Angriff
Andrej sprang aus der Valkyre. Er war der erste, der den Transporter verließ. Seine Psionikerkollegen folgten etwas verkniffen. Er konnte ihre Furcht fühlen. Wimmernd. Anders konnte er dieses Gefühl nicht beschreiben. Er mochte es nicht. Er schottete sich sofort ab, um nicht angesteckt zu werden. Unverzüglich begann er, ein Gebet zu murmeln. Der General hatte gesagt, sie würden sich wiedersehen und das wollte er erfüllen.
„Seid gegrüßt.“
Ein junger Space Marine sprang gerade von einem Sockel, auf dem er gesessen hatte. Übrigens konnte der Psioniker viele Ruinenteile ausmachen. Ruinen einer Kathedrale oder eines Museums.
„Folgt mir, ich bringe euch zu eurem Bestimmungsort.“
Der junge Engel des Krieges setzte sich langsam in Bewegung. Die Männer bildeten eine Reihe hinter ihm und folgten in wenigen Schritten Abstand.
Der Marine führte sie durch die verstreuten Ruinenteile und Schützengräben, die von den Belagerungsregimentern angelegt wurden, die diesen Komplex gegen die Diener des Feindes zu verteidigen. Mehrmals kamen sie an Maschinengewehren, Mörsern und Kampfgeschützen vorbei, die auch regelmäßig eine Salve, oder auch zwei, ins Ödland schossen. Mehrere Minuten lang, bis sie zum Eingang eines unterirdischen Tunnels oder Tunnelsystems kamen.
„Da runter. Ihr werdet gleich am Ausgang erwartet.“
Der Marine entfernte sich wieder.
Die Psioniker stiegen die provisorischen Stufen hinab und gingen durch den großen Eingang. Nun konnten sie auch die Neonlampen ausmachen, die den Tunnelkomplex erleuchteten.
„Willkommen. Ich bin Bruder Pollux. Pilot, 2te Kompanie. Ihre Namen bitte.“
Andrej trat als erster vor.
„Andrej Kulikov.“
Der Space Marine vermerkte dies auf einer Holotafel. Dann traten auch die anderen Männer vor.
„Semjon Kalinsky.“
„Ilja Tepow.“
„Sergej Bednajgin.“
„Vassily Wyssorsk.“
„Ignat Makar Valuiev.“
In den nächsten Augenblicken herrschte Stille, während der Space Marine die Namen vermerkte.
„Gut, ich brauche nun in der entgegen gesetzten Reihenfolge das Alter und die Kraftstufe.“
Andrej war somit der Letzte. Die Psioniker antworteten.
„55, Stufe Gamma.“
„47, Stufe Theta.“
„25, Stufe Gamma.“
„31, Stufe Gamma.“
„17, Stufe Delta.“
„24, Stufe Beta.“
Als Andrej seine Stufe nannte, zog der Marine anerkennend die Braue in die Höhe. Dieser Mann kannte sich mit psionischen Kategorien aus.
„Folgen sie mir.“
Er führte sie nur kurz den Gang hinunter und vor eine Stahltür. Der Eingang war mit einem Retinalscanner gesichert. Nachdem ihr Führer sein Auge in den Laser gehalten hatte, glitt die Tür lautlos auf und ließ sie in den dunklen Raum dahinter eintreten.
„Da seid ihr ja. Danke Pollux. Warte hier, bis wir fertig sind. Und verriegele die Tür.“
„Ja, Bruder.“
Die Psioniker traten näher.
„Gut, stellt auch in die unelementare Ebene.“
Octavius deutete ihnen auch ein großes Rechteck zu gehen, das mit Kreide auf den Boden gezeichnet worden war.
Der alte Ignat nah den Platz des Führers im Rechteck ein.
„Tauscht bitte mit dem Beta- Psioniker.“
Runenprophet Malik sah kurz zu ihnen herüber.
Mit Erleichterung wechselte Ignat mit dem jüngeren Andrej. Der Platz des Führers erforderte große Konzentration, doch nach imperialen Sitten stellte sich der älteste in dieses Feld.
Nun hatte Andrej etwas Zeit, sich alles zu besehen.
Es war ein großer Kreis aus Kreide. An der äußeren Linie waren andere, kleinere Kreise angelegt, in denen andere Psioniker standen. Zwei Eldar, ein Grey Knight, ein Inquisitor und mehrere Scriptoren der Masters of War. In der Mitte waren zwei Dreiecke, in denen der Scriptor Magister und der Ordensmeister standen und ihre Energie konzentrierten. Bald würden sie sich Teleportieren.
Austio konzentrierte seine Energie und leitete einen Teil an Octavius, der die Teleportation vornehmen sollte. Das komplizierte an der Psionischen Teleportation war, im Gegensatz zur technischen, dass wenn man kein Gegenportal hatte, man mit mehreren Metern Abweichung rechnen musste.
Und während er seine Energie zu Octavius leitete, spürte er eine kleine Erschütterung neben sich. Ein psionischer Impuls, stärker als seine Kräfte. Stärker als die Kräfte der meisten Anwesenden. Und er entdeckte auch den Ursprung der Erschütterung. Der Psioniker, der als Führer fungierte. Der Beta- Psioniker.
Er unterbrach seine Konzentration und ging zum jungen Psioniker, der seine Energie ebenfalls zu Octavius leitete. Alle Anwesenden unterbrachen sich. Denn sie spürten seine Fortbewegung. Dutzende Augenpaare richteten sich auf ihn.
„Nehmt dies. Ihr könnt es besser nutzen als ich.“
Er reichte dem Mann seine Nemesis- Psiwaffe.
„Aber… warum? Habe ich so etwas denn verdient?“
„Ihr könnt einen Katalysator bessernutzen, denn ich. Ich bin Gamma- Psioniker.“
Nach kurzem Zögern nahm er doch die Psiwaffe an. Austio ging zurück an seinen Platz.
K’ari stürmte durch die unterirdischen Gänge der Ruine. Sie war erbost. Und selbst die Space Marines wichen ihr aus. Tiberius hatte sie schon wieder nicht unterrichtet, als er einen Psionikerangriff plante. Doch dieses Mal wollte sie nicht zurückbleiben.
Vor besagter Tür standen zwei Terminatoren, doch sie waren zu langsam um das flinke Mädchen, jedenfalls für Space Marine Maßstäbe, zu erwischen. In mehreren Metern abstand sprang sie ab und trat in Richtung der Tür. Als ihr Schuh gegen die Tür hämmerte, löste sich diese aus ihren Angeln und fiel nach innen. Sie sprang in den Raum und wurde von hinten gepackt.
„Au, Ihr tut mir weh.“
K’ari zappelte in den Armen des Space Marines.
„Lass sie los!“
Eine Stimme sprach diese Worte mit so viel Nachdruck, dass Pollux erschrocken zurückwich. Und K’ari losließ. Tiberius sah herüber.
„Anstatt sie zu zerdrücken, kannst du die Tür wieder einsetzen. Und hol am besten einige Techniker.“
„Ja, Meister.“
„Komm.“
Tiberius deutete in seinen Kreis. K’ari kam zu ihm, vorbei an den Anderen Psionikern und trat in seinen Kreis.
„Aber das ist deiner.“
„Ich teleportiere mich nicht zum ersten Mal. Ich brauche keinen Schutzkreis.“
Er blieb allerdings mit im Kreis. Lediglich seinen Geist streckte er heraus.
Octavius hob seine Arme. Ein schwaches Licht umfing sie alle und ließ die Welt vor ihren Augen verschwimmen. Das Licht erfasste sie alle, hob sie, trug sie und katapultierte sie in den Warpraum. Und dann wurde alles weiß. Weiß und ruhig.
Sofort als K’ari wieder sehen konnte, sprang sie den nächsten Chaos Space Marine an und stach ihn mit seiner Katana ab. Der Verräter glitt langsam wieder von der Klinge und K’ari sah sich um. Tiberius hatte gerade einige Dämonen gebannt, der Inquisitor schwang seinen Dämonenhammer, die Eldar errichteten Schilde um die Gruppe, die imperialen Psioniker teilten Psiblitze aus.
Sie waren in einer unterirdischen Kammer gelandet. Am Boden befand sich ein Beschwörungskreis. Octavius hat ihn genutzt und so ihre Ankunft punktgenau durchgeführt. Die Beschwörer und Kultisten waren verwirrt und konnten die Angriffe der loyalen und ihrer Verbündeten nicht abwehren. Sie hatte wohl eher Dämonen erwartet. Die wenigen Dämonen, die anwesend waren, wurden von Tiberius und Octavius gebannt.
Nachdem K’ari sich noch der Tatsache bewusst wurde, dass dies eine Höhle war, die aus dem natürlichen Stein gehauen wurde, fiel der letzte Diener der Finsternis und sie konnten sich Formieren. Verluste hatten sie keine erlitten, dafür hatten sie die Chaosdiener zu schnell überrumpelt.
„Vorwärts. Die Mächtigen zu mir. Octavius, Malik, Tzeez, Austio. Macha, K’ari und die Scriptoren in die zweite Reihe. Kampfmagieunterstützung. Verwendet Blitze und Feuer, der Rest ist zu gefährlich. Die imperialen Psioniker nach hinten. Errichtet Schilde und Störfelder, gebt uns Reservekraft und wirkt ab und an Heilkräfte. Und los!“
Tiberius rannte auf das Tor des Raumes zu und trat es mit einem gesprungenen Tritt aus der Hüfte ein. Die Reihen positionierten sich hinter ihm und sie stürmten hinaus.
Alles ging so schnell, dass die Chaosdiener nicht verstanden, was vorgefallen war und die Psioniker, die angriffen, ohne zu denken weiterstürmten. Tiberius und Austio richteten ihre Psiwaffen nach vorne und liefen blindlings durch die feindlichen Reihen. Tzeez und Octavius schwangen ihre Psiwaffen in weiten Bögen und verloren auch selbst die Besinnung, in welche Richtung sie nun gehen mussten.
K’ari und der Scriptor Claudius setzten gerade einigen Dämonen mit Energiewellen zu, als der Psioniker Andrej an sie herantrat.
„Ich spüre etwas. Zwei Stockwerke über uns.“
„Ich nicht. Spürt ihr etwas, Claudius?“
„Nein, Mylady.“
„Aber es ist etwas.“, beharrte Andrej.
„Sucht Meister Octavius. Er kann es bestimmt spüren, wenn er sich konzentriert.“
Der junge Mann lief los, vorbei an brennenden Leichen und Gebäudetrümmern. Duckte sich unter Bolterschüssen eines Verräters und rollte die letzten Meter bis zum Scriptor Magister über die Schulter.
„Meister Octavius. Ich spüre etwas. Zwei Stockwerke über uns.“
Octavius schloss die Augen.
„Tiberius, ich habe ihn.“
Octavius berührte kurz den Ordensmeister.
„Jetzt hab ich dich.“
Tiberius öffnete ein Portal vor sich und sprang hinein.
„Meister Magister?“
„Kämpfe weiter. Der werte Lord Tiberius hat noch eine private Rechnung offen. Oder eher eine Rivalität.“
Der alte Scriptor sprang vor und hämmerte mit seiner Psiwaffe auf einen Terminator vor ihm.
Andrej erzeugte eine kleine Feuerkugel in seiner Hand und lief zurück zu seiner Formation. Sie waren nur noch zu dritt. Der alte Ignat, Sergej und er. Andrej schoss seine Feuerkugel auf einen Renegaten.
„Vielleicht sind sie Space Marines, aber wir sind Psioniker.“
„Richtig, mein Junge.“, lobte Ignat.
„Und jetzt zeigen wir es ihnen.“
Ihre Formation war gebrochen, die anderen Psioniker zu weit entfernt, um ihnen Kraft zukommen zu lassen, der Feind zu nahe. Andrej schoss einen Flammenstrahl auf eine näherkommende Kultistenmeute. Neben ihm Riss Ignat einen Felsen aus der Wand und blockierte einen Durchgang, durch den etlichen Feinde zuströmten. Der Alte hatte viel Kraft. Als Psioniker ist man als alter Mann nicht im Nachteil, sondern im Vorteil.
Sergej zerstörte den Geist eines Word Bearers.
„Hilfe!“
Die drei Männer drehten sich gleichzeitig um und vollführten einen psionischen Sprung über mehrere Meter. Sie erblickten Prinzipalis K’ari, die, in die Ecke gedrängt, sich gegen einer Übermacht von besessenen Marines erwehrte.
Ignat streckte beide Hände in Richtung der Feinde und projizierte eine Lichtkugel. Sergej gab seine Energie hinzu. Andrej tat es ihm gleich. Die Kugel wuchs an und maß innerhalb von Sekunden schon zwei Meter im Durchmesser. Ignat teilte die Kugel in viele Kleinere und feuerte sie auf die Besessenen ab.
„Danke. Kommt, wir müssen nach oben.“
Sie schlugen mit Feuerstrahlen Schneisen in die Reihen des Feindes und stürmten auf die Treppe zu. Auf dem Weg fanden sie die Leichen mehrerer Scriptoren.
Der Weg nach oben war frei und wurde von Macha und Austio verteidigt. Malik lag am Boden, von etlichen Projektilen zerfetzt.
„Los, hinauf!“
K’ari nahm mehrere Stufen auf einmal.
„Nicht so schnell.“
Am Treppen Aufgang stand ein Hexer. Und kein gewöhnlicher. Sie konnten spüren, dass er ein Beta- Psioniker war.
„Macht den Weg frei und Euer Tod wird kurz.“
Die Sororita zog ihr Schwert.
„Wohl kaum.“
Der Hexer fiel auf die Knie. Seine Augen strahlten rot. Seine Rüstung barst und sein Körper dehnte sich aus.
„Dämon!“
Austio sprang vor und zog ein Reinheitssiegel. Der alte Ignat sprang vor, umklammerte den Hexer und begann zu glühen.
„Für den Imperator.“
Eine gewaltige Explosion erfasste den Treppenaufgang und nahm ihnen die Sicht auf das Geschehen. Als die Flammen ausbrannten, waren die Stufen leer. Und der Weg frei.
„Nicht wie hoch.“
Austio stürmte los. K’ari blieb an der Stelle stehen, an der der Mann explodierte und sprach ein Gebet für den tapferen Diener des Imperators. Dann folgten sie und Andrej den anderen hinauf.