körper floss, wie nach einer Verletzung durch eine vergiftete Waffe.
„Was…“, keuchte Harashi.
„Ihr habt uns in den Tod geführt. Es sind so viele gefallen, wie seit den alten Tagen nicht mehr.“
Jula trat in sein Gesichtsfeld, eine vergiftete Klinge in der Hand. Sie trat nahe an ihn heran und rammte das Messer ein weiteres Mal in seinen Körper.
„Du hast uns alle in den Tod geführt, aber wir haben nichts davon.“
Harashi blickte zur Seite und entdeckte seinen besten Krieger. Dracon Deimos.
„Deimos… töte…“, krächzte er.
„Nein.“
Er blickte noch einmal in das entstellte Gesicht des Haemonculus, sah sein Grinsen, und dann wurde alles Schwarz.
„Herr Generalfeldmarschall, die Dark Eldar Basis am Südpol wurde erfolgreich gestürmt. Der Sieg ist unser.“, meldete General Irchev.
„Danke, Dima. Ich werde heute noch mit den Oberbefehlshabern der anderen Armeen sprechen.“
„Was ist unser neuer Zug. Willst du weiter Krieg führen?“
„Samara hat sich so lange aus allen Kriegen herausgehalten, das muss wieder gutgemacht werden. Ich spreche mit General Anders und General von Rozzaria. In der Nähe ist eine Welt, die von den Tau kontrolliert wird. Wir sollten sie zurück in den Besitz des Imperators überführen.“
„Ich kann also Oberst Walodin den Befehl zum Abmarsch geben?“
„Wir warten noch, bis wir sicher sind, dass die Orks besiegt sind, und dann gehen wir.“
General Irchev verließ den Raum, doch dafür betrat jemand anderes den Raum.
Ein großer, dunkelhaariger Oberst mit den spitz zulaufenden Augen der Zentralweltler und einem Honorifica Imperialis.
„Oberst Iwasaki. Herr Generalfeldmarschall.“
Der Mann zog ein Symbol aus dem Mantel. Ein goldenes, verziertes I.
„Ich brauche eine Brigade ihrer Männer.“